Eine Gefahr bei öffentlichen Unternehmen haben wir aber im Land Berlin gesehen. Wir haben über die HOWOGE gesprochen und haben vor langer Zeit mit der Berliner Bankgesellschaft zu tun gehabt. Öffentliche Unternehmen neigen dazu, politisierte Unternehmen zu sein. Politisierte Unternehmen neigen dazu, parteibuchgesteuerte Unternehmen zu sein, in die Parteisoldaten entsorgt werden, wo Kumpeln in Netzwerken etwas zugeschoben wird. Das ist eine ganz große Gefahr. Der Staat ist nicht immer gut. Manchmal herrscht dort Parteibuchwirtschaft, und das muss man in öffentlichen Unternehmen auf jeden Fall unterbinden.
Öffentliche Monopole, die Berliner Wasserbetriebe sind ein Beispiel dafür, wie die Bürger gemolken werden. Aber auch der Senat trägt seinen Teil dazu bei. Sie könnten durchaus auf überhöhte öffentliche Einnahmen verzichten. Sie, Herr Senator Wolf, legen per Verordnung selbst die Rendite fest. Auch an dieser Stelle könnte man sehr schnell etwas für die Bürger erreichen und dem Monopol nicht zugestehen, so viel aus den Taschen der Bürger zu ziehen.
Dass die Kosten bei den Wasserbetrieben bei sinkendem Umsatz steigen, ist klar. Der größte Teil der Kosten ist fix und muss auf die Kubikmeter umgelegt werden, dadurch wird es eben teurer.
Zu den Risiken öffentlicher Unternehmen: Wir haben teilweise die Gefahr, dass wir in Milliarden-Haftungsrisiken kommen – siehe Bankgesellschaft. Wir haben die Gefahr, dass wir für Anlagen, die wir kaufen, erhebliche Zinsen aufbringen müssen, und die müssen erst einmal verdient werden. Ich weiß nicht, ob Ihnen klar ist, dass Sie 19 Prozent Mehrwertsteuer zahlen müssen, wenn Sie Netze kaufen. Auch die müssen Sie erst einmal verdienen. Und natürlich sind in solchen Unternehmen auch Verluste möglich. Wir haben gesehen, dass die GASAG massive Verluste gemacht hat, bevor sie privatisiert wurde. Wir haben bei der BVG bei den seltsamen Sale-andLeaseback-Verträgen gesehen, dass auch öffentliche Unternehmen massive Verlustrisiken in das Land Berlin eintragen. Deshalb müssen wir sicher sein, dass nicht durch die Gründung öffentlicher Unternehmen das Land Berlin sich Verluste an das Bein bindet, die man vermeiden könnte.
Insgesamt geht es darum, Gefahren zu vermeiden und Risiken auszuklammern. Für uns ist es wichtig, in eine
rationale Diskussion einzutreten. Ich glaube, dass man sich in vielen Fällen nicht einkaufen muss, sondern durch politische Rahmensetzung, durch Überwachung, durch öffentliche Regulierung das Problem lösen kann, damit man nicht die Fehler macht, die in der Vergangenheit in die andere Richtung gemacht worden sind. Sie haben völlig recht, genau so wie man der falschen Auffassung war, privat sei an sich gut, macht es jetzt keinen Sinn zu sagen, der Staat sei automatisch gut. Sie haben recht, die BSR ist ein gutes Beispiel für ein gut geführtes Unternehmen, auf der anderen Seite haben wir die GASAG, die als privatisiertes Unternehmen auch extrem effizient und kundenfreundlich geworden ist. Für beides gibt es Beispiele. Wir müssen jetzt die Diskussion rational darüber führen, was das wirklich Wichtige ist und wie man den Bürgern eine bessere Leistung zu niedrigeren Preisen und höherer Qualität bieten kann. – Vielen Dank!
Danke schön, Herr Kollege! – Für die SPD-Fraktion hat nunmehr der Kollege Jahnke das Wort. – Bitte schön, Herr Jahnke, ergreifen Sie es!
Danke, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Ich bin froh, dass diese Diskussion in einer sehr sachlichen Atmosphäre stattfindet.
Ich musste ein wenig schmunzeln, als ich gelesen habe, wie die Große Anfrage der FDP-Fraktion formuliert ist und es heißt:
In welchen Bereichen, die derzeit von privaten Anbietern erbracht werden, prüft der Senat die Leistungen in Zukunft durch öffentliche Unternehmen anzubieten.
Welche Vor- und Nachteile hätte nach Meinung des Senats die zusätzliche Erbringung von Dienstleistungen durch einen öffentlichen Anbieter?
Dies sind alles Dinge, die die FDP höchst ungern formuliert. Eigentlich ist das aus ihrer Sicht der Sündenfall. Da müssten sich Ihnen die Haare aufstellen, die Fußnägel aufrollen. Davon abgesehen sind es natürlich sehr berechtigte Fragen, die man zu diesen Sachverhalten stellen kann.
Es gibt landauf landab die Entwicklung, Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge, die in der großen Privatisierungseuphorie der vergangenen Jahre an Private vergeben worden sind, zurückzuholen. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sind keine Ideologen.
Die Frage, ob eine Aufgabe unbedingt vom Staat erledigt werden sollte oder Private es genauso gut oder besser können, muss am konkreten Fall entschieden werden. Dass der Staat – wie der Senator immer so schön sagt – nicht für die Produktion von Tellern und Tassen sorgen, Ackerbau und Viehzucht betreiben, keine Versicherungsleistungen anbieten muss, ist völlig unstrittig. Derartige Leistungen haben wir in den vergangenen Jahren deshalb auch an Privatunternehmen abgegeben. Es ist keine Rede davon, sie zu rekommunalisieren.
Worum es geht, ist der Kernbereich der Daseinsvorsorge: die Versorgung der Bevölkerung mit Wasser und Energie, die Abfallentsorgung, der öffentliche Personennahverkehr und Leistungen der Gesundheitsversorgung. Auch in diesen Bereichen können Private durchaus beteiligt werden, aber der Staat ist in der Gewährleistungsverantwortung. Bei der Wasserversorgung ist Berlin vor gut zehn Jahren den Weg einer Teilprivatisierung gegangen. Dies wird in der Stadt bis hinein in Kreise der Unternehmerschaft und IHK als ein Fehler betrachtet. Bei einem natürlichen Monopol, wie es die Wasserver- und -entsorgung darstellt, verbietet sich die Beteiligung Privater – noch dazu mit garantierten Renditen. Es ist also richtig, wenn die SPD und die Linkspartei in ihrer Koalitionsvereinbarung die Prüfung der Rekommunalisierung fordern. Langfristiges Stabilhalten der Wasserpreise, Sicherung der Investitionen ins Wasser- und Abwassersystem, auch Arbeitsplätze und die Leitung des Unternehmens von Berlin aus sind entscheidende Punkte. Wir werden alles tun, um wieder mehr von den Wasserbetriebe in kommunale Hand zu bekommen.
Die Entwicklung der letzten Jahre, die Katastrophe – wenn man es so nennen will – des vergangenen Jahres bei der S-Bahn sind genau genommen das Entgegengesetzte gewesen. Sie sind die Folge der Vorwegnahme eines Börsenganges, des Sparens um jeden Preis, um – wie der Senator es genannt hat – die Braut schön zu machen. Wir haben hier gesehen, wohin allein der beabsichtigte Börsengang der DB AG dazu geführt hat,
nämlich dass die Leistung der S-Bahn nicht mehr vernünftig erbracht werden konnte – zum Nachteil der Berlinerinnen und Berliner.
Ich komme jetzt zum Energiebereich – Gas und Strom. Dieser Bereich ist historisch betrachtet keineswegs stringent in öffentlicher oder privater Hand gewesen. In Berlin zum Beispiel begann Mitte des 19. Jahrhunderts mit einer englischen Gasgesellschaft die Gasversorgung. Die Stromversorgung erfolgte zum Teil durch dezentrale kleine Blockkraftwerke, ein Ansatz, dem man sich heute
aufgrund ganz anderer Überlegungen wieder annähert. Es hat dann allerdings im Lauf der Jahre immer größere Netze gegeben, die sich zunehmend in staatlicher Hand befanden. Die GASAG war ein Eigenbetrieb des Landes Berlin, die Bewag gehörte überwiegend auch dem Land Berlin, wir haben sie in den 90er-Jahren verkauft. Wir haben damit nicht allein gestanden. Die Liberalisierung der Strom- und Gasmärkte fand europaweit statt, Netz und Betrieb wurden voneinander getrennt – was in einer kommunalen Gesellschaft automatisch in einer Hand gewesen ist. Die diskriminierungsfreie Einspeisung ist heute eine Forderung der Europäischen Union. Die werden wir auch gewährleisten, aber es kann in der Tat wichtig sein, dass man Einfluss auf das eigene Gas- oder Stromnetz behält.
Es kann eben auch wichtig sein, mit einem Unternehmensanteil oder auch im Verbund mit anderen Unternehmen, anderen Stadtwerken, anderen öffentlichen Trägern hier Einfluss zu nehmen, um die Versorgung Berlins mit Gas, Strom und Wärme zu erreichen, auch um Ziele wie angemessene Preise, Versorgungssicherheit und stadtpolitische, umweltpolitische und Klimaschutzziele zu erreichen. Dies sind Dinge, die wir hierbei berücksichtigen.
Zur Wohnungswirtschaft könnte man abschließend etwas sagen, weil Sie es in Ihrer Großen Anfrage auch thematisieren. Das ist natürlich ein Bereich, der ganz überwiegend in privatwirtschaftlicher Regie stattfindet, wo aber ein Mindestanteil an städtischem Eigentum sinnvoll ist. Städte, die ihren Wohnungsbestand teilweise völlig verkauft haben, bereuen dies. Wir werden an diesen rund 15 Prozent des öffentlichen Wohnungsanteils festhalten, um auch dort einen Markteinfluss zu haben, um Bevölkerungskreise zu versorgen, für die es sonst wirklich schwierig wäre.
Es lässt sich also insgesamt sagen, dass sich nach zwei Jahrzehnten der Privatisierungsdiskussion und auch zahlreicher Erfahrungen mit Privatisierungen in Berlin und andernorts recht genau sagen lässt, wo Private Leistungen ebenso gut oder besser erbringen können wie die öffentliche Hand. Aber es sind auch Grenzen sichtbar geworden, wo privates Renditestreben und öffentlicher Auftrag eben nicht gut zueinander passen.
Die Rekommunalisierungsdiskussion ist daher notwendig. Wir führen sie mit Augenmaß, ohne ideologische Scheuklappen, um im Interesse unserer Stadt und der Berlinerinnen und Berliner die richtigen Entscheidungen für diese wichtigen Zukunftsfelder zu treffen. – Ich danke für die Aufmerksamkeit!
Danke schön, Herr Kollege Jahnke! – Für die CDUFraktion hat nunmehr der Kollege Melzer das Wort. – Bitte schön, Herr Kollege Melzer!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Wolf! Sie sind ja in den letzten Monaten, man muss eigentlich sagen: in den letzten Jahren, durch die Lande gezogen und wollten häufig all das rekommunalisieren, verstaatlichen, was nicht niet- und nagelfest war: GASAG, Wasserbetriebe, bei der S-Bahn haben Sie die Diskussion geführt, beim Strom, bei den Banken.
Wenn ich mir den Programmentwurf der Linken auf Bundesebene angucke, dann steht uns da wohl schon noch ein bisschen mehr bevor, und wir müssen fürchten, dass künftig auch der erfolgreiche Mittelständler vielleicht in den Verdacht gerät, so erfolgreich zu sein, dass er verstaatlicht werden muss.
Überwindung des Kapitalismus … Die Linke kämpft für die Veränderung der Eigentumsverhältnisse … Die Linke tritt für ein Bankensystem aus drei Säulen ein: Sparkassen, Genossenschaftsbanken,
[Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Genossenschaftsbanken sind auch privat! Das lernen Sie noch, junger Mann!]
Bei Genossenschaftsbanken habe ich durchaus gesagt, dass da nichts dagegen einzuwenden ist. – Und auf Seite 12, zum Abschluss meiner kleinen Lektüre, da hat es mir dann gereicht: Da ging es um die Vergesellschaftung von Privatunternehmen, von erfolgreichen Privatunternehmen. Deswegen komme ich zu dem Ergebnis: Herr Wolf! Wenn das Ihre Position als Wirtschaftssenator von Berlin ist, dann wird die Rekommunalisierung nicht aus der Notsituation eines Einzelfalls begründet, sondern aus einem tieferen Zweifel an der Eignung privater Unternehmen im Grundsatz. Deswegen hätte ich mich gefreut, wenn Sie dazu ein klares Bekenntnis abgegeben hätten. Das haben Sie aber hier nicht getan.