Protokoll der Sitzung vom 11.06.2009

[Beifall bei der FDP]

Ich hoffe auch, dass –

Herr Meyer! Darf ich Sie darauf hinweisen, dass Ihre Redezeit beendet ist.

Ja, das ist der letzte Satz! – der Rechnungshof gerade auch bei den neuen Projekten aus Ihrer Verwaltung, Frau Knake-Werner, zum Beispiel im öffentlich geförderten Beschäftigungssektor, ein Auge darauf haben und uns dann entsprechend berichten wird, wo die Missstände in diesem Bereich liegen. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Meyer! – Jetzt kommen wir zur SPD-Fraktion. Herr Abgeordneter Thärichen hat das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch mein Dank gebührt zunächst den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Berliner Rechnungshofs für die Vorlage ihres Jahresberichts 2009. – Meinen herzlichen Dank Herrn

Dr. Harms für seine Arbeit in den letzten Jahren! Wir haben die Zusammenarbeit mit Ihnen als sehr positiv und konstruktiv erlebt und Ihren Einsatz schätzen gelernt. Wir möchten für diese vertrauensvolle Zusammenarbeit in den letzten Jahren unseren herzlichen Dank aussprechen.

[Beifall bei der SPD, den Grünen und der FDP]

Es ist die Aufgabe des Rechnungshofs, den Finger in die Wunde zu legen und auf fehlerhaftes Handeln in der Berliner Verwaltung hinzuweisen. Das hat der Rechnungshof auch mit seinem Jahresbericht 2009 getan. Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass ein sorgsamer Umgang mit öffentlichen Mitteln dringender denn je ist. Wir haben vor wenigen Wochen die Steuerschätzung zur Kenntnis genommen und werden heute noch über den Nachtragshaushalt diskutieren und beschließen. Es ist klar, dass hier erhebliche Belastungen auch auf das Land Berlin zukommen. Niemand von uns weiß, welche Haushaltsdefizite im Ergebnis der Finanz- und Wirtschaftskrise auf uns zu kommen. Daher ist es umso wichtiger, die verbleibenden Einnahmen sinnvoll und effizient einzusetzen.

Ich will auf einige Punkte zu sprechen kommen. Herr Meyer! Der Punkt BVG lag ein bisschen neben dem Thema, weil das nicht Gegenstand des Jahresberichts 2009 ist.

[Christoph Meyer (FDP): Gegenstand des Rechnungshofs!]

Da haben Sie zweifellos recht, das ist auch ein Thema des Rechnungshofs, und wir werden es auch diskutieren, aber wir wollen heute über den Jahresbericht 2009 reden. Wir werden uns das Thema BVG natürlich intensiv anschauen, aber es ist noch nicht in den Jahresbericht 2009 eingegangen.

Auch Sie, Herr Meyer, hatten das Thema Jobcenter angesprochen – Vollzug des SGB II. Das ist ein wichtiges Thema, das wir uns intensiv ansehen werden. Ich will nur auf eines hinweisen: Der Rechnungshof hat auch darauf hingewiesen, dass eine wesentliche Ursache für diese Probleme in der geteilten Kostenträgerschaft zwischen Bundesagentur und kommunalen Trägern liegt. Das heißt, hier ist es auch entscheidend, dass durch eine neue Rechtsform, die durch die Bundesebene ermöglicht werden muss, effizientes Arbeiten ermöglicht wird. Das ist eine Rahmenbedingung, die zu setzen ist. Die Diskussion über die Rechtsform der Jobcenter haben wir auch hier im Haus geführt. Hier ist nach wie vor Handlungsbedarf.

Es gibt andere Themen, die im Rechnungshofbericht angesprochen wurden, Stichwort Werbeeinnahmen mittels Großplakaten, Beispiel Charlottenburger Tor. Da kann man auch unter stadtplanerischen, stadtgestalterischen oder ästhetischen Gesichtspunkten Fragen stellen. Es wird zu klären sein, wie der Bezirk dieses Sonderfinanzierungsmodell umgesetzt hat, warum er auf Sondernutzungsgebühren verzichtet hat und wie sich die Wirtschaftlichkeit dieses Instruments zur Finanzierung von Denkmalschutz insgesamt darstellt. Das ist ein wichtiger Punkt, bei dem Transparenz geschaffen werden muss.

Ein letzter Punkt, den ich ansprechen will, ist das Thema Charité.

Entschuldigung, Herr Abgeordneter Thärichen! Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein! – Wir werden die Einzelpunkte noch ausgiebig im Unterausschuss Haushaltskontrolle diskutieren. Dafür haben wir ja eigens diesen Unterausschuss.

Zur Charité: Auch das ist ein spannendes Thema. Hier hat der Rechnungshof erhebliche Zweifel angemeldet, was die Wirtschaftlichkeit der Charité Facility Management GmbH angeht. Wir haben das Thema bereits im Hauptausschuss diskutiert, wir werden es auch weiter diskutieren.

[Zuruf von der FDP: Weil wir Sie dazu gezwungen haben!]

Nein, dazu brauchen Sie uns gar nicht zu zwingen! – Natürlich haben wir ein großes Interesse daran, dass die Charité wirtschaftlich arbeitet, dass sie die Betriebsflächen auf das Maß reduziert, das notwendig ist, dass sie in der Perspektive einen ausgeglichenen Haushalt und Wirtschaftsplan vorlegt. Wir haben aber kein Interesse daran und halten es für überflüssig, eine Standortdebatte zu führen. Wir brauchen aber eine Charité, die ihre Immobilien wirtschaftlich bewirtschaftet.

Wir werden in der nächsten Zeit im Unterausschuss diese Dinge intensiv diskutieren können. Ich denke, dass wir in der Vergangenheit fraktionsübergreifend zu einem guten Arbeitsklima gefunden haben und in vielen Fragen Konsens herstellen konnten. Das zeigt sich auch daran, dass wir eine Reihe von Missbilligungen und Auflagen zum Haushaltsjahr 2006 gemeinsam beschlossen haben.

Abschließend will ich sagen: Wir erwarten Besserung. Bei den Dingen, wo wir uns gemeinsam verständigen, dass Auflagen und Missbilligungen auszusprechen sind, besteht Handlungsbedarf. Wir erwarten vom Senat, dass das entsprechend umgesetzt wird. In diesem Sinne freue ich mich auf die anstehenden Beratungen des Jahresberichts 2009 im Haushaltskontrollausschuss. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Thärichen! – Für die CDU-Fraktion hat jetzt Frau Abgeordnete Thamm das Wort. – Bitte sehr!

Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrte Damen und Herren! Vorab meinen Dank an den Rechnungshof für den Jahresbericht für das Jahr 2009, auf den ich zunächst eingehen will, bevor ich zur Beschlussempfehlung über die Entlastung komme. Auch wenn die im Bericht 2009 enthaltene Kritik an der Haushaltsführung des Senats naturgemäß nicht umfassend sein kann, wird deutlich, dass die positiven Signale, die der ehemaligen Finanzsenator Sarrazin gesendet hat, von Wunschdenken geprägt waren. Nach Aufstellung des Doppelhaushalts 2008/2009 ließ sich Herr Sarrazin für die vermeintliche Konsolidierung des Haushalts feiern. Er sprach in dem Zusammenhang von einem „historischen Wendepunkt“ in der Haushaltsplanung Berlins.

Der Rechnungshof hingegen beurteilt die Situation für diesen Zeitraum wie folgt. Ich zitiere aus der Pressemitteilung zum Jahresbericht:

Unabhängig von den finanziellen Auswirkungen der Finanzmarktkrise ergeben sich aber auch erhebliche strukturelle Erhöhungen bei den Ausgaben, etwa bei den Personalausgaben (Auslaufen des Anwendungstarifvertrags) oder bei den Ausgaben im Kindertagesstättenbereich (höhere Geburtenraten und neue gesetzliche Regelungen). Auf der Einnahmenseiten fallen derweil stufenweise bis zum Jahr 2020 Bundesergänzungszuweisungen von fast 2 Milliarden Euro weg.

Diese Risiken wurden von Herrn Sarrazin ausgeblendet. Das hat sein Nachfolger beim wirtschaftspolitischen Frühstück der IHK deutlich formuliert. Er sagte, dass die Anpassungen, die nach der Steuerschätzung jetzt notwendig würden, auch Ausdruck eines Defizits der Planung seien, dass sein Vorgänger Lasten in die Zukunft verschoben hätte. In diesem Licht betrachtet, war auch das Bonmot von Herrn Nußbaum, Herr Sarrazin hätte alle drei Grundrechenarten beherrscht, durchaus von Ironie geprägt. Es gibt vier Grundrechenarten, und vielleicht liegt die Ursache für die Situation, in der wir jetzt stehen, darin, dass Herr Sarrazin eine Grundrechenart eben nicht beherrscht.

[Björn Jotzo (FDP): Aber welche?]

Ja, das ist die Frage! – Niemand in der Koalition ist in der Lage, nachzurechnen. Bei der Haushaltsführung ist das in der Tat fraglich, welche Rechenart das ist.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Die Annahme, dass ab 2008 kontinuierliche Überschüsse erzielt werden, stellt sich bereits mit Vorlage des ersten Nachtrags als Fantasie heraus. Stattdessen war eine Nettoneuverschuldung am Kreditmarkt von 899,4 Millionen Euro vorgesehen. Mit dem Entwurf des zweiten Nachtrags sind wir bei 1,6 Milliarden Euro gelandet. Unabhängig von der Finanzkrise war vorhersehbar, dass der zyklische Konjunkturabschwung bereits 2010 einsetzen würde. Die CDU hat diese Szenarien bereits im Juni 2007 präsentiert.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Oi!]

Ja, wir können das eben! – Wir können den neuen Finanzsenator nur ermutigen, die Risiken künftig nicht mehr zu verschweigen und diesem Senat endlich mehr unternehmerisches Denken beizubringen. Wir sind daran interessiert, dass die strukturellen Defizite der Verwaltung aufgearbeitet werden, weil bei Durchsicht des Berichts wieder gravierende Mängel in der Haushaltsführung erkennbar werden.

Sowohl auf Bezirks- als auch auf Landesebene werden erhebliche Bearbeitungsrückstände bei den Finanzämtern zum Nachteil des Landes in Millionenhöhe, nachlässige Vergabepraktiken bei vielen Bauvorhaben und nachlässige Kontrollen der Bauleistungen wie auch grundlegende Mängel bei der Initiierung und Kontrolle von Förderprogrammen im Bereich Wirtschaft, Technologie und Frauen kritisiert. Auch bei Integration, Arbeit und Soziales sind dem Land durch verzögerte Abrufe von Bundesmitteln finanzielle Schäden in Millionenhöhe entstanden. Im Bereich Bildung, Wissenschaft und Forschung ist das Beispiel Charité hervorzuheben.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Das hätten Sie lieber weglassen sollen!]

Durch fehlende betriebswirtschaftliche Unterstützung – um es elegant auszudrücken – und Kontrolle der Charité sind bereits Millionenverluste entstanden. Dabei ist in dem Bericht noch nicht einmal der Komplex Spreedreieck enthalten, einer der Höhepunkte der Misswirtschaft des rot-roten Senats.

[Wolfgang Brauer (Linksfraktion): Ha, ha! Lesen Sie mal die Protokolle!]

Ja, ja! Aber wissen Sie, nehmen Sie mal Ihre Verantwortung wahr, dann haben Sie genug zu tun, anstatt hier zu lachen!

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Ich komme nun zu Beschlussempfehlung und Bericht des Hauptausschusses vom 13. Mai 2009 zur Beschlussfassung Haushalts- und Vermögensrechnung von Berlin für das Jahr 2006. Wir, die CDU, waren und sind an konstruktiver Arbeit interessiert

[Uwe Doering (Linksfraktion): Das merken wir gerade!]

und haben uns im Haushaltskontrollausschuss entsprechend eingebracht. Leider wurde unseren Vorschlägen – insgesamt größeren Druck auf den Senat auszuüben, um zu einem wirtschaftlicheren Verwaltungshandeln zu kommen sowie zu einem funktionierenden System von Planung und Kontrolle – nicht Rechnung getragen. Wer den von mir zitierten aktuellen Rechnungshofbericht mit dem vergleicht, der dieser Beschlussempfehlung zugrunde liegt, stellt fest, –

Frau Abgeordnete! Bitte kommen Sie zum Schluss!

Ja, ich komme zum Schluss! – dass die Berliner Haushalts- und Vermögensrechnung nicht ernsthaft aufgearbeitet wird. In beiden Berichten wird auf gravierende Mängel in den Finanzämtern und bei dem Beteiligungsmanagement hingewiesen.

[Christian Gaebler (SPD): Ist jetzt Schluss oder nicht?]

Die Rechnung ist als unvollständig und fehlerhaft kritisiert worden. Ein Bemühen des Senats, die Probleme zu beseitigen, ist überhaupt nicht zu erkennen.

Jetzt müssen Sie wirklich zum Schluss kommen!

[Beifall von Markus Pauzenberger (SPD) Monika Thamm (CDU): So bleiben mir nur zwei Feststellungen: Wir werden ers- tens unsere Zustimmung zur Entlastung verweigern, und zweitens: Der Hoffnungsschimmer für die Finanzlage gleicht der Mondsichel am Tag nach Neumond: mit blo- ßem Auge kaum oder nicht erkennbar. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit! [Beifall bei der CDU und der FDP]

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Thamm! – Für die Linksfraktion hat jetzt Frau Abgeordnete Weiß das Wort. – Bitte sehr!