Die Grünen sind offensichtlich vom Renate-Bazillus infiziert, sie äußern sich in Berlin inzwischen zu gar nichts mehr, jedenfalls zu nichts Wesentlichem.
Und Rot-Rot, der Senat und die ihn tragende Koalition kommen wie immer nicht aus dem Mustopf, haben angeblich nichts gewusst und suchen jetzt die Schuldigen. Frau Junge-Reyer schreibt an Minister Ramsauer,
und ich bin sicher, in der Aktuellen Stunde werden Sie uns erklären, dass auch hierfür Angela Merkel persönlich verantwortlich sei.
wir haben in Berliner Tageszeitungen Anzeigen geschaltet, mit den Bürgerinitiativen Demonstrationen und Kundgebungen organisiert
und selbstverständlich auch in den Bürgerämtern des Bezirks Steglitz-Zehlendorf die Unterschriftenlisten der Bürgerinitiativen ausgelegt.
Wir freuen uns ausdrücklich darüber, dass sich die Bürger organisieren. Ich bin sicher, je höher der Druck der Bürger sein wird, umso eher wird der Senat bereit sein, sich endlich einzumischen, diese zusätzlichen Lärm- und Umweltbelastungen im Interesse der Berliner zu verhindern.
Von der Fluglärmkommission erwarte ich nichts. Sie ist zusammengesetzt aus Vertretern, die alle eigene Interessen vertreten und darauf achten, dass ihre Gemeinden in Brandenburg vom Fluglärm verschont werden. Wir fragen uns, warum der Senat – immerhin Auftraggeber des Großflughafens – nicht dafür gesorgt hat, dass auch die Vertreter der betroffenen Berliner Bezirke in dieser Lärmschutzkommission vertreten sind. Dieses Versäumnis muss schnellstens korrigiert werden.
Eine starke Stadtregierung kann viel erreichen, wie die Beispiele Frankfurt am Main und München belegen. Dort wurde in Gesprächen mit der Flugsicherung erreicht, dass die Flugzeuge die besiedelten Gebieter weiträumig umfliegen. Auch Air Berlin und Lufthansa bestätigen, dass es Alternativen zu den jetzt geplanten Flugrouten gibt. Wir erwarten vom Senat, dass er sein Versprechen von 2007 einlöst: Wir wollen weniger Fluglärm über Berlin!
Als Oppositionspartei haben wir nur die Möglichkeit, den Protest der Bürger weiter zu unterstützen, und dies werden wir nach Kräften tun. Noch hat es der Senat in der Hand, gestaltend einzugreifen, als Gesellschafter und Bauherr die Interessen der Berliner geltend zu machen. Die heutige Aktuelle Stunde soll ein erster Wachruf sein. – Vielen Dank!
Danke schön, Herr Kollege Braun! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nunmehr Herr Ratzmann, der Vorsitzende, das Wort. – Bitte schön, Herr Ratzmann!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es scheint ja keine Aktuelle Stunde mehr zu geben, in der nicht bereits eine noch nicht erklärte Kandidatin von uns hier anwesend ist – das finde ich schon bezeichnend. Ich habe den Eindruck, Herr Albers, im Moment reden alle anderen über eine mögliche Kandidatur, wir sind es nicht, die das im Moment tun.
[Beifall bei den Grünen – Dr. Fritz Felgentreu (SPD): Nur keinen Neid! – Christoph Meyer (FDP): Spricht da ein bisschen Neid?]
Wenn die anderen das so spannend finden, dann sollen sie doch ruhig weiter darüber spekulieren. – Herr Albers! Sie müssen sich mal fragen lassen, wo Sie letzte Woche gewesen sind. Wenn etwas in der letzten Woche aktuell war, dann doch wohl die Frage, was für ein mieses Spiel diese Regierung in Sachen A 100 treibt!
Da verkündet die Stadtentwicklungssenatorin auf unsere Vermutung hin, sie wolle mit anderen als den dafür zur Verfügung stehenden Mitteln die Planfeststellungsreife herstellen, das würde nicht ihrem Stil entsprechen, um dann flugs – eingebracht über die Senatskanzlei – einen Antrag für den Hauptausschuss einzubringen, genau diese Mittel freizugeben. Daraufhin verkündet die „Berliner Zeitung“ – und ich meine, nicht ganz zu Unrecht –, man habe sich in der Koalition wohl darauf geeinigt, das Thema abzuräumen und die Voraussetzungen für den Bau tatsächlich herzustellen. Heftiges Dementieren auf allen Seiten – allen voran die Linke –, man werde verhindern, dass noch in dieser Legislaturperiode die Bagger rollen. Wowereit dementiert, die rote Nummer verschwindet daraufhin, Gaebler zeigt sich verwundert – und alle anderen im Übrigen auch –, weil sie sich fragen, ob es denn sein kann, dass eine Stadtentwicklungssenatorin – ohne politische Rückendeckung für das Vorhaben – einen solchen Antrag im Hauptausschuss stellen kann. Ich glaube, Sie sind ganz heftig beim Mauscheln und Tricksen erwischt worden, und es ist gut, dass die Stadt Ihnen das nicht durchgehen lässt.
Es kommt noch besser: Gestern Abend im Hauptausschuss verkündete Frau Dunger-Löper – jetzt Obacht, meine Damen und Herren, von wegen Stil Junge-Reyer! –, die Planungsarbeiten seien bereits fast abgeschlossen.
Die Planfeststellung könne zum Ende des Jahres beschlossen werden, und dann könne auch angefangen werden zu bauen.
Wir haben Sie erwischt. Sie haben versucht, die Stadt für dumm zu verkaufen. Sie wollten, wie wir vermutet haben, noch schnell vollendete Tatsachen schaffen, und Die Linke wollte sich dann klammheimlich vom Acker machen. Aber das wird Ihnen nicht gelingen.
Sie haben diesen Koalitionsvertrag mit dem Projekt A 100 unterschrieben, und Sie haben die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass es überhaupt so weit kommen konnte. Da hilft Ihnen Ihr Wendehalsbeschluss auf Ihrem Parteitag nichts. Diese Suppe werden Sie auslöffeln.
Sie wollen doch den Bau auch gar nicht verhindern. Unserem Antrag gestern im Hauptausschuss – keinen Cent mehr für Planungsarbeiten, die Festlegung, dass die Planfeststellung nicht beschlossen wird –, hat Die Linke nicht zugestimmt.
Sie müssen sich hier und heute die Frage gefallen lassen und Farbe bekennen. Ein einsamer Parteitagsbeschluss ist nur wohlfeil. Was wollen und werden Sie tun, um diesen Bau zu verhindern? – Sie haben darauf keine Antwort.
Herr Lederer verkündet großspurig, die Bagger sollen in dieser Legislaturperiode nicht mehr rollen, aber die Erlaubnis, dass sie in der nächsten rollen können, wollen Sie noch ermöglichen und dann die Verantwortung dafür nicht mehr tragen müssen. Das geht nicht, meine Damen und Herren von Der Linken!
Wir verlangen von Rot-Rot hier und heute eine klare Aussage, dass das Planfeststellungsverfahren nicht zu Ende geführt wird, dass es keinen Planfeststellungsbeschluss geben wird und dass der Senat gegenüber dem Bund dafür eintritt, auf dieses Projekt zu verzichten. Es ist besser, den Bundeshaushalt zu konsolidieren, als Berlin zuzubetonieren.
Wir brauchen dieses unsinnige Verkehrsprojekt nicht, das den Verkehr in die Innenstadt drückt oder nach Kreuzberg, Friedrichshain, Mitte und Pankow. Das bringt keine Entlastung. Das wissen wir. Ihre Berechnungen taugen nichts. Wir wissen auch, dass nach dem 16. Bauabschnitt die Diskussion kommt: Jetzt steht der Verkehr da im Stau mitten in der Stadt, jetzt brauchen wir natürlich auch den nächsten Verkehrsabschnitt.
Sie haben versucht, falsch zu spielen. Sie wollen dem Bund, der ja eigentlich der Bauherr ist, das fertige Projekt vor die Füße legen und dann Ihre Hände in Unschuld waschen. Aber das darf sich diese Stadt nicht gefallen lassen. Wir rufen alle Betroffenen auf, sich das von Wowereit, Junge-Reyer und Co. nicht gefallen zu lassen. Wir sagen: Geht gegen dieses Projekt vor, zieht politisch dagegen zu Felde, zieht juristisch dagegen zu Felde! – Wenn der Bund meint, er müsse uns dieses Projekt dann tatsächlich irgendwann aufdrücken, dann werden wir es letztendlich vom Bundesverfassungsgericht klären lassen. Wir werden der Betonriege in der SPD und bei den Linken