Auch kommt über das Thema Wirtschaft nichts vor. Was ist mit den ausländischen Unternehmen, die sich in Berlin angesiedelt haben? Wie kann man mehr Investoren dazu bringen, in Berlin zu investieren? Wie schaffe ich mehr Arbeits- und Ausbildungsplätze in türkischen Unternehmen? Von all diesen Fragen wollen Sie nichts wissen.
Deshalb fordere ich Sie auf: Nehmen Sie die Expertenmeinungen ernst, und schreiben Sie ein neues Integrationskonzept, das mit den Realitäten dieser Stadt zusammenpasst. – Vielen Dank!
Danke schön, Herr Kollege Lehmann! – Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Gesundheit, Soziales, Migration und Verbraucherschutz, wozu ich keinen Widerspruch höre.
Ich eröffne die II. Lesung und schlage vor, die Einzelberatung der 18 Paragraphen zu verbinden. – Ich höre dazu keinen Widerspruch. Ich rufe auf die Überschrift und die Einleitung sowie die 18 Paragraphen, Drucksache 15/3583, sowie die Änderungen in der Beschlussempfehlung Drucksache 15/4439. Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion der Linkspartei.PDS. Das Wort hat die Kollegin Hinz. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich gehe noch einmal auf die Gründe für die Vorlage eines Landes-Immissionsschutzgesetzes ein. Die Lärmverordnung vom Juli 1994 hatte eine Laufzeit von zehn Jahren und ist im Juni 2004 außer Kraft getreten. Dazwischen gab es noch einmal eine kurze Veränderung und Beschlussfassung. Es wurde aber deutlich, dass ein solches Gesetz dringend erforderlich ist.
Mit dem vorliegenden Gesetz wird das Immissionsschutzrecht in Berlin neu geordnet. Es löst die bisher ausschließlich auf Lärm bezogene Verordnung ab und bezieht alle schädlichen Umwelteinwirkungen ein, beispielsweise Geräusche, Luftverunreinigungen, Staub, Gerüche, Licht. Wesentlich ist dabei auch die Umsetzung von Bundes- in Landesrecht, und zwar immer unter Berücksichtigung der Bundesregelungen, beispielsweise der Verkehrslärmschutzverordnung, der Sportanlagenlärmschutzverordnung und der Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung. Auf zur Regel gewordene Ausnahmeregelungen soll in Zukunft verzichtet werden. Wir erhof
fen uns dadurch eine Reduzierung der Verwaltungstätigkeit. Als eine weitere Begründung kann man anführen, dass damit eine Harmonisierung des Umweltrechts von Berlin und Brandenburg herbeigeführt wird. Das ist aus meiner Sicht auf jeden Fall sinnvoll.
Schwerpunkt der öffentlichen Debatte über dieses Gesetz ist die Verkürzung der Ruhezeiten gewesen, einmal die Zeit zwischen 6.00 und 7.00 Uhr morgens sowie zwischen 20.00 und 22.00 Uhr abends. Diese Debatte ist sehr emotional geführt worden. Die Verkürzung der Ruhezeiten hat jedoch für klassische Wohngebiete keine Auswirkungen, für Bewohnerinnen und Bewohner in Mischgebieten können sich möglicherweise Nachteile ergeben. Für Gewerbe- und Kerngebiete gibt es keine Veränderungen und somit ist der gleiche Zustand wie bisher gegeben.
Lärm, insbesondere Nachbarschaftslärm, ist oft verhaltensbedingt und schwer regelbar. Schwerwiegende Ruhestörungen finden in der Regel zwischen 22.00 und 6.00 Uhr statt und sind in jedem Fall verboten. Diese Zeitspanne wird nicht durch diese Gesetzesänderung betroffen, die Regelung dieses Problems muss in anderer Form stattfinden. Die Wohnungsbaugesellschaften und -genossenschaften sind meiner Ansicht nach auf einem guten Weg und haben ihre eigenen Möglichkeiten gefunden, dagegen anzugehen, beispielsweise durch die konsequente Anwendung von Hausordnungen. Die Stellungnahmen der Bezirksämter sind nicht eindeutig gewesen. Sie reichten von Nichtäußerung bis Ablehnung. Deshalb haben wir keine schwerwiegenden Gründe gesehen, von diesem Gesetzesvorhaben Abstand zu nehmen. Eine Ablehnung des Gesetzes war für uns auf Grund der zur Verfügung stehenden Fakten nicht vertretbar. Gleichwohl haben wir Änderungsbedarf gesehen und deshalb einen Paragraphen zusätzlich eingefügt. Mögliche Auswirkungen, die für die Bürgerinnen und Bürger zu Belastungen führen könnten, wollen wir kontrollieren lassen. Deshalb soll in zwei Jahren ein Bericht über die Auswirkungen erstellt werden. Anschließend werden wir den Bericht auswerten und danach entscheiden, ob Änderungen auf den Weg gebracht werden müssen. Zum jetzigen Zeitpunkt jedoch sehen wir keinen Grund, dieses Gesetz nicht zu verabschieden. Meine Fraktion wird dem Gesetz, der Änderung sowie unserem Antrag zustimmen. – Danke!
Vielen Dank, Frau Kollegin Hinz! – Es folgt die CDU. Das Wort hat der Kollege Goetze. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was wir eben von der Kollegen Hinz von der Linkspartei.PDS gehört haben, war ein ziemliches Geeiere. Das war sehr mühsam, die Koalitionsdisziplin zu wahren und irgendwie glaubhaft zu machen, man habe noch einige Paragraphen gefunden, die es erlauben, dem Gesetz mit Ach und Krach zuzustimmen. So sollte eine Regierungskoalition kein Gesetzgebungsverfahren praktizieren.
Das ist deshalb ausgesprochen bedeutsam, weil insbesondere Ihre Fraktionsmitglieder immer wieder vor den Folgen von Verkehrslärm warnen und die Stadtentwicklungssenatorin in umfangreicher Art und Weise aus Lärmschutzgründen Tempo-30-Strecken auf Hauptverkehrsstraßen ausweisen möchte. Das korrespondiert überhaupt nicht damit, dass die Ruhezeiten aus der alten Lärmschutzverordnung zwischen 6.00 und 7.00 Uhr sowie zwischen 20.00 und 22.00 Uhr aufgehoben worden sind. Ich sehe keinen Unterschied darin, ob man zwischen 6.00 und 7.00 Uhr von Baulärm, Lieferantenfahrzeugen oder Ladetätigkeiten aus dem Schlaf gerissen oder aber in der Nachruhe durch Verkehrslärm gestört wird. Lärm ist Lärm mit gleichen Auswirkungen. Deshalb ist es fahrlässig, in der Großstadt diese Ruhezeiten zu streichen und den Bürgern drei Stunden weniger Ruhe zu gönnen. [Beifall bei der CDU]
Wir haben bei den Anhörungen – beispielsweise in Steglitz-Zehlendorf –, aber auch bei uns im Ausschuss feststellen müssen, dass es ein erhebliches Beschwerdeaufkommen gibt, das an unterschiedlichen Stellen anlandet. Das ist der zweite Punkt, den man an diesem Gesetzentwurf kritisieren muss: Das herrschende Zuständigkeitswirrwarr ist nicht beseitigt worden. Die Ordnungsämter sind für bestimmte Lärmarten zuständig, die Senatsstadtentwicklungsverwaltung ist für andere Lärmarten zuständig, und auch die Umweltämter haben für bestimmte Lärmarten eine Zuständigkeit, und in Einzelfällen kann man auch die Polizei rufen. Welcher Bürger soll dies durchschauen ? Wie soll er seine Rechte wahrnehmen? – Das kann niemand.
Der Bürger landet also an vier verschiedenen Stellen im Zuständigkeitswirrwarr und muss als Laie unterscheiden, ob die Lärmart A nach Bundes-Immissionsschutzgesetz oder die Lärmart B nach dem Landes-Immissionsschutzgesetz dazu führt, dass das Ordnungsamt, die Polizei oder sonst wer angerufen werden müssen. Das ist völlig absurd. Das Gesetz ist deshalb ein schlechtes Gesetz. Es orientiert sich nicht an den Interessen der Bürgerinnen und Bürger.
Ein Letztes, es ist sicher reine Gesetzestechnik, aber auch die müssen wir beachten: Es gibt einen Paragraphen in diesem Gesetz, der die Möglichkeit für den Senat eröffnet, eine Rechtsverordnung zum Thema Feinstaubbekämpfung zu erlassen. Ansonsten steht nichts weiter darin. Es steht dort nicht, was man im Großen und Ganzen machen will, welche Maßnahmen angedacht sind, welche Instrumente angewandt werden sollen oder welche Grenzwerte es gibt. Der Paragraph beinhaltet außer der Verordnungsermächtigung absolut nichts. Das ist rechtstechnisch höchst problematisch. Im letzten Kommentar zur Berliner Verfassung wird ganz klar ausgeführt, dass zumindest der grobe Rahmen einer gesetzlichen Regelung dem Gesetzgeber vorbehalten bleiben muss und anschlie
ßend die Verwaltung mit einer Rechtsverordnung dazu eine Ausführung machen kann. Man kann ihr jedoch nicht einen ganzen Reglungsbereich, der sich im Bundesrecht über viele Paragraphen erstreckt, überlassen. Dann können wir die Gesetzgebung hier im Parlament völlig sein lassen, wir könnten die Verwaltung auffordern, zu einem bestimmten Thema ein Gesetz vorzulegen, und kümmern uns anschließend nicht weiter darum. So geht es nicht.
Als Sahnehäubchen, weil sich die PDS bei all diesem Gekrampfe und Gewürge gerade noch zu einer Zustimmung durchringen konnte, kommt zu diesem äußerst schlechten Gesetz, das die Interessen der Bürger nicht berücksichtigt und das rechtstechnisch problematisch ist, ein Placebo hinzu: Es wird ein Bericht erstellt. Vielleicht wird das Gesetz auf Grund dieses Berichts in zwei Jahren geändert, nachdem zuvor die Menschen vom Lärm zugedröhnt worden sind. Erst schafft man Regelungen ab, stellt aber gleichzeitig in Aussicht, sie in zwei Jahren wieder einzuführen. Das ist die Selbstberuhigung der PDS. Sie ist aber auf Grund der gesplitteten Zuständigkeiten völlig wirkungslos. Unter dem Strich werden zwei Jahre verschenkt, in denen man die Bürger mit der alten Reglung wirkungsvoller vor Lärm hätte schützen können. Hier wird jedoch zu Lasten der Bürger die Verwaltung entlastet. Das ist der falsch Weg, so kann man Umweltschutz nicht machen.
Danke schön, Herr Kollege Goetze! – Die SPD schließt sich an. Das Wort hat der Herr Kollege Buchholz. – Bitte schön!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen, meine Herren! Das Landesimmissionsschutzgesetz ist ein viel und lange diskutiertes Gesetz. Wir haben uns damit das erste Mal vor einem dreiviertel Jahr im Parlament beschäftigt, es dann im Ausschuss behandelt und eine Anhörung durchgeführt. Jetzt liegt es wieder vor. Es fällt auf, Herr Goetze, dass auch Sie und die CDU sowie die Opposition insgesamt versuchen, sich auf einen Punkt zu kaprizieren. Dabei wird übersehen, dass noch andere wichtige Aspekte neben dem Lärmschutz in diesem Gesetz stehen.
Herr Goetze, Sie haben zum Schluss davon gesprochen, dass sich dieser rot-rote Senat die Freiheit nimmt, Sachen, die bundesrechtlich nicht geregelt sind, erstmals in einem Landesgesetz verbindlich zu regeln. Hier gibt es zwei wichtige Punkte. Meine Kollegin Hinz hat darauf vorhin schon hingewiesen.
Es geht zum einen um den Punkt, dass nicht nur auf Lärm- und Luftverunreinigungen mit diesem Gesetz eingegangen wird, sondern eben auch auf Gerüche, Strahlungen, elektromagnetische Strahlungen, Erschütterungen, Licht und Wärme. Auch das sind alles Immissionen, Herr Goetze. Hier schaffen wir mit diesem Gesetz erstmals ei
Sie sagen, Herr Goetze, das wäre nicht definiert. Ich muss Ihnen leider widersprechen – wie es auch schon im Ausschuss der Fall gewesen ist. Im BundesImmissionsschutzgesetz – darauf bezieht sich die Ermächtigungsgrundlage im Landesgesetz – in § 22 können Sie die Grundsätze für solche Immissionen nachlesen. Sie können im Landes-Immissionsschutzgesetz in § 2 nachlesen – ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten:
Immissionsschutzpflichen Jeder hat sich so zu verhalten, dass schädliche Umwelteinwirkungen vermieden werden, soweit dies nach den Umständen des Einzelfalles möglich und zumutbar ist. Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, hat durch geeignete Maßnahmen für die Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes zu sorgen.
Die Detaillierung finden Sie, was die tatsächlichen Grenzwerte angeht, Herr Goetze, komplett im BundesImmissionsschutzgesetz. Das ist nicht das Einzige, wo wir im Landes-Immissionsschutzgesetz etwas bei den sonstigen Immissionen regeln, sondern insbesondere in § 9 erstmals und ausdrücklich in einem Landesgesetz bei der Begrenzung von Staubemissionen.
Bislang war nicht vorgesehen, für einige Dinge, z. B. den Betrieb von Anlagen, Vorschriften durch das BundesImmissionsschutzgesetz zu machen. Wir haben hiermit eine Ermächtigungsgrundlage, die an der Stelle genau definiert ist: Begrenzung von Staubemissionen. Das heißt beispielsweise auch, Herr Goetze und Frau Kubala, dass erstmals verpflichtend Baustellen eingehaust werden müssen. Wer ein altes Gebäude mit viel Einsatz von Material und Technik, wobei typischerweise sehr viel Staub entsteht und die Feinstaubbelastung im Umkreis von mehreren Kilometern noch feststellbar und messbar ist, abbricht, das kann nun erstmals mit diesem Landesgesetz unterbunden werden, indem Auflagen für den Abbau solcher Altanlagen und solcher alten Gebäude erteilt werden. Das ist eine Menge wert. Es ist eine klare Verhaltensregel.
Jeder weiß, dass das, was für andere Immissionen gilt, auch in diesem Fall für Staub, Gerüche und andere Dinge, für elektromagnetische Strahlungen gilt. Das ist eine Menge wert. Neben dem Kapitel Lärmschutz, darauf ist Frau Hinz schon eingegangen, sind das wichtige Aspekte, die wir mit diesem Landes-Immissionsschutzgesetz erstmals mit einem Gesetz regeln. Das ist ein guter Weg. – Vielen Dank!
Danke schön, Herr Kollege Buchholz! – Das Wort zu einer Kurzintervention hat jetzt der Kollege Goetze. – Bitte schön!
Sie hier vorgetragen haben, mag möglicherweise in dem Ihnen bekannten Entwurf der Senatsverwaltung für die Rechtsverordnung stehen. Es steht aber nicht im Gesetz selbst. Da steht nichts von Einhausung. Es geht hier um § 13: