Protokoll der Sitzung vom 18.08.2005

Nehme ich einmal den Hauptkostentreiber zum Schluss der Betrachtung, die Personalausgaben. Darauf sind Sie besonders stolz. Ich gebe zu, dass es in der Anfangszeit nicht ohne Erfolg war. Sie haben geplant – jetzt greife ich wieder auf Ihre neuesten Zahlen zurück, damit Sie nicht vorhalten können, wir unterschlügen etwas, was gut für Sie sei – bis 2007 ein Niveau von 95,7 % des Wertes von 2003 zu erreichen. Das ist eine Absenkung um 4,3 %. Damit liegen Sie in einem soliden Mittelfeld der betrachteten Länder hinter dem Saarland und Sachsen

Anhalt. Sachsen-Anhalt schafft es, die Personalausgaben von 2003 bis 2007 auf 89,6 %, also um 10,4 % zu senken.

Jetzt können Sie natürlich einwenden, dass die Schuldenlast Berlins die Primäraufgabe sei. Übrigens kann man natürlich auch einwenden, dass Sachsen-Anhalt Globalbudgets an einigen Stellen geschaffen hat. Man könnte sagen, nun müssten die konsumtiven Ausgaben gestiegen sein. Das ganze Argument zählt dann nicht, wenn auch im Primärausgabenbereich ein Land wie Sachsen-Anhalt besser ist. Da liegt Sachsen-Anhalt bei mittelfristiger Finanzplanung bei 91,82 % und Berlin bei rund 95 %. Selbst ein relativ wohlhabendes Land wie Niedersachsen schafft eine Entwicklung von 2003 auf 2007 auf gerade 96 % und liegt fast gleichauf mit Berlin.

Das reicht nicht, was Sie uns hier vorlegen. Das reicht nicht, um Anschluss an die anderen Länder zu finden. Es wird auch nicht reichen, um in Karlsruhe erfolgreich klagen zu können.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Das sind Zahlen, die dort auch gelesen werden. Das Bundesverfassungsgericht hat eine Menge wissenschaftlicher Mitarbeiter, die diese Zahlen zur Kenntnis nehmen. Das sind Zahlen, die von den anderen Ländern, denen wir Geld aus der Tasche ziehen wollen – wir brauchen das Geld – genauso gelesen und genauso angeführt werden. Deswegen muss dieser Senat und muss dieses Land endlich an die großen Kostentreiber heran!

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Wir werden als FDP – ich zitiere die „FAZ“ vom 20. Juli 2005: „Die Schulden retten Berlin. Allein die FDP tritt ordnungspolitisch streng und haushaltspolitisch anspruchsvoll auf.“ – diesem Anspruch auch dieses Mal gerecht werden. Ich stelle Ihnen kurz vor, welche Maßnahmen man sofort umsetzen kann und welche Maßnahmen mittel- und langfristig wirken.

Der Schwerpunkt in dieser Legislaturperiode muss auf Subventionskürzungen liegen. Wir haben heute durch das Institut für Weltwirtschaft erfahren, dass wir in Berlin immer noch an der Spitze bei den Subventionen liegen. Wir müssen hier vor allem bei der Wirtschaft anfangen. Ich sage das gerade als liberaler Politiker. Gerade bei der Wirtschaft muss der Gesamtansatz in der Zielgröße um etwa ein Drittel gesenkt werden, soweit es die rechtliche Situation erlaubt. Wir haben einen Gesamtansatz von etwa 150 Millionen €. Wir müssen zu einer Mittelkonzentration kommen und dürfen nicht mehr nach dem Motto verfahren, dass wir das tun, was kofinanziert wird, sondern nur noch das umsetzen, was Arbeitsplätze in Berlin ohne Rücksicht auf Kofinanzierung schafft. Alles Andere muss auf Null reduziert werden.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Gleiches gilt für den Sozialbereich. Hier muss endlich einmal dieser ganze Bereich der Zuwendungsempfänger, Stadtteilzentren und deren Förderung, Quartiersmanagement durchforstet werden. Hier wird oft Klientelpflege, aber weniger Sinnvolles für diese Stadt getan.

[Liebich (Linkspartei.PDS): Alles weg!]

Ich nennen Ihnen einmal ein Beispiel, weil Sie gerade so dazwischenrufen. Es gibt einen Verein zur Bewahrung und Entwicklung der Frauenliebe e. V. Ich bin wirklich kein Feind davon, im Gegenteil. Ich bin ein Freund von Lust und Liebe. Es muss aber ohne staatliche Unterstützung gehen, auch für die Frauen in dieser Stadt. Das sind kleine Beispiele, die aber in der Summe auch ganz Beträchtliches ausmachen.

Die nächste Forderung ist die Veräußerung von Landesvermögen. Es ist mir jetzt schon zu langweilig, Ihnen wieder die großen Brocken wie BSR und andere vorzutragen. Dazu haben wir Ihnen Rechtsgutachten vorgelegt, wie dieses umgesetzt werden kann. Sie tun es einfach nicht. Gleiches gilt für Vivantes. Die Stadt sollte sich endlich konzentrieren. Verkauft Vivantes, um damit die Charité vernünftig auszustatten! Es ist eine vernünftige Möglichkeit der Konzentration von Unterstützung auf einen Kernbereich von medizinischer Forschung. Das Andere kann Helios, die Regional- und bezirkliche Versorgung oder andere, Private, übernehmen.

Wohnungsbaugesellschaften sind das nächste Stichwort. Selbst das idiotische Geschwätz von den Heuschrecken, das auch hier heute noch einmal aufgewärmt wurde, hindert amerikanische oder andere ausländische Investoren nicht daran, sich für die Wohnungsbaugesellschaften zu interessieren. Es gibt eine Nachfrage, die wir jederzeit bedienen könnten, um wirklich großes Geld für den Haushalt aktivieren zu können.

Das Entscheidende ist aber der Personalabbau. Das, was der rot-rote Senat tut, lässt sich auf die Formel zusammenfassen: Personalabbau ohne Verwaltungsabbau. Das funktionierte sogar am Anfang. Deshalb hatten wir zu Beginn eine ganz gute zahlenmäßige Entwicklung. Irgendwann ist es aber ausgelutscht. Irgendwann müssen Sie deregulieren, privatisieren und reformieren, wenn Sie weiterhin nachhaltig, kontinuierlich Personal abbauen wollen. Es geht nicht anders.

[Beifall bei der FDP]

Wir haben 70 Deregulierungsanträge eingebracht. Wir sind gerade dabei, mit der Berliner Wirtschaft einen Katalog zu entwickeln, der vor allen Dingen Entlastungsmaßnahmen, Deregulierungsmaßnahmen für die Berliner Unternehmen enthält. Wir müssen privatisieren und schließen. Ich nenne als Beispiel die Wohnungsämter, Teile des staatlichen Gesundheitsdienstes, Forstämter, Teile der staatlichen Denkmalschutzbehörden, Lebensmittelkontrollen, Vermessungsingenieure, Gerichtsvollzieher, Objektschutzaufgaben der Polizei. Es ist ein riesiges Feld, Leistungen durch Dritte aus staatlicher Sicht günstiger erbringen zu lassen.

Ich möchte Ihnen das einmal an Hand der Gerichtsvollzieher erklären. Die Gerichtsvollzieher sind tätig in einem rein zivilrechtlichen Aufgabenfeld zwischen Schuldnern und Gläubigern. Es ist also primär Sache des Gläubigers und des Schuldners, hierfür aufzukommen. Deswegen ist es sinnvoll, dieses zu privatisieren. Warum soll die Allgemeinheit hier in breiter Weise über Steuern ein zivilrechtliches Verhältnis zwischen Schuldner und Gläubiger finanzieren? Das kann mir kein Mensch erzählen.

[Beifall bei der FDP]

Schließlich – das ist das wichtigste Stück für uns in diesem Jahr – geht es um die Verwaltungsreform. Wir werden noch in diesem Sommer eine sehr umfangreiche gutachterliche Darstellung vorlegen, wie man hier vor allem im Bereich der Hauptverwaltung – im Verhältnis von Hauptverwaltung und Bezirken – Möglichkeiten finden kann, durch umfassende Reformen ein gigantisches Einsparpotential zu realisieren, ohne dabei relevante Leistungen für die Bevölkerung einzusparen. Wir brauchen mehr Effizienz im öffentlichen Dienst. Wir leben in einer Stadt, in der das Personalvertretungsgesetz einem Unternehmen wie Vivantes einen Personalrat von 80 Leuten offeriert. Davon sind 39 Personen freigestellt. Das ist verrückt. Sie haben allein einen Vorstand, der größer als das Bundeskabinett ist. Auch hier werden wir klare Vorschläge unterbreiten, wie wir zu drastischen Reduzierungen eines solchen Unfugs kommen.

[Beifall bei der FDP]

Das sind Maßnahmen, die Berlin nach vorn bringen. Diese Maßnahmen werden uns in eine bessere Position versetzen als Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt. Sie werden uns helfen, die Klage in Karlsruhe erfolgreich zu führen. Aber das können Sie natürlich nicht, Herr Senator Sarrazin, mit diesen Leuten, mit der Linkspartei, veranstalten.

[Liebich (Linkspartei.PDS): Die Linkspartei.PDS!]

Das ist mir auch völlig klar. In 15 Jahren haben Sie sich umbenannt von SED zu SED-PDS, dann zur PDS. Jetzt heißen Sie: „Die Linke“ oder „Linkspartei“ oder „Linke. PDS“.

[Zurufe von der Linkspartei.PDS]

Herr Liebich, ich kenne so etwas von Gangsterbanden oder von Briefkastenfirmen.

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Sie lieben ja maritime Bilder von rostigen Tankern, die hier in Deutschland ausgeflaggt werden und noch unter panamaischer Flagge die Weltmeere unsicher machen.

[Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der CDU]

Diese Umetikettierung dient immer einem Ziel: verschleiern; verschleiern der Absichten, verschleiern der Herkunft. Das ist auch bei Ihnen so. Sie wollen im Westen Ihre traurige Herkunft als fünfmal umetikettierte SED verschleiern. Sie wollen auch in Berlin verschleiern, dass

Sie mit denen ins Bett gehen, die vor ein paar Wochen noch gegen den Senat auf die Straße gegangen sind und Volksinitiativen ins Leben gerufen haben. Sie wollen auch Ihre Listenzusammensetzungen verschleiern. Schauen Sie sich einmal Nordrhein-Westfalen an. Auf Platz 1 steht ein ehemaliger Bundesvorsitzender der SPD. Dazwischen kommen ein paar Leute von der WASG und von Ihrer ehemaligen, zehnmal umetikettierten Partei. Auf Platz 11 folgt dann ein DKP-Kandidat. Das ist das, was Sie verschleiern wollen. Sie glauben, Sie können durch Ihre ständige Umetikettiererei die Leute für dumm verkaufen. Es wird Ihnen nur in Grenzen gelingen.

[Zuruf des Abg. Doering (Linkspartei.PDS)]

Mit diesen Leuten ist weder im Bund noch in Berlin Staat zu machen. – Herr Wowereit, jetzt sollten Sie einmal gut zuhören! Als Sie sich geäußert haben, ist Ihnen wohl die Bildzeitung zu Kopf gestiegen, wo Sie zum Schattenkanzler eines komischen Linksbündnisses ausgerufen wurden. Sie haben sich wahrscheinlich schon in Moskau, auf Ihrer ersten Auslandsreise gesehen. Sie hätten dann Putin sagen können, dass Deutschland arm, aber sexy sei, und hätten ihm für Deutschland noch ein paar Kredite abluchsen können.

[Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der CDU]

Es ist nicht komisch,

[Gelächter bei der SPD]

wenn sich ein Regierender Bürgermeister noch am 13. August in demütiger Haltung vor ein Mauerdenkmal stellt und gleichzeitig empfiehlt, mit dieser fünfmal umetikettierten SED wieder die Bundesrepublik Deutschland regieren zu können. Das ist an Schäbigkeit kaum zu überbieten.

[Beifall bei der FDP und der CDU – Doering (Linkspartei.PDS): Wo waren Sie denn da?]

Ich weiß auch, wie das funktionieren soll. Ich nehme Ihnen sogar ab, dass das nicht sofort kommen soll. Das läuft nach dem Berliner Modell. Da wird zunächst mit der großen Koalition angefangen. Da wird Frau Merkel langsam in die Zange genommen, einerseits von Ihrem Ministerpräsidenten, auf der anderen Seite der Druck. Da lernt man die lustigen linken Vögel im Bundestag in den Ausschüssen kennen. Da geht man „einen saufen“. Man kommt sich immer näher.

[Gelächter und Beifall bei der Linkspartei.PDS]

Und irgendwann, nach ein, zwei Jahren bricht die große Koalition, und dann haben Sie ihr wunderbares Bündnis. Schröder ist längst entsorgt, Müntefering auch, Thierse auch. Es bleiben die Leute übrig, die mit Ihnen ein Bündnis eingehen würden – Herr Gabriel, Herr Wowereit und andere.

[Hoffmann (CDU): Die Ampel kommt dazwischen!]

Da kommt keine Ampel dazwischen. Die gehen den direkten Weg, Herr Hoffmann! Die machen eine große Koalition mit Ihnen, dann werden Sie – genau wie im Land Berlin – über Bord gekippt, und dann wird mit den

linken Vögeln – wie auch immer sie dann heißen mögen – „frère, couchons“ gemacht. So einfach ist die Geschichte.

[Beifall bei der FDP]

Die Leute in Berlin wollen das nicht, und auch die Leute in Deutschland wollen das nicht.

[Doering (Linkspartei.PDS): Lesen Sie doch mal die Umfrageergebnisse!]

Wir lesen die Umfrageergebnisse, aber es gibt auch noch außerhalb einiger Stadtbezirke Berlins Leben in Deutschland. Die Leute werden das verhindern, und zwar mit einer starken FDP.

[Beifall bei der FDP – Gelächter bei der Linkspartei.PDS]