Protokoll der Sitzung vom 09.03.2006

Ich gehe auf die Argumente ein, die Sie eben nannten und die Herr Hoffmann nicht kannte und nicht kennen konnte. Sie setzen das nur zum Teil um und haben drei Argumente dafür. Sie sagen: weil die Bezirke dagegen sind. Im August 2005 und kurz danach wäre die Mehrheit der Bezirke bei einer entschiedenen und entschlossenen Handlung von Ihrer Seite und der Ihres Senators im Boot gesessen. Sie haben das versäumt, und ich behaupte, Sie haben das absichtlich getan, weil Sie kein Interesse haben, dass die Bezirke in die Verantwortung gehen.

nung war – ich komme gleich mit den Beispielen –, dass der Senat das schon alles macht. Es wäre ja schön, wenn es wahr wäre. In Wirklichkeit ist die Arbeitsteilung aber ein völlig andere: Die Opposition macht die Vorschläge,

[Frau Bluhm (Linkspartei.PDS): Welche denn?]

die Koalition lehnt sie ab, und die Verwaltung macht, was sie ohnehin machen will.

Das ist gegenwärtig die Realität, und ich bringe die drei Beispiele aus dem Antrag: Im sechsten Punkt – auf der zweiten Seite – verlangt die Koalition ein Kundenreaktionsmanagement. Ich habe das hier vor 14 Tagen vorgetragen, und Sie haben argumentiert, warum man eine Ombudsstelle, die schnell Konflikte löst und regelt, nicht braucht. Sie haben gesagt, das könne man alles über den Petitionsausschuss machen. Jetzt kommen Sie mit der Forderung nach einem Kundenreaktionsmanagement.

[Gaebler (SPD): Das ist doch etwas ganz anderes!]

Beispiel Nummer zwei: Sie sagen, die Verantwortung für Hartz IV – Information und Umsetzung – soll in einer Hand liegen. – Da haben Sie Recht. Das finde ich auch. Einmal abseits von der Frage, warum die zuständigen Senatoren, die vorzugsweise von Ihrer Partei kommen, sich nicht miteinander abgestimmt haben, haben wir diesen Antrag bereits im letzten Jahr gestellt. Wir haben gesagt, dass es vernünftig wäre, das in einer Hand zu bündeln. Das haben Sie abgelehnt. Jetzt taucht es hier wieder auf.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Bluhm

Frau Klotz! Wenn das, was wir machen, so dreist ist, warum haben dann die Grünen in Friedrichshain-Kreuzberg bereits vor einem Jahr einen Antrag auf eine Widerspruchsstelle beim Jobcenter abgelehnt? Können Sie mir das erklären?

Sie haben das schon einmal im Ausschuss behauptet. Ich habe daraufhin bei den Grünen in Friedrichshain-Kreuzberg nachgefragt, ob das wahr ist. Mir wurde versichert, dass das nicht der Realität entspricht. Die zuständige Stadträtin in FriedrichshainKreuzberg kommt zudem von Ihrer Partei. Wenn sie das hätte umsetzen wollen, dann hätte sie es längst tun können.

[Beifall bei den Grünen]

[Beifall bei den Grünen]

Frau Abgeordnete! Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Ich bringe meinen Satz noch zu Ende. – Zweites Argument: Sie sagen, die Software müsse erst in Ordnung gebracht werden. Das finde ich auch. Aber das als Argument dafür zu benutzen, die Jobcenter nicht zu stärken, finde ich nicht besonders schlüssig.

Der dritte Punkt ist das Personal. Ein Teil des Personals hat dieser Senat zur Verfügung gestellt. Die Qualität dieses Personals kennen wir.

Das sind alles keine neuen Gründe und Punkte. Es ist ein Sammelsurium von Vorschlägen. Deswegen kann ich mir nicht vorstellen, dass wir dem Antrag in dieser Form zustimmen.

Dazu, dass Sie unserem Antrag für den Bundesrat nicht zustimmen, sage ich nichts. Das ist eine Kultur, die sich hier entwickelt hat. Nicht einmal mehr das Parlament bekommt zugestanden, einen eigenen Beschluss zum Verhalten des Senats im Bundesrat zu fassen.

Jetzt bitte ich Sie um einen Schlusssatz!

In der damaligen parlamentarischen Debatte hatte ich Ihnen ins Stammbuch geschrieben, Sie kämen früher oder später auf unsere liberalen Forderungen zurück, und der

jetzige Antrag der Koalitionsfraktionen ist ein weiterer Beweis für meine These. Endlich scheinen Sie erkannt zu haben, dass die angeblich größte Reform der Nachkriegsgeschichte ein organisatorischer Flop ist. Sie müssen nun umdenken.

Der Antrag der Koalition geht in die richtige Richtung, sieht man einmal von der Öffnungsklausel des Programms „Zusatzjobs und Bildung“ ab. Die finanziellen Ressourcen dieses Programms sind begrenzt. Schon damals hatten wir einen ähnlichen Antrag der Grünen abgelehnt.

Das ist eine Verlotterung von parlamentarischen Sitten, die ich nicht gut finde.

[Beifall bei den Grünen]

Das Wort für eine Kurzintervention erhält der Abgeordnete Hoffmann. – Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Ich habe heute von Herrn Wolf gelernt, dass es bestimmte Entscheidungshoheiten gibt. Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, Frau Klotz, dass die CDU-Fraktion entscheidet, wer zu welchem Thema redet.

Ihren Frust nehme ich gerne auf. Ich würde Ihnen auch wünschen, Sie wären im Bundestag gewesen und Herr Wieland wäre hier geblieben, dann hätten wir mehr Freude bei den Reden gehabt, die die Grünen hier halten.

[Beifall bei der CDU]

Sie können davon ausgehen, dass ich in der Thematik – gerade was die Jobcenter und die Umsetzung von Rahmenvereinbarungen angeht – eine sehr intensive Auseinandersetzung innerhalb der Fraktion, mit den Gremien, den Agenturen und der Landesarbeitsagentur pflege und regelmäßig vor Ort bin und mich mit den Leuten unterhalte. Ich weiß in vielen Punkten sehr genau, über was hier gesprochen wird. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Danke schön! – Frau Klotz möchte nicht erwidern, so dass jetzt die FDP das Wort hat. – Herr Lehmann, bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe war ein notwendiger Schritt, um mit einigen Ungerechtigkeiten und Kostenexplosionen Schluss zu machen. Leider sind nur wenige Ungerechtigkeiten beseitigt worden. Durch den Dilettantismus von Rot-Grün kann von der Bekämpfung der Kostenexplosion keine Rede sein. Ich mache darauf aufmerksam, dass die SPDFraktion in unserem Haus – mit Frau Grosse an der Spitze – die Zentralisierung der Arbeitsmarktpolitik anhand von Hartz IV immer wieder verteidigt hat. Unsere Forderungen nach einer Kommunalisierung und somit nach einer größeren Autonomie der Jobcenter haben Sie gemieden wie der Teufel das Weihwasser.

Dann kam es im August 2005 zu der Entscheidung zwischen dem ehemaligen Bundeswirtschaftsminister Clement und dem Chef der Bundesagentur Weise, den Arbeitsgemeinschaften mehr Autonomierechte zu geben. Und siehe da! Die SPD war auf einmal für eine dezentrale Struktur. Wie schnell man doch seine Meinung ändern kann, Frau Grosse.

[Frau Grosse (SPD): Erfahrungswerte!]

Was aber nach meiner Meinung unbedingt angegangen werden muss – das steht natürlich nicht in Ihrem Antrag –, ist eine Reform auf Landesebene. Nur eine Senatsverwaltung sollte in Zukunft für den Komplex Hartz IV zuständig sein. Daher spreche ich mich dafür aus, dass für den gesamten Bereich nur noch die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und Frauen zuständig sein sollte. Insofern würde der letzte Punkt Ihres Antrags – die Bündelung der Informationen der Ressorts – entfallen.

Die Grünen wollen pauschal das Gesetz zur Änderung des Sozialgesetzbuchs II rückgängig machen. Ein Hauch von Populismus weht wieder durch unser Haus.

[Beifall des Abg. Hoffmann (CDU)]

Es hat auf Dauer keinen Sinn, wenn sich die Grünen in Berlin dauerhaft als Robin Hood aufspielen. Sie haben bei den Haushaltsberatungen auch keine konstruktiven Vorschläge gemacht. Es bringt nichts, immer nur nach mehr zu schreien. Sie müssen auch einmal lernen, Probleme zu lösen.

[Beifall bei der FDP – Beifall des Abg. Hoffmann (CDU)]

Wir unterstützen die Gesetzesänderung der Bundesregierung bezüglich des SGB II, wonach Jugendliche länger bei ihren Eltern wohnen sollen. Die Zahl der alleinstehenden Empfänger von Arbeitslosengeld II stieg in die Höhe. Der Staat gab mehr Geld aus. Es ist in anderen europäischen Staaten auch normal, Frau Dr. Klotz, dass die Kinder länger bei ihren Eltern bleiben, z. B. während eines Studiums oder einer Ausbildung.

Bei der Absenkung der Rentenversicherungsbeiträge für Empfänger von Arbeitslosengeld II und dem Ausschluss von EU-Ausländerinnen und -Ausländern würden wir uns allerdings bei Ihrem Antrag enthalten, wenn wir punktuell abstimmen würden. Einerseits hat es keinen Sinn, die Menschen in die Altersarmut zu treiben. Der Staat müsste nach heutigem Stand sowieso dafür aufkommen. Andererseits ist es problematisch, EU-Bürger von der Gesetzgebung auszuschließen. Nach europäischem Recht gelten sie als Inländer. Schon deshalb ist der Begriff „EU-Ausländer“ wie im Antrag beschrieben, die falsche Wortwahl. Der Senat hat angekündigt, dass er das Gesetz im Bundesrat ablehnen wird. Frau Grosse dagegen verteidigt dieses Gesetz vehement. Was gilt denn nun, liebe SPD? – Ich glaube, dass der Senat mit seiner Ableh

nung Rücksicht auf die Berliner Linkspartei.PDS nimmt. Da dieses Gesetz demnächst mit sicherer Mehrheit im Bundesrat beschlossen wird, darf man eben auch einmal Rücksicht auf die in der letzten Zeit arg gebeutelte Linkspartei.PDS nehmen. Sie wird ja mittlerweile als eine Partei und als die Partei der sozialen Kälte in unserer Stadt wahrgenommen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP]

Danke schön, Herr Lehmann! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags der SPD und der Linkspartei.PDS Drucksache 15/4807 an den Ausschuss für Arbeit, Berufliche Bildung und Frauen. – Dazu höre ich keinen Widerspruch, dann werden wir so verfahren.

Zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 15/4811 empfiehlt der Ausschuss gegen die Stimmen der Antragsteller die Ablehnung des Antrages. Wer dem Antrag jedoch seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke schön! Das ist die Fraktion der Grünen. Die Gegenprobe! – Das sind alle anderen Fraktionen. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich rufe auf als Priorität der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unter

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I. Lesung