Noch einige Worte zum zweiten Antrag der Grünen – Milieuschutz: Die Linksfraktion setzt sich dafür ein, dass Berliner Mieterinnen und Mieter, deren Wohnungen in Eigentum umgewandelt werden, weiterhin vor Eigenbedarfskündigungen geschützt werden. Die Linksfraktion will, dass die entsprechende Verordnung im August dieses Jahres verlängert wird, denn wir haben eine zurzeit geltende, und zwar großflächig und für zehn Jahre.
Verdrängung von Bestandsmieterinnen und -mietern und die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen findet gerade in der Innenstadt in größerem Maß statt. Die Grünen wollen, dass zukünftig die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen im Einzelfall genehmigt werden muss. Auch wir finden solch eine Regelung bzw. Verordnung sinnvoll. Allerdings sollten wir auch in diesem Fall im Ausschuss diskutieren, wie solch eine Verordnung rechtssicher umgesetzt werden kann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein immer wiederkehrendes Thema in Berlin ist die Mietenpolitik, ein Thema, das sich besonders für Regulierungswut und sonstiges eignet. Heute haben wir es mit der Regulierungswut der Grünen zu tun. Die Linke war nicht ganz davon weg, hier regulierend einzugreifen.
Jedenfalls freue ich mich, den Regierenden Bürgermeister einmal zitieren zu dürfen, und zwar positiv. Er war derjenige, der bei der IHK neulich das Ding losgetreten hat, indem er gesagt hat, Berlin wird immer attraktiver und damit steigen auch in der Stadt die Mieten, was er nicht unbedingt als negativ ansehen kann. – Da gebe ich ihm recht.
Genau, das ist der Punkt, Berlin wird immer attraktiver, immer mehr Menschen zieht es in diese Stadt. Das möchten wir schon als positiv empfinden. Negative Begleiterscheinungen gibt es selbstverständlich, es gibt eine größere Nachfrage nach Wohnraum, damit steigen die Mieten. So ist das nun mal.
Wie soll man jetzt mit diesem Problem umgehen? – Darüber haben sich die Grünen Gedanken gemacht. Als erstes präsentieren Sie uns hier einen Antrag über die Zweckentfremdungsverbotsverordnung, die sie wieder einführen wollen, weil sie sagen, bei nur noch 3 bis 3,5 Prozent Leerstandsquote müsse eingegriffen werden. – Dann fordern Sie aber selbst, Herr Otto, in Ihrem Antrag, den Sie hier vorgestellt haben – oder eigentlich nicht vorgestellt haben, da hat Herr Doering recht –, der Senat möge prüfen, ob die Wiedereinführung der Zweckentfremdungsverbotsverordnung das geeignete Mittel wäre, um dem entgegenzuwirken. Aus Sicht der FDP-Fraktion sage ich Ihnen: Es ist das falsche Mittel, das schlechteste, das man überhaupt anwenden kann.
Wo wollen Sie denn eingreifen? Umnutzung von Wohnungen in Gewerbe, schauen Sie sich das einmal genau an! Es gibt in Berlin ganze Straßenzüge, wo man darüber nachdenkt, Büroräume wieder umzuwandeln in Wohnraum, weil man feststellt, dass die Wohnräume inzwischen teuerer sind als die Büroräume und leichter zu vermieten sind als diese. Also wo wollen Sie da angreifen? Da finden Sie gar keine Basis dafür.
Dann haben Sie die Wohnungen zur Gästebeherbergung, gut, das ist sicherlich ein Problem, aber letztlich eines, das sich in Innenstadtlagen findet, interessanterweise hauptsächlich bei städtischen Wohnungsgesellschaften. Da kommen die Leute auf derartige Ideen. Ich gebe Ihnen aber recht – wir haben auch im Ausschuss schon darüber geredet –, dass man da sicherlich ansetzen muss.
Die Leerstände über sechs Monate, das ist natürlich auch so eine Geschichte. Gucken Sie sich einmal die städtischen Wohnungsgesellschaften an, das wissen wir alle, da wird systematisch leergezogen, da gibt es Leerstand in größerer Menge, die dazu geeignet sind, die fälligen Baumaßnahmen durchzuführen. Da macht man das ganz systematisch, zieht man so leer. Dagegen werden Sie auch kaum etwas machen können. Greifen Sie die Städtischen an, die sind in Verantwortung des Senats, aber sicherlich nicht in Verantwortung privater Wohnungseigentümer.
Übrigens, was auch in der Verantwortung des Senats ist, ist die Preistreiberei. Mein Kollege von der CDU hat die Warmmieten schon angesprochen, aber auch die zweite Miete überhaupt. Wo sitzen sie denn da? Da sitzt überall der Staat, da sitzt überall Berlin, das Land: bei der Grundsteuer, bei der Müllabfuhr, beim Wasser und bei der Stadtreinigung. Dafür sind Sie verantwortlich. Das ist der Punkt, bei dem man angreifen muss.
Dann kommen wir zu den Milieuschutzgebieten. Das ist ganz abstrus, was Sie da vorhaben. Interessant ist das Zitat aus der Milieuschutzverordnung, dass die Zu
sammensetzung der Bevölkerung erhalten bleiben solle. Herr Otto! Das können Sie nicht ernsthaft hier aufrechterhalten, „die Zusammensetzung der Bevölkerung“! Wollen Sie noch in die Verordnung schreiben, dass sie alle Grün wählen müssen?
Wollen Sie auch die Wegzüge regulieren, hingehen und sagen, man muss sich abmelden, wenn man aus diesem Milieuschutzgebiet ausbrechen will? Ich finde, da sollten Sie Ihre Beschlusslage überdenken. Die ist, was der Kollege gesagt hat, nicht mehr so richtig modern. Hier kommen interessierte Menschen in diese Stadt. Sie müssen einfach hinnehmen, die interessieren sich eben auch für bestimmte Gebiete, die Sie irgendwie als Ihre Reservate ansehen. Geben Sie die frei! Das ist ein normaler Prozess.
Alles, was hier wichtig ist, ist, dass wir tatsächlich Wohnungsbau brauchen, dass wir alle keinen sozialen Wohnungsbau mehr wollen, das dürfte doch wohl klar sein. Also wenn überhaupt, kann es nur über frei finanzierten Wohnungsbau gehen. Da müssen wir Menschen mit Optimismus ausstatten, die hier in Berlin investieren wollen. Das ist doch der richtige Weg. Die sagen, das ist eine aufstrebende Stadt, da investieren wir Geld, hier schaffen wir Wohnraum. Dann haben Sie – –
Ich bin bei meinem letzten Satz. – Dann nehmen Sie natürlich aus dem Markt den Druck heraus, auch in den preiswerteren Bereichen, das staffelt sich nach oben weg, aber wir brauchen Wohnraum, und den kriegen wir nur über frei finanzierte Bauprogramme, die wir hier machen, und über nichts anderes, auch nicht über Ihre merkwürdigen Verordnungen. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Kollege! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Zu den Anträgen der Fraktion der Grünen Drucksache 16/3847 und 16/3848 empfiehlt der Ältestenrat jeweils die Überweisung an den Ausschuss für Bauen und Wohnen. – Hierzu höre ich keinen Widerspruch. Dann wird so verfahren.
Gesetz zur Stärkung der bezirklichen Demokratie und Selbstverwaltung (Selbstverwaltungsstärkungsgesetz)
Ich eröffne die zweite Lesung und schlage vor, die Einzelberatung der ursprünglich zwei Artikel und nunmehr drei Artikel zu a) sowie die Einzelberatung der fünf Artikel zu b) miteinander zu verbinden, und höre hierzu keinen Widerspruch. Ich rufe also auf die Überschrift und die Einleitung sowie die Artikel I bis III, Drucksachen 16/3309 und 16/3819, als auch die Überschrift und Einleitung sowie die Artikel I bis V, Drucksache 16/2497.
Für die gemeinsame Beratung stehen den Fraktionen wieder jeweils fünf Minuten zur Verfügung. – Für die Linksfraktion hat Herr Dr. Zotl das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Über viele Jahrzehnte war Berlin hinsichtlich direkter Demokratie eine Brache. Landesweite Volksentscheide gab es nur zu stark erschwerten Bedingungen, und bezirkliche Bürgerentscheide waren gar nicht zugelassen. Nie kam es bis 2006 zu einem Plebiszit. Bei allen bundesweiten Vergleichen lag Berlin auf dem letzten Platz. Diese landes- und bezirkspolitische Misere wurde unter Rot-Rot 2005 beendet.
Gemeinsam mit Bündnis 90/Die Grünen und der FDP führte die rot-rote Koalition bezirkliche Bürgerentscheide ein und stattete sie mit niedrigen Quoren, der Entscheidung durch einfache Mehrheit, einem erweiterten Katalog für verbindliche Bürgerentscheide sowie mit bürgerfreundlichen Verfahren aus.
Auf Ausschlussgründe wurde verzichtet. Das Teilnahmemindestalter wurde auf 16 Jahre gesenkt. Berlin sprang vom letzten Platz im Länderranking auf den ersten und hat ihn seit 2005 inne. Die Bevölkerung nahm mit fast 40 bezirklichen plebiszitären Aktivitäten die neuen Instrumente sofort an.
In diesem Prozess traten aber dennoch einige Widersprüchlichkeiten zutage. Beim Abbau dieser Widersprüchlichkeiten wurden die Fraktionen vor allem durch die Arbeitsgemeinschaft der BVV-Vorsteherinnen und -Vorsteher sowie durch den Verein „Mehr Demokratie e. V.“ unterstützt. Dafür bedanken wir uns noch einmal herzlich, ebenso wie bei allen Gutachtern.
Durch mehrere widrige Umstände, die nicht so sehr in den Fraktionen zu verantworten waren, kam es zwar nicht zu der geplanten fraktionsübergreifenden Arbeitsgruppe, dennoch hatten alle Fraktionen des Hauses einen gemeinsamen Gesprächsfaden gefunden, bei dem Gemeinsamkeiten, aber am Ende auch unüberbrückbare Gegensätze deutlich wurden. Aber wir waren jederzeit alle über einander im Bilde, und der Austrag der Meinungen war sachlich. Dafür möchte ich ganz sicher auch im Namen des Kollegen Felgentreu von der SPD besonders den Kollegen Gram von der CDU, Lux von Bündnis 90/Die Grünen und Jotzo von der FDP Respekt zollen!
Mit dem jetzt zur Abstimmung stehenden Zehnten Gesetz zur Änderung des Bezirksverwaltungsgesetzes haben wir die Einwohnerfragestunde zum Pflichtbestandteil jeder ordentlichen BVV-Sitzung gemacht und das Quorum für den Einwohnerantrag von 1 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner auf 1 000 Unterschriften gesenkt. Die Beratungsmöglichkeiten für Bürgerinnen und Bürger, die ein Bürgerbegehren beantragen wollen, sind weiter verbessert und das Beteiligungsquorum bei Bürgerentscheiden von 15 Prozent durch ein Zustimmungsquorum von 10 Prozent ersetzt worden.