Frau Senatorin! Ob meine Rede vorhin möglicherweise für den Bundestag gereicht hat oder nicht – ich wundere mich bei Ihnen immer, wie Sie in den Senatorenposten gekommen sind. Ich habe bei Ihnen manches Mal das Gefühl, wenn Sie morgens aufstehen, sind Sie immer noch erstaunt, wie Sie dort hingekommen sind.
Aber ich möchte mich jetzt mit dem angeblich richtungsweisenden Integrationskonzept für Berlin beschäftigen. – Er liest sich wie ein Wunschkatalog mit teilweise richtigen Ansätzen. Aber nie enthält er die richtigen und wichtigen Lösungsvorschläge. Insbesondere haben Sie meiner Meinung nach – da bin ich sicher wieder anderer Meinung als Sie – den katastrophalen Fehler gemacht, die Integrationsarbeit als Querschnittsaufgabe zu formulieren.
Dieser Senat hat bei diesem Politikfeld Prioritäten gesetzt. Das beweist das ausgezeichnete Konzept, das die Bildungsverwaltung vor wenigen Monaten vorgelegt hat. [Och! von der Linkspartei.PDS]
[Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS] Das heißt, alle sind angeblich verantwortlich. Zum Schluss, wenn es wieder einmal gescheitert ist, ist wieder niemand verantwortlich. Wir haben Sie mehrmals aufgefordert, diese wichtige Aufgabe – da sind wir den Grünen sehr entgegengekommen – als Leitstelle bei dem Regierenden Bürgermeister anzusiedeln. Das wäre der richtige Ansatz gewesen, um die Wichtigkeit dieser Position darzustellen. Aber ich glaube, dieser Regierende Bürgermeister – das haben wir heute ja wieder gehört – hat andere Da ist ein Papier erarbeitet worden, was wir so noch nicht in Berlin hatten. Das Neue an dem jetzigen Konzept ist, dass die unterschiedlichen guten Ansätze zusammengeführt werden, dass es einen roten Faden gibt. Ich hoffe, dass wir uns in diesem Haus daran weiter abarbeiten. – Vielen Dank! [Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS]
Frau Senatorin, das war der Ansatz, den wir Ihnen gerade in diesem Bereich vorgeschlagen haben. Sie haben ihn nicht verstanden. Allerdings sind Sie auch gar nicht bereit, dieses umzusetzen.
Seien Sie doch nicht immer so unruhig, wenn man Ihnen Ihre Fehler vorwirft. – Auf Seite 5 steht etwas über „gefährdete Integrationskraft“. Dort steht weiter:
Lassen Sie mich trotzdem noch einmal in das Integrationskonzept hineingehen. – Sie fangen auf der Seite 4 gleich mit der Formulierung an, wie viele Menschen ausländischer Herkunft in dieser Stadt leben. Das ist richtig, das wissen wir aber alles. Dann kommt von Ihnen:
Indikatoren dieser krisenhaften Entwicklung sind eine wachsende Kluft zwischen den Bildungsabschlüssen von Kindern mit Migrationshintergrund und der Vergleichsgruppe, eine mit 46,1 % – Stand Juni 2005 – mehr als doppelt so hohe Arbeitslosenquote unter den Ausländern/innen verglichen mit der gesamten Wohnbevölkerung – 20,8 % und eine damit einhergehende wachsende Verarmung der Migranten/innen,
Kennzeichen für die demographische Struktur Berlins ist eine sehr ungleiche räumliche Verteilung der zugewanderten Bevölkerung. Das heißt: Mitte 28 %, Kreuzberg-Friedrichshain 23 %, Neukölln 21,9 %.
Kein Ansatz von Ihnen anschließend, wie Sie das möglicherweise ändern wollen, wie Sie mit dieser Konzentration von Menschen nichtdeutscher Herkunft in einigen Bezirken umgehen wollen.
allein das ist ein Ansatz, mit dem wir uns doch beschäftigen müssen; dann geht es noch weiter; das stellt das daraus erwachsende Problem dar – [Zurufe von der Linkspartei.PDS]
[Frau Baba (Linkspartei.PDS): Welchen Vorschlag?] Hier, Frau Senatorin, haben Sie nicht in einem Ansatz eine Regelung und einen Lösungsvorschlag gerade zu den Problemen, die wir haben, gefunden. – Ich werde versuchen, Ihnen den vorzulesen, vielleicht verstehen Sie den irgendwann einmal doch. Da steht: Vor allem muss es uns gelingen, wieder innerhalb der Schülerschaft eine Mischung von deutschen und nichtdeutschen Schülern zu erreichen. Um dieses Ziel zu verwirklichen, ist schon in den Wohnquartieren darauf zu achten, dass deutsche und nichtdeutsche Bevölkerungsteile zusammenleben. Der fortschreitenden Trennung von Bevölkerungsgruppen unterschiedlicher Herkunft ist entgegenzutreten. Wir reden oft von einem friedlichen, vernünftigen, menschlichen Miteinander aller Kulturen, aller Menschen in dieser Stadt. Dies ist richtig. Das können Sie aber doch nicht erreichen, wenn Sie 45 % der Menschen ohne Arbeit in dieser Stadt lassen, wenn Sie gleichzeitig 45 % bis 50 % von jugendlichen Ausländern in die Sozialhilfe schicken. Sie gefährden auf Dauer mit dieser Politik den inneren Frieden in dieser Stadt. Daran sind Sie zum Schluss schuld. [Frau Baba (Linkspartei.PDS): Wie wollen Sie das denn machen?] [Zuruf des Abg. Mutlu (Grüne)]
Ich komme nun zum Punkt auf Seite 9 Ihrer Unterlagen. freie Wohnungen so zu belegen, dass eine durchmischte Mieterstruktur stadtweit entsteht. Hier muss auch die Wohnungswirtschaft ihren Beitrag dazu leisten.
Nein, Herr Wansner! Ich bitte Sie, zum Schluss zu kommen. Ihre Redezeit ist wirklich ausgeschöpft. Wir waren schon großzügig.
Herr Abgeordneter! Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Mutl interjection: [Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS]
Ich mache es einfach. Es geht weiter mit vielen, vielen Wünschen, zwölfmal. Einen Punkt möchte ich noch hervorheben:
Denn wenn Menschen sich schon in ihren Wohnquartieren kennen lernen und beginnen, einander zu verstehen, dann ist das die beste Grundvoraussetzung aller Integrationsbemühungen.
Die erfolgreiche Integrationspolitik definiert neu den Bildungsauftrag von Kita, Schule und Weiterbildung.
Frau Senatorin! Wenn Jugendliche mit Migrationshintergrund und Ausländer aus der Schule kommen [Liebich (Linkspartei.PDS): Der Staat kann ihnen nicht vorschreiben, wo sie hinziehen sollen!]
[Liebich (Linkspartei.PDS): Frau Knake-Werner schickt sie einfach in die Sozialhilfe. So einfach ist das!]
Das Integrationskonzept hat 10 Handlungsfelder, die wir alle in den nächsten Monaten diskutieren müssen. Ich finde es richtig, dass an Punkt 1 Ausbildung, Arbeit und Erwerb steht, den Zugang dazu in Zukunft besser und anders zu ermöglichen –, in Zusammenhang mit einem Bildungskonzept, dem Zugang zu interkultureller Bildung. Das passt zusammen. Das gehört zusammen. Das ist richtig. Das hat Priorität. Ich finde aber auch die anderen Punkte alle wichtig bis hin zum Umgang mit Religion, mit Islam, mit Islamismus in dieser Stadt und einem ganz anderen Ansatz von Flüchtlingspolitik. Das hatten wir vor zehn Jahren wirklich noch nicht, Herr Lehmann. An diesem Punkt muss ich Ihnen widersprechen. Es sind einige Dinge enthalten, die wir vor einigen Jahren noch nicht hatten. Sie sind neu. Es ist ein neuer Ansatz. Es ist ein Paradigmenwechsel enthalten. Das werden Sie mir bestätigen müssen, Herr Kollege Lehmann. Wir werden es in den Diskussionen miteinander sehen.
Sie sollten wenigstens einigermaßen ernst bleiben, wenn es schwierig wird! –, haben sie mit der Schulbildung, die sie zurzeit haben, sehr oft keine Chance auf diesem Arbeitsmarkt, der zwischenzeitlich – das gebe ich zu – sehr schwierig geworden ist. Auch dafür haben Sie nicht einen Ansatz, wie Sie damit umge
Wenn es Ihnen nicht gelingt, Frau Senatorin, überlassen Sie die Arbeit möglicherweise denen, die davon wirklich etwas verstehen!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! – Danke Herr Wansner, für den richtungsweisenden Diskussionsbeitrag! Wenn Sie in den Diskussionen, die wir draußen in den Organisationen, Vereinen und Projekten haben, so argumentieren, kommen Sie nicht gut weg. Sie sollten etwas konkreter auf das vorgelegte Konzept und die darin vorgestellten Ideen eingehen.
Die Erarbeitung eines Integrationskonzeptes, das wissen Sie, war nach der Koalitionsvereinbarung nicht nur Auftrag mit Priorität, sondern es waren vorher auch noch ein paar andere Dinge zu erledigen, beispielsweise die Installation des Landesbeirats, aber auch des Migrationsrates Berlin-Brandenburg. Wir hatten haushaltspolitische Debatten um die Weiterförderungsmöglichkeiten in diesem Bereich. Jetzt endlich gibt es auch die Vorlage des versprochenen Integrationskonzeptes.
Wir müssen uns strategisch darüber verständigen – dafür dient dieses Papier –, wie wir künftig mit der Tatsache umgehen werden, dass Berlin eine Stadt der Einwanderung, der Zuflucht, der Vielfalt der Kulturen, aber auch ungenutzter Potentiale ist, in unserem eigenen Interesse, im Interesse aller Bürger in dieser Stadt.
Berlin ist aber auch eine Stadt, die an den Folgen jahrzehntelanger Integrationsdefizite, Defizite einer verfehlten Integrationspolitik, zu tragen hat, mit den Folgen des Niedergangs der Industriearbeit nach der Vereinigung und arbeitsmarktpolitischen Defiziten. Auch damit müssen wir umgehen, allerdings auch mit mentalen Defiziten in vielen Behördenstuben. Ich nenne hier nur das Stichwort interkulturelle Kompetenz. Ich gebe den Kollegen Recht, die Defizite benennen. Ich könnte jeden Tag ums Eck springen, wenn ich die Geschichten höre, wie viel Unsensibilität zum Teil in den Behörden noch vorhanden ist. Es gibt aber auch die anderen Mitarbeiter, das möchte ich
auch hervorheben, die gelernt haben, was interkulturelle Kompetenz in einer Weltstadt wie Berlin bedeutet.
Im arbeitsmarktpolitischen Bereich mit über 47 % Anteil der Arbeitslosenquote unter Migranten ist Priorität zu setzen. Alles andere hätte Folgewirkung im sozialen Bereich, in der Marginalisierung von sozialen Randgruppen in der Stadt in den Innenbezirken und so weiter. Wir kennen alle diese Themen. Ich habe hier eine ganze Liste von Projekten aufgeschrieben, die ich gern nennen würde, die auch in diesem Bereich richtungsweisend sind, ob mit Landesmitteln, ESF-Mitteln oder Mitteln der Arbeitsmarktförderung. Sie sind alle nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Letzten Endes kommt es darauf an – das wird auch in dieser Konzeption gesagt –, ob auch in der Arbeitsmarktpolitik das geschieht, was wir brauchen, eine interkulturelle Öffnung dieser Institutionen. Auch hier macht der Landesbeirat einige sehr wichtige Vorschläge, dass auch hier in den Beiräten, in den Beiräten der Jobcenter, Sachverstand und interkulturelle Kompetenz auf Bezirksebene eingebracht werden, sonst wird das nichts. Die interkulturelle Kompetenz und die Qualifikation der Fallmanager und der Sozialarbeiter wird benötigt, in Zukunft mehr denn je. Vor allem die Bezirke werden beteiligt werden müssen, weil diese vor Ort wissen, wo arbeitsmarkpolitisch Defizite liegen und für welche Zielgruppen besondere spezifische Fördermaßnahmen gebraucht werden.
Für all das macht die Konzeption Vorschläge. Ich kann es jetzt nicht ausführen. Die Zeit ist viel zu kurz. Die Strategie muss mit konkreten Handlungskonzepten untersetzt werden. Die Diskussion dafür ist eröffnet. Sie können sich alle einbringen. Ich finde es jedenfalls gut, dass die Vorschläge der Arbeitsgruppen des Landesbeirates für Arbeit, Ausbildung, Bildung und interkulturelle Öffnung der Verwaltung in das vorliegende Integrationskonzept eingegangen und somit ernst genommen worden sind.
Ich finde es auch gut, dass eine erste Verständigung mit der Arbeitsgruppe der bezirklichen Integrationsbeauf
Berliner Universitätsmedizingesetz tragten stattgefunden hat und mit Migrantenorganisationen, soweit sie im Sommer auch in Berlin waren. Sie waren jedenfalls zu einer Verständigung eingeladen. Das ist allerdings wirklich nur der erste Schritt. Jetzt kommt ein riesiges Stück Arbeit auf uns zu, denn das Konzept bedeutet Teilhabe, was auch an vorderster Stelle steht. Teilhabe bedeutet eben nicht nur interkulturelle Öffnung von Institutionen und Verwaltungen – der Innensenator z. B. hat zu einem richtigen Zeitpunkt gesagt, dass in der Polizei einiges in den nächsten Jahren passieren wird. Das finde ich gut. Das muss auch in vielen anderen Verwaltungen Berücksichtigung finden, auch wenn der Zugang zum öffentlichen Dienst begrenzt ist. Hier stellt sich die Frage der Qualifikation insgesamt neu. Teilhabe wird in dem Konzept aber auch definiert als Aktivierung und Beteiligung der hier lebenden Migranten mit oder ohne deutschen Pass. Das ist gleich in diesem Fall.
Ich eröffne die I. Lesung. Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Für die Koalitionsfraktionen beginnt die SPD. Der Abgeordnete Dr. Flemming hat das Wort. – Bitte!