Wenn ich mir das Tempo vor Augen halte, mit dem sich die Verbesserungen in der Frauenfrage bislang durchgesetzt haben, besteht mehr als dringender Handlungsbedarf. 2004 sind unter 100 Führungskräften im Wirtschaftsunternehmen zehn Frauen anzutreffen. Alle vier Jahre wird es eine mehr, so steht es zumindest in der aktuellen Ausgabe des „DIW Wochenberichts“. Bleibt es bei diesem Tempo, braucht es noch länger als 150 Jahre, um auf die 50 % zu kommen.
Das schlechte Gewissen der Fraktion, die dieser Veranstaltung fern geblieben ist und der Eifer der Revolutionstheoretiker hat die Vertreterinnen von Linkspartei und SPD offenbar auf die Idee gebracht, ein wenig Frauenpolitik in das Parlament zu bringen, getarnt unter dem Deckmantel Gender Mainstreaming. Wann immer Sie von links außen bis zu dem Gang neben der Mitte von Gender Mainstreaming sprechen, meinen Sie in Wirklichkeit klassische Frauenpolitik
Hören Sie einmal richtig zu, Frau Senftleben! – Ohne gesetzliche Verpflichtung zur Gleichstellung in der Privatwirtschaft, wird sich daran nicht viel ändern. Deshalb fordern wir seit Jahren das entsprechende Gesetz. Aber auch auf Landesebene haben wir Steuerungsmöglichkeiten mit dem Landesgleichstellungsgesetz. – Das wollten Sie abschaffen, als Sie Ampel-Koalitionsverhandlungen geführt haben, Frau Senftleben, nur noch einmal zur Erinnerung. – Das Landesgleichstellungsgesetz muss in Sachen Auftragsvergabe stärker genutzt werden, Wirtschaftförderprogramme müssen an Bedingungen geknüpft werden. Darüber hinaus brauchen wir eine Neuausrichtung der verschiedenen Existenzgründerprogramme auf Frauenbelange. Wir brauchen also Gesetze mit verbindlichen Regelungen, Gender Mainstreaming und Frauenförderung, Expertenwissen und bürgerschaftliches Engagement, wir brauchen entsprechende finanzielle und personelle Ressourcen. Frauen haben Anspruch auf Selbstbestimmung, eigenständige Erwerbsarbeit und gerechte Verteilung der Arbeit. Gender Mainstreaming soll einen Beitrag dazu leisten. Deshalb muss die qualifizierte Fortsetzung auch in Zukunft gesichert werden. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Frau Baba hat es gerade wieder mit ihren Ausführungen unter Beweis gestellt –, ein Politikansatz, mit dem sich geschlechterübergreifend nur wenige identifizieren können. Weil dem so ist, haben Sie einen miserablen und dem eigentlichen Thema nicht gerecht werdenden Antrag vorgelegt.
Darüber hinaus gibt es in Ihrem Antrag einige Ungereimtheiten. So wird gefordert, dass für die Geschäftsstelle Gender Mainstreaming ein dienstleistungsorientiertes Konzept vorgelegt werden soll. Wenn der Senat über solch eine Geschäftsstelle verfügt, wäre es deren Aufgabe, Konzepte zu diesem Thema vorzulegen, denn dazu ist diese Geschäftsstelle schließlich da. Wer soll in ihrem Antrag Dienstleister für wen sein? – [Beifall bei der Linkspartei.PDS und der SPD]
Die Hauptverwaltung für die Bezirke oder eine ausgewählte Fachverwaltung für andere Fachverwaltungen? – Hier steht wirklich in hochtrabenden Formulierungen ausgemachter Unfug. Aber es geht noch weiter. So soll die Verwaltungsakademie künftig Fachwissen über Gender Mainstreaming in die regulären Fortbildungsangebote integrieren. Dabei sollen die Angebote sprachlich so gestaltet werden, dass den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Berliner Verwaltung die hohe Bedeutung von Gender Mainstreaming vermittelt wird.
Danke schön, Frau Kollegin Baba! – Es folgt die CDU-Fraktion. Das Wort hat der Kollege Wilke. – Bitte schön
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Umsetzung von Gender Mainstreaming zu sichern und diesen Prozess qualifiziert voran zu treiben, ist gemäß Amsterdamer Vertrag für alle EU-Mitgliedsländer Verpflichtung. Nun fordert das auch der uns vorliegende Antrag der Koalition. Sie fordern mithin etwas, was längst verbindliche Beschlusslage für die Bundesrepublik Deutschland und damit auch für das Land Berlin ist. Damit haben wir es mit einem klassischen Schaufensterantrag der Koalition zu tun.
Wie kann solch eine sprachliche Gestaltung aussehen? – Das können Sie sich wahrscheinlich auch nicht vorstellen. Einmal davon abgesehen, dass die Sprache der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung Deutsch ist, soll jetzt etwa auch die Sprache noch gegendert werden? – Für
uns ist nicht entscheidend, ob Angela Merkel nach ihrem Einzug in das Bundeskanzleramt mit Frau Bundeskanzler oder Frau Bundeskanzlerin angesprochen wird, es ist vielmehr hervorhebenswert, dass die Union mit der Besetzung des Chefpostens der Bundesrepublik Deutschland mit Angela Merkel einen großen Beitrag zu Gender Mainstreaming geleistet haben wird
Vielen Dank, Herr Kollege Wilke! – Es fährt fort die Fraktion der SPD. Frau Kollegin Neumann hat das Wort. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das war der große frauenpolitische Wurf der CDU. Man sieht es in ihren Reihen, wie stark die Frauen bei ihnen vertreten sind. Das war ein Beitrag, der nur negativ behaftet gewesen ist, aber nichts positiv voran gebracht hat.
[Brauer (Linkspartei.PDS): Fragen Sie doch einmal die Unionsfrauen, was sie davon halten! – Zurufe von der CDU] [Beifall bei der SPD – Henkel (CDU): Doch, dass Angie Bundeskanzlerin wird!] – Ich würde gern fortfahren, wenn Sie aufgehört haben zu grölen. Der Ansatz von Gender Mainstreaming hat in vergleichsweise kurzer Zeit eine enorme politische Karriere gemacht. Mit unserem Antrag gehen wir jetzt einen weiteren Schritt bei der Konkretisierung und praktischen Umsetzung von Gender Mainstreaming. Die Bedeutung dieses Schrittes liegt nicht allein in der daraus resultierenden Verwaltungsmodernisierung. Die Durchsetzung von Gender Mainstreaming ist vielmehr Teil und Etappe einer umfassenden Frauen- und Gleichstellungspolitik, die in Berlin eine gute Tradition hat, Vizepräsident Dr. Stölzl: Fahren Sie bitte fort! Wir geben dann Zeit zu. Wilke (CDU): Einen gewissen Sinn können wir allerdings der Forderung nach Auswertung der geschlechterdifferenzierten Statistik abgewinnen, ist sie doch die Basis für einen ernst zu nehmenden Beginn von Gender Mainstreaming. Nun müssen aber auch Schlussfolgerungen gezogen werden. Gender Mainstreaming muss da ansetzen, wo wir zum Beispiel wissen, dass Mädchen und Frauen häufiger von Gewalt bedroht sind und misshandelt werden, dass Jungen deutlich schlechtere Schulleistungen haben – hier fehlen Initiativen in Richtung jungenorientiertes Lernen –, dass die Rate von Ernennungen von Professorinnen im Gegensatz zu ihren männlichen Kollegen sehr gering ist, dass im Gesundheitswesen für geschlechtsspezifische Krankheiten in der Vorsorge und Behandlung erheblich mehr Geld für Frauen aufgewendet wird als für Männer, [Beifall bei der SPD]
eine Tradition, die – ich bin stolz darauf – in meiner Fraktion und zum Glück auch in der Mehrzahl der anderen Fraktionen dieses Parlamentes fest verankert ist.
Ich möchte drei Grundpfeiler der Berliner Frauen- und Gleichstellungspolitik hervorheben: Einmal nenne ich das Landesgleichstellungsgesetz mit Quotenregelung, Frauenförderung und Einwirkungen auf die Privatwirtschaft durch öffentliche Auftragsvergabe. Zum anderen verweise ich auf die Konkretisierung des Gleichstellungsgebots in unserer Verfassung, auch in der Europäischen Verfassung.
ohne dass dies medizinisch zu rechtfertigen ist, dass Frauen in der Berufshierarchie in den unteren Positionen zu finden sind – es stimmt, Frauen sind in vielen Berufen schlechter bezahlt, dass müssen Sie auch zur Kenntnis nehmen –, sie sind in vielen Berufen schlechter bezahlt und werden seltener befördert,
Schließlich erinnere ich an die Schaffung einer besonderen Senatsverwaltung für Frauen. Sie ist in dieser Form unverzichtbar!
dass bei dem Thema häusliche Gewalt ein geschlagener Mann eher als Witzfigur herabgesetzt, denn als Opfer angesehen wird, dass Mädchen trotz besserer Schulabschlüsse schlechtere Ausbildungschancen haben. Das sind nur einige Beispiele.
Konkrete Gleichstellungspolitik baut auf diesen zentralen Grundpfeilern auf. Sie ist in jeder Fachpolitik und im konkreten Verwaltungshandeln zu berücksichtigen. Gender Mainstreaming hat schon jetzt zu unübersehbaren Fortschritten geführt. Die Zeit, in der sich einige Ressorts gleichstellungspolitisch untätig, bequem zurücklehnten und auf ein für Frauenpolitik zuständiges Ressorts verwiesen, sind langsam aber sicher vorbei. In Anlehnung an eine berühmt gewordene Formulierung möchte ich diesen
In der Frauen- und Gleichstellungspolitik sind wir in Berlin auf einem guten Weg. Unser Antrag dient der Qualifizierung der nächsten Schritte. Wir stehen damit auch weiterhin für eine moderne Gleichstellungspolitik. – Danke!
Jedes Ressort hat für seinen Bereich neben der fach- auch die gleichstellungspolitische Verantwortung wahrzunehmen. Das Integrationskonzept – wir haben das vorhin gerade gehört – ist ein Beispiel dafür, aber auch die Gesundheitsberichterstattung und die soziale Stadtentwicklung, um nur einige zu nennen. Zwischenzeitlich ist auch der Berliner Haushalt kein Tabubereich für gleichstellungspolitische Erwägungen mehr, das Wort – fast schon ein Zauberwort – dafür ist Gender Budget.
Vielen Dank, Frau Kollegin Neumann! – Die Grünen fahren fort. Das Wort hat die Frau Kollegin Dr. Klotz. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Egal, wie die Wahlen am 18. September ausgehen, ich verspreche Ihnen: Dies ist meine allerletzte Rede zum Thema Gender Mainstreaming hier in diesem Abgeordnetenhaus.
Andere Bundesländer schauen interessiert nach Berlin. Wir spielen auch in diesem Bereich wieder eine Vorreiterrolle. [Henkel (CDU): Versprochen? – Beifall der Abg. Frau Grosse (SPD)]
Um diese weiterzuentwickeln und zu stärken, haben wir heute den Antrag vorgelegt. Der Antrag legt großen Wert auf die Stärkung der Gender-Prozesse vor Ort und auf die Verknüpfung mit der Verwaltungsmodernisierung. Konkrete gleichstellungspolitische Vorgaben gehören in die Zielvereinbarungen der einzelnen Senatsverwaltungen. Rolle und Kompetenzen der Gender-Beauftragten müssen gestärkt werden. In der Fortbildung müssen Gender-Gesichtspunkte der einzelnen Themen als ihre integralen Bestandteile mit behandelt werden. Statistische Erhebungen müssen auf breiter Basis geschlechtsdifferenziert aufgearbeitet werden und für politisches Handeln und Verwaltungshandeln zur Verfügung stehen.
Wenn es denn stimmt, dass der Gender-Ansatz wirklich etwas anderes ist als die klassische Frauenpolitik, dann kann es diesem Thema und dem Interesse dafür nur gut tun, wenn einmal andere als die klassischen Frauenpolitikerinnen und -politiker sich zu dem Thema äußern. Das können, müssen aber nicht immer Frauen sein. Dass es auch anders geht, beweist – da werden Sie mir alle Recht geben – mein Kollege Jochen Eßer, mittlerweile im Parlament der größte Crack zum Thema Gender-Budget – ein Wort, das weite Teile dieses Hauses noch nicht fehlerlos über die L