Aber wenn Sie Wolf Biermann die Ehrenbürgerwürde gegeben hätten, dann hätten Sie ein Zeichen gesetzt, dass Sie es mit der Aufarbeitung ernst meinen, dass Sie nicht immer weiter zurückschauen, sondern nach vorne. Aber dazu haben Sie nicht die Kraft gehabt, und auch das ist eine Schande für dieses Parlament.
In der Koalitionsvereinbarung steht ganz klein und ganz zum Schluss: Wir werden prüfen, ob wir eine Initiative für eine Opferrente ergreifen. – Herr Regierender Bürgermeister! Wie lange wollen Sie eigentlich noch prüfen? – Bis die letzten Leute verstorben sind?
Herr Tiefensee, der Bundesverkehrsminister, hat am 17. Juni gesagt: Wir wollen das jetzt machen. – Es ist immer noch nichts passiert!
Ich kann nur sagen: An der CDU scheitert es nicht. Diese Leute haben es verdient, dass man etwas für sie tut. Prüfen Sie nicht, sondern handeln Sie endlich für diese Leute!
Tragen Sie diese Gedanken in Ihre eigene Partei und säubern Sie sie von denjenigen Kräften, die immer wieder nach hinten schauen! Dann geht es dieser Stadt besser.
[Beifall bei der CDU und der FDP – Uwe Doering (Linksfraktion): Sie müssen bei der Wahr- heit bleiben! Was hat die Bundesregierung gemacht?]
Nun ein paar Bemerkungen zu dem, was Sie, Herr Regierender Bürgermeister, soeben über Bildung, Schule und Kreuzberg gesagt haben: Der Regierende Bürgermeister hat sich soeben noch einmal entschuldigt. Ich kann dazu – zu dieser Entschuldigung und zu der, die er neulich bereits geäußert hat – nur zitieren, was der Politikwissenschaftler Oskar Niedermayer gesagt hat:
Man muss hierzu die Texte nachlesen und sehen, was der Regierende Bürgermeister genau gesagt hat. Er wurde in dieser Talkshow gefragt:
Sie haben hier nicht etwa einen Blackout gehabt, sondern Sie haben ja bei Neukölln differenziert, bei Kreuzberg aber nicht. Ich finde, das ist glasklar, und das ist kein Missverständnis.
Wenn es so empfunden wurde und in der Berichterstattung so herumgekommen ist, dann ist es politisch falsch gewesen, es so zu sagen. Es ist missverständlich, und da entschuldige ich mich.
Sie haben sich also für Missverständnisse entschuldigt, und Sie haben gesagt, es sei politisch falsch, es so zu sagen. Aber was heißt das denn? Ist es eigentlich richtig, und man sollte es nur besser nicht sagen, weil es nicht gut ankommt? – Ich kann nur sagen: Ich verstehe die SPDLeute in Kreuzberg, und ich verstehe vor allem die Lehrer, die Schüler und Eltern, die sagen: Der Bezirk hat unendliche Probleme, aber er verdient es nicht, auf diese Art
in solch einer Weise pauschal in eine Ecke gestellt zu werden. – Herr Regierender Bürgermeister! Das hätten Sie nicht machen dürfen, und das ist eine Sache, mit der Sie Kreuzberg und allen Leuten in Kreuzberg wahrlich nicht helfen.
Und dann gibt es einige, die sagen: Er ist doch ehrlich gewesen. – Selbstverständlich wird sich jeder – da haben Sie völlig recht – überlegen, wohin er seine Kinder schickt. Aber es ist eben ein Unterschied zu bedenken, den Ihnen auch die SPD Kreuzberg in das Stammbuch geschrieben hat: Sie sind hierbei nicht als Privatperson gefragt worden, sondern Sie sind Regierender Bürgermeister. Und wenn Sie Kreuzberg ein solch schlechtes Urteil ausstellen, dann stellen Sie dieses Urteil auch 12 Jahren SPD-Bildungspolitik in dieser Stadt aus. Die hat zu den Zuständen in Berlin geführt, die wir jetzt beklagen.
Du, Klaus, entwertest hiermit die Arbeit der Lehrerinnen und Lehrer. Noch schwerwiegender ist es jedoch, dass Du die Eltern verunsicherst und die Schülerinnen und Schüler abqualifizierst.
Jetzt wird Herr Müller gleich sagen: Er hat sich doch entschuldigt. – Machen wir das demnächst immer so? Wir haben schon in dieser ersten Sitzung zwei Entschuldigungen gehört, eine vom Parlamentspräsidenten und eine von Herrn Wowereit. Machen wir das jetzt immer so, dass wir irgendetwas machen und dann sagen: Entschuldigung, war nicht so gemeint! – Sie sind verantwortlich für die Wirkung Ihrer Worte, und diese Worte stehen im Raum, und sie waren überaus töricht, Herr Regierender Bürgermeister! Daraus werden wir Sie nicht entlassen. Sie haben unserer Stadt mit diesen dummen Worten keinen Dienst erwiesen.
Wie kann man das ändern? – Wir müssen hart daran arbeiten, aber Schule und Wissenschaft haben Priorität, Berlin wieder zu einer europäischen Wissensstadt aufzubauen. Nicht bei PISA hinten zu sein, sondern bei PISA vorne zu liegen, das muss unser Bestreben sein. Aber bitte geben Sie dann nicht 22 Millionen € in ideologische Projekte, sondern stärken Sie mit diesen 22 Millionen € die Hauptschulen, und schaffen Sie Unterrichtsgarantie! Das wäre die richtige Antwort auf die Problemschulen in dieser Stadt, und die haben Sie in Ihrer Regierungserklärung nicht gegeben.
Herr Zöllner! Sie treten ein schweres Erbe an. Ich möchte Ihnen deutlich sagen: Wir finden es gut, dass Sie in die Stadt gekommen sind. Ihnen geht der Ruf voraus, dass Sie
etwas von Wissenschaftspolitik verstehen, und wir respektieren es, dass jemand sein sicheres Amt aufgibt und in diese Stadt kommt, um sich ihr zu stellen. Wir sagen nicht: „Da kommt einer von außen“, sondern wir freuen uns über jeden, der kommt und sagt: „Ich will mich in dieser Stadt engagieren.“ Wir wünschen Ihnen sehr viel Glück.
Bei all dem, was Sie bisher gesagt haben – dass es nicht so sehr auf Ideologien ankommt, sondern darauf, wie wir den einzelnen Schüler am besten fördern können –, bei all diesen Punkten werden Sie uns an Ihrer Seite wissen. Aber passen Sie bitte auf, dass Sie von SPD und PDS nicht eingemauert werden!
In ganz wesentlichen Bereichen hat man Ihnen ja schon vorgeführt, wo Ihre Grenzen sind. Der Regierende Bürgermeister hat Sie mit den Worten empfangen: Der Herr Zöllner weiß, was in der Regierungserklärung steht, und er kennt den Rahmen.
Und zum Thema Studiengebühren: Sie haben sich auch gerade in einem Interview wenigstens für Studienkonten wie in Rheinland-Pfalz ausgesprochen. Der Regierende Bürgermeister hat das soeben vom Tisch gewischt. Herr Sarrazin ist dafür. Herr Wowereit ist dagegen. Sie sind für Studienzeitkonten. Wir möchten von Ihnen gern eine Antwort haben, was nun gilt. Gilt das Wort von Herrn Lederer – „Die kommen auf keinen Fall“ – oder das Wort von Herrn Sarrazin – „Die kommen“? – Bitte, in diesem Feld müssen Sie sich betätigen, und wenn Sie einen Partner dabei brauchen, kann ich Ihnen versprechen: Für eine sachorientierte, am Kind orientierte Bildungspolitik stehen wir Ihnen gern zur Verfügung, lieber Herr Zöllner!
[Beifall bei der CDU – Gelächter bei der SPD und der Linksfraktion – Christian Gaebler (SPD): So verzweifelt kann man gar nicht sein! – Uwe Doering (Linksfraktion): Vor allem ist das sachorientiert! ]