Protokoll der Sitzung vom 14.12.2006

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

In diesem Sinn werde ich mich in meiner neuen politischen Verantwortung engagieren und hoffe auf Ihre breite Unterstützung im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher. – Vielen Dank!

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Danke schön, Frau Senatorin! – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aktuelle Stunde hat damit ihre Erledigung gefunden.

Zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 16/118 bittet die antragstellende Fraktion um die sofortige Abstimmung. Von der Fraktion der SPD und der Linksfraktion liegt mir jedoch der Antrag auf Überweisung vor, worüber ich abstimmen lasse. Wer diesem Antrag auf Überweisung an den Ausschuss für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz seine Zustimmung geben möchte, bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön! Die Gegenprobe! – Ersteres waren die Regierungsfraktionen, das war die Mehrheit. Enthaltungen sehe ich nicht, damit ist der Antrag überwiesen.

[Mario Czaja (CDU): Das ist keine Mehrheit! Das kann doch nicht sein! – Christoph Meyer (FDP): Ist doch gar keiner da! Wowereit ist nicht da! – Zuruf von Michael Schäfer (Grüne)]

Meine Damen und Herren! Die Fraktion der Linkspartei.PDS hat heute auf die Benennung einer Priorität verzichtet. Damit entfällt der Tagesordnungspunkt 5 a.

Unter dem Tagesordnungspunkt 5 b rufe ich die Priorität der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf. Wir kommen damit zur

lfd. Nr. 17:

Antrag

Nachtragshaushalt 2007 vorlegen!

Antrag der Grünen, der CDU und der FDP Drs 16/0055

Diesen Antrag hatten wir bereits vorab zur Beratung an den Hauptausschuss überwiesen. Die nachträgliche Zustimmung stelle ich hierzu fest. Für die Beratungen steht den Fraktionen eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen beginnt der Kollege Esser. – Bitte schön, Herr Esser, Sie haben das Wort!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es wird jetzt vielleicht nicht ganz so stürmisch, wie vorhin bei dem Tagesordnungspunkt, das kann ja nicht immer so sein. Es ist vielleicht etwas dröger, auf seine Weise aber auch durchaus unappetitlich und – je nachdem, wie wir entscheiden – auch folgenreich.

Uns erreichte gestern in der Angelegenheit, ob der Haushalt 2007 und das Haushaltsgesetz 2006/2007 verfassungswidrig sind, eine von den Oppositionsfraktionen bestellte Expertise des wissenschaftlichen Parlamentsdienstes, die zu dem Ergebnis kommt, dass nach allen Prüfungen die Zweifel an der Verfassungmäßigkeit des Haushaltsgesetzes 2006/2007 so schwerwiegend sind, dass eine Korrektur dieses Verfassungsverstoßes verfassungsrechtlich geboten ist. Dementsprechend wäre ein Nachtrag erforderlich, mit dem die Kreditermächtigung für das Haushaltsjahr 2007 durch geeignete Maßnahmen auf ein Maß reduziert wird, das mit der Kreditobergrenze des Artikels 87 Abs. 2 Satz 2 der Berliner Verfassung in Einklang steht – soweit der WPD. Nichts anderes fordert der vorliegende Antrag der Fraktionen von CDU, FDP und uns.

Ich kann verstehen, dass die Regierungsfraktionen daraufhin gestern im Hauptausschuss gesagt haben: Wir wollen die Abstimmung erst einmal verschieben und uns noch einmal ein Bild über die ganze Sache machen. Der Wissenschaftliche Parlamentsdienst hat aber Recht, indem er sagt:

Vor uns liegt ein Fall, in dem sich die Sach- und Rechtslage so offensichtlich und eindeutig darstellen kann, dass Zweifel an dem Verfassungsverstoß nicht mehr bestehen oder zumindest so geringfügig sind, dass sie zu vernachlässigen sind. In diesem Fall würde sich die Rechtslage zu einer Handlungspflicht verdichten.

Zu dieser Handlungspflicht bitten wir Sie, meine Damen und Herren Abgeordnete, den Senat aufzufordern und uns einen entsprechenden Nachtragshaushalt möglichst zügig vorzulegen.

[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der CDU und der FDP]

Nun haben Sie gestern eine relativ „verzwirbelte“ juristische Argumentation vorgelegt, die auf der Subsidiarität von Kreditaufnahme aufbaut. – Ich lasse das einmal beiseite. Wenn Sie sich stur stellen, werden wir die entsprechenden Argumente vor Gericht auszutragen haben. Dann brauchen wir uns hier nicht weiter darüber zu unterhalten. – Ich frage Sie – gerade die Abgeordneten der Regierungsfraktionen – einmal politisch: Welches Interesse haben Sie eigentlich, das Königsrecht dieses Parlaments nicht wahrzunehmen, das die Entstehung des Parlamentarismus begleitet hat, nämlich Haushalte festzulegen und darüber zu bestimmen, wie im nächsten Jahr 1,4 Milliarden € Einnahmen verwendet werden, was wir tun, um die Haushaltskonsolidierung voranzubringen und wo wir eventuell auch die staatlichen Ausgaben verstärken müssen, etwa im Bildungsbereich als Zukunftsinvestition? Was hindert Sie eigentlich daran, sich zu sagen: Das ist doch ein Geschenk des Himmels, dieses Recht will ich auch wahrnehmen und als Parlamentarier selbstbewusst selbst regeln? Stattdessen sagen Sie, Herr Sarrazin soll das in seiner Feudalart in der Haushaltswirtschaft machen. Wir wissen alle, dass eine Menge Ausgaben vor uns stehen. Wir haben im letzten Jahr 236 Millionen € Mehrausgaben für Transfer zu verzeichnen gehabt. Das sind im Wesentlichen Wohnkosten für Hartz IV. Selbst wenn es wirtschaftlich besser geht, werden diese im nächsten Jahr wahrscheinlich nicht vollständig wegfallen. Auch die 237 Millionen € anderen Ausgabenüberschreitungen lösen sich nicht in Luft auf, diese möchte ich gern veranschlagen und im Einzelnen prüfen, ob ich sie überhaupt leisten muss. Wir haben zu unserer Freude Mehreinnahmen aus den Europäischen Strukturfonds erhalten. Dem stehen entsprechende Ausgaben gegenüber. Soll der Senat das in eigener Macht regeln? – Ich bin dafür, dass das Parlament regelt, wofür wir das ausgeben und wofür nicht.

[Beifall bei den Grünen, der CDU und der FDP]

Uns stehen Nachzahlungen von 15 Millionen € bei der Straßenreinigung ins Haus. Wir wissen, der Religions- und der Ethikunterricht wird teurer werden. Uns fallen Mehrkosten für die Sanierung der VBL, möglicherweise in Höhe von 70 Millionen €, auf die Füße. Dadurch hängt plötzlich die Finanzierung Ihres kostenfreien Kitajahrs in der Luft – das wir doch alle ab nächstes Jahr realisieren wollen –, weil Sie, ganz eigenartig, diese verschiedenen Tatbestände in einem Haushaltstitel verknüpft haben.

Sie haben sich in der Koalitionsvereinbarung dafür ausgesprochen, mehr Geld in die Bildung zu investieren. Soll das erst im Schuljahr 2008/2009 beginnen oder wenigstens im Schuljahr 2007/2008 – ich hoffe, Letzteres? Dann müssen wir da auch etwas machen. Aber das bekommen Sie in der Haushaltswirtschaft alles nicht hin. Auch in juristischer Hinsicht sage ich Ihnen: Es handelt sich hier um Ausgaben, von denen Sie nicht sagen können, sie seien unvorhergesehen und unabweisbar. Wir reden schon jetzt über sie. Es ist in Ihrem politischen Interesse wie in unse

rem, dass wir diese Dinge auf dem Wege eines Nachtragshaushalts liefern.

Ich gebe Ihnen zu dieser Frage abschließend noch einmal ein Zitat des Bundesverfassungsgerichts mit auf den Weg. Es hat festgestellt, dass in der Frage Mehreinnahmen – und über diese haben wir im nächsten Jahr zu entscheiden – der Haushaltsgesetzgeber zuständig ist und nicht der Bundesfinanzminister. Ich hoffe, trotz der schlechten Vorstellung von Herrn Sarrazin gestern bringt er die geistige Transferleistung fertig, das Wort „Bundesfinanzminister“ in dem Fall durch „Finanzsenator“ zu ersetzen und zu verstehen, dass wir das Sagen haben.

Würden Sie zum Schluss kommen, Herr Kollege?

Jawohl! – Und das Gericht hat das in dem Urteil damit begründet,

dass nur dadurch gewährleistet ist, worauf es in der parlamentarischen Demokratie entscheidend ankommt, dass sowohl jede Fraktion, insbesondere die Opposition, als auch die einzelnen Abgeordneten ihre Vorstellungen über die Verwendung der Mehreinnahmen darlegen und dadurch die Entscheidung über den Haushaltsplan beeinflussen können.

So weit das Zitat des Bundesverfassungsgerichts. Ich finde, das erklärt hinreichend, warum Sie hier einen Antrag aller Oppositionsfraktionen vorfinden, der an das Selbstverständnis aller Abgeordneten dieses Hauses appelliert, das von unseren demokratisch revolutionären Vorfahren schwer erkämpfte Königsrecht des Parlaments auf Budgethoheit auch 2007 selbstbewusst in die eigenen Hände zu nehmen. – Danke!

[Beifall bei den Grünen, der CDU und der FDP]

Danke schön, Herr Esser! – Für die Fraktion der SPD hat jetzt der Kollege Zackenfels das Wort!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Esser! Es ist im Grunde genommen so, dass die Opposition sich seit Jahr und Tag bemüht – eben auch wieder, durch den Beitrag des Kollegen Esser –, uns bei Rot-Rot in die Ecke der verfassungsrechtlichen „Räuber“ zu stellen.

[Heiterkeit bei den Grünen – Zurufe von den Grünen – Christoph Meyer (FDP): Das sind Sie auch!]

Das Problem ist allerdings: Es will und kann Ihnen partout nicht gelingen.

[Beifall bei der SPD – Zurufe von den Grünen]

Zweimal sind Sie im Land Berlin vor das Landesverfassungsgericht gezogen.

[Volker Ratzmann (Grüne): Sie sind Wiederholungstäter!]

Den Regierungsauftrag am 17. September haben Sie trotzdem nicht bekommen. Ich glaube, das hat zwei Gründe. Der erste Grund ist ein ganz persönlicher. Zum einen bin ich mir ziemlich sicher – und ich glaube, viele mit mir –, dass 80 % der Berlinerinnen und Berliner ihr Geld bei Thilo Sarrazin besser aufgehoben wissen als bei den Herren Esser, Goetze und Meyer.

[Zuruf von der FDP: Das glaube ich aber nicht!]

Sagte ich 80 %? Wahrscheinlich sind es eher 90 %.

[Zurufe von den Grünen]

Zum anderen – gestatten Sie mir diesen zugegebenermaßen subjektiven Blickwinkel – gehen wir in der Koalition definitiv – das sehen Sie an dieser Reaktion – gelassener und verantwortungsvoller mit dem Haushalt um. Stellen Sie erst einmal fest, dass durch die Einnahmeverbesserungen allgemein, durch die strukturellen Kürzungen in Berlin und durch sinnvolle Landessteuern im Besonderen die verfassungsrechtlich gebotene Kreditbegrenzungsnorm eingehalten werden wird! Sie wird eingehalten werden.

[Ramona Pop (Grüne): Das ist doch ein Weihnachtsmärchen!]

1,2 Milliarden € mehr aus Bundessteuereinnahmen, konjunkturell und steuerrechtsänderungsbedingt, 500 Millionen € per anno Minderausgaben aus Stellenabbau und Entgeltstrukturänderungen, 225 Millionen € aus den Eingriffen bei Grund- und Grunderwerbssteuer – wir reagieren auf Karlsruhe, die Konsolidierung geht weiter. Das ist eine Erfolgsmeldung, die lassen wir uns nicht kleinreden, und bestimmt nicht von Ihnen!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Zurufe von den Grünen und der FDP]

Dabei treffen wir den Kern ordentlichen Geschäftsgebarens. Vorspiegeln, dass ich die Verfassung einhalte, indem ich die Einnahme aus Vermögensverkäufen ins Nirwana hebe und hintenherum Milliarden € an Risiken anhäufe – das ist weiß Gott kein Beispiel verfassungsgemäßen Wirtschaftens. Da brauchen wir uns dieses Mal von der CDU wahrlich nichts vorwerfen zu lassen.

Ich wiederhole: Lieber Herr Esser und alle anderen von der Opposition! Sie werden Ende 2007 hier stehen und zugeben müssen, dass im Haushaltsjahr 2007 – verfassungsgemäß solide – die Einnahmen und Kredite die Investitionen nicht überschreiten werden

[Ramona Pop (Grüne): Woher wissen Sie das denn?]

Ich komme gleich dazu. – Nun schießen Sie seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts regelrecht mit Schrot auf den Haushaltsentwurf 2007.