Doch reichen klare Worte? Ist ein Kultursenator, der auf Grund der Konstruktion des Gesetzes auch noch Stiftungsratsvorsitzender der Gedenkstätte ist und eben nicht couragiert für Gedenken und Aufarbeiten eintritt, um den diffamierenden Angriffen ehemaliger Stasi-Mitarbeiter zu begegnen, wirklich noch in seinem Amt tragbar?
Wir wollen Ihnen die Möglichkeit geben, Herr Wowereit, das Schweigen zu brechen und Konsequenzen aus einem unvertretbaren, demokratisch zweifelhaften Verhalten des Senators Flierl, der offensichtlich nur zu gut weiß, was Schild und Schwert der SED-Linkspartei.PDS war und Wert ist, zu ziehen.
Oder sehen Sie den Senat nicht in der Pflicht, jeder Tendenz von Verharmlosung und Leugnung durch ehemalige Stasi-Täter auf das Entschiedenste zu begegnen?
Verwundert es den Senat nicht, dass es mehrere deutliche Hinweise an Senator Flierl brauchte, um bei dieser Podiumsdiskussion auch einen Vertreter der Opfer der StasiWillkür an der aktiven Diskussion zu beteiligen?
Deshalb ist es eben keine Sache der BVV, Herr Liebich. Sie haben das noch nicht verstanden. Das war eine Sache, zu der der Kultursenator mit eingeladen hat. Deswegen besteht eine klare Mitverantwortung des Senats. – Deswegen ist es hier ein Thema, und es ist richtig und gut so, dass wir Zeichen gesetzt haben. Wir fordern allerdings mehr: Wir fordern Taten ein, denn diese Zeichen sind nicht ausreichend. Deswegen sagen wir Ihnen: Zieren Sie sich nicht, beenden Sie die Irrfahrten des Senators Flierl, und sorgen Sie dafür, dass mehr als Zeichen gesetzt werden, dass Taten folgen! – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Kollege Hoffmann! – Nun hat die Fraktion der SPD das Wort. Herr Hilse naht und hat das Wort. – Bitte sehr!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit diesem Antrag rufen Sie, Herr Hoffmann, die gleiche Diskussion noch einmal auf, die wir vor vierzehn Tagen bereits geführt haben. Ich will sie gern noch einmal führen.
Zunächst rekapituliere ich. – Die Reaktion der Aktuellen Stunde vor vierzehn Tagen, die sich mit diesen Vorgängen auseinander setzte, war parteiübergreifend eindeutig. Das Signal lautete: Wir, die demokratischen Parteien der Stadt, weisen jede Verklärung oder Verharmlosung von Verbrechen des SED-Regimes entschieden zurück.
Unsere Solidarität und Achtung gehört den Opfern des Stasi-Terrors. Dieser Einschätzung sind alle Parteien gefolgt.
Meinen Sie mit dieser schwammigen Verdächtigung, dass Senator Flierl die Arbeit der Stiftung behindern wolle? Oder sind Sie der Auffassung, Senator Flierl stünde nicht hinter der Arbeit der Stiftung? Bei aller berechtigten Kritik, die Senator Flierl im Zusammenhang mit der Lichtenberger Veranstaltung erhalten hat, ist es doch absurd, eine solche Vermutung zu äußern.
Der Senator für Kulturelle Angelegenheiten, der in die Kritik geriet, weil er sich dem Auftreten der StasiOffiziere und ihren Ausführungen nicht entschieden genug entgegenstellte, räumte im Verlauf der Aktuellen Stunde dieses Versagen als Fehler ein.
[Gram (CDU): Wann? – Henkel (CDU): Sie müssen sich die Welt nicht schön reden! – Sie müssen zuhören! Ich habe das gehört! [Zurufe von der CDU]
In diesem Zusammenhang möchte ich an die Veranstaltung erinnern, die vorgestern hier im Haus stattfand. Auf Einladung des Präsidenten des Abgeordnetenhauses schilderten 19 ehemalige Häftlinge im Rahmen einer Lesung ihre brutalen und menschenverachtenden Erfahrungen während ihrer Inhaftierung. Diese öffentliche Veranstaltung war eine wichtige und beeindruckende Antwort auf die Veranstaltung Mitte März in Lichtenberg, die von Stasi-Offizieren als Podium missbraucht wurde. Alle diese Veranstaltungen und Positionierungen waren wichtig und unverzichtbar: den Opfern gegenüber, aber auch für eine klare Kursbestimmung für die Zukunft.
Mit dem Einbringen Ihres Antrags jedoch, Herr Hoffmann, verleihen Sie der bisher geführten Debatte eine neue Qualität. Mit diesem Antrag ziehen Sie die Auseinandersetzung auf Wahlkampfniveau herab. Das finde ich sehr bedauerlich!
Ich finde, es gibt Dinge, die sollten fernab jedes Wahlkampfgetöses unsere übereinstimmende Würdigung finden. Das Prinzip verletzen Sie!
Wenn Sie glauben, Herr Hoffmann, mit Ihrem Antrag der Stiftung Gedenkstätte Berlin Hohenschönhausen zu helfen, dann täuschen Sie sich. Ich meine, Sie schaden ihr eher. Ich will das auch begründen.
Es ist guter Brauch, die Arbeit von Stiftungen zu würdigen und aufzuwerten, indem die zuständigen Senatsmitglieder in den Stiftungsrat entsandt werden. Wenn Sie an Stelle des Senators für Kulturelle Angelegenheiten ein beliebiges Mitglied der Verwaltung entsenden wollen, ist das ein Signal der Geringschätzung des Stiftungsrats und damit auch der Stiftung.
Offenkundig meinen Sie, dass die zweite Garde auch reiche. Nun weiß ich, dass die gewünschte Gesetzesänderung – und Sie haben es ja auch deutlich gemacht – auf
die Person des Senators Dr. Flierl abgestellt ist. Wollen Sie konkret dieses Stiftungsgesetz und eventuell auch andere ständig ändern, je nachdem, ob Sie die Senatsvertreter gerade sympathisch oder nicht sympathisch finden, ob Sie sich in der Opposition befinden oder nicht?
Die Senatoren haben das Vertrauen der Mehrheit des Parlaments. Dieser politische Rückhalt wird in die Arbeit der Stiftung eingebracht. Diese Verankerung macht Stiftungen stark. So soll es auch bleiben, auch bei der Stiftung Hohenschönhausen.
Überhaupt nicht verstanden habe ich einen Teil Ihrer Begründung gleich am Anfang. Was heißt eigentlich:
Es ist nicht nur absurd, es ist auch ein Überspielen. Senator Dr. Flierl hat heute vor vierzehn Tagen eine Fehlreaktion eingeräumt. Ihm jedoch zu unterstellen, er stehe inhaltlich nicht zur Arbeit der Stiftung, ist aberwitzig. Dieser Vorwurf wird offenkundig allein aus parteitaktischen Gründen erhoben.
Wir haben vor vierzehn Tagen darüber gesprochen, wir waren uns alle einig, wir haben alle Positionen gehört, und sie haben uns als Parlament zufrieden gestellt.
[Hoffmann (CDU): Ich kann mich an die Worte von Frau Seidel-Kalmutzki und Herrn Momper erinnern! – Doering (Linkspartei.PDS): Er hört nur das, was er will!]
Vielleicht sollten Sie künftig noch etwas stärker differenzieren. Es wird in der Politik häufig mit Unterstellungen gearbeitet. Es gibt Unterstellungen, mit denen man leben kann. Es gibt aber auch Unterstellungen, die ehrenrührig sind. In diesem Fall, finde ich, war das eine ehrenrührige Unterstellung, die Sie hier vorgebracht haben.
Meine Bitte im Interesse der Stiftung, deren Arbeit uns gerade vor dem Blick auf die hinter uns liegende Vergangenheit sehr wichtig ist, lautet: Beschädigen Sie die Arbeit der Stiftung nicht mit solchen Anträgen, die durch
Ich muss Ihnen sagen: In der PDS ist immer noch ein starker Nährboden für jene. Der Parlamentspräsident und ich als Vorsitzende des Kulturausschusses haben von einem Herrn Klaus P., PDS-Mitglied, einen Brief bekommen, der uns maßregelnd seine Sicht auf die Staatssicherheitsfunktion beibringen wollte, selbst ein hauptamtliches Mitglied der Staatssicherheit. Wenn sich solche Leute heutzutage so dreist an uns wenden, sind wir alle gefordert, dagegen anzugehen und die Aufklärungsarbeit der Stiftung Gedenkstätte Hohenschönhausen zu unterstützen.
Ich stimme Ihnen zu. Zunächst muss man pragmatisch sagen: Ich habe gehört, dass er noch nie dort war.
Das ist das Eine, und das spricht auch nicht für ihn, weil er damit die Arbeit zu gering schätzt, die diese Stiftung macht. Zweitens: Man darf aus der Arbeit dieses Senators kein Prinzip machen und sagen: Wir geben damit die Verantwortung ab. – Ich bin gegen eine Lex Flierl, und deswegen kann ich Ihrem Schnellschuss in diese Richtung nicht folgen.