Protokoll der Sitzung vom 29.09.2005

Antrag der CDU Drs 15/4278

Für die Beratung steht den Fraktionen eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnen die Antragsteller. Das Wort hat der Kollege Kaczmarek für die Fraktion der CDU. – Bitte, Sie haben das Wort!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eines bewahrheitet sich immer wieder: Das Thema Verwaltungsreform führt nicht dazu, das Plenum zu füllen, sondern scheint eher abschreckend zu wirken. Das ist schade, denn das Thema Verwaltungsreform ist wichtig.

Das Thema, das wir heute angemeldet haben, erscheint mir dann in der Priorität noch etwas bedeutsamer. Worum geht es? – Es geht nicht um eine abstrakte Betrachtung der städtischen Wohnungsbauwirtschaft und die akademische Frage, wie viele Wohnungsbaugesellschaften wir brauchen und wie sie organisiert werden sollen, sondern es geht um einen konkreten Anlass. Dieser Anlass ist die bevorstehende oder bereits eingetretene wirtschaftliche Krise mehrerer Wohnungsbaugesellschaften, namentlich der Wohnungsbaugesellschaft Mitte. Es geht nicht um eine abstrakte Gefährdung, sondern ganz konkret um Arbeitsplätze. Der Finanzsenator hat in der Hauptausschusssitzung nonchalant gesagt: Das Einzige, was der WBM noch helfen kann, ist erstens der Verkauf von 10 000 Wohnungen und zweitens der Abbau von rund 400 der rund 700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dabei wird es auch betriebsbedingte Kündigungen geben. – Das ist eine Ungeheuerlichkeit. Wenn wir über Samsung reden, müssen wir auch darüber reden, welchen Beitrag zum Arbeitsplatzabbau der Senat und die städtische Wohnungswirtschaft leisten.

[Beifall bei der CDU]

Diesbezüglich kann ich den geschätzten Kollegen Wechselberg zitieren, der in einem Artikel der „Berliner Zeitung“ mit den Worten zitiert wird: Das ist der eigentliche Skandal, erneut gehen 400 Arbeitsplätze in der Stadt verloren. – In der Tat, das ist ein Skandal und deshalb müssen wir über das Thema reden.

Sich darüber Gedanken zu machen, ist ein Auftrag, den das Parlament, namentlich meine Fraktion, dem Senat schon vielfach erteilt hat. Wir sprechen über die städtische Wohnungswirtschaft nicht zum ersten Mal. Wäre es ein überraschender Fall, könnte man von einer Ausnahme oder einem Notfall sprechen, etwas, das aus dem Ruder gelaufen, aber ein bedauerlicher Einzelfall ist. Ist es tatsächlich ein Einzelfall oder ein Symptom für die ganze städtische Wohnungswirtschaft? – Schon seit Jahren diskutieren wir mit dem Senat – dem damals zuständigen Senator und der heute zuständigen Senatorin, die damals als Staatssekretärin auch in der Verantwortung gestanden hat – über die Frage, wie die öffentliche Wohnungswirtschaft neu aufgestellt, wie Ziele definiert und insgesamt die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erhalten werden können. Unsere damaligen Bemühungen, die Probleme der städtischen Wohnungsbaugesellschaften aufzuzeigen, sind vom Senator und den Regierungsfraktionen regelmäßig diffamiert worden. Es hieß, wir würden diese städtischen Wohnungsbaugesellschaften aus ideologischen Gründen schlecht reden, im Grunde sei alles bestens. Immer wieder hieß es seitens des Senats, er habe alles im Griff, es gebe keinen Grund zur Beunruhigung. – Das

stellt sich nun bei der Wohnungsbaugesellschaft Mitte ganz anders dar. Es ist kein Geheimnis, dass es bei der Wohnungsbaugesellschaft Marzahn nicht anders ist, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Deshalb darf man große Zweifel daran äußern, dass es sich lediglich um Einzelfälle handelt, sondern muss annehmen, dass es sich letztlich um ein Problem der gesamten städtischen Wohnungswirtschaft handelt.

Es ist nicht so, dass es keine Gutachten und Vorlagen gäbe. Die gibt es zuhauf. Es gibt ein umfangreiches Gutachten von Ernst & Young, das dem Senat ziemlich deutlich in das Stammbuch geschrieben hat: Wenn man sich schon städtische Wohnungsbaugesellschaften hält, muss man wissen, was man damit anfangen will, muss eine klare Eigentümerstrategie verfolgen, klare Ziele setzen und dafür sorgen, dass diese Ziele durchgesetzt werden. – Damit wir uns nicht falsch verstehen: Das ist nicht nur eine Frage der finanziellen und wirtschaftlichen Zielsetzung – diese müssen stimmen und funktionieren –, sondern es ist auch eine Frage städtebaulicher, wohnungswirtschaftlicher und sozialpolitischer Zielsetzungen. Diese Unternehmens-, diese Eigentümerstrategie vermissen wir bis heute. Wir vermissen bis heute Antworten auf die Fragen, warum es eigentlich diese fünf Konzerne geben muss in dieser Struktur, mit diesen Tochtergesellschaften, wie die eigentlichen Aufgaben dieser städtischen Wohnungsbaugesellschaften in einer möglichst kostengünstigen und schlanken Organisation verwirklicht werden können. Alle diese Fragen sind vielfach gestellt worden, immer wieder von externen Gutachtern, aber auch von uns in den zuständigen Ausschüssen angemahnt worden. Was wir bis dato vom Senat zu hören bekommen haben, sind Beschönigungen, ist das Verstreichen von weißer Salbe, das sei alles schon nicht so tragisch. Es ist fünf vor zwölf für die Wohnungsbaugesellschaften, und es geht nicht darum, sie abzuwickeln, sondern es geht darum, ihnen eine Zukunft zu gewährleisten. Dafür, denke ich, sollten wir alle gemeinsam im Parlament streiten und gemeinsame Lösungen finden. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Herr Kollege Kaczmarek! – Der Kollege Zackenfels folgt für die Fraktion der SPD.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist zunächst einmal ein ernsthafter Antrag, der es verdient, dass man sich mit ihm auseinander setzt, finde ich. Das ist wiederum – das wissen wir alle hier im Hause – beileibe nicht der Fall bei allen Anträgen, die die Berliner CDU so fabriziert. Schade ist nur, dass Sie von der CDU hier nachweislich zu spät kommen. Ich will das nicht im Einzelnen aufzählen. Das müssen Sie im Ausschuss aufarbeiten. Aber Fakt ist, dass wir uns am Ende eines Prozesses befinden, nicht am Anfang. Das, was bei WBM nun aufgearbeitet wird, ist Ergebnis und nicht Ursache, so wie Sie probieren, das hier darzustellen, Herr Kaczmarek. Insofern läuft auch – das werde ich kurz nachweisen – Ihr Versuch ins Leere, den

Überbringer von schlechten Nachrichten – in diesem Fall Rot-Rot – zum Prügelknaben zu machen.

Sie haben Recht, Ernst & Young hat sehr deutlich bereits im August 2003 die Probleme angesprochen. Wer allerdings heute eine Neuordnung der Wohnungswirtschaft fordert, hat die letzten zwei Jahre geschlafen oder, schlimmer, nicht verstanden, was es bedeutet, wenn ein Wirtschaftsprüfer darauf hinweist, dass es – ich zähle nur auf – Liquiditätsschwierigkeiten substantieller Art gibt, Instandhaltungsstau von 1,4 Milliarden €, überhöhte Buchwerte, teilweise das 13- oder Mehrfache der Mieteinnahmen, und Steuerungsdefizite der Fach- und Beteiligungsverwaltungen. Tatsache ist aber, dass dieser Senat gehandelt hat. Bereits am 19. November 2003, dargestellt in einer roten Nummer 2056, am 25. Februar 2004 im Hauptausschuss, später in der gemeinsamen Sitzung des Hauptausschusses mit Ausschuss für Bauen und Wohnen oder der Sitzung zu den konkreten Gesellschaften am 1. September 2004 ist deutlich geworden, dass es eine Reihe von konkreten Schritten gibt, die eingeleitet worden sind, um unternehmenspolitische und betriebswirtschaftliche Prozesse transparenter zu machen. Diese veränderte Geschäftspolitik ist das Ergebnis des vom Senat veranlassten Kurswechsels hin zu wirtschaftlicher Konsolidierung und auch der Offenlegung von Fehlverhalten bzw. Misswirtschaft bei der einen oder anderen Gesellschaft. Zu den Konsequenzen gehören dann natürlich auch der Rausschmiss von Geschäftsführern, wie bei der WBM geschehen. Warum diesen allerdings bei den Verfehlungen, die zumindest in der Presse angedeutet worden sind, trotzdem noch Entlastung erteilt wird, könnte vielleicht im Ausschuss noch einmal in Ruhe erörtert werden.

[Beifall bei der SPD]

Wir als SPD haben jedoch nie einen Hehl aus unseren wohnungspolitischen Zielen gemacht: einen substantiellen Anteil von Wohnraum in öffentlicher Hand, nämlich rund 15 %, eine Portfoliobereinigung zur Stabilisierung der landeseigenen Gesellschaften und ein erschwingliches Mietniveau zum Erhalt der sozialen Balance. Aber – das ist die Änderung zu den letzten 10 Jahren großer Koalition – wir sind nicht mehr bereit, dies um den Preis betriebswirtschaftlicher Miss- oder Vetternwirtschaft durchzusetzen bzw. zu dulden.

Damit komme ich zum Kern Ihres Antrags, Herr Kaczmarek, den ich in dieser Gestalt sehr interessant finde. Ich zitiere aus Ihrem Antrag, in dem Sie vorschlagen, dass Sie im liebsten Falle eine Zusammenlegung aller Leitungsebenen der Gesellschaften im Land Berlin fordern würden. Was Sie dort vorschlagen – das macht Ihren Antrag in der Tat spannend –, ist nichts anderes als eine gesellschaftsrechtliche Zusammenlegung aller Unternehmen, sozusagen das wohnungswirtschaftliche Kombinat. Das ist für die West-CDU zumindest ungewöhnlich. Deswegen bin ich auf die entsprechenden Diskussionen im Ausschuss gespannt.

Aber wir sollten etwas anderes nicht aus den Augen verlieren, da stimme ich Ihnen zu: Der Fall WBM ist

diesbezüglich eine Lehre. Der ehemalige Geschäftsführer dort durfte 15 Jahre lang das Gleiche machen. Das kann nicht gut sein. Das ist nicht gut für den Menschen, der das tut, und das ist auch nicht gut für die Unternehmung, die das tut.

Auch in diesem Zusammenhang müssen die Aufsichtsräte noch einmal thematisiert werden. Ich finde, dass die Zusammensetzung von Aufsichtsräten, wie sie bei der WBM nachvollziehbar über die Jahre hinweg bestanden haben, zumindest Fragen offen lässt. Ich denke, dass Herr Stimmann jemand ist, der von vielem Ahnung hat. Ob er in einen Aufsichtsrat einer wohnungswirtschaftlichen Unternehmung gehört, lassen wir mal offen. Herr Zeller ist bärig, lieb und nett. Aber es muss schon einen Grund gehabt haben, warum die CDU ihn auch nicht mehr als Landesvorsitzenden haben wollte. Als Mitglied in einem Aufsichtsrat ist er sicherlich auch nicht die ideale Besetzung.

[Beifall bei der SPD]

Also legen Sie in den anstehenden Beratungen, lieber Herr Kaczmarek, Ihr Augenmerk auch auf diese Aspekte: Qualität und Dauer von Geschäftsführung, Qualität und Dauer von Aufsichtsräten. Ich bin sicher, dann wird die Diskussion eine spannende. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der Linkspartei.PDS]

Vielen Dank, Herr Kollege Zackenfels! – Für die Grünen erhält das Wort Frau Oesterheld. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Lob voraus: Ich finde den Antrag gut, er hätte zu großen Teilen von mir sein können.

[Doering (Linkspartei.PDS): Deshalb ist er gut, genau!]

Was ich aber schon ein bisschen nett finde, ist, nach CDU und SPD hier zu reden. Ich zitiere mal mich selbst aus einer Rede, weil wir diese Reden schon so oft gehalten haben:

Wir kennen die Sünden der großen Koalition: der Verkauf der Gesellschaften untereinander oder die so genannten Sonderdividenden oder auch die Illusion, dass die Gesellschaften massenweise Wohnungen als Eigentumswohnungen an ihre Mieter verkaufen können, bis hin zu dem Missbrauch der städtischen Gesellschaften als Projektentwickler.

Das alles sind die Faktoren, die die Wohnungsbaugesellschaften in die Miesen gefahren haben. Und da, Herr Kaczmarek, tut mir Leid, waren Sie in der CDU auch ganz heftig dabei. Wenn Sie jetzt sagen, Sie werfen mir vor, dass ich die Gesellschaften schlecht rede: Ich kann Ihnen sagen: Auch CDU-Senatoren haben mir das schon vorgeworfen, nur weil ich gesagt habe, wie der Bestand und die Realität ist. – Nun haben wir diese große Koalition gehabt, und die haben dann sehr viele Miese produziert. Dann dachte ich, es kommt Rot-Rot, und alles wird anders. Aber alles ist leider nicht anders geworden.

[Gaebler (SPD): Aber vieles besser!]

Wir haben zwar ein Controlling, aber ein Controlling reicht bei diesen Gesellschaften einfach nicht mehr aus. Wir müssen, wenn wir Wohnungen sichern wollen, ganz grundsätzlich an die Wohnungswirtschaft und auch an die verschiedenen Wohnungsbaugesellschaften herangehen. Davor haben Sie Angst, zum einen sicherlich auch wegen der Vetternwirtschaft, Herr Kaczmarek und Herr Zackenfels haben es eben so nett gesagt: Da ist der CDUler drin, da ist der SPDler drin. Der letzte Fall war Herr Bielka, den kennen wir alle noch. Das heißt also, diese Filzwirtschaft, die mit den städtischen Wohnungsunternehmen auch verbunden ist, hat leider nicht unter Rot-Rot aufgehört. Bei den Aufsichtsräten ist es ähnlich. Solange da nicht zu erkennen ist, dass es wirklich um andere Strukturen geht, dass es um einen anderen Umgang mit den Wohnungsunternehmen geht, habe ich nach wie vor Angst davor, was mit diesen Wohnungsbaugesellschaften passieren wird.

Wir haben vor ungefähr zwei Jahren ein Konzept vorgelegt. Da haben wir ziemlich deutlich gemacht, wie wir diese Wohnungsunternehmen umstrukturieren wollen. Wir sind auf Grund der finanziellen Situation der Gesellschaften zu der Erkenntnis gekommen, dass wir nur noch 160 000 Wohnungen werden behalten können. Ich will das nicht, aber aus finanziellen Gründen geht es gar nicht anders. Da haben Sie auf uns eingeprügelt, die Grünen wollten nur noch 160 000 Wohnungen behalten. Jetzt gucken Sie sich bitte an, wie viele Wohnungen Sie noch haben! Da verkauft die WBM eben einmal 10 000 Wohnungen. Alle anderen verkaufen unter der Hand permanent Tausende von Wohnungen. Sie haben keinen Zugriff mehr auf die Struktur dieser Wohnungen, also wo sie liegen, sondern unter der Hand werden Ihnen die Wohnungen verkauft. Am Ende haben Sie nicht nur keine Wohnungen mehr, sondern auch noch die Schulden des Unternehmens. Das finde ich wirklich fatal.

[Beifall bei den Grünen]

Das Problem ist dabei auch – Herr Kaczmarek hat die Beschäftigten schon angesprochen –: Je mehr Wohnungen ich verkaufe, desto schwieriger wird das Verhältnis zwischen Beschäftigten und Wohnungen. Das kann nicht sein, dass es immer weniger Wohnungen werden, aber die Beschäftigtenzahl gleich bliebt. Daher kommt nämlich auch ein Problem, weshalb Beschäftigte abgebaut werden müssen. Wenn sich dieses Verhältnis nicht verbessert, werden wir in Zukunft nicht in der Lage sein, unsere Wohnungsbaugesellschaften zu halten.

Mein Problem ist, dass der rot-rote Senat immerzu angekündigt hat, dass er die Wohnungswirtschaft neu strukturieren will. Sie haben ein Controlling eingeführt. Ich finde dieses Controlling wichtig, und es war höchste Zeit – das sehe ich auch ein –, aber es reicht nicht aus. Sie müssen mit den Gesellschaften eine neue Struktur finden, dass Sie alte Zöpfe und alte Geschäftsführer – nicht abschneiden, das kann man nicht sagen –, alte Leute aufgeben oder alte Seilschaften aufgeben, im Interesse der

Wohnungen und im Interesse der Wohnungswirtschaft. – Im Übrigen finde ich es sehr bedauerlich, dass der Herr Finanzsenator bei solcher Debatte nicht dabei ist.

[Beifall bei den Grünen]

Danke schön! – Für die Linkspartei hat jetzt Herr Abgeordneter Dr. Nelken das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Meine Vorredner haben dem Antrag der CDU wohlwollend zugesprochen. Dem kann ich mich nicht so ganz anschließen. Wäre der Antrag unbefangen – sagen wir mal, im Jahr 2002 oder 2003 – gekommen und hätte die CDU gesagt, wir wollen jetzt einmal gucken, was die Koalition mit ihrer Ankündigung gemacht hat – denn in unserem Koalitionsvertrag steht etwas Ähnliches wie im Antrag, dass um eine Neuordnung der Wohnungswirtschaft geht –, dann wäre vielleicht eine interessante Debatte daraus geworden. Aber Ihr Antrag ist doch zu durchsichtig. Sie haben es in Ihrer Rede dargestellt, Herr Kaczmarek, dass Sie auf die aktuellen Presseberichte über die WBM aufsatteln. Wenn die Wohnungsbaugesellschaften schon keine Rendite erzielen, dann wollen Sie wenigstens eine parteipolitische Rendite herausholen. Insofern finde ich diesen Antrag und ein bisschen auch die Debatte hier misslich. Ich verspreche mir von der Ausschussdebatte – im Gegensatz zu Herrn Zackenfels – nicht viel.

[Zuruf der Frau Abg. Oesterheld (Grüne)]

Es ist schon eine Zumutung, wenn man hier liest, dass die Probleme jahrelang verharmlost worden seien. Die CDU hat diese Probleme, in denen sich die Wohnungswirtschaft jetzt befindet, jahrelang mitproduziert, neben den sozialdemokratischen Verantwortlichen für diese Entwicklung in der Bauwirtschaft. Ich erinnere nur an den „charismatischen“ Senator Klemann und seinen Beitrag zur Entwicklung der Wohnungswirtschaft. Er ist dann auch noch in eine Wohnungsbaugesellschaft gewechselt.

Viele Probleme, die Sie beschreiben, kann man nicht bestreiten; sie sind da. Im Unterschied zu meinem geschätzten Kollegen Zackenfels bin ich der Meinung: Sicher, die Koalition ist Schritte gegangen auf dem Weg, sich Klarheit zu verschaffen, wie die Situation der Wohnungsbaugesellschaften ist. Da hat er natürlich Recht, die Debatten der letzten zwei Jahre, die im Bauausschuss und im Hauptausschuss stattgefunden haben, das Gutachten von Ernst & Young, das BBU-Controlling, all das haben Sie jetzt nicht besprochen. Aber eines ist auch richtig: Eine grundsätzlichen Neuordnung – da gibt es sicher eine Differenz in der Koalition –, die ausreichte, die Probleme, vor denen die Wohnungswirtschaft insgesamt steht, zu bewältigen, ist noch nicht geschaffen worden. Das ist die Debatte, die eigentlich zu führen ist, statt auf dem aktuellen WBM-Problem herumzureiten. Wo waren Sie eigentlich, Herr Kaczmarek? – Denn alles, was die WBM betrifft, steht schon seit Jahren, nicht erst seit dem Gutachten von Ernst & Young, in ihren Geschäftsberichten. Und die WBM ist sozusagen nur ein aktuelles Beispiel dafür,

wie es um die Wohnungswirtschaft insgesamt steht. Das ist kein Geheimnis. Was in den letzten Tagen passiert ist, ist eher eine Skandalisierung. Man kann nachvollziehen, dass eine neue Geschäftsführung sagt: Wir packen einmal alles auf den Tisch, damit die uns in wenigen Jahren nicht dafür verantwortlich machen, was vorige Geschäftsführungen gemacht haben. – Was auf den Tisch kam, war alles nicht neu. Wir wissen das alles. Man könnte über die Kampagne die Überschrift setzen – das ist das ungute Gefühl, das ich dabei habe, dass die CDU trotz ihrer gegenteiligen Bekundungen mitmacht –: „WBM zu Heuschreckenfutter“, denn im Prinzip wissen wir doch alle, dass im Augenblick die Wohnungsbaugesellschaften in einer schwierigen Situation sind, aber dass genügend Investoren auf der Matte stehen und sagen: Wir nehmen euch die Bestände ab. – Ich glaube, einige in der CDU, einige in der FDP ohnehin – ich hoffe, nicht in der Koalition – sind der Meinung, wir schaffen uns das Problem vom Hals, indem wir einfach verkaufen. Und da macht es nichts, ob ich eine Wohnungsbaugesellschaft oder Bestände verkaufe. Wenn ich die Bestände der Gesellschaft verkaufe, dann verkaufe ich ihr Kerngeschäft, dann verkaufe ich die Zukunft der Gesellschaft.

[Frau Oesterheld (Grüne): Machen sie doch selber die ganze Zeit!]

Das machen die Gesellschaften selbst schon seit Jahren, und es löst nichts. Es hilft ihnen von Jahr zu Jahr, von Bilanz zu Bilanz, aber am Ende entsteht daraus keine Neuordnung der Gesellschaften und des Wohnungsportfolios der Stadt Berlin.

Der größere Teil der Aufgabe – das sage ich wieder in Differenz zu Herrn Zackenfels – steht noch vor dem Land, vor der Koalition, und nicht nur vor dieser Koalition, denn das ist eine längerfristige Aufgabe. Aber sie sollte angegangen werden. Vielleicht kommen wir dann doch zu einer größeren Ernsthaftigkeit, denn wir reden über ein Problem, das einen Wertumfang von 8, 9, 10 Milliarden € besitzt. Dieses Thema ist vielleicht nicht erotisch, aber von großer Bedeutung für das Land Berlin. Wenn ich mir angucke, wie das Haus an dieser Debatte teilnimmt, hoffe ich nur, dass das nicht ein schlechtes Zeichen dafür ist, wie das Haus demnächst mit der Wohnungswirtschaft umgehen wird. – Ich danke!

[Beifall bei der Linkspartei.PDS]

Danke schön! – Für die FDP-Fraktion hat nun Herr Abgeordneter von Lüdeke das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bisweilen reibt man sich bei Anträgen die Augen. Ich muss gestehen, dass es mir bei diesem Antrag so gegangen ist, dass ich mich gefragt habe, was denn mit der CDU plötzlich los ist. Eines muss man feststellen: Wenn Frau Oesterheld, wie gerade geschehen, einen wohnungspolitischen Antrag lobt, dann spricht das nicht unbedingt für den Antrag. Dann muss man sich das schon genauer ansehen.

[Heiterkeit bei der FDP]

Da will also die CDU die städtische Wohnungswirtschaft wieder handlungsfähig machen. Der Senat soll die öffentliche Wohnungswirtschaft neu ordnen und eine konsistente Eigentümerstrategie entwickeln, unter Berücksichtigung – und dann kommt es ganz dicke – sozialpolitischer, wohnungspolitischer, stadtentwicklungspolitischer und finanzpolitischer Ziele. Also kurz: Sie wollen eine Eigentümerstrategie, die es allen recht macht, aber niemandem wehtut. – Sie wissen es eigentlich besser. Ich frage mich überhaupt, wo der Abgeordnete Niedergesäß ist. Ich glaube, er ist heute weggeblieben, weil er sich mit diesem Antrag nicht so richtig identifizieren konnte.