Protocol of the Session on November 25, 2010

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[Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Oder beim Chaos in Ihrem Kopf!]

oder beim lustlosen Agieren des Senats bei der Verhinderung der BBI-Flugrouten gilt für Rot-Rot auch in der SBahnkrise wieder: Bloß bis zum nächsten Wahltermin nichts mehr entscheiden! Wenigsten die paar Stammwähler nicht verprellen! Und ansonsten schafft Rot-Rot Altlasten, die ab September 2011 am besten die anderen vom Gleis schieben sollen.

[Beifall bei der CDU – Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Schwarz-Gelb liegt deutlich unter 20 Prozent!]

Für die SPD-Fraktion hat jetzt der Abgeordnete Gaebler das Wort. – Bitte!

[Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Jetzt kommt einer, der etwas davon versteht!]

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Rede von Herrn Friederici lässt einen relativ ratlos zurück.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Ich schätze Sie persönlich, aber entschuldigen Sie bitte: Das war ein verkehrspolitischer Wirrwarr, um es freundlich zu formulieren. Wenn Sie als CDU nicht mehr zu bieten haben, dann ist Ihnen nicht mehr zu helfen. Es ist bedauerlich, dass Sie die Kollegen Ueckert und Kaczmarek so verschlissen haben, dass wir uns hier mit solchem Gefasel auf unterstem Niveau auseinandersetzen müssen. Das ist sehr bedauerlich.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Zur Sache an sich: Die Berliner S-Bahn hat durch die seit Monaten andauernde Krise natürlich ein erhebliches Vertrauensdefizit. Das Vertrauen der Berliner Bevölkerung in das Unternehmen ist zutiefst erschüttert. Seit fast zwei Jahren ist kein regulärer S-Bahnbetrieb möglich. Die unverantwortlichen Spar- und Renditevorgaben der Deutschen Bahn AG an ihr Tochterunternehmen haben dem S-Bahnsystem schweren Schaden zugefügt. Hunderttausende von Fahrgästen leiden nach wie vor täglich unter den Folgen. Deswegen ist dies tatsächlich ein ernsthaftes Problem, über das wir hier ernsthaft diskutieren sollten – und nicht mit solchen Karnevals- und Büttenreden, wie sie Herr Friederici gerade gehalten hat.

Wir müssen sehen, was bisher gelaufen ist, was für die Zukunft auf der Tagesordnung stehen muss und was unser Ziel ist. Die S-Bahn ist unverzichtbarer Bestandteil des öffentlichen Personennahverkehrs in Berlin. Oberstes Ziel ist dabei die Gewährleistung eines qualitativ hochwertigen, sicheren und störungsfreien S-Bahnbetriebs. Das muss Vorrang vor allen privatwirtschaftlichen Renditeerwartungen haben.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Michael Schäfer (Grüne): Das ist Ihnen gut gelungen!]

Deshalb lehnen wir als SPD die Ausschreibung von Verkehrsdienstleistungen, auch von einzelnen Strecken bei der Berliner S-Bahn ab. Vielmehr muss der Einfluss des Landes auf die Daseinsvorsorge auch im Bereich des ÖPNV, des Schienenpersonennahverkehrs, gestärkt werden.

[Beifall bei der Linksfraktion – Beifall von Dr. Fritz Felgentreu (SPD)]

Lieber Herr Friederici! Das, was Sie zum Börsengang der Deutschen Bahn gesagt haben, war eine freche – „Lüge“ darf man, glaube ich, nicht sagen, weil es unparlamentarisch ist – Unwahrheit. Etwas Besseres fällt mir dazu nicht ein. Dass CDU und FDP den Börsengang der Deutschen Bahn abgeschrieben haben! Herr von Lüdeke wird sicherlich bestätigen – das hoffe ich mal –, dass das so nicht sein kann. Ansonsten wüsste ich nicht, was die FDP in dieser Koalition noch zu suchen hat. Auch Ihre Bundeskanzlerin hat immer gesagt: Der Börsengang kommt – früher oder später. Er kommt. Da können sich die Menschen auf die CDU und die Kanzlerin verlassen. – Ich hoffe, sie können es nicht. Wir wollen diesen Börsengang nicht. Wir als Berliner SPD haben auch immer dagegen gestanden und dagegen gekämpft. Aber dass Sie, Herr Friederici, sich jetzt an die Spitze der Bewegung gegen den Börsengang stellen, das ist nun wirklich lächerlich. Das ist verlogen, und es ist einfach falsch.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Kann er Ramsauer erzählen!]

Deshalb noch ein Wort zu dem vielleicht nachher bei den Flugrouten noch mal ideell präsenten Herrn Ramsauer. Herr Ramsauer hat ja auch ein Machtwort zur S-Bahn gesprochen. Er hat gesagt: Skandalös! Da wurde ein Unternehmen ausgeschlachtet, nur wegen Renditeerwartungen und Ähnlichem. – Jetzt sagen Sie: Der Berliner Senat ist schuld, dass nicht mehr Züge an der Stelle fahren – bei einem bundeseigenen Unternehmen, wo Ihr Bundesverkehrsminister quasi die oberste Aufsicht hat und letztendlich indirekt die Aufsichtsratsmitglieder bis herunter zur S-Bahn GmbH bestimmen könnte.

[Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Was macht der eigentlich?]

Was macht der eigentlich den ganzen Tag? – Herr Lederer, Sie haben recht! – Offensichtlich liest er immer mal wieder die Zeitung, gibt gelegentlich einen kleinen Kommentar dazu ab und hinterher widmet er sich dann irgendwelchen Bierfesteröffnungen in Bayern oder sonst etwas. Der Verkehrspolitik widmet er sich aber offensichtlich nicht. Und Sie auch nicht, sonst hätten Sie nämlich mitbekommen, dass wir eine Menge auf den Weg gebracht haben. Die Nachverhandlungen zum Verkehrsvertrag waren schwierig. Das ist richtig. Sie haben auch lange gedauert. Aber sie haben ein Ergebnis, was u. a.

dazu führt, dass jetzt definitiv auch jeder nicht gefahrene Wagen in Zukunft der S-Bahn abgezogen wird.

[Michael Schäfer (Grüne): Warum war das nicht von Anfang an so?]

Ganz einfach, Herr Schäfer: weil niemand damit gerechnet hat, dass ein bundeseigenes Unternehmen in einer solchen Art und Weise agiert. Das muss man einfach zur Kenntnis nehmen.

[Michael Schäfer (Grüne): Aber der Börsengang war absehbar!]

Dass Sie als Grüne das vorher immer besser wissen, ist klar. Aber ich kann mich nicht erinnern, dass Sie das vorher jemals bemängelt und entsprechende Nachsteuerungen gefordert haben. Wie gesagt, man kann auch immer klüger werden und es auch anders machen. Aber man muss dann auch akzeptieren, dass es gemacht worden ist, statt immer weiter zu schreien: Das ist alles unglaublich, und es ist nichts passiert!

[Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Ich glaube, die Grünen wollen das Netz zerschlagen!]

Außerdem, Herr Schäfer: Sie haben ein anderes Konzept. – Herr Lederer! Danke für den Hinweis! – Sie sagen: Das ist alles so blöd, dass das in einer Hand ist. Wir wollen jetzt mal nicht nur unterschiedliche Teilausschreibungen. Wir wollen es auch noch insgesamt auseinandernehmen. Wir wollen, dass die einen für die Fahrzeuge zuständig sind, die anderen für den Betrieb, die Dritten für das Netz, und den Betrieb verteilen wir möglichst auch noch unter verschiedenen Leuten. Dann darf auch noch irgendjemand versuchen, das Ganze zu koordinieren. – Das wird dann vielleicht ein grüner Senator sein. Mal sehen, wie lange es den dann im Amt hält. Ich glaube nicht, dass es einen grünen Senator geben wird oder dass er lange im Amt wäre, wenn wir eine solche Konstruktion wählen würden. Das ist aberwitzig. Das stellen Sie gegen das, was bisher passiert ist.

Da haben wir ein anderes Konzept. Wir sagen: Die SBahn muss möglichst als Gesamtsystem erhalten bleiben, und wir müssen sehen, dass der kommunale Einfluss gestärkt wird, entweder durch Einstieg eines kommunalen Unternehmens oder durch eine andere Vertragsgestaltung mit der Deutschen Bahn AG. Ich glaube, das ist der richtige Weg. Alles andere sind grüne Träume, die aber sicherlich nicht im Interesse der Fahrgäste sind.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Wir haben festgelegt, das die Deutsche Bahn eine Entschädigungsleistung auf den Weg bringt. Im Moment können die Abo-Kunden zwei Monate umsonst fahren. Sie können an den Wochenenden mit dem Einzelfahrschein als Tageskarte fahren. Hier wird auch deutlich, dass es Wiedergutmachungsbemühungen gibt. Der Begleitservice für den ÖPNV wird auch mit Unterstützung der S-Bahn weiterfinanziert. Da sehen Sie, die Deutsche Bahn hat offensichtlich verstanden! Ob sie alles immer so umsetzt, wie wir es uns wünschen – darüber kann man im Detail diskutieren, aber es ist auf dem richtigen Weg. –

Und wenn Sie, Herr Friederici, jetzt sagen: Die S-Bahn hätte schon längst neue Fahrzeuge beschafft, wenn der Senat es ihr nur gesagt hätte – das ist hochgradig lächerlich!

[Heiterkeit bei der Linksfraktion]

Die von Ihnen angesprochenen Fahrzeuge der Baureihe 485 sind keine Neufahrzeuge, sondern es sind die letzten Fahrzeuge, die noch zu DDR-Zeiten im volkseigenen Betrieb Lokomotivbau Elektrotechnische Werke in Hennigsdorf konstruiert und gebaut wurden. Es ist schön, dass Sie als CDU jetzt wieder sozialistische Produkte auf den Markt bringen wollen,

[Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Das Kombinat gibt’s nicht mehr!]

aber erstens gibt es das Kombinat nicht mehr – danke, Herr Lederer, Sie sind heute wirklich der beste Stichwortgeber! –,

[Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Gerne!]

und zweitens haben diese Fahrzeuge ein kleines Problem, dass nämlich die Aluwannen unten gerissen sind und dass diese nur sehr kompliziert zu schweißen sind. Außerdem handelt es sich um ganze 20 Fahrzeuge, die hier zur Diskussion stehen. Dass sie den S-Bahnverkehr wieder auf Vordermann oder -frau bringen, ist eher zweifelhaft. Also deshalb: ein Offenbarungseid der CDU an dieser Stelle. Die FDP wird gleich wieder sagen, Ausschreibung ist das Allheilmittel. Die Grünen schließen sich dem mehr oder weniger an. Wir sagen: Wir brauchen einen stabilen Dienstleister, jemanden, der auch Gewähr dafür bietet, dass auch bei Störfällen schnell Abhilfe geschaffen wird, und der auch das nötige Kapital mitbringt, einzuspringen, wie es die Deutsche Bahn gemacht hat und wie es die BVG eventuell auch machen würde. Wir wollen die S-Bahn nicht auf eine neue Abenteuerfahrt bringen, sondern auf ein sicheres Gleis, mit einer stärkeren kommunalen Verantwortung. Das geht über die BVG, das geht über die Deutsche Bahn, aber sicher nicht über die CDU und die FDP und auch nicht über die Grünen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Oliver Friederici (CDU): Jetzt hast du’s mir aber gegeben! – Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Der weiß Bescheid!]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Gaebler! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt Frau Abgeordnete Hämmerling das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir wollen mal bei der Wahrheit bleiben. Dieser S-Bahnvertrag ist von uns nicht unterstützt worden, Herr Gaebler! Wir haben ihn abgelehnt. – Das war für das Protokoll.

Zweitens: Dass die Landesbetriebe unter Ihrer Führung, egal, ob der großen Koalition mit der SPD oder dann von

Rot-Rot, gut aufgestellt waren, das ist auch eine Legende. Schauen Sie sich die BVG an mit 750 Millionen Euro Schulden, mit einem strukturellen Defizit von 60, 70 Millionen Euro!

[Christian Gaebler (SPD): Die BVG beschimpfen, das kennen wir ja von Ihnen!]

Ich beschimpfe nicht die BVG, ich beschimpfe Sie,

[Beifall bei den Grünen – Zuruf von Christian Gaebler (SPD)]

weil Sie in den letzten neun Jahren die strategische Verantwortung über dieses Unternehmen hatten. Sie haben es in den Dreck gewirtschaftet!

[Beifall bei den Grünen – Christian Gaebler (SPD): Von nichts ‘ne Ahnung haben Sie!]

Wir haben sechs Anträge eingebracht, damit das S-Bahnfahren wieder attraktiv wird. Fünf davon haben Sie abgelehnt, meine Damen und Herren von der SPD und von der Linken! Wir wissen jetzt alle ganz genau, was Sie nicht wollen, aber wir erwarten von Ihnen, dass Sie uns heute und hier sagen, was Sie wollen, und zwar nicht irgendwelche diffusen Vorstellungen, sondern ganz konkret: Was haben Sie im Jahr 2010 – es dauert ja noch ein bisschen bis zur Wahl – und im Jahr 2011 bis zum September mit der S-Bahn vor? Was wollen Sie konkret damit machen? Welches Geld nehmen Sie in die Hand? Welche Planungen haben Sie?

[Zuruf von Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion)]

Die Antworten darauf möchte ich von Ihnen hören.

[Beifall bei den Grünen]