Berlin auf dem richtigen Weg: konsequenter Subventionsabbau durch Ausstieg aus der Anschlussförderung – Vermeidung sozialer Härten für die Mieterinnen und Mieter
Ich höre, dass der Dringlichkeit widersprochen wird. Ich lasse daher über die Dringlichkeit abstimmen. Wer der Dringlichkeit zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön! Die Gegenprobe! – Damit ist der Dringlichkeit widersprochen, und der Antrag kommt auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung.
Wir hatten uns auf eine Redezeit von bis zu 10 Minuten verständigt. Es beginnt die Fraktion der SPD, und der Abgeordnete Schimmler hat das Wort. – Bitte schön!
Der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts – wenn Sie noch lauter werden, Herr Lindner, werde ich das ebenfalls, obwohl ich kaum Stimme habe – hat jetzt einen Anspruch verneint. Er bestätigte das OVG-Urteil, wonach das Land Berlin keine rechtlich bindenden Verpflichtungen eingegangen sei. Auch die Regelungen des Wohnungsbaurechts und der grundgesetzliche Schutz des Eigentums nach Artikel 14 GG erstrecke sich nicht auf Erwartungen und Chancen für eine Weitergewährung von Subventionen. Das Bundesverwaltungsgericht hat damit nur das bestätigt, was auch die Oppositionsparteien z. B. in ihren kommunalpolitischen Funktionen in den Bezirken als selbstverständlich hinnahmen, dass, wenn irgendwo eine Kinderfarm eine Weiterförderung für das Tierfutter brauchte, aber kein Geld mehr im Haushalt war und dann geklagt wurde, die Verwaltungsgerichte ganz selbstverständlich entschieden haben: Es ist kein Geld mehr da, ihr
könnt es nicht kriegen, besorgt es euch woanders. – Das ist obergerichtlich bestätigt worden. Nur jetzt, wo es die höheren Geldklassen trifft, wird Theater gemacht, da will man es nicht mehr wahrhaben. Aber auch dies ist eine Subvention, die wir im Wohnungsbau gegeben haben, so wie die Kinderfarmen und andere Subventionen erhalten.
In jedem Fall überwiegen die öffentlichen Belange des Landes Berlin die Interessen wirtschaftlich stark betroffener Investoren – das hat das Bundesverwaltungsgericht festgestellt. Das Vertrauen in den zeitlich unbegrenzten Fortbestand einer Subvention sei nicht schutzwürdig. Wir haben zur rechten Zeit – vielleicht fast schon ein wenig zu spät – mit der Entscheidung im Jahr 2003 die Reißleine gezogen, trotz aller Kritik. Sie ist zur rechten Zeit gefallen, damit wir entsprechend weiterarbeiten können.
Ja, das liegt an den noch bestehenden Verträgen. – Nach der Entscheidung wird diese Förderung bis 2019 auf null geführt. Folgen dieser Entscheidung können sein: die Forderung nach einer angemessenen Entschädigung wegen des Fortbestandes wohnungsbaurechtlicher Eigentumsbindung – hierauf verweisen auch das Bundesverwaltungsgericht und natürlich die Verbände, wie vorhin bei einer Fernsehdiskussion –, die Folgen für die Mieter durch Mieterhöhungen im Hinblick auf die Kostenmiete und die Kosten für das Land Berlin im Hinblick auf beschlossene Härtefallregelungen. Hinsichtlich der jetzt auch von den Wohnungsbauverbänden hervorgehobenen möglichen Schadenersatzforderungen wegen fortbestehender Wohnungsbelegungsbindungen sehe ich kein Problem, da das Gericht einen Vertrauensschutztatbestand bereits ausgeschlossen hat und die Stadt in den jeweiligen Fällen auf die Belegungsrechte verzichten kann und teilweise auch schon verzichtet hat. Der danach verbleibende Schadensbetrag ist dem Land Berlin jedenfalls nicht zuzurechnen. Im Übrigen haben die Unternehmen wegen der ursprünglich siegreichen einstweiligen Verfahren vor der OVG-Entscheidung bereits weiterführende Subventionen erhalten bis zur Entscheidung des OVG bzw. in den Fällen, in den es bis zum Bundesverwaltungsgericht gegangen ist, auch bis dahin. Diese könnte man – da sie zurückzuzahlen sind – mit diesen Forderungen ggfs. aufrechnen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben eine positive Flughafenentscheidung erlebt, das Klima bei der Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht scheint – den Presseberichten zufolge – zu zeigen, dass dort erkannt wurde, dass Berlin in einer schwierigen Situation ist und teilweise allein gelassen wurde. Berlin ist aus der Tarifgemeinschaft der Länder ausgetreten, und hier liegt kein Müll auf den Straßen, die Kitas sind nicht geschlossen und werden nicht bestreikt. Wir haben eine Menge Entscheidungen getroffen, die nicht sehr populär waren, und haben damit immer Recht gehabt.
Diese Regierung wurde für ihre Entscheidungen gescholten, aber es zeigen alle Entscheidungen, dass sie auf dem richtigen Weg ist. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, dass Herr von Lüdeke am 30. Januar 2003 sagte, dass da schöne Risiken drinstecken und dass wir das wohl nicht wahrhaben wollen.
Das hat sich als eine Luftblase erwiesen. Herr Wellmann sprach nur noch von einer „Panikbremsung“. Nein, das war die Bremsung zur richtigen Zeit am richtigen Ort,
Entgegen den Unkenrufen der Opposition – aus der FDP-Fraktion, lieber Herr Lindner, besonders –, die der hervorragend begründeten Entscheidung des OVG Berlin nicht trauen wollten und ein Debakel für den Senat spätestens beim Leipziger Bundesverwaltungsgericht befürchteten, hat diese Spökenkiekerei schon ein Ende.
Die Folge der Entscheidung ist keine andere als die nach dem Urteil des Berliner OVG. Zur Zeit zahlt Berlin noch immer 1 Milliarde € Wohnungsbauförderung.
Wenn die in der Zukunft, d. h. ab dem 1. Januar 2003, sich auswirkende Aufhebung der Anschlussförderung das jeweilige Wohnungsbauunternehmen veranlassen würde, eine höhere Miete zu fordern, die Kostenmiete z. B., und eine solche zwischen der bestehenden und der Kostenmiete erhebliche Zulagen für die Mieter bedeuten würde, so sind diese unseres Erachtens nur in Toplagen dieser Stadt zu realisieren. Das zeigen die Statistiken, die wir bereits aus dem ersten Bericht des Senats aus dem Jahre 2005 zur Entwicklung der Anschlussförderungsentscheidung kennen. Solche Kostenüberwälzungen würde die Gesellschaft
Von Panik, die derzeit in interessierten Hauseigentümerkreisen gemacht wird, kann daher keine Rede sein. Die finanzielle Vorsorge allein bei den städtischen Gesellschaften in Höhe von 159 Millionen € zeigt, dass rechtzeitig reagiert wurde.
Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zeigt, wie richtig der rot-rote Senat mit seinem Konsolidierungskurs auch im Bereich der Wohnungsbauförderung liegt. Die notwendigen Ausgaben sind im Doppelhaushalt enthalten. Auch wenn sich die weiteren Kosten in den Jahren immer noch bei 6 und teilweise bei 9 Millionen € bewegen werden, bleibt für den Landeshaushalt immer noch eine Einsparung in Höhe von 40 bis 60 Millionen € jährlich. Das kann sich der Senat zugute halten. Er konsolidiert den Haushalt und redet nicht nur darüber. – Danke sehr!
mit einem vermehrten Leerstand bezahlen, der wiederum selbst die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens gefährdet. Insgesamt wären von den 1,9 Millionen Wohnungen ca. 2 000 pro Jahr betroffen. Bisherige Erfahrungen zeigen, dass die Marktsituation nur zu sehr moderaten Mieterhöhungen führte. Solche Entwicklungen können allerdings dazu führen, dass Unternehmen in die Insolvenz gehen. Bisher lagen 21 Anmeldungen oder Verfahren vor. Das kann sich – auch nach Einschätzung aller Beteiligten – nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ändern, und es können mehr werden. Das soziale Mietrecht der Bundesrepublik – gegen CDU und FDP erkämpft – sichert dabei in diesem Fall sehr stark die Mieter.
Sonderregelungen und Härtefallregelungen hat der Senat ausdrücklich beschlossen. Einige Beispiele: Es gibt einen allgemeinen Mietausgleich, der der Abfederung von Mieterhöhungen dient, d. h. der Differenz zwischen Nettokaltmiete zum Ende der Grundförderung und der Nettokaltmiete nach Auslaufen der Grundförderung. Die Mietsteigerung muss 0,20 € pro Quadratmeter Wohnfläche übersteigen. Förderfähig sind Haushalte, die die Einkommensgrenzen des § 9 Wohnungsförderungsgesetz um mehr als 50 % übersteigen. Es wird ein zusätzlicher Mietausgleich bei Wohnungskündigungen zu bestimmten Zeitpunkten gewährt, wenn die Mieterhöhung über einen in den Verwaltungsvorschriften berücksichtigten Höchstbetrag hinausgeht. Dann kann ein zusätzlicher Mietausgleich gewährt werden. Möglich ist auch eine Umzugskostenhilfe, wenn die Kündigung als Folge der Mieterhöhung erfolgt. Bisher gab es 234 Umzugskostenhilfen und in 406 Fällen einen allgemeinen Mietausgleich. Sie sehen, dass das bisher nicht das große Problem war. Wir haben gleichzeitig eine Betroffenenberatung eingeführt, die alle Betroffenen ausführlich über die jeweilige Situation informieren kann.
Für selbstnutzende Eigentümer des Eigentumsprogramms A zwischen den Jahren 1986 und 1990 hat der Senat eine Förderung eingeführt, um zu verhindern, dass Eigentümer aus ihren Wohnungen bzw. Häusern herausmüssen. Für die selbstnutzenden Eigentümer soll durch Gewährung von monatlichen Zuschüssen für mindestens drei Jahre sichergestellt werden, dass sie ihr Eigentum behalten können. Wir hatten in diesem Bereich bereits 406 Anträge mit einem Gesamtvolumen von 7,4 Millionen €. Wir haben zudem sichergestellt, dass Stiftungen, Genossenschaften und karitative Organisationen mit ihren Wohnungsbeständen, z. B. mit Seniorenwohnen, eine existenzsichernde Unterstützung vom Senat erhalten. Das alles ist in die Haushaltsplanung eingeflossen, und zwar nicht nur in den Doppelhaushalt 2006/2007, sondern auch in die mittelfristige Finanzplanung.
Auch die städtischen Wohnungsbaugesellschaften haben reagiert. Sie sind mit etwa 3 300 Wohnungen ihres Bestandes betroffen. Hinzu kommen 1 700 Wohnungen in Fondsbeständen, die möglicherweise besonders von derartigen Regelungen betroffen sind. Die städtischen Woh
nungsbaugesellschaften haben inzwischen entsprechende Rückstellungen für Drohverluste gemacht und gleichzeitig Summen zurückgelegt, um sicherzustellen, dass sie im Konfliktfall, wie er sich durch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ergeben hat, reagieren können.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Schimmler! Sie haben sich heute eine schöne Aktuelle Stunde ausgedacht, gemäß dem Motto, das man sonst immer nur in Poesiealben findet: Mach es wie die Sonnenuhr, zähl die schönen Stunden nur.
Wir haben ein riesiges Problemfeld in der Stadt, das sich Wohnungswirtschaft nennt. Das ist mit Fallgruben, Minenfeldern und Abgründen gespickt, in die man als Haushälter und Wohnungspolitiker nur schaudernd blicken kann. Wir müssten über einen überdurchschnittlichen Leerstand von über 100 000 Wohnungen reden. Wir müssten darüber reden, dass davon in überdurchschnittlichem Maß öffentliche Wohnungsbauunternehmen betroffen sind, und über den Widersinn, dass über Jahre hinweg Platte mit öffentlicher Förderung saniert wurde und nun Platte mit öffentlicher Förderung abgerissen wird. Wir müssten darüber reden, dass immer neue Wohngebiete geplant und ausgewiesen werden – Planwerk Innenstadt, Verdichtung noch und nöcher. Und das, obwohl es niemanden gibt, der dort ernsthaft bauen will, und der Immobilienmarkt ohnehin schon am Boden liegt. Wir müssten darüber reden, dass die städtischen Wohnungsbaugesellschaften immer noch einer Neustrukturierung harren, dass die Wohnungsbaugesellschaft Mitte am Abgrund steht und dass das Hinundher im Senat, ob man verkaufen soll oder nicht, wie und ob man saniert, letztlich nicht zur Gesundung dieser Gesellschaft beigetragen hat. Man müsste über die DEGEWO reden, die durch die Wohnungsbaugesellschaft Marzahn in den Abgrund gerissen zu werden droht. Über all das müssten wir reden, aber Sie
Herr Kollege Schimmler! Sie müssen in der städtischen Wohnungswirtschaft nicht alle Fehler von Herrn Breuer nachmachen. Wenn das Ihr Beispiel und Vorbild ist, dann sollten Sie sich lieber andere suchen. Wir haben an dieser Stelle auch eine soziale Verantwortung, nicht nur eine finanzpolitische. Der sollten wir gerecht werden.
Wenn Sie die Frage stellen: Hätte man nicht schon viel früher aus dieser Geschichte aussteigen sollen? –, dann sage ich Ihnen – und damit kommen wir wieder auf die Frage zurück, welche Mittel welche Ziele heiligen –: Selbstverständlich, mit dem heutigen Wissen hätten wir uns sagen müssen, eigentlich hätten wir im damaligen Ostteil der Stadt überhaupt nicht in diese Geschichte einsteigen dürfen!
Das ist richtig! Aber wie war damals die Lage, Herr Schimmler? – Da waren Sie damals noch in anderer Verantwortung. Ich kann sie ja zitieren, die bestimmten Senatoren wie Herr Nagel, die Ihrer Partei angehörten und die sagten: Wir haben unglaubliche Wohnungsnot in dieser Stadt! – Der damalige Senat hat an jeder Ecke, an der Einfamilienhäuser geplant waren, das Ganze erst einmal auf drei und vier Geschosse hochgezogen, damit die Millionen von Menschen, die in die Stadt strömen sollten, untergebracht werden könnten. – Fehler, lieber Herr Schimmler, die alle gemeinschaftlich begangen worden sind! Viele aus gutem Glauben, manche allerdings auch aus Nichtwissen.