Protokoll der Sitzung vom 27.10.2005

[Frau Ströver (Grüne): Ach!]

das ist der Unterschied zu Winterpolo. Deswegen sind sie enorm daran interessiert, ihn einer massenhaften Wahr

nehmung zuzuführen. Das kann man natürlich nicht, wenn es exklusiv in irgendwelchen kaum bezahlbaren Sendern, Premiere- oder anderen Pay-TVs, stattfindet.

[Pewestorff (Linkspartei.PDS): Der eine oder andere Rechtsanwalt kann es sich leisten!]

Deswegen gibt es gar keinen Anlass, es ist ein natürliches Bedürfnis der Liga zu einer massenhaften Vermarktung. Herr Rummenigge braucht Sie nicht, glauben Sie es mir.

Was Sie gemacht haben, ist unter mehreren Aspekten ziemlich abwegig. Wir brauchen uns nicht über die Verfassungsmäßigkeit oder Verfassungswidrigkeit von § 5a des Rundfunkänderungsstaatsvertrags als solchem unterhalten, das können Sie in den Kommentierungen nachlesen. Aber es geht schon los bei der Frage, was ein Großereignis ist. Wenn Sie den Katalog anschauen, Kollege Zimmermann, haben Sie Endspiele, Halbfinale, Finale, weil sie eine gewisse Bedeutung haben,

[Zuruf der Frau Abg. Ströver (Grüne)]

aber nicht jedes Spiel zwischen – wenn sie einmal wieder aufgestiegen sind – Freiburg und Mainz. Das ist nicht von nationaler Bedeutung.

[Doering (Linkspartei.PDS)]

Das wird niemals nationale Bedeutung haben. Das ist der Unterschied zu Hertha-Spielen, die von nationaler Bedeutung sind, aber nicht das andere.

[Niedergesäß (CDU): Eisern Union!]

Es geht weiter mit der Praktikabilität. Wenn Sie lesen, was in § 5a steht:

Bei Großereignissen, die aus mehreren Einzelereignissen bestehen, gilt jedes Einzelereignis als Großereignis.

Das heißt, Sie müssten im Grunde jedes Bundesligaspiel mehr oder minder gleichzeitig ausstrahlen oder in enger Versetzung, wenn Sie das ernst nehmen, was dort steht. Das ist technisch so gut wie gar nicht möglich.

[Zuruf des Abg. Zimmermann (SPD)]

Es ist eine unpraktikable Forderung, die Sie aufstellen. – Ich weise Sie noch auf das Recht der Kurzberichterstattung von 20 Sekunden hin, das auch noch besteht.

[Frau Dr. Hiller (Linkspartei.PDS): Und das beim Fußballspiel!]

Aber was ist denn die Realität? – Es ist nicht praktikabel, was Sie fordern.

[Zuruf des Abg. Doering (Linkspartei.PDS)]

Und nicht jedes Bundesligaspiel ist ein Großereignis. Es geht auch an der Realität der Liga vorbei. Sie müssen sich anschauen, was sie für Einnahmen haben. Da können Sie hier erzählen, dass das zu kommerziell ist oder was auch immer – ich meine auch, dass da zu viel bezahlt wird –, aber das ist nichts, was die Politik regeln kann, sondern das regelt der Markt irgendwann einmal, wenn die Preise,

die dort verlangt werden, zumindest für das gesamte Paket Bundesliga nicht mehr gezahlt werden.

[Beifall bei der FDP]

Schauen Sie sich die Größenordnung an: Die Bundesliga nimmt jedes Jahr ca. 300 Millionen € Medieneinnahmen ein. Im Gegenzug hat die Bundesliga übrigens einen Schuldenberg von 700 Millionen €. Schauen Sie sich die Premier League in England an: Zuletzt hat sie 710 Millionen € eingenommen. Spitzenclubs in Italien und Spanien, die dort einzeln verwerten können, erzielen pro Club 100 Millionen €. Jetzt stellt sich doch für uns die Frage, ob wir durch staatliches Reglement hier deckeln und die Liga damit unattraktiver machen wollen, insbesondere auch für Spitzenspieler.

[Frau Dr. Hiller (Linkspartei.PDS): Die gibt es hier doch gar nicht mehr!]

Dann kommen wir in den Bereich, dass dieser offenkundig populistisch nett gemeinte Antrag letztlich dazu führen würde, wenn er realisiert würde, dass die Einnahmequellen der Liga reduziert und wir damit schlechtere Spieler und schlechtere Qualität bekommen würden. Es ist also ein Antrag, der sich nur vordergründig an das Massenpublikum richtet, tatsächlich aber zu einem Absinken der Qualität führen wird.

[Beifall bei der FDP]

Da sage ich Ihnen auch als Wirtschaftsrat von Hertha BSC.

[Frau Dr. Hiller (Linkspartei.PDS): Die Armen!]

Ich bin mir da mit meinen Kollegen weitestgehend einig. Wir haben das diskutiert.

[Zuruf der Frau Abg. Ströver (Grüne)]

Na, das ist halt ein Berliner Club, Frau Ströver, an dem können wir nicht vorbei!

[Zurufe der Abgn. Frau Ströver (Grüne) und Schruoffeneger (Grüne)]

Es ist nicht im Interesse von Hertha BSC Berlin, in dieser Weise hier vorzugehen und die Bundesliga als Gesamtes aufzunehmen. Wir sind uns im Klaren darüber, dass eine Einzelvermarktung im Moment noch nicht zur Diskussion steht, aber sie muss als Option für Spitzenvereine offen stehen.

[Frau Ströver (Grüne): Reden Sie jetzt im Namen von Hertha oder im Namen Ihrer Fraktion?]

Hertha BSC ist ein Spitzenverein,

[Schruoffeneger (Grüne): Schon wieder!]

deswegen müssen – oder sollten – wir auf unseren eigenen Club hier in Berlin Rücksicht nehmen und nicht hier in einer Weise über Interessen des größten Clubs hier weggaloppieren.

[Niedergesäß (CDU): Eisern Union!]

Es ist nicht in unserem Interesse. Deswegen ist es jetzt völliger Unsinn, über diesen Antrag hier heute sofort ab

zustimmen, Frau Ströver, und den armen Regierenden Bürgermeister damit zu blamieren,

[Frau Dr. Hiller (Linkspartei.PDS): Das wäre das erste Mal, dass Sie ihn nicht blamieren wollten!]

sondern es ist in der Tat besser, diesen Antrag im Ausschuss zu behandeln.

Herr Kollege Dr. Lindner, bitte kommen Sie zum Schluss!

Ich komme gleich zum Schluss!

Meine Aufregung über diesen Antrag hält sich in Grenzen. Das wäre ein Rundfunkstaatsvertrag, der zu schließen ist. Die FDP wird in den fünf Ländern, in denen sie mit der Union regiert, bei der ich mir auch ganz sicher bin – das sind ja auch ohne die SPD schon fast zwei Drittel der Länder, die wir da gemeinsam regieren –, dafür sorgen, dass das ganz sicher nicht Realität wird. Das ist nicht im Interesse der Bundesliga. Es ist nicht im Interesse der Menschen dort draußen. Und es ist vor allem nicht im Interesse unseres größten Clubs hier in Berlin.

[Beifall bei der FDP – Frau Ströver (Grüne): Für den haben Sie ja gesprochen! – Doering (Linkspartei.PDS): Der größte Club ist nicht Hertha, da gibt es andere!]

Danke schön, Herr Dr. Lindner! – Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung an den Ausschuss für Europa- und Bundesangelegenheiten, Medien und die Zusammenarbeit Berlin-Brandenburg, wozu ich keinen Widerspruch höre. Dann machen wir das so.

Ich rufe nun auf die Priorität der Fraktion der CDU

lfd. Nr. 4 d:

Dringlicher Antrag

Jugendhilfe am Ende – gemeinsam Kahlschlag stoppen!