Der ehemalige S-Bahnchef Constantin – er wurde schon erwähnt – behauptet, die Schuld liege eindeutig beim Hersteller und man könne klagen. Wir haben also ein ganzes Spektrum von Darstellungen. Die einzige Frage, die wir haben, ist: Was haben die Fahrgäste davon?
Jetzt komme ich zu unseren klaren Forderungen. Wir erwarten von der Bahn – und wir erwarten auch vom Senat, dass er das mitträgt – die Durchsetzung stabiler Fahrpläne, koste es, was es wolle. Es ist ein Skandal, dass keine Ersatzverkehre organisiert werden. Im Gegenteil, Herr Buchner von der S-Bahn hat behauptet, dass die
Fahrgäste Ersatzverkehre nicht annähmen. Nun frage ich mich allen Ernstes, warum sie bei Streckenarbeiten, bei denen Schienenersatzverkehre erfolgen, angenommen werden. Da könnte man die Ersatzverkehre generell streichen. Wir glauben das nicht, im Gegenteil! Hier müssen Ersatzverkehre organisiert werden, es muss eine dauerhaft bessere Qualität geben, und es muss – das kam bei den Geschichten mit den enormen Trassenentgelten etwas zu kurz – ein ordentliches Netz sichergestellt werden. Was benötigen wir insgesamt? – Wir brauchen die Rückgewinnung von Vertrauen der Fahrgäste, und darum muss sich dieser Senat kümmern. Das erwarten wir von ihm. Wir erwarten zugleich eine Überprüfung der Nahverkehrspläne.
Vorhin gab es den Hinweis: Sie behalten Geld ein. – Das ist ganz schön, aber die Fahrgäste werden obendrein noch mit einer Fahrpreiserhöhung bedacht, die haben von der gesamten Geschichte nichts. Es hat uns auch irritiert, dass Sie diese Erhöhung zum 1. Januar 2011 haben durchgehen lassen. Es ist ein Unding, dass man, obwohl der Hauptakteur komplett versagt, trotzdem eine Fahrpreiserhöhung durchsetzt.
Hier erschleicht sich die S-Bahn Geld. Sie ist eigentlich so eine Art Schwarzfahrer, der sich auch eine Leistung erschleicht, für die er nicht bezahlt. Das geht beim besten Willen nicht. Hier müssen Sie einschreiten! Wir verlangen, dass Sie das sofort tun!
Ja, ich komme zum Schluss! – Eines möchte ich noch zu den Phantasien sagen, die hier existieren, für Berlin sozusagen einen VEB Nahverkehr einzurichten, indem man BVG und S-Bahn unter ein Dach bringt. Das wäre für die Stadt die absolute Katastrophe, nicht nur von der Organisation, sondern auch von der Leistungsfähigkeit her. Beim nächsten Streik dieses Großunternehmens – und wir haben schon Streiks sowohl bei der BVG als auch bei der S-Bahn erlebt – würde der Berliner Nahverkehr komplett zusammenbrechen. Das wollen wir auf keinen Fall! Also, gehen Sie hin, und schreiben Sie aus! – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am Montag konnten Sie im Ausschuss für Verkehr des Abgeordnetenhauses beobachten, wie die Abmahnung des Senats auf den Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bahn offensichtlich gewirkt hat.
Wir konnten erleben, wie zum Vorstand offensichtlich eine dezidierte Kenntnis der Probleme der S-Bahn durchgedrungen ist. Wir konnten auch erleben, dass es Klarheit gibt und dass der Vorstandsvorsitzende bereit ist, im Wege – so haben es durchaus einige empfunden – eines Offenbarungseids darzustellen, dass es kein stabiles System bei der S-Bahn gibt. Weiterhin mussten wir erleben, dass dargestellt wurde – was wir auf unser Abmahnschreiben von der S-Bahn bereits schriftlich mitgeteilt bekommen hatten –, dass es eine kurzfristige Lösung nicht gibt.
Für mich war enttäuschend, dass es keine Zusicherung für eine Entschädigung für die Kunden und Kundinnen gegeben hat. Im Dezember hätte es Gelegenheit gegeben, Kontakt zur BVG aufzunehmen. Ich gehe davon aus, dass dieser Kontakt nunmehr in dieser Woche stattgefunden hat. Wenn ich allerdings höre, dass da Vorstellungen herrschen – so ist das an mich herangetragen worden –, als ob sich auch die BVG an solchen Entschädigungsleistungen beteiligen könnte, dann weise ich das entschieden zurück.
Es geht nicht nur, wie ich heute lesen konnte, um den Ausfall von drei oder vier Tagen, sondern es geht darum, dass es im gesamten Monat Dezember kaum möglich war, sich auf irgendeine S-Bahn zu verlassen. Die Zuverlässigkeit war vollständig dahin. Wenn wir langsam sehen, dass es wieder regelmäßige Züge gibt, dann wissen wir doch, dass man in den verkürzten Zügen steht und dass wir noch lange nicht über einen Notfahrplan hinaus sind.
Dennoch gibt es etwas, was am Montag zu erleben war und was neu ist. Es gibt bei der Deutschen Bahn bzw. bei Herrn Grube – das will ich ausdrücklich sagen – offensichtlich eine Einsicht in die Tatsache, dass in die Fahrzeugbeschaffung, in die Beschaffung von Neufahrzeugen investiert werden muss. Allerdings dürfen wir hierbei kein Ablenkungsmanöver von den derzeitigen Problemen dulden. Deshalb noch einmal sehr deutlich: Eine Neubeschaffung erfordert einen zeitlichen Vorlauf von gut fünf Jahren. Fünfeinhalb bis sechs Jahre, so schätzen Fachleute. Herr Friederici! Ich hatte Gelegenheit, Ihnen das im Ausschuss schon einmal zu erläutern: Wenn Hersteller sagen, wir machen das in drei Jahren, dann ist das die Zeit nach der Abnahme durch das Eisenbahnbundesamt, nach der Erprobung. Es ist also nur die Zeit für das technische Herstellen der Fahrzeuge. Wir brauchen aber die Beauftragung, die Entwicklung, die Erprobung und die Zulassung, wir brauchen Prototypen, und das nimmt diesen Zeitraum in Anspruch.
Deswegen bestehe ich darauf, dass die dauerhafte Ertüchtigung der derzeitigen Fahrzeuge unumgänglich erforderlich ist. Alle Maßnahmen der Deutschen Bahn sind darauf zu richten, in den vorhandenen Fahrzeugpark bzw. Fuhrpark zu investieren, damit wir über das Jahr 2017 hinaus mit den Fahrzeugen, die zurzeit im Verkehr sind, ebenfalls fahren können. Sie würden uns sonst fehlen, und wir hätten nichts als 200 neubeschaffte Viertelzüge. Das wäre weniger als das, was wir am 3. Dezember auf der Schiene hatten.
Ich glaube, dass der Druck des Senats gewirkt hat. Die Deutsche Bahn hat mir zugesichert, nunmehr doch externen Sachverstand zuzulassen, sich wissenschaftliche Begleitung zu holen und Personen und Fachleute in die Beratung hineinzuholen, auf die sie bisher verzichtet hat. Ich glaube, dass es richtig ist, dass die Deutsche Bahn ihren Stolz ein wenig an die Seite stellt und aufhört, nur mit Bordmitteln die derzeitigen Probleme zu bearbeiten. Das ist keine Kritik an den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Ich habe bei meinem Werkstattbesuch versucht, mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ins Gespräch zu kommen – mit Unterstützung des Betriebsrates. Lieber Herr Henkel! Das ist möglich, insbesondere dann, wenn man mal darauf verzichtet, die Kameras mitzunehmen, und einfach versucht, unter vier Augen in Kontakt zu den Kolleginnen und Kollegen zu kommen.
Darauf haben sie Anspruch, und hören wir ihnen zu, dann wissen wir, was tatsächlich in den Werkstätten los ist.
Hinsichtlich der Forderung, einen Sanierungsvertrag abzuschließen – das, was hier immer von der CDU kommt –, ist allerdings Folgendes anzumerken: Wie soll der denn aussehen? Was stellen Sie sich denn vor? Was sollen wir über die in der Laufzeit eines Verkehrsvertrages festgelegten 3,3 Milliarden Euro – von Berlin und Brandenburg – und über die Fahrgeldeinnahmen in ungefähr der gleichen Größenordnung hier noch einsetzen für nichts anderes, als dass die vertraglichen Pflichten erfüllt sind? – Wir haben einen Verkehrsvertrag, der erfüllt werden muss. Da setzen wir nicht noch etwas drauf. Alles, was wir noch ausgeben würden, wäre doppelt gemoppelt, und das kommt nicht infrage.
[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Ramona Pop (Grüne): Das hören wir seit Jahren! – Claudia Hämmerling (Grüne): Wo ist das Neue?]
Allerdings sind wir ein wesentliches Stück weitergekommen, und zwar durch die Zusagen, die Herr Grube gemacht hat. Ich bitte Sie, sich hierzu das Protokoll des Ausschusses sehr genau anzusehen. Die Deutsche Bahn bestätigt – nach unserer Einschätzung auch gestärkt durch die Tatsache, dass sie inzwischen weiß, dass sie Geld ausgeben muss und in Zukunft hier kein finanziell positives Geschäft betreiben kann – die Investition in die Fahrzeugbeschaffung. Ich glaube, dass es richtig ist, dass mittel- und langfristig auf Basis des vorhandenen Fuhrparks eine Lösung gesucht wird, dass aber darüber hinaus
die Erklärung, die hier abgegeben worden ist, dass die Investition in Neufahrzeuge getätigt und finanziert werden muss, vom Land Berlin und vom Land Brandenburg intensiv unterstützt und begleitet wird. Die Deutsche Bahn – auch Herr Grube – hat dazu mehrfach ausdrücklich erklärt, dass die Beschaffung das Problem der verfügbaren S-Bahnfahrzeuge lösen soll und dass vor allem der Einfluss auf die zukünftige Vergabe und die Wettbewerbsthematik nicht intendiert ist und nicht bewirkt werden soll. Es gibt auch für das Land Berlin und das Land Brandenburg dann schließlich, wenn die Fahrzeuge beschafft sein sollten, keine normative Kraft des Faktischen. Wir dulden nicht, dass präjudiziert wird, wer und in welcher Weise ab dem Jahr 2017 die S-Bahn fährt.
Wir erwarten also, dass die Deutsche Bahn dazu steht, auch wenn eine Beteiligung der Länder und ein Verzicht auf Sanktionen gegenüber der S-Bahn ausgeschlossen sind, und wir erwarten dass eine solche Entscheidung für die Investition in die Fahrzeugbeschaffung keine Entscheidung des Senats hinsichtlich der Vergabe an die S-Bahn oder hinsichtlich anderer Betreibermodelle präjudiziert – nach dem Auslaufen des bisherigen Vertrages.
Wir werden diese Gespräche führen. Wir werden sehr kurzfristig mit der Deutschen Bahn darüber sprechen, wie sie garantieren will, dass es eine solche Investition gibt. Wir haben die Gespräche dazu bereits verabredet. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir schnell zu einem Ergebnis kommen müssen, aber ich sage noch einmal: Wir sind nicht erpressbar.
Vor allem geht es dabei um die Haltung des Bundes. Wenn mir ein Staatssekretär aus dem Bundesverkehrsministerium berichtet, dass er bereit ist – nach einem Gespräch mit der Deutschen Bahn –, eine Moderation zu übernehmen, dann ist das zuwenig. Die Bundesregierung bzw. das Bundesverkehrsministerium vertritt die Eigentümerstellung. Wer Eigentümer der Deutschen Bahn ist, hat nicht nur die Verantwortung für das, was wir an Schlimmem, das in der Vergangenheit geschehen ist, kritisieren, sondern hat vor allem Verantwortung für die Zukunft. Er hat Verantwortung für die Gestaltung von Bedingungen für Investitionen in einer Größenordnung von über 2 Milliarden Euro, wenn das, was die Deutsche Bahn inzwischen hier in Aussicht stellt, verwirklicht werden soll. Dennoch geht es darum – wie ich bereits dargestellt habe –, auch kurzfristig alle Investitionen vorzunehmen, um so weit wie möglich die von Herrn Grube geschilderten technischen Probleme lösen zu können. Dass es dort Grenzen gibt, ist klar. Aber hier darf es – und da freue ich mich über die Zusicherung des Bahnchefs – tatsächlich nicht dazu kommen, dass noch einmal die Fehler der Vergangenheit wiederholt werden und versucht wird, da finanzielle Mittel einzusparen, wo es um die Werkstätten, um den Einsatz von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und um technisches Know-how geht.
Wichtig ist zum Schluss, dass es, wenn es um die Haltung des Bundes geht, nicht angeht – so wie Herr Gaebler und
Frau Matuschek dies geschildert haben –, dass sich die Deutsche Bahn auf den ersten Teil der Formulierungen in der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland beruft, wo es um die Bahnreform und die Stellung der Deutschen Bahn geht. Es geht eben nicht nur um die Frage der Stärke am Kapitalmarkt, es geht nicht nur um den wirtschaftlichen Erfolg, sondern es geht immer auch um die Frage der Garantie für den zweiten Teil der Formulierungen – für die Gewährleistung des Gemeinwohls. Dies muss sich nicht in Reden im Deutschen Bundestag oder in Versicherungen, dass man daran auch denke, erschöpfen, sondern die Reform der Bahnreform muss konkret werden. Das Land Berlin bzw. der Senat von Berlin betreibt eine solche Veränderung der bisherigen Gesetzgebung, die sich im Eisenbahnrecht darstellt. Bisher ist es so, dass die Bundesregierung letztlich vernachlässigt, was hier getan werden könnte. Es kommt mir darauf an, dass wir, wenn es um die Sicherstellung des Gemeinwohls geht, ganz konkret werden. Eine Reinvestition der vielen Mittel, die aus den Trassenentgelten in den Mutterkonzern fließen – aus den Stadtverkehrsorganisationen in den Ländern und Kommunen –, in die Trassen – eine Reinvestition also in die Investitionen der Deutschen Bahn – ist erforderlich. Wir brauchen für die Verkehrsverträge eine Unabhängigkeit von der Monopolstellung der Deutschen Bahn.
Wir müssen z. B. die Übergabe der Wagen bei einem Betreiberwechsel garantiert sehen, und wir müssen vor allem sehen, dass dies politisch gewollt wird.
Deshalb geht mein Appell an die Bundesregierung: Nehmen Sie die Verantwortung als Eigentümer wahr! Ziehen Sie sich nicht zurück auf eine Moderatorenfunktion! Verändern Sie die Voraussetzungen für den wirtschaftlichen Erfolg der Deutschen Bahn! Verändern Sie vor allen Dingen die Voraussetzungen dafür, dass die Deutsche Bahn am Gemeinwohl orientiert nachvollziehbar dies auch beweist, wenn es um die Stadtverkehre wie in Berlin, Hamburg oder anderen Städten geht! Da ist viel zu tun, viel an Verantwortung zu übernehmen. Wir werden über die Investitionen mit der Deutschen Bahn sprechen. Ich wiederhole noch einmal: Wir werden uns nicht von einem Anbieter abhängig machen. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Frau Senatorin Junge-Reyer! – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aktuelle Stunde hat damit ihre Erledigung gefunden.
Studienbedingungen an den Berliner Hochschulen verbessern – Drittmittel zur Verbesserung der Betreuungsrelation!
Für die gemeinsame Beratung stehen wieder jeweils fünf Minuten pro Fraktion zur Verfügung. Das Wort hat die FDP-Fraktion. – Herr Kollege Dragowski!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Private Hochschulen sind ein positiver Standortfaktor für Berlin. Die privaten Hochschulen gewinnen mit ihrem Studienangebot auch Studierende aus nichtakademischen Elternhäusern, Studienbewerber ohne Abitur und Berufstätige. Wir als FDP begrüßen es, dass private Hochschulen einen wichtigen Beitrag zum Aufstieg durch Bildung schaffen.
Bundesweit wurden in den vergangenen fünf Jahren etwa 50 000 Studienplätze durch private Hochschulen geschaffen, auch in Berlin. Noch mehr Studienplätze für Studienanfänger könnten zur Verfügung gestellt werden, wenn Berlin das Geld, das es vom Bund für seine Studienanfänger an privaten Hochschulen erhält, auch an die privaten Hochschulen weiterreichen würde.