Protokoll der Sitzung vom 09.12.2010

[Beifall bei der SPD, den Grünen und der Linksfraktion]

Im Übrigen hat der Rechtsausschuss des Bundesrats mit neun Stimmen deutlich gemacht, dass diese Auffassung über die gegebene Zustimmungspflichtigkeit nicht nur in SPD-Ländern vorherrschend ist, sondern eben weit darüber hinaus. Wir haben entscheidende gute Gutachten von renommierten Verfassungsrechtlern wie Herrn Papier und anderen, die das auch bestätigen.

[Oliver Scholz (CDU): Zurück zum Thema!]

Ich bin auch optimistisch, dass hier etwas im Sinn der Zustimmungspflichtigkeit passiert. Wir werden jedenfalls nicht nachlassen, sie einzufordern. Dies geht nicht, um recht zu behalten, sondern darum, ein Gesetz zu Fall zu bringen, das einen nachhaltigen Schaden auslösen wird.

Was passiert noch: Es wird die Laufzeit verlängert und gleichzeitig wird die Förderung der erneuerbaren Energien gekappt.

[Zuruf von Oliver Scholz (CDU)]

Das schadet beispielsweise dem Solarstandort Berlin und anderen positiven Entwicklungen. Daher haben wir auch gemeinsam mit Berliner Unternehmen wie Sulfurcell, Inventux oder Solon und mit ihren Beschäftigten gemeinsam gegen die Kürzung der Solarförderung gekämpft.

Berlin geht einen anderen Weg, den Weg der wirtschaftlichen Vernunft, der sozialen Gerechtigkeit und der ökologischen Nachhaltigkeit.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD und bei der Linksfraktion – Kurt Wansner (CDU): Beifall auf Anforderung! Sie sind begeistert von Ihrer Rede!]

Wir sind ja beim Energieeinsparen, Herr Wansner! Deshalb ist hier auch jede Aktivität ein bisschen verhalten.

[Heiterkeit]

Berlin gilt international als Vorreiter und ist die Hauptstadt einer erfolgreichen Energie- und Klimaschutzpolitik. Unser Ziel war, bis 2010 die CO2-Emission um 25 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren. Wir haben es bereits im Jahr 2005 erreicht. Das ist ein großartiger Erfolg, ein Erfolg, den nicht allein der Senat geschaffen hat, sondern viele, die in dieser Stadt selbst Beiträge dazu geleistet haben, dass sich hier Reduktionen ergeben. Dafür sei allen, die das gemacht haben, ein großes Dankeschön gesagt!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Von 1990 bis 2006 gingen die CO2-Emissionen in Berlin um 6,9 Millionen Tonnen zurück, das entspricht einem Anteil von 23,5 Prozent. Und auch pro Einwohner sind die Emissionen deutlich gesunken. Berlin liegt heute beim Ausstoß von CO2 in absoluten Zahlen um rund ein Drittel unter dem Bundesdurchschnitt.

Was waren und sind die entscheidenden Schritte? – Erstens verknüpfen wir das Thema Klimaschutz mit einer innovativen Wirtschaftspolitik. Wir machen Klimaschutz nicht gegen die Wirtschaft, sondern mit der Wirtschaft. Bereits mit zwölf großen Berliner Unternehmen haben wir Klimaschutzvereinbarungen abgeschlossen. Und ich begrüße es außerordentlich, dass mit der GASAG gestern eine Verlängerung ihrer Vereinbarung gelungen ist. die GASAG hat dadurch seit 1998 schon eine Million Tonnen CO2 eingespart und will bis 2020 nochmals eine Million Tonnen einsparen. Zudem haben wir mit den dreizehn größten Berliner CO2-Emittenten, mit Vattenfall, Daimler, Bayer oder Siemens z. B., ein Klimabündnis geschlossen und veranstalten im kommenden Jahr die zweite internationale Klimaschutzkonferenz. Für ihr Engagement möchte ich mich herzlich bedanken, denn wir brauchen diese Partnerschaften mit den großen und mittelgroßen Unternehmen in dieser Stadt; anders wird es nicht zu schaffen sein.

Wir sehen, Klimaschutz ist nicht gegen Arbeitsplätze, sondern Klimaschutz sichert Arbeitsplätze.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD und den Grünen]

Kluge Unternehmen haben begriffen, dass sie selbst einen aktiven Beitrag leisten müssen. Das ist nicht mehr ein Thema, das man abhaken kann und dann nice to have und was heute gesellschaftlich vielleicht ganz gut in Mode ist, sondern es hat sich durchgesetzt, dass ein eigener Beitrag

geleistet werden kann und auch soll. Und deshalb ist es gut, wenn große Unternehmen wie Daimler draußen in Marienfelde auf den großen Fabrikhallendächern Solaranlagen installieren; nicht, weil wir ihnen das vorgeschrieben haben, sondern weil sie selbst die Erkenntnis haben, dass das ein Beitrag ist von vielen Beiträgen, die insgesamt helfen können.

[Oliver Scholz (CDU): Wo sind denn die Windenergieanlagen?]

Auch das ist in Arbeit, da können Sie ganz sicher sein. – Wir sehen, Klimaschutz schafft eben Arbeitsplätze, und deswegen haben wir die bewährte Berliner Technologieförderung um das Kompetenzfeld Energietechnologie ausgeweitet und gute Rahmenbedingungen für die Solarwirtschaft geschaffen. Im Bereich der umweltfreundlichen Märkte gibt es bereits mindestens 500 Unternehmen mit rund 42 000 Beschäftigten. Allein in der Industrie ist fast jeder dritte Arbeitsplatz in diesem Sektor dort vorhanden. Das haben wir erreicht, und zwar deshalb, weil wir die Industriepolitik auf Zukunftsfelder sowie Innovation und Wissen gesetzt haben. Dies ist die richtige Strategie.

Wenn ich höre, dass Berlin angeblich ökonomisch am Boden liege, dann frage ich mich: Was ist das für eine Fehlwahrnehmung? – Seit 2005 liegt das Wirtschaftswachstum und seit 2004 der Zuwachs an Erwerbstätigen über dem Bundesdurchschnitt.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Es gibt ja neuerdings Parteien, die überbieten sich in der Zahl der zu schaffenden Arbeitsplätze. Da fing eine Partei mit 100 000 an; dann kam die nächste mit 200 000. Da hat man eigentlich Déjà-vu-Erlebnisse aus der Vergangenheit, wo das auf den Plakaten immer wieder gemacht worden ist. Da kann ich nur immer sagen: Liebe Bürgerinnen und Bürger! Vertrauen Sie nicht auf die Versprechungen, sondern gucken Sie, was getan worden ist! Wir haben 100 000 neue Arbeitsplätze geschaffen, und darauf sind wir stolz.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Das zweite große Thema ist die energetische Gebäudesanierung. Nach Auskunft des Statistischen Landesamts Berlin-Brandenburg und des Marktmonitors 2010 des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen e. V. sind die abgerechneten warmen Betriebskosten im Zeitraum von 2000 bis 2008 wegen stetig steigender Energiepreise im ehemaligen Westteil Berlins durchschnittlich um rund 42 Prozent gestiegen, im ehemaligen Ostteil dagegen im gleichen Zeitraum nur um 14 Prozent. Da die Wohnungsbestände hier in den letzten Jahren umfangreich energetisch saniert wurden, konnte der Anstieg der Heizkosten begrenzt werden. Insofern sieht man, dass diese Maßnahmen in der Tat einen dämpfenden Effekt haben. Und dies kann noch verstärkt werden.

Eine eigene Energiepreisprognose für die nächsten zehn Jahre kann der Senat nicht abgeben. Das war hier gefragt. Das Bundesumweltministerium aber orientiert sich in seinen Leitszenarien an einer jährlichen Preissteigerung

um von 4 Prozent bei Erdgas, 2,5 Prozent bei Strom und 2,7 Prozent bei den festen Brennstoffen. Wir müssen daher davon ausgehen, dass mit rückläufigen Preisen im Prinzip nicht zu rechnen ist. Auch darum treiben wir die energetische Sanierung konsequent voran. Mit Energiesparpartnerschaften für über 1 300 öffentliche Gebäude haben wir den CO2-Ausstoß um 70 000 Tonnen pro Jahr gesenkt. Wir haben die städtischen Wohnungsbaugesellschaften zu Schrittmachern der energetischen Gebäudesanierung gemacht. Und dies ist unter anderem auch ihre soziale Aufgabe, ihre umweltpolitische Aufgabe. Auch gerade deshalb wollen wir das Eigentum an den Wohnungen behalten, um Einfluss zu nehmen, nicht nur für eine Zurverfügungstellung von Wohnraum, sondern für einen vernünftigen, guten, energetisch sanierten Wohnraum. Dafür ist die Verantwortung von öffentlichen Wohnungsbauunternehmen auch da.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Ein gutes Beispiel ist die Gesobau, die im Märkischen Viertel seit 2008 rund 13 000 Wohnungen saniert. Mit Investitionen von 440 Millionen Euro ist dies das größte Sanierungsvorhaben von Großsiedlungen deutschlandweit. Am Ende wird eine weitgehend CO2-neutrale Energieversorgung stehen. Oder wir können auch mit Stolz auf die Plattensanierung verweisen. Seit 1990 wurde die Hälfte der rund 273 000 Plattenbauwohnungen in Berlin energetisch saniert. Der Effekt: nahezu eine Halbierung des Energieverbrauchs auf rund 80 kW-Stunden pro Quadratmeter pro Jahr.

Energetische Sanierung zieht sich wie ein roter Faden durch unsere Schul- und Sportanlagensanierungsprogramme, das Bädersanierungsprogramm und das Umweltentlastungsprogramm II. Allein aus dem Konjunkturpaket II haben wir rund 300 Millionen Euro für energetische Sanierungsmaßnahmen verwendet. Ich glaube, das ist eine richtige Schwerpunktsetzung, die auch einen nachhaltigen Erfolg zeigen wird.

Mit der Investitionsbank haben wir schon viel über die energetische Sanierung von Gebäuden erreicht. Durch unser bisheriges Programm haben wir in diesem Jahr mit 2,3 Millionen Euro Förderung eine Kreditsumme von ungefähr 46 Millionen Euro ausgelöst – für Wärmedämmung, für bessere Heizung, eben für alles, was den CO2Ausstoß minimiert und die Nebenkosten für die Mieter senkt. Diese positive Entwicklung wollen wir fortsetzen, damit die energetische Sanierung auch 2011 weiter vorankommt. Wir werden den Förderschwerpunkt neu justieren. Und wir stellen ca. 5 Millionen Euro jährlich mehr bereit. Unser Ziel ist es, Kredite in Höhe von ungefähr 140 Millionen Euro auf den Weg zu bringen. Zusammen mit anderen Fördermitteln z. B. vom Bund und den Eigenmitteln der Eigentümer können wir bis zu 310 Millionen Euro Investitionen jährlich mobilisieren.

[Daniel Buchholz (SPD): Bravo!]

Dies hat einen nachhaltigen Effekt nicht nur für eine bessere energetische Situation der Häuser, sondern auch für den Arbeitsmarkt.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Dies ist ganz klare Förderung von Handwerk und Mittelstand. Und das werden wir auch nachhaltig merken. Gerade in Zeiten, wo die Maßnahmen aus dem Konjunkturpaket sich so langsam abschwächen, brauchen wir neue Impulse. Denn bei allen positiven Entwicklungen ist alles latent, und wir können diese 310 Millionen Euro Investitionen dringend gebrauchen.

Das bedeutet insgesamt: Erstens tun wir noch viel mehr für den Klimaschutz, und zweitens tun wir auch etwas für den Geldbeutel der Mieterinnen und Mieter. Drittens legen wir dauerhaft ein Konjunkturpaket für unsere Handwerker auf. Ich denke, diese Kombination zeigt, wie man erfolgreich und mit Vernunft Klimaschutzpolitik machen kann.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Das dritte große Thema ist die Energieversorgung. Unser Ziel ist der Aufbau einer modernen ressourcenschonenden Energieinfrastruktur. Das Berliner Fernwärmnetz ist mit über 280 Blockheizkraftwerken schon heute das größte Westeuropas. Aber eine moderne klimaschonende Energiepolitik braucht Investitionen in den Kraftwerkspark und den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplungsnetze. Der Senat unterstützt beides. Das ist der richtige Weg zur Energiewende und für eine sozial verantwortliche Energieversorgung. Wo Fernwärme existiert, sind die durchschnittlichen warmen Betriebskosten, Heizung und Warmwasser, in den letzten Jahren geringer angestiegen.

Wir setzen weiterhin auf Energiepolitik im Dialog. Beispiel Vattenfall: Es war gut, dass der Senat, aber auch die Debatten hier im Abgeordnetenhaus und vor allen Dingen auch der Druck der Bürgerinnen und Bürger dazu geführt haben, dass Vattenfall total umgedacht hat bei den Planungen für Klingenberg und andere Standorte. Ich glaube, das ist der richtige Weg. Vattenfall war erst in einer Situation, wo sie nicht wussten, ob sie das konzernintern durchsetzen können, aber es hat sich anschließend gezeigt, dass es der richtige Weg war. Wir sind dankbar dafür, dass dies auch konfliktfrei durchgesetzt worden ist. Im Gegensatz zu Moorburg wird in Klingenberg kein neues Kohlekraftwerk gebaut, sondern Vattenfall plant zwei neue Gas- und Biomassekraftwerke mit einer Investitionssumme von insgesamt 700 Millionen Euro. Ich finde, das ist eine gute und zukunftsweisende Entscheidung – für Versorgungssicherheit, ökologische Verantwortung und dauerhafte Arbeitsplätze.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Der Senat wird die abschließende Bewertung des Landesenergieprogramms 2006 bis 2010 schnell fertigstellen. Mit der Ausarbeitung des Landesenergieprogramms 2011 bis 2015 als Landesklimaprogramm wird der Senat im ersten Quartal 2011 beginnen.

Schließlich – viertens – der Verkehr: Ich kann den Frust der Berlinerinnen und Berliner über das S-Bahnchaos gut verstehen. Wir haben heute schon die Debatte dazu ge

führt, und ich bin sicher, wir werden sie leider auch noch in Zukunft führen müssen, weil sich all die Zusagen, die gemacht worden sind, zumindest nicht in den versprochenen Zeitabläufen gestalten. Ich möchte allerdings um eines bitten, dass nämlich bei aller Kritik an der S-Bahn und dem jetzigen Zustand der S-Bahn nicht insgesamt das öffentliche Nahverkehrssystem infrage gestellt wird. Wir haben trotz der Probleme immer noch das beste Nahverkehrssystem weit und breit, und darauf können wir auch insgesamt stolz sein.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Zuruf von Joachim Esser (Grüne)]

Selbstverständlich ist es notwendig, dass neben den Veränderungen bei der S-Bahn insgesamt eine andere Konzernpolitik betrieben wird. Wir sehen, wie hierbei in der Vergangenheit fahrlässig mit notwendigen Wartungen, notwendigen Instandsetzungen und auch mit Erneuerungen umgegangen worden ist, um die Braut für den Börsengang hübsch zu machen. Dies rächt sich jetzt auf allen Ebenen, und dementsprechend sind die Probleme da.

Im Übrigen gibt es die Probleme nicht nur bei der S-Bahn Berlin, sondern wir haben ähnliche Probleme im Fernverkehr oder im Regionalverkehr der DB. Auch das gehört leider zur Wahrheit.

[Henner Schmidt (FDP): Und bei der BVG!]

Ja! Bei der BVG gibt es auch Probleme. Kann ja sein. Aber Sie werden zur Kenntnis nehmen müssen, dass beispielsweise das Brennen von Bussen zwar ein Problem darstellt, es aber nicht dadurch besser wird, dass man das immer wieder nur zeigt, sondern man muss mit dem Hersteller und anderen daran arbeiten, dass die technischen Mängel beseitigt werden. Das ist ja kein böser Wille irgendeines BVG-Beschäftigten, dass er einen Bus abbrennen lässt, sondern es gibt offensichtlich technische Probleme, die zurzeit nicht zu beheben sind.

[Zurufe von den Grünen]

Wenn Sie das auf der anderen Seite in Relation zu den gefahrenen Kilometern setzen, so sind das sehr kleine Vorkommnisse, aber wir tun so, als ob tagtäglich irgendein Problem bei der BVG vorhanden sei. Ich bitte da auch, die Bewertung in den richtigen Proportionen zu halten.