Protokoll der Sitzung vom 04.05.2006

Dann gibt es noch einen weiteren großen Posten, das ist die Hochbauunterhaltung. Er umfasst in der Zumessung für alle Bezirke zusammen nicht einmal mehr 50 Millionen € plus 40 Millionen € aus dem Schul- und Sportstättensonderprogramm. Für die Tiefbauunterhaltung werden den Bezirken rund 30 Millionen € zugemessen. Das sollte man einmal mit den 120 Millionen € vergleichen, die vorhin genannt wurden. Da fragt man sich: Was wird mit den restlichen 90 Millionen € in der Unterhaltung gemacht?

[Beifall bei der Linkspartei.PDS – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Hoffmann (CDU): Das war aber ganz schön bröselig!]

Danke schön, Frau Kollegin Matuschek! – Bündnis 90/Die Grünen folgen. Der Kollege Birk hat das Wort. Bbitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem ich mir sechs Jahre lang im Haushaltsausschuss einer Bezirksverordnetenversammlung den Kopf darüber zerbrochen habe, wie man mit den unzureichenden finanziellen Mitteln die bauliche Unterhaltung sichern kann, verblüfft mich die lockere Plauderei über dieses Thema.

[Beifall bei den Grünen]

Frau Senatorin! Ich kann das von Ihnen gezeichnete Bild in keiner Weise nachvollziehen. Natürlich glänzt die Innenstadt dank privater und auch öffentlicher Investitionen an manchen Stellen. Die öffentlichen Investitionen sind zum Teil vom Bund getätigt worden. Aber auch hier trügt oft der Schein. Die Touristinnen und Touristen, die in die Staatsoper Unter den Linden gehen, ahnen kaum, dass die Darstellerinnen und Darsteller dort jeden Abend ihr Leben riskieren, weil Sie dort die dringend erforderlichen Investitionen nicht tätigen. Die Menschen, die in öffentlichen Gebäuden lernen und arbeiten, wissen ganz genau, wo die Mängel sind. Diese Mängel sind sichtbar. Das ist andererseits für die Besucherin und den Besucher in Berlin nicht ohne Weiteres erkennbar.

Die Entwicklungen der Mittel zeigen deutlich, dass Berlin in der Bausubstanz auf eine Katastrophe zusteuert, wenn nicht umgesteuert wird. Dabei wissen Sie genau – Sie haben es eben noch einmal bestätigt –, dass eine Menge Risiken weder im Haushalt noch in der Finanzplanung abgedeckt sind, wie z. B. für den Steglitzer Kreisel, die Staatsoper Unter den Linden und für die wie auch immer gearteten Pläne für das ICC – um nur einige zu nennen.

Das Problem, das die FDP und der Rechnungshof vor allem für Straßen beklagen, gilt in den Bezirken für die gesamte Unterhaltung im Hochbau, Tiefbau und im Grünflächenbereich. Das hat eine ganz simple Ursache. Als im Jahr 1996 der damalige schwarz-rote Senat endlich erkannt hatte, wie er den Haushalt an die Wand gefahren hatte, kürzte er die Zumessung für die so genannten freiwilligen konsumtiven Sachausgaben – also für alles das, was nicht gesetzlich gesicherte Transferleistungen sind – um die Hälfte des errechneten Bedarfs, in den Westbezirken sofort, in den Ostbezirken in den folgenden Jahren schrittweise. Ich nehme an, das wissen die meisten von Ihnen. Aber ich glaube, nur diejenigen, die einmal als Stadträtinnen bzw. -räte oder Bezirksverordnete diese Kürzungen umsetzen mussten, können wirklich ermessen, was das eigentlich bedeutet.

[Frau Spranger (SPD): Wie bitte?]

Das ist die Hälfte weniger als der vom Senat selbst errechnete Finanzbedarf. Das wird im Rechnungshofbericht deutlich, ebenso für die Grünflächen. Sie erinnern sich an die Deckungslücke allein aus dem Teil für die Bewirtschaftung. Wir haben aber auch eine halbierte Zuweisung für die Jugend- und Seniorenarbeit, von Kultur, Volksbildung usw. gar nicht zu reden.

[Frau Spranger (SPD): Dass das zu einer Klage führte, haben Sie schon mitgekriegt, ja?]

Es blieb den Bezirken über die Jahre überhaupt nichts anderes übrig, als aus der Zuweisung für Hochbau, Tiefbau und Grünflächen eine erhebliche Summe abzuziehen, um die vorgenannten Deckungslücken bei der Bewirtschaftung zu stopfen und eine irgendwie noch verantwortbare Jugend-, Sozial- und Kulturpolitik zu betreiben.

Jetzt könnte man meinen, mit der Kosten- und Leistungsrechnung und der Budgetierung sei ein ganz anderes Verfahren der Zuweisung eingeführt, das sei alles „Schnee von gestern“. Die Kosten- und Leistungsrechnung ist aber auf den Ist-Status der 53-prozentigen Kürzung aufgesetzt worden. Es ist nicht mehr Geld geflossen – im Gegenteil! Durch die Zuweisung nach dem Mittelwert der Produktkosten begeben sich die Bezirke auf eine weitere Spirale nach unten. Nun erklärte der Senat mit schöner Regelmäßigkeit, die Bezirke könnten nicht mit ihrem Geld umgehen, sie gäben die Zuweisungen für die bauliche Unterhaltung und den Tiefbau für andere Zwe

Vielen Dank, Herr Kollege Birk! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Große Anfrage ist damit begründet, beantwortet und besprochen.

Wir kommen jetzt zu den zahlreichen Abstimmungen zu der lfd. Nr. 22. Zum FDP-Antrag Drucksache 15/4791, Sonderprogramm Straßensanierung, empfehlen die Ausschüsse gegen CDU und FDP – im Fachausschuss bei Enthaltung der Grünen – die Ablehnung. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind CDU und FDP. Danke schön! Die Gegenprobe! – Das sind alle anderen Fraktionen. Dann ist das mit Mehrheit abgelehnt. Gibt es Enthaltungen? – Das scheint nicht der Fall zu sein.

Zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 15/4763, Sanierung vor Neubau, empfehlen die Ausschüsse gegen die Stimmen der Antragsteller die Ablehnung. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Bündnis 90/Die Grünen. Danke schön! Die Gegenprobe! – Alle anderen Fraktionen! Enthaltungen? – Keine! Dann ist das mehr Mehrheit gegen die Antragsteller abgelehnt.

Zum FDP-Antrag Drucksache 15/3890, Straßenzustandsbericht, empfehlen die Ausschüsse gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen die Ablehnung. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Bündnis 90/Die Grünen, CDU und FDP! Danke schön! Die Gegenprobe! – Die Regierungsfraktionen! Das ist die Mehrheit. Damit ist der Antrag abgelehnt. Gibt es Enthaltungen? – Keine! Danke schön!

cke aus. Diese Botschaft lässt jeden Bezirkspolitiker genauso regelmäßig „im Dreieck springen“.

Um die weitere Umschichtung der Mittel für die bauliche Unterhaltung zu unterbinden, haben Sie jetzt Mindestsummen für die Hoch- und Tiefbauunterhaltung angesetzt. Damit sind die Mittel für diese Bereiche immer noch nicht auskömmlich, aber Sie haben die Bezirke in Schwierigkeiten gebracht. Sie wissen nicht, wie sie nun die Deckungslücken in anderen Bereichen finanzieren sollen. Denn es wurde keineswegs eine Aufgabenkritik durchgeführt, welche Aufgaben zukünftig noch in den Bezirken erfüllt werden sollen. Und – zur Erinnerung –: Die Bezirke dürfen keine Schulden machen.

Und dann gibt der Senat den Bezirken einen Teil des zuvor abgeknöpften Geldes in Form von Sonderprogrammen wieder. Die FDP fordert das nun auch für Straßen. Das ist so, als wenn Sie auf hoher See jemanden über Bord und dann den Rettungsring gnädig hinterherwerfen. Klar würde jeder Ertrinkende nach dem Ring greifen.

Mit den Sonderprogrammen ist eine erhebliche Gängelung der Bezirke verbunden. Um im Bild zu bleiben: Sie ziehen den in Seenot Geratenen keineswegs auf das Schiff zurück, sondern lassen ihn in seinem Rettungsring ordentlich im Wasser strampeln. Die Bezirke müssen ihre Maßnahmen beantragen, es müssen Prioritäten erstellt werden, die Verausgabung muss überprüft werden – ein bürokratischer Aufwand für beide Seiten, der vor allem Personal bindet, und das gleich in mehreren Senatsverwaltungen, in der Senatsverwaltung für Finanzen ebenso wie in den zuständigen Senatsfachverwaltungen. Das hat zur Folge, dass sich teure Senatsbeamte tatsächlich mit dem berühmten Poller in irgendwelchen Nebenstraßen befassen müssen.

Diese der Verfassung Berlins grob widersprechende Aufgabenerledigung muss ein Ende haben.

[Beifall bei den Grünen]

Wir fordern deswegen: Lösen Sie die Sonderprogramme auf und geben Sie den Bezirken – meinetwegen zunächst zweckgebunden – das Geld zurück! Definieren Sie endlich Mindeststandards für die bezirklichen Produkte! Das hat etwas mit Qualität zu tun und ist etwas völlig anderes, als den Bezirken eine Mindestsumme für die bauliche Unterhaltung vorzuschreiben. Als Basis für diese vom Parlament festzusetzenden Mindeststandards sind die Zustandsberichte erforderlich, wie die FDP sie vorschlägt. Schließlich: Beachten Sie die Regel „Bestandssicherung geht vor Neubau“! Es schmerzt sehr, wenn der 390 Millionen € teure leere Autotunnel jährlich 750 000 € an laufenden Kosten verschlingt, so viel wie mancher Bezirk nur noch für die Grünflächenunterhaltung übrig hat. Die Bausumme für den Tunnel allein hätte gereicht, um fast den gesamten vom Rechnungshof angemahnten Sanierungsstau für Berlins Straßen inklusive aller Gehwege aufheben zu können. Das sollte Ihnen zu denken geben. – Vielen Dank!

[Beifall bei den Grünen]

Zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 15/3834, Bauliche Unterhaltung, empfehlen die Ausschüsse gegen die Antragstellung, im Hauptausschuss auch gegen die CDU, die Ablehnung. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind Bündnis 90/Die Grünen. Danke schön! Die Gegenprobe! – PDS. SPD, FDP! Enthaltungen? – CDU! Dann ist das bei Enthaltung der CDU mit Mehrheit abgelehnt.

Zum FDP-Antrag Drucksache 15/3891, Gebäudezustandsbericht, empfehlen die Ausschüsse die Ablehnung, im Fachausschuss gegen die CDU und die FDP bei Enthaltung der Grünen und im Hauptausschuss gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind CDU, FDP und Grüne. Danke schön! Die Gegenprobe! – Die Regierungsfraktionen! Das ist die Mehrheit. Gab es Enthaltungen? – Keine! Dann ist das ohne Enthaltungen mit Regierungsmehrheit abgelehnt.

Bevor wir zum nächsten Tagesordnungspunkt kommen, habe ich einen Brief an den Präsidenten zu verlesen, zu

lfd. Nr. 4 b:

Dringlicher Antrag

Der Senat muss jetzt Familie Aydin schützen!

Antrag der Grünen Drs 15/5063

[Dr. Lindner (FDP): Was soll der Quatsch jetzt?]

wiederum eine schriftliche persönliche Mitteilung zum Abstimmungsverhalten von Delia Hinz, der umweltpolitischen Sprecherin der Linkspartei.PDS:

Sehr geehrter Herr Momper,

im Zusammenhang mit der namentlichen Abstimmung zu Drucksache 15/5063 habe ich offensichtlich auf Grund von Unaufmerksamkeit mein Abstimmungsverhalten falsch dargestellt, indem ich statt mit „Enthaltung“ mit „Nein“ gestimmt habe. Ich habe meine Unsicherheit noch während der Abstimmung dem parlamentarischen Geschäftsführer meiner Fraktion, Uwe Doering, mitgeteilt, der dies dem Parlamentsdienst zur Kenntnis gegeben hat. Ich bitte hiermit, mein Abstimmungsverhalten mit „Enthaltung“ zu kennzeichnen.

Mit freundlichem Gruß

Delia Hinz

[Dr. Lindner (FDP): Ist ja gut! Super! Wichtig!]

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit!

Die lfd. Nrn. 14 bis 20 sind durch die Konsensliste erledigt.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 21:

a) Bericht

12. Tätigkeitsbericht des Berliner Landesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR 2005

Bericht Drs 15/4968

b) Antrag