Protokoll der Sitzung vom 10.12.2009

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Nach den Impulsen für die Integrationskonzepte war es der Beirat, der die Initiative für einen Aktionsplan gegen Rassismus ergriffen hat, der sich jetzt auch im Haushalt wiederfindet und im Sommer vorliegen wird. Der Beirat

Gregor Hoffmann

hat jetzt ein Konzept für ein Integrationsgesetz vorgelegt, das meine Fraktion befürwortet. Ich möchte an dieser Stelle sagen, dass ich mich sehr darüber gefreut habe, dass die SPD sich nun auch dazu bekennt und sich offensichtlich früher positioniert hat, als sie es eigentlich wollte. Dann können wir ja loslegen!

[Beifall bei der Linksfraktion –Heiterkeit bei der SPD – Zuruf von Özcan Mutlu (Grüne)]

Wir werden im Integrationsbereich zum dritten Mal ein Aktionsprogramm „Vielfalt fördern – Zusammenhalt stärken!“ auflegen. Die Auswertungsveranstaltung des zweiten Aktionsprogramms fand am letzten Dienstag statt. Es ist schade, dass niemand von Ihnen teilgenommen hat. Sie hätten dort sehen können, dass die Arbeit in Tandems von Mehrheits- und Minderheitsgesellschaft hervorragende Ergebnisse für einen gesellschaftlichen Zusammenhalt bringt.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Auch ich bin froh – Herr Wolf hat es schon angesprochen –, dass wir den Karneval der Kulturen in Zukunft mit 200 000 Euro fördern und ihn damit nicht mehr allein von Lottomitteln und Sponsoren abhängig machen.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Rot-Rot will nicht, dass Menschen aufgrund ihres Geschlecht, ihrer Herkunft oder ihrer sexuellen Orientierung, ihrer Religion oder ihres Gesundheitszustands diskriminiert werden. Deshalb haben wir die Landesstelle für Gleichbehandlung – gegen Diskriminierung, kurz LADS, eingerichtet. Sie hat in den letzten drei Jahren eine sehr erfolgreiche Arbeit geleistet. Deshalb haben wir an dieser Stelle die Mittel noch einmal erhöht. Und nicht nur das – wir haben im Doppelhaushalt über 2 Millionen Euro bereitgestellt, damit unser gemeinsamer Beschluss aus dem Abgeordnetenhaus für die Initiative für Selbstbestimmung und Akzeptanz sexueller Vielfalt umgesetzt werden kann.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Diese Initiative ersetzt keine Zivilcourage, aber sie trägt dazu bei, Aufklärungsarbeit, Kampagnen und Schulungen unterschiedlicher Multiplikatorinnen und Multiplikatoren umzusetzen und das vielfältige Engagement gegen Homophobie in dieser Stadt zu unterstützen. Berlin nimmt damit eine Vorreiterrolle ein. Wir hoffen, dass andere Bundesländer mit uns mitziehen.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Nach wie vor steht der Kampf gegen Rechtsextremismus ganz oben auf unserer Agenda. Wir haben die Mittel für das Landesprogramm erneut um 50 000 Euro im Jahr 2010 und um 250 000 Euro im Jahr 2011 aufgestockt. Damit sichern wir auch in Zukunft, dass die wichtige Arbeit vieler Projekte für Integration und gegen Rechtsextremismus fortgeführt werden kann. Und wir haben die Strukturprojekte „Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus“, „Ostkreuz“ und die Opferberatung „ReachOut“ ab 2011 komplett in die Landesfinanzierung übernommen, da die Bundesmittel wegfallen.

[Beifall von Minka Dott (Linksfraktion)]

Das war eine ausgesprochen gute Entscheidung, wie sich jetzt zeigt, weil diese Arbeit fortgeführt werden kann. Was die Bundesregierung jetzt macht, läuft faktisch darauf hinaus, dass sie sich von einem Kampf gegen Rechtsextremismus verabschiedet. Dann ist es gut, dass wir in Berlin unsere Arbeit auf dieser Ebene erfolgreich weiter fortführen können.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Die Veränderungen in der Arbeitswelt haben zu weitreichenden gesellschaftlichen Einschnitten geführt. Die Wirtschaftskrise hat diese Situation noch verstärkt. Immer mehr Menschen sind von Armut und gesellschaftlicher Ausgrenzung bedroht – die einen, weil sie von ihrer Erwerbsarbeit nicht leben können, die anderen, weil sie erwerbslos und ohne berufliche Perspektive sind. Gute Arbeit heißt aber auch, dass Menschen von ihrer Arbeit leben können. Deshalb brauchen wir endlich einen gesetzlichen Mindestlohn und vor allem endlich eine Bundesregierung, die das umsetzt.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Wir wollen in Berlin unseren Beitrag zu guter Arbeit leisten. Auch deshalb war die Klage der Senatsverwaltung und von Verdi gegen die christlichen Zeitarbeitsgewerkschaften richtig und gut. Dieser Art von Ausbeutung, die dort stattgefunden hat, und diesem Lohndumping muss endlich ein Ende gesetzt werden.

[Beifall bei der Linksfraktion – Beifall von Anja Schillhaneck (Grüne)]

Wir werden auch weiterhin dort, wo wir die Möglichkeit haben, Mindestlöhne in der Höhe der Gewerkschaftsforderung einführen. Die Einführung des Vergabegesetzes ist so ein Punkt. Das wird auch dazu beitragen, dass Probleme, die heute schon angesprochen wurden, wo es in Berlin einen Niedriglohnbereich gibt, eingedämmt werden. Wir haben auch im ÖBS den Mindestlohn von 7,50 Euro festgeschrieben.

Damit wir Zeit sparen können, muss ich jetzt zu dem gemeinsamen rot-roten Projekt ÖBS nichts mehr sagen. Die Kollegin Grosse hat dazu alles gesagt. Dem kann ich nichts mehr hinzufügen.

[Beifall bei der Linksfraktion – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Ob der Start ins Berufsleben gelingt, hängt im Wesentlichen davon ab, ob junge Menschen einen Ausbildungsplatz finden. Deshalb werden wir weiterhin viele Maßnahmen in diesem Bereich fortführen. Wir haben während der Haushaltsberatungen immer wieder darüber gestritten, ob die Höhe der Mittel ausreicht oder nicht – Herr Hoffmann ist eben schon darauf eingegangen. Die Opposition kritisiert, dass die Mittel nicht ausreichen. Ich sage Ihnen an dieser Stelle: Ich halte Ihre Position für ausgesprochen problematisch. Letztlich entlassen Sie – konsequent zu Ende gedacht – die Arbeitgeber aus ihrer Verantwortung.

[Zuruf von Ramona Pop (Grüne)]

Denn trotz des Anstiegs betrieblicher Ausbildung kann man nur feststellen, dass sie eben nicht ausreichend ausbilden. Die Antwort kann aber nicht sein, dass wir Jahr für Jahr die öffentlichen Mittel immer wieder erhöhen und dass aufgestockt wird. Die Arbeitgeber sollen ihre Verantwortung wahrnehmen.

[Beifall bei der Linksfraktion – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Um die soziale Balance in dieser Stadt zu erhalten und gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen, brauchen wir eine leistungsfähige und soziale Infrastruktur, in Zeiten der Wirtschaftskrise und der anwachsenden Armut nötiger denn je. Es ist uns gelungen, den Liga-Vertrag und auch den Stadtteil-Vertrag mit diesem Haushalt auf gleichem Niveau wie bisher zu erhalten. Mit den langen Laufzeiten bedeutet das, dass sowohl die Verbände als auch die einzelnen Projekte für die Zukunft eine Planungssicherheit haben. Ich freue mich darüber, dass es uns gemeinsam gelungen ist, die Ausschreibung der Geschäftsbesorgung zu verhindern. Das ist nicht nur finanziell günstiger, sondern das ist auch eine gute Voraussetzung für die Ausgestaltung neuer Verträge.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Zum Thema soziale Infrastruktur gehört auch die Einzelfallhilfe. Die Probleme haben wir hier diskutiert, und auch hierbei haben wir gemeinsam an einem Strang gezogen. Die Senatsverwaltung arbeitet nun gemeinsam mit den Bezirken, mit den Vertretungen der Einzelfallhilfe und mit den Vertretern und Vertreterinnen der Nutzenden an einer Lösungen. Ich hoffe, dass wir in einigen Monaten ein Konzept für ein transparentes System vorliegen haben, dass die Einzelfallhilfe als Leistung der Eingliederungshilfe gestärkt wird, dass den Nutzern eine gute Leistung garantiert wird und den Einzelfallhelferinnen und -helfern gute Arbeit im Sinne von existenzsichernder Bezahlung und guten Arbeitsbedingungen geboten wird.

Mein letzter Punkt: Ich möchte zumindest noch mal den Sonderfahrdienst für Menschen mit Behinderung ansprechen, der bislang im Haushalt noch überhaupt keine Rolle gespielt hat. Für mich ist das ein gutes Zeichen, aber wenn die neuen Vertragsverhandlungen beginnen, werden wir uns diesem Thema noch mal nähern müssen.

Ich komme damit zum Ende und hoffe, dass Sie dem Einzelplan 09 zustimmen. – Danke!

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Frau Kollegin Villbrandt hat nun für die Fraktion der Grünen das Wort. – Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Breitenbach! Man könnte fast denken, dass diese Geschichte mit der Ausschreibung des Geschäftsbesorgungsvertrags für

die Liga wie ein Unwetter auf uns zugekommen sei. Die Idee ist jedoch in Ihrem Haus und auch unter Ihrer Führung entstanden.

[Zuruf von Elke Breitenbach (Linksfraktion)]

Aber jetzt zur Sache und zunächst eine Vorbemerkung zu den offensichtlichen Mängeln, die in diesem Einzelplan zu erkennen sind.

[Wolfgang Brauer (Linksfraktion): Da sind keine Mängel, der ist perfekt!]

Erstens: Von Steuerung ist überhaupt nichts zu sehen. Nachhaltigkeit wird ignoriert. Es bleibt bei der rot-roten Politik der Beliebigkeit.

Zweitens: Selbsthilfe soll sich selbst helfen. Rot-Rot preist zwar Selbsthilfe und Engagement groß an, hat aber diese Bereiche nicht so, wie es dringend notwendig gewesen wäre, verstärkt.

Drittens: Zielgruppen- oder Geschlechtsdifferenzierung bleiben Worthülsen. Eine demnach notwendige Akzentuierung ist im Haushaltsplan überhaupt nicht zu erkennen.

Viertens: Die demografische Bevölkerungsentwicklung wird zwar im Munde geführt, führt aber nicht zu einem nachhaltigen Handeln.

Diese Mängel ziehen sich quer durch den Haushalt. Wir haben in den Ausschüssen bei Ihnen, Kolleginnen und Kollegen von Rot-Rot, für eine bessere Haushaltspolitik geworben. Wir haben auch diverse Anträge gestellt. Die meisten dieser Anträge haben Sie in den Ausschüssen in Ihrer Arroganz einfach mal abgelehnt.

Nur einige wenige Punkte möchte ich jetzt hier noch ansprechen. Zum einen die Nachhaltigkeit: Nach wie vor haben Sie Schubladendenken und auch Ressortegoismen nicht überwunden. Ein Blick für das Ganze ist nicht erkennbar. Dass man manchmal an der einen Stelle investieren muss, um an der anderen Stelle sparen zu können, haben Sie bis heute nicht kapiert.

[Beifall bei den Grünen]

Ein Beispiel: Sie stärken die Betreuungsvereine nicht, obwohl das der Weg wäre, Berufsbetreuungskosten zu senken.

Nächster Punkt – die Pflege: Das ist ein weiterer Problembereich. Überall Baustellen, aber wo bleibt das Signal für den Aufbruch? – Ein Beispiel ist hierfür die Einrichtung von Pflegestützpunkten, die nicht vorankommt. Anstatt fragwürdige und teuere Begutachtungen von Pflegeheimen vorzunehmen, hätten Sie für eine bessere Ausstattung der Pflegestützpunkte sorgen können, damit diese die gesetzlich vorgesehenen Aufgaben bewältigen können.

Weiterer Punkt – die Arbeitsmarktpolitik: Für die Arbeitsmarktpolitik gibt das Land Berlin sehr viel Geld aus. Das ist auch notwendig. Kritikwürdig ist jedoch, wie

Elke Breitenbach