Protokoll der Sitzung vom 08.06.2006

wirtschaftlichen Wachstum liegen muss, sodass der Verbrauch der natürlichen Ressourcen jährlich zurück geht.

Es findet eine wirtschaftliche Entwicklung im Sinne eines qualitativen Wachstums statt. Dabei werden die Grenzen der natürlichen Tragfähigkeit eingehalten. Ziel dieser Entwicklung ist es, Arbeitsplätze zu erhalten und zu schaffen und dadurch allen Erwerbstätigen ein angemessenes Einkommen zu ermöglichen. Die Arbeitsbedingungen sind so gestaltet, dass sie die Gesundheit der Arbeitnehmer nicht gefährden. Hierdurch wird auch das Erreichen der im Teilbereich Gesundheit verankerten Ziele unterstützt (siehe Abschnitt Gesundheit I 3.2). Unternehmen, die zur Daseinsvorsorge und zur Grundsicherung des Bedarfs für die Bevölkerung tätig sind, werden als wettbewerbsfähige kommunale Unternehmen geführt. Die Unternehmen sind in der Lage, ihre Leistungen konkurrenzfähig anzubieten. Dazu zählen z.B. Betriebe der Gesundheitsversorgung, Mobilitätssicherung, der Abfallentsorgung sowie Einrichtungen zur Sicherung lebenswichtiger Ressourcen und ausreichend große Wohnungsbestände.

Kraft nicht erreichen, daher wird insbesondere das Ziel des hohen Beschäftigungsgrades verfolgt.

Viele Politiker hoffen, dass sich durch den demographischen Wandel in Deutschland das Problem der Arbeitslosigkeit lösen wird. Das stellt aber eine Illusion dar, tatsächlich wird der Bevölkerungswandel die Spaltung des Arbeitsmarktes nur verschärfen: Einerseits werden wenige besonders qualifizierte Arbeitskräfte gesucht, andererseits aber in den meisten Wirtschaftssektoren aufgrund des technischen Fortschritts und der Mittelknappheit der Kommunen weiterhin Arbeitsplätze abgebaut, so dass ohne zusätzliche Maßnahmen die Arbeitslosigkeit auch in Zukunft unvertretbar hoch bleiben wird. Diese Problemlage benötigt mit Blick auf eine nachhaltige Entwicklung neue Ansätze in der Politik, die sich durch einen innovativen Stil, einen veränderten Instrumenteneinsatz und einen über das bisherige Spektrum hinaus gehenden Weitblick auszeichnen.

Vor diesem Hintergrund werden die folgenden Strategieansätze verfolgt, von denen keiner allein das Arbeitslosenproblem lösen kann. Nur die Verfolgung aller fünf Ansätze bietet eine Hoffnung auf Erfolg:

(1) Intensivierung des qualitativen Wachstums

(2) Stärkung der regionalen Wirtschaftskreisläufe

(3) Weiterentwicklung des Wissenschafts- und Bildungsstandortes

(4) Schaffung von Arbeitsplätzen durch Verteilung der Arbeit

(5) Finanzierung von Arbeit statt Arbeitslosigkeit

Ein Teil dieser Strategieansätze kann seine volle Wirkung nur entfalten, wenn der Bund die notwendigen Rahmenbedingungen hierzu schafft. Darauf sollte Berlin aber nicht warten, sondern seine Potenziale im Rahmen des Möglichen selbst einsetzen. Im Folgenden werden die dargestellten Strategieansätze einzeln vorgestellt und anknüpfend an die Enko „Zukunftsfähiges Berlin – Lokale Agenda 21“ 2001 (Drs. 14/1460) jeweils Qualitäts- und Handlungsziele formuliert.

Über die Lösungsansätze zur Beschäftigungsproblematik hinaus werden zwei weitere Teilbereiche beschrieben, die inhaltlich zum Wirtschaften und Arbeiten gehören: „Verbraucherverhalten“ und „Gestaltung der Informationsgesellschaft“.

3. Teilbereiche

3.1 Qualitatives Wachstum

Qualitätsziele

Handlungsziele

• Die Ressourcenproduktivität wird bis 2015 verdoppelt (gegenüber 1990) und bis 2030 um den Faktor 4 erhöht.

• Senkung des Anteils der Erwerbstätigen, die unter die Armutsgrenze fallen, auf 0 %.

• Senkung der bekannt gewordenen Berufskrankheiten um 25 %.

Maßnahmen

• Berlin setzt sich für Mindestlöhne ein, wie sie in der Mehrzahl der europäischen Staaten üblich sind. Hiermit soll erreicht werden, dass kein Erwerbstätiger (über 30 Std./Woche) mehr unter die Armutsgrenze fällt.

• Berlin setzt sich dafür ein, dass die Förderprogramme auf Bundes- und EU-Ebene um Umweltgesichtspunkte erweitert werden.

• Es wird empfohlen, auf eine Förderung nach dem „Gießkannenprinzip“ künftig zu verzichten und, anknüpfend an die Berlin Studie und Enko 2005, die knappen Fördermittel auf die folgenden Bereiche zu konzentrieren: Biotechnologie, Medizintechnik, Informations- und Kommunikationstechnologie, Verkehrssystemtechnik, Optische Technologie, Gesundheitswirtschaft, Umwelttechnik, Kultur- und Medienwirtschaft.

• Klein- und mittelständische Unternehmen werden stärker als bisher bei der Einführung ressourcenschonender Arbeitsverfahren unterstützt. Insbesondere soll angeregt werden, dass diese Unternehmen wiederverwendbare Materialien in Produkten verarbeiten. Die dauerhafte wirtschaftliche Unabhängigkeit der Unter

Ein Großteil der in Berlin-Brandenburg konsumierten Nahrungsmittel stammt aus der Region.

• Das Land Berlin wird die Gründung von KMU gezielt unterstützen, insbesondere durch Förderung von Netzwerken, Vereinfachung von Genehmigungsverfahren und Angebot von Gewerbeflächen zu attraktiven Preisen.

• Die Berliner Anstalten öffentlichen Rechts sollen wettbewerbsfähige Angebote für Dienstleistungen der kommunalen Daseinsvorsorge entwickeln und sich an den europäischen Ausschreibungen beteiligen.

(D • Durch gezielte Förderung der notwendigen Sprach- und Rechtskenntnisse zu Existenzgründungen werden Hürden für Migranten abgebaut.

nehmen von Förderungen in diesem Bereich wird angestrebt.

3.2 Stärkung der regionalen Wirtschaftskreisläufe

Berlin braucht neue innovative Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb an führender Stelle stehen. Eine derartige Orientierung auf Spitzentechnologien allein schafft aber nicht genügend Beschäftigung. Daher will die Agenda die regionalen Wirtschaftskreisläufe stärken, indem sie die Initiierung von regionalen Netzwerken zwischen Wissenschaft und kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) anregt und das Potenzial der Öffentlichen Hand zur Schaffung von regionaler Nachfrage ausschöpfen will. Hierzu soll das Land sein Nachfragepotenzial im Rahmen des rechtlich Möglichen einsetzen. Um die regionalen KMU mit hohen sozial-ökologischen Profilen zu stärken, werden in den Ausschreibungen entsprechende Standards geschaffen. Anknüpfend an die Strategie eines qualitativen wirtschaftlichen Wachstums fördert die öffentliche Hand insbesondere die Branchen, die ihre wirtschaftlichen Vernetzungen und einen hohen Anteil ihrer Wertschöpfung in der Region haben.

Ein Erfolgsbeispiel hierfür soll das Bauhandwerk werden, das die geplante Wärmeschutzsanierung des Berliner Wohnungsbestandes durchführen kann und die in der Region produzierten Systeme zum Einsatz erneuerbarer Energien installieren wird. Die Branche der erneuerbaren Energien ist Innovations- und Wachstumsmotor und hat bereits mehr als 150.000 neue Arbeitsplätze in Deutschland geschaffen. Berlin muss an dieser Entwicklung teilhaben, denn es verfügt über hervorragende Wissenschafts- und Forschungskompetenz auf dem Gebiet der Umwelttechnik im Allgemeinen und der Solartechnologie im Speziellen. Dieses Know-how darf nicht, wie so oft in der Vergangenheit, aus der Stadt abwandern, sondern muss entwickelt und gefördert werden. Mit einer lokalen Schwerpunktsetzung z.B. am Standort Adlershof, an dem in einer Fabrik Solartechnik produziert werden könnte, entstehen regionale Netzwerke mit echter Wertschöpfung. Berlin muss dieses Angebot an innovativer Umwelttechnik „made and produced in Berlin-Brandenburg“ durch eine verstärkte Nachfrage fördern.

Weitere Beispiele für die Stärkung der regionalen Wirtschaftskreisläufe sind der Ausbau der Kooperation zwischen Handel und Nahrungsmittelwirtschaft sowie die Förderung des regionalen Tourismus.

Eine wichtige Rolle für die Stärkung der regionalen Wirtschaftskreisläufe können zudem die im Besitz des Landes befindlichen Unternehmen und die Anstalten öffentlichen Rechts übernehmen.

Darüber hinaus können auch bezirkliche Bündnisse für Wirtschaft und Arbeit einen Beitrag für die Stärkung der regionalen Wirtschaft übernehmen.

Neue Perspektiven für die Entwicklung des Standortes bieten auch 14 000 Gewerbetreibende (2004) mit Migrationshintergrund.

Qualitätsziele Das örtliche Handwerk und die regional orientierten Wirtschaftsbranchen sind wirtschaftlich erfolgreich und schaffen neue Arbeitsplätze.

Das touristische und erholungsrelevante Angebot in Berlin und Brandenburg ist so attraktiv, dass die Berliner und Brandenburger einen erheblichen Teil ihres Urlaubs und ihrer Freizeit in der Region verbringen.

Handlungsziele

• Steigerung der Anzahl der Beschäftigten in KMU um 20 %.

• Ein Drittel aller in Berlin konsumierten Lebensmittel stammt aus der Region.

Maßnahmen

• Ausländische Hochschulabsolventen, die in Berlin ein Unternehmen aufbauen wollen, werden speziell gefördert.

• In die Ausschreibungen der öffentlichen Kantinen für den Bezug von Lebensmitteln wird als ein Kriterium der regionale Bezug aufgenommen (vgl. Abschnitte Gesundheit I 3.2 und Regionale Agrarwende und Berliner Ernährungsmarkt IV 3.3).

• Das vom Abgeordnetenhaus beschlossene Programm „Weg von fossilen Energieträgern – Umweltschutz schafft Arbeit“ wird konsequent umgesetzt und in den nächsten Legislaturperioden fortgeschrieben (vgl. Handlungsfeld Energie- und Klimaschutz V); hierzu gehören:

(1) die umfassende Wärmeschutzsanierung der öffentlichen Gebäude und der Gebäude landeseigener Unternehmen,

(2) die schrittweise Wärmeschutzsanierung des Berliner Gebäudebestandes (eine Vorreiterfunktion sollen die städtischen Wohnungsbaugesellschaften übernehmen),

(3) die Einführung erneuerbarer Energiesysteme als neuer Baustandard (durch die Einführung von Baupflichten für Systeme zum Einsatz erneuerbarer Energien).

• Strukturanpassungen und Bündelung von Kapazitäten der Wissenschafts- und Bildungseinrichtungen zur Schaffung weiterer Kompetenzzentren.

• Ausbau der öffentlichen Forschungsmittel Berlins, Einsatz Berlins auf Bundesebene für die Initiierung auf Nachhaltigkeit ausgerichteter Forschungsprogramme.