Peter-Rudolf Zotl

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch in Wahlkampfzeiten könnte man doch eigentlich erwarten, dass parlamentarische Aktivitäten der Opposition die Realität zur Kenntnis nehmen, und zwar so, wie sie ist, und nicht so, wie sie die FDP gern hätte, um sich dann als Retterin in der Not zu gerieren. Mit dem FDP-Antrag „Zukunftskonzept für den öffentlichen Dienst jetzt“ wird eine solche Erwartung nicht erfüllt. Ich möchte mich in vielem dem anschließen, was meine Kollegin Flesch gesagt hat, und mich nur noch auf zwei, drei Fragen konzentrieren.
Herr Meyer! Sie behaupten in Ihrem Antrag, dass es der Senat in den gesamten letzten neun Jahren versäumt habe, eine aufgabenorientierte Personalplanung vorzunehmen.
Eine solche Unterstellung ist ungeheuerlich. Vor allem, weil Sie zum Beispiel als Mitglied des Hauptausschusses die gesamte Palette der Maßnahmen genauso gut kennen wie wir. Sie kennen die aufgabenspezifischen Einstellungskorridore, Sie kennen die dezidierten Personalprognosen in den einzelnen Verwaltungsbereiche, Sie kennen die funktionalen Umwälzungen im Bereich der Aus- und Weiterbildung, und Sie kennen auch die flächendeckende Koppelung seit einiger Zeit beim Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnologien mit grundsätzlicher Aufgaben- und Verfahrensoptimierung. Da kann man sicherlich und ganz gewiss noch viel mehr und alles noch viel besser machen und auch noch mehr zusammenführen, aber ignorieren – wie das die FDP hier tut und wie Sie das in Ihrem Antrag machen – darf man das nicht.
Wer hat Ihnen dieses Machwerk nur aufgeschrieben? Ich bin der festen Überzeugung, Kollege Schmidt war es nicht.
Hier hat jemand den Pinsel in die dunkle Tünche getaucht, um so die gesamte Wirklichkeit rabenschwarz zu malen, und das nenne ich unlauter und unseriös.
Sie wissen so gut wie wir, dass die von Ihnen geforderte Absenkung der Personalstärke auf 90 000 problematisch ist und momentan nur dann zu machen wäre, wenn der Staat auf ganz bestimmte Aufgaben insgesamt völlig verzichten würde. Aus bestimmten Kreisen der Wirtschaft kommen und kamen dafür unablässig Vorschläge, wie zum Beispiel: Der Staat sollte auf ökologische Auflagen verzichten, keine verbindlichen Gleichstellungsverpflichtungen eingehen und keine sozialpolitischen und wirtschaftsdemokratischen Festlegungen treffen. Das haben wir alles schon x-mal durchdekliniert, weil sie alle aus diesen Kreisen auf den Tisch kamen – immer unter dem Vorwand der Entbürokratisierung. Und das ist in der Tat wohl auch Ihre Vorstellung. Dass Sie das ständig unter dem Etikett der Entbürokratisierung vortragen, soll doch lediglich verschleiern, dass Ihnen als Ideal ein relativ ungezügelter Wirtschaftsliberalismus vorschwebt.
Um wenigstens den Eindruck eines sachkundigen Herangehens zu erwecken, fordern Sie Aufgabenkritik. Dagegen ist überhaupt nichts einzuwenden. Nur, wir hatten bereits in den 90er-Jahren unter der Leitung des damaligen CDU-Bundestagsabgeordneten und Rechtsprofessors Rupert Scholz eine entsprechende Kommission. Deren Wirksamkeit wird sicherlich unterschiedlich beurteilt, aber in einem war deren Tätigkeit mit einer nachhaltigen Langzeitwirkung verbunden, denn seitdem beginnt jeder einzelne Schritt zur Verwaltungsmodernisierung auch bei uns im Ausschuss mit der Frage, ob diese Aufgabe noch zwingend erforderlich ist.
An der Antwort „ja“ oder „nein“ oder „teilweise“ sind stets die verschiedenen Seiten beteiligt. Das ist längst Praxis.
Ich finde, dass sich nur Ihr dritter Punkt einem wirklich offenen Problem zuwendet, nämlich wie wir zügig zu geeignetem neuen Personal kommen. Aber genau da verharren Sie – zu meiner Verblüffung – ziemlich fantasielos auf dem Transferprinzip des Profifußballs. Sie wollen mehr Geld, um Spitzenkräfte woanders einzukaufen. Niemand kann zwar heute exakt wissen, welche neuen technischen Möglichkeiten in den nächsten Jahren die Kernprozesse der Verwaltung umwälzen werden und welcher Personalbedarf daraus entsteht, aber da, wo wir es wissen, haben wir – das ist schon mehrfach erwähnt worden, wie bei Polizei, Feuerwehr und Schule – Einstellungskorridore geschaffen. Sicherlich müssen diese hier und da ausgedehnt werden. Vielleicht müsste es für eine Übergangsphase auch personelle Über- und Doppelaus
stattungen geben. Vielleicht müssten Wirtschaft und Verwaltung noch mehr um differenzierte Technikprognosen ringen, und eventuell sollten – adäquat zur Praxis in großen Unternehmen – im größeren Stil zielgerichtete und finanziell geförderte Studiendelegierungen und Absolventenübernahmen vereinbart werden. Möglicherweise muss man auch das Transferprinzip noch zielgerichteter ausbauen und die Einkommensstruktur überdenken, aber das kostet alles viel Geld. Andere zu finanzierende Aufgaben werden ja nicht geringer. Und die Schuldenbremse – mit Verlaub –, die haben Sie erfunden, nicht wir.
Und so stehen wir immer vor dem Zwang, bei Mehrausgaben für den öffentlichen Dienst die Finanzierung sozialer und kultureller Herausforderungen möglicherweise zu reduzieren. Wollen Sie das?
Jawohl! – Offensichtlich wollen Sie es! Nein, hinter den wohlgesetzten Worten Ihres Antrags verbindet sich einerseits eine ziemlich Arroganz gegenüber der erreichten Realität und der noch anstehenden Aufgaben –
Mein letzter Satz – sowie die Unwilligkeit, die Dinge in ihren komplexen Zusammenhängen zur Kenntnis zu nehmen. Wir lehnen Ihren Antrag ab.
Kollege Schmidt! Niemand hat bezweifelt, dass eine Reihe von Fragestellungen auf reale Probleme hinweisen. Das habe ich gesagt, und die Kollegin Flesch hat das auch gesagt. Das Gesamtbild, das Sie vermitteln, das heißt: Es ist nichts passiert. Sie haben die Realität mit schwarzer Tünche schwarzgemalt, und das ist der Punkt, von dem wir ausgehen. Das ist nicht hilfreich. Und an dem einzigen Punkt, bei dem wir sogar gemeinsam Handlungsbedarf sehen – das ist der Punkt 3 –, da bleiben Sie völlig blass.
Und Ihre letzte Bemerkung, was die Hauptverwaltung betrifft, so ist das auch ein Bild, das längst nicht mehr der Realität entspricht. Auch die Zahl von 30 Prozent in der Hauptverwaltung, die Sie einfach so locker in den Raum stellen: Sie sind doch unser Ausschussvorsitzender, wir sitzen doch manchmal sechs Stunden zusammen und führen die Haushaltsdebatten zu technischen Lösungen. Immer wieder steht am Anfang die Frage: Ist das notwendig? Was soll damit verändert werden? Was soll damit aufgelöst werden? Also diese Aufgabenkritik findet doch genau, Punkt für Punkt statt. Das ist der Punkt, Herr Schmidt, wo ich meine, dass auch Sie unter Ihren Möglichkeiten bleiben und nicht ganz real sind.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau von Stieglitz! Ich habe schon im Ausschuss bei der Ausschussdebatte gesagt: Wir verstehen Ihre Anträge als einen letzten Versuch, sich als wirtschaftskompetente und deshalb notwendige Partei darzustellen, die den Finger direkt in der Wunde hat. Herr Scholz hat sich für die CDU angeschlossen. Das Problem dabei ist für Sie nur, dass es keine Wunde gibt.
Deshalb müssen Sie so tun, als gäbe es eine, und Sie müssen mit Ihren Anträgen Horrorszenarien erfinden, etwa dass um den Flughafen BBI – so in Ihrem ersten Antrag; ich zitiere – „eine der teuersten Brachen Deutschlands“ drohe, dass – wie der zweite Antrag suggeriert – der BBI straßen- und bahnmäßig von Berlin isoliert würde und dass überhaupt – so Ihr dritter Antrag – die synergetischen Chancen in unserer Metropolregion ungenutzt blieben. Dass auch dieser letzte Versuch von Ihnen misslungen ist, zeigt sich besonders an zweierlei, was wir auch im Ausschuss diskutiert haben: Wir haben heute den ganzen Tag Veranstaltungen gehabt, wo die FDP dafür eingetreten ist, dass der Staat aus irgendwelchen Wirtschaftsbelangen raussoll. Mit Ihrem Antrag fordern Sie genau das Gegenteil. Das, was Sie von der Politik fordern, ist weit mehr als die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen, von denen Sie lehrbuchmäßig sprechen. Das ist aktive Wirtschaftspolitik. Der Volksmund hat für solche konzeptionellen Inkonsequenzen das passende Bild vom Strohhalm geprägt, an den sich der Ertrinkende klammert. Aber Strohhalme haben noch nie die Eigenschaft entwickelt, vor dem Ertrinken zu retten.
Dass Ihre Anträge nichts taugen, zeigt sich zweitens auch daran, dass sie analytisch nicht stimmen. Ich will nicht wiederholen, was vor allem der Kollege Jauch hier im Einzelnen dargelegt hat. Aber Sie wissen so gut wie wir, dass die für die Gewerbeansiedlung vorgesehene Fläche von professionellen Firmen vermarktet wird – was eigentlich in Ihrem Sinne sein müsste–, dass momentan 50 Prozent – wir haben im Ausschuss eine Mitteilung des Senats gehabt – verkauft sind und dass es eine Liste von Interessenten gibt.
Lesen Sie doch nach! Sie wissen so gut wie wir, dass in solchen Fällen immer eine zweite große Flächenansiedlung zu dem Zeitpunkt zu erwarten sein wird, wenn der BBI wirklich ans Netz geht und sich seine Rentabilität abzeichnet. Und Sie wissen so gut wie wir, dass viele potenzielle Investoren momentan verunsichert sind, weil zum Beispiel die Grünen – ohne Zweifel eine mögliche kommende Regierungspartei – den BBI zu einem etwas komfortableren Feldflugplatz zurückstufen wollen und weil CDU und FDP die Proteste gegen Flugrouten, Flugzeiten und nun auch wieder gegen den Standort kräftig befeuern, nur weil sie sich davon die eine oder andere Stimme mehr erhoffen.
Diese Verunsicherung bei Investoren haben Sie verursacht. Dafür aber den Senat zu kritisieren, unterschreitet jegliche Untergrenze von Seriosität, verehrte Frau von Stieglitz!
Auch bei den beiden anderen Anträgen müssten Sie eigentlich wissen, dass sie ziemlich haltlos sind. Längst ist der BBI über die neue Autobahn straßenmäßig und auch eisenbahnmäßig ziemlich gut an Berlin angebunden. Dass es zur Zeit durchaus Probleme bei der S-Bahn gibt, über die neue Trasse in schnelleren Takten zu fahren, hängt aber nicht am Senat. Es hängt mit dem renditeorientierten Verschleiß der Berliner S-Bahn durch die deutsche Bahn AG zusammen. Dafür trägt der Bund, wo Sie in der Regierung sitzen, die Verantwortung.
Natürlich wissen Sie auch, dass es anderswo kaum eine Region gibt – Kollege Jauch hat davon gesprochen –, in der Kooperation und Arbeitsteilung so gut funktionieren wie zwischen Berlin und Brandenburg. Das Land Brandenburg und im Grundsatz auch das Land Berlin können sich aber keine Metropolenregion leisten, die nicht auch einen innovativen Gewinn für die gesamte Brandenburger Landesentwicklung bringt. Aus der Tatsache, dass es dabei noch Reibeflächen, Probleme und Diskussionsfelder gibt, ein grundlegendes konzeptionelles Handlungsdefizit zu machen, ist, liebe Frau von Stieglitz, entweder einfältig oder bloß dreist. In Ihrem Interesse habe ich mich entschieden, eher Einfalt zu vermuten.
Dennoch gibt es für uns keinen einzigen Grund, Ihren drei Anträgen auch nur irgendwie positiv gegenüberzustehen. Wir lehnen sie allesamt ab und hoffen wie einst der Altkanzler Kohl darauf, dass sich möglichst schnell und gnädig der Mantel der Geschichte über diese Fehlleistung legt. – Danke!
Wie Sie aus dem Ausschuss wissen, lehnt die Fraktion Die Linke den Antrag der CDU ab. Nicht so sehr, weil wir in der Sache viel zu bemängeln hätten, sondern weil Zeit und Raum nicht stimmen. Sie wollen – ähnlich wie auf der Bundesebene – einen Planungsrat für den systematischen und koordinierten Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnik auf der Berliner Landes- und Bezirksebene einrichten. Das ist gut und richtig und wichtig. Genau das ist der Grund, warum auch im geplanten Berliner IT- und Organisationsgesetz, dessen Referentenentwurf uns bereits vorliegt, ein solches Gremium vorgesehen ist.
Zwischen Ihren Vorstellungen und denen der federführenden Innenverwaltung gibt es also im Anliegen Übereinstimmung. Hinsichtlich der konkreten Umsetzung bestehen jedoch noch unterschiedliche, zuweilen gegensätzliche Vorstellungen. So wollen Sie ein Gremium, in dem möglichst viele der dezentralen Akteure vertreten sind. Demzufolge wäre das Gremium sehr groß und wahrscheinlich etwas schwerfällig. Die Innenverwaltung hingegen favorisiert ein kleineres, aber deshalb flexibles Gremium, das jedoch über das Mandat aller Akteure verfügt. Zwischen beiden Vorstellungen liegen – wie gesagt – keine Welten, aber es wäre doch nur vernünftig und dem gemeinsamen Anliegen angemessen, die differenzierenden Vorstellungen an der Funktion zu messen, die dieser IT-Planungsrat zur Durchsetzung des Gesetzesinhalts haben soll.
Und da sind wir bei einer weiteren noch offenen, aber der eigentlich entscheidenden Frage: Welche Kompetenzen soll dieses Gremium haben? Soll es rein beratenden Charakters sein, oder soll es verbindliche Entscheidungen treffen? Da bleiben beide Seiten noch ziemlich nebulös, aber hier besteht doch der größte Klärungsbedarf. Aus der Funktion heraus ergibt sich dann auch, wer Mitglied des Gremiums sein soll. Sollen es die IT-Verantwortlichen sein, wie die CDU fordert, oder politische Entscheidungsträgerinnen und -träger? Oder ist das sogar egal, weil jede bzw. jeder, der an einer Sitzung teilnimmt, entscheiden muss? Bekommt das Gremium – um noch eine Baustelle anzureißen – eine Budgetsumme, innerhalb derer es eigenständig entscheiden kann? Oder kann – wie jetzt – die Finanzverwaltung ohne jegliche Sachkenntnis, aber in Wahrnehmung ihrer Haushaltsverantwortung alle Entscheidungen verzögern, kippen oder forcieren?
Sie sehen, hinter der grundlegenden Übereinstimmung, dass ein solches Gremium erforderlich ist, stehen offene Fragen bzw. zurzeit unterschiedliche Antworten. Normalerweise nimmt man das zum Anlass, um die grundsätzliche Übereinstimmung zu festigen und um miteinander über die unterschiedlichen Umsetzungsgedanken zu reden.
Und genau eine solche Normalität wollen wir herstellen. Nicht normal wäre es doch, in einer solchen, in vielem noch offenen Situation eine Vorstellung durchzupeitschen, die eventuell schon keine Bestandskraft mehr haben würde, wenn zu Beginn der nächsten Legislaturperiode über das Gesetz beraten wird. Das hätte etwas von blindem Aktionismus, und den wollen wir auf jeden Fall vermeiden. Nicht, weil wir Ihren Antrag versenken wollen, sondern weil wir unsere gemeinsame Absicht bewahren und miteinander ausbauen wollen, lehnen wir Ihren Antrag ab. Wir vertagen damit die Entscheidung über das Einzelproblem IT-Planungsrat bis zur Beratung des Gesamtprojekts IT- und Organisationsgesetz, und das ist vernünftig so.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Über viele Jahrzehnte war Berlin hinsichtlich direkter Demokratie eine Brache. Landesweite Volksentscheide gab es nur zu stark erschwerten Bedingungen, und bezirkliche Bürgerentscheide waren gar nicht zugelassen. Nie kam es bis 2006 zu einem Plebiszit. Bei allen bundesweiten Vergleichen lag Berlin auf dem letzten Platz. Diese landes- und bezirkspolitische Misere wurde unter Rot-Rot 2005 beendet.
Gemeinsam mit Bündnis 90/Die Grünen und der FDP führte die rot-rote Koalition bezirkliche Bürgerentscheide ein und stattete sie mit niedrigen Quoren, der Entscheidung durch einfache Mehrheit, einem erweiterten Katalog für verbindliche Bürgerentscheide sowie mit bürgerfreundlichen Verfahren aus.
Auf Ausschlussgründe wurde verzichtet. Das Teilnahmemindestalter wurde auf 16 Jahre gesenkt. Berlin sprang vom letzten Platz im Länderranking auf den ersten und hat ihn seit 2005 inne. Die Bevölkerung nahm mit fast 40 bezirklichen plebiszitären Aktivitäten die neuen Instrumente sofort an.
In diesem Prozess traten aber dennoch einige Widersprüchlichkeiten zutage. Beim Abbau dieser Widersprüchlichkeiten wurden die Fraktionen vor allem durch die Arbeitsgemeinschaft der BVV-Vorsteherinnen und -Vorsteher sowie durch den Verein „Mehr Demokratie e. V.“ unterstützt. Dafür bedanken wir uns noch einmal herzlich, ebenso wie bei allen Gutachtern.
Durch mehrere widrige Umstände, die nicht so sehr in den Fraktionen zu verantworten waren, kam es zwar nicht zu der geplanten fraktionsübergreifenden Arbeitsgruppe, dennoch hatten alle Fraktionen des Hauses einen gemeinsamen Gesprächsfaden gefunden, bei dem Gemeinsamkeiten, aber am Ende auch unüberbrückbare Gegensätze deutlich wurden. Aber wir waren jederzeit alle über einander im Bilde, und der Austrag der Meinungen war sachlich. Dafür möchte ich ganz sicher auch im Namen des Kollegen Felgentreu von der SPD besonders den Kollegen Gram von der CDU, Lux von Bündnis 90/Die Grünen und Jotzo von der FDP Respekt zollen!
Mit dem jetzt zur Abstimmung stehenden Zehnten Gesetz zur Änderung des Bezirksverwaltungsgesetzes haben wir die Einwohnerfragestunde zum Pflichtbestandteil jeder ordentlichen BVV-Sitzung gemacht und das Quorum für den Einwohnerantrag von 1 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner auf 1 000 Unterschriften gesenkt. Die Beratungsmöglichkeiten für Bürgerinnen und Bürger, die ein Bürgerbegehren beantragen wollen, sind weiter verbessert und das Beteiligungsquorum bei Bürgerentscheiden von 15 Prozent durch ein Zustimmungsquorum von 10 Prozent ersetzt worden.
Zugleich haben wir das Abstimmungsverfahren bei konkurrierenden Vorlagen vereinfacht, indem nunmehr die irritierende Drittfrage weggefallen und jene Vorlage angenommen ist, die die höheren Ja-Stimmenanteile hat. Schließlich müssen im Sinne einer hohen Transparenz finanzielle und Sachspenden ab einem Gesamtwert von 5 000 Euro veröffentlicht werden. Spenden von Fraktionen sowie von Unternehmen der öffentlichen Hand sind ab jetzt untersagt.
Allerdings haben wir zu einem grundsätzlichen Problem keine Einigung finden können. Immer wieder waren Bürgerinnen und Bürger enttäuscht, wenn ein Bürgerentscheid adäquat zu einer BVV-Entscheidung in derselben Sachen nur empfehlende Wirkung hatte. Der Verein „Mehr Demokratie“ hatte deshalb vorgeschlagen, dass Bürgerentscheide zu reinen bezirklichen Angelegenheiten generell verbindliche Wirkung haben sollen.
Der BVV steht nämlich laut Bezirksverwaltungsgesetz ein zweiter Weg zur Verfügung und den Bürgern eben nicht. Nach gründlicher Prüfung wäre die Linksfraktion ebenso
wie die Grünen bereit gewesen, dem zu folgen, aber das war in der Koalition nicht durchsetzbar.
Es gehört aber zur Ehrlichkeit, dass sowohl ein Rechtsgutachten als auch Einschätzungen von Praktikern hierhin eine Überprivilegierung der direkten Demokratie gesehen haben. Wir meinen aber, dass die Koalition ebenfalls einen guten Weg gefunden hat, um Enttäuschungen und Frustrationen bei der Bevölkerung zu vermeiden.
Nachdem das Bezirksamt – so steht es in unserem Antrag – die Bindungswirkung eines Bürgerentscheides festgestellt hat, erhält der Senat die Möglichkeit, diese Feststellung juristisch zu prüfen. Danach sind alle Beteiligten – das Bezirksamt, die BVV, die Trägerinitiativen usw. – ab sofort verpflichtet, auf allen Unterschrifts- und Abstimmungsbögen anzuführen, ob der Bürgerentscheid verbindlichen oder empfehlenden Charakter hat.
Wir denken, dass wir so einen guten Weg gefunden haben, um Enttäuschungen zu vermeiden. Ich bitte Sie also um Zustimmung zu unserem Antrag! Dem Antrag der Grünen können wir leider nicht zustimmen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Fast genau vor fünf Jahren, nämlich am 16. Juni 2005, wurden nach Jahrzehnten des Verbots in Berlin endlich bezirkliche Bürgerbegehren und Bürgerentscheide eingeführt. Bis heute – bundesweit einmalig – wurden Vertretungs- und direkte Demokratie völlig gleichgestellt. Durch die niedrigen Quoren, durch das Prinzip der einfachen Mehrheitsentscheidung, durch den Verzicht auf Ausschlussgründe und durch bürgerfreundliche Verfahren wird die Bevölkerung ermuntert, Entscheidungen in die eigene Hand zu nehmen.
Ein Jahr später, am 17. September 2006, wurden per Volksentscheid ähnliche bürgerfreundliche Regelungen für landesweite Volksbegehren und Volksentscheide in Kraft gesetzt. Im Ranking von Mehr Demokratie e. V. liegt Berlin seitdem ganz vorn, nachdem unser Bundesland jahrzehntelang den letzten Platz besetzt hatte. Auch bei der Nutzung der direkten Demokratie ist Berlin an der Spitze. Bis heute – also nur fünf bzw. im Falle der landesweiten Volksentscheide sogar nur vier Jahre nach Inkrafttreten dieser plebiszitären Möglichkeiten – gab es über 30 bezirkliche und fast 15 landesweite direktdemokratische Initiativen.
Hinsichtlich der direkten Demokratie sind wir also sowohl formal vom Gesetzestext her als auch real von der Inanspruchnahme her führend.
Jetzt liegen Erfahrungen vor, wo unsere bürgernahen Regelungen noch zu kompliziert, zu uneindeutig und auch – das ist schon angesprochen worden, vor allem vom Kollegen Dr. Felgentreu – ein wenig zu vertrauensselig sind. Um das abzustellen, haben Ihnen die Koalitionsfraktionen heute in zweiter Lesung Änderungen für die Plebiszite auf Landesebene und in erster Lesung für die Plebiszite auf Bezirksebene vorgelegt. Wir bedanken uns bereits jetzt bei allen unseren Gesprächspartnern, mit denen wir im vergangenen Jahr Gespräche geführt haben, um die jetzigen Regelungen zu evaluieren. Und um zwei besonders hervorzuheben: bei der Arbeitsgemeinschaft der BVV-Vorsteherinnen und -Vorsteher und beim Verein „Mehr Demokratie“!
Und natürlich auch beim Wissenschaftlichen Parlamentsdienst – Kollege Gram, da haben Sie völlig recht –, der in ungewöhnlicher Schnelle sowie in gewohnter Gründlichkeit ein Gutachten vorgelegt hat!
Ich möchte auf drei Dinge eingehen: Erstens wollen wir Spendentransparenz. Es hat sich gezeigt – das ist hier schon gesagt worden –, dass so manche plebiszitäre Initiative von finanziell potenten Unternehmen, Organisationen und auch Medien umfassend unterstützt – um nicht zu sagen: auch gekauft – wurden. Man erhofft sich eben mithilfe der Plebiszite die Realisierung eigener kommerzieller oder auch politischer Ziele. Das ist nicht verboten, und das soll auch keinem – bis auf Abgeordnetenhaus- und BVV-Fraktionen bzw. Betrieben mit einer Landesbeteiligung ab 25 Prozent – verboten werden. Aber die Bevölkerung soll genau wissen, mit wem sie, wie die „taz“ heute schrieb, bei einem positiven Votum gemeinsam in einem Boot sitzt.
Zweitens geht es um größere Rechtssicherheit hinsichtlich der Zulässigkeit und Bindungswirkung eines beabsichtigten Volks- bzw. Bürgerentscheids. So muss der Senat künftig das Verfassungsgericht anrufen, wenn er ein landesweites Plebiszit für nicht zulässig bzw. nicht bindend ansieht. Damit befreien wir ihn auch aus der fatalen Doppelrolle, einerseits Entscheidungsinstanz und andererseits Verfahrenspartner sein zu müssen. Damit befreien wir ihn auch vom Vorwurf einer Willkürentscheidung.
Bei bezirklichen Bürgerentscheiden war häufig die Enttäuschung groß, wenn ein erfolgreiches Plebiszit am Ende nur empfehlenden Charakter hatte. Jetzt verpflichten wir alle Beteiligten, von der ersten Unterschriftensammlung an immer wieder auf die Bindungskraft hinzuweisen. Dadurch soll jede Unterschrift und jede Stimme – und zwar von Anfang an – im vollen Bewusstsein gegeben werden, welche reale Bindungswirkung vorliegt.
Den Vorschlag der Fraktion der Grünen, in einer Pauschalformulierung den Bezirksverordnetenversammlungen quasi eine Allzuständigkeit für alle bezirklichen Angelegenheiten zu übertragen und so mehr verbindliche Bürgerentscheide zu ermöglichen, halten wir für irreführend.
Denn viele scheinbar bezirkliche Angelegenheiten haben in der Einheitsgemeinde Berlin auch eine gesamtstädtische Dimension bzw. werden von Landes- und Bundesrecht bestimmt. Außerbezirkliche Gremien kann eine BVV nicht binden, und höheres Recht kann sie nicht außer Kraft setzen.
Ich bin sofort fertig. – Auch der Hinweis auf Hamburg, wonach die Bezirksversammlungen dort eine solche Allzuständigkeit hätten, führt in die Irre, denn die bezirklichen Zuständigkeiten in Hamburg sind nicht im Ansatz mit denen in Berlin zu vergleichen. Sie sind viel geringfügiger. Wir sind dafür, die bezirklichen Zuständigkeiten auszubauen, aber ausschließlich über eine Ausweitung des Katalogs, der in § 12 des Bezirksverwaltungsgesetzes gegeben ist.
Und dann haben wir eine Reihe von Klarstellungen, auf die schon hingewiesen worden ist. Wir bitten um Zustimmung in beiden Fällen – in der ersten und in der zweiten Lesung. – Danke!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In diesen Tagen jährt sich der 6. Mai 1990 zum zwanzigsten Mal. Das war jener Tag, an dem erst- und letztmalig die Ostberliner Stadtverordnetenversammlung in einem sehr demokratischen Verfahren gewählt wurde. Die noch Wenigen unter uns – es sind, glaube ich, noch vier oder fünf –, die damals in das Ostberliner Parlament einzogen, erhielten ihr Mandat über ein Wahlrecht, dessen zentrale Idee im Panaschieren und Kumulieren der drei Stimmen, die alle Wählerinnen und Wähler hatten, bestand. Es war die Wendezeit, es gab ein hohes politisches Interesse, es war auch eine hohe politische Aktivität, die Wahlbeteiligung lag trotz des komplizierten Wahlsystems, und das unterschied sich grundsätzlich zum Wahlsystem der DDR – bei fast 80 Prozent, wie das damals so war. Wir haben den besten Zeugen unter uns, der das ganz unparteiisch sagen kann, er sitzt in der SPD-Fraktion, es ist der Kollege Schaddach, der damals der Wahlleiter von ganz Ostberlin war, damals noch bei den Grünen.
Grundsätzlich steht die Linksfraktion dem Problemansatz Panaschieren und Kumulieren offen gegenüber. Ohnehin sind die Splittung der zur Verfügung stehenden Stimmen, also das Panaschieren, und die Konzentration aller Stimmen auf einen Kandidaten, also das Kumulieren, seit langem ein grundlegendes Element der meisten kommunalen Wahlrechte. Ohne Zweifel können Panaschieren und Kumulieren – da gebe ich Ihnen völlig recht, Kollege Jotzo – den Einfluss der Wählerinnen und Wähler auf die personelle Zusammensetzung von Parlamenten erhöhen, und ohne Zweifel beschränkt ein solcher direkter Wählereinfluss die Möglichkeit von Parteien, bestimmte Versorgungsansprüche verdienstvoller Parteimitglieder über aussichtsreiche Listenplätze abzudecken.
Unsere grundsätzliche Offenheit bezüglich des Panaschierens – hören Sie auf, hören Sie bitte auf zu klatschen –
Sven Rissmann
gilt dem Grundsatz, allerdings nicht Ihrem Antrag, da haben wir grundlegende Bedenken.
Erstens, das ist schon gesagt worden, müssen die Wählerinnen und Wähler wenigstens eine aussichtsreiche Möglichkeit haben, diejenigen zu kennen, unter denen sie auswählen sollen. Das ist auf der normalen kommunalen Ebene gerade noch möglich – bei einem Bezirk müsste man schon richtig Bedenken haben. Auf landespolitischer Ebene ist es aber mit Sicherheit höchstens nur noch bei einzelnen oder unter ganz bestimmten Bedingungen wie in der Wendezeit beispielsweise möglich, mit Sicherheit aber nicht bei allen Kandidaten. Entschieden werden soll aber über alle Kandidaten. Deswegen bietet auch kein einziges Landeswahlrecht die Möglichkeit des Panaschierens und Kumulierens, vielmehr findet die Entscheidung der Bürger für eine Person ausschließlich über das Direktmandat
bzw. bei der öffentlichen Aufstellung von Listen statt.
Zweitens gab es am 6. Mai 1990 auch für die Wahlen zur Stadtverordnetenversammlung – das war ja de facto das erste ostdeutsche Landesparlament – nur die Wahlmöglichkeit über Bezirkslisten, keine anderen Listen existierten. Der Vorschlag der FDP will aber Erst- und Zweitstimmlisten, wenn auch unter anderen Namen, beibehalten und bei der Zweitstimme zwei Listenformen ermöglichen, Landeslisten und Bezirkslisten. Mit dieser Listenvielfalt ist der mögliche Vorzug von Panaschieren und Kumulieren, nämlich der direkte Wählereinfluss, sowieso ganz massiv zurückgedrängt. Er konzentriert sich höchstens noch auf die Bezirkslisten.
Drittens, auch das muss man sagen, ist der Vorschlag, die Listenkandidaten bei den Abgeordnetenhauswahlen über das Panaschieren und Kumulieren zu wählen, nur der erste Teil eines, wie ich finde, noch sehr unausgereiften Konzepts von mehr Demokratie zur Reform des Landeswahlrechts.
Der zweite Teil – dazu läuft eine plebiszitäre Maßnahme – sind die so genannten Mehrmandatswahlkreise, und sollten wir dem ersten Teil zustimmen – und wir haben noch darüber zu diskutieren –, dann spricht viel dafür, das auch beim zweiten Teil tun zu müssen. Da gibt es grundsätzliche Bedenken. Worum geht es da? – Auch bei der Erststimme sollen nicht nur die Gewinnerin oder der Gewinner des Wahlkreises ins Parlament einziehen, sondern auch eine bestimmte Zahl der Nächstplatzierten. Bislang liegt aber mit dem Erststimmenergebnis die einzige richtig eindeutige Wählerentscheidung vor, von welcher Person man direkt vertreten werden will und von welcher nicht.
Genau dieses Prinzip soll jetzt ausgehebelt werden, indem mehrere über die Erststimme hineinkommen. Da wird die Wählerentscheidung ausgehebelt, und beim Panaschieren und Kumulieren ist die Wählerentscheidung nur pro for
ma vorgesehen. Ich glaube, der Kollege Felgentreu hat völlig recht: Das ist lediglich, um kleineren Parteien mehr Sitze zu verschaffen, nichts anderes.
Viertens stimmt es auch nicht, dass die Listenaufstellung nur ein Versorgungsakt ist. In der Regel erfolgt die Listenplatzierung nach Kompetenzbereichen, um später auch arbeitsfähige Fraktionen zu haben. Genau dieses Prinzip könnte mit Panaschieren und Kumulieren, die oft nach anderen Kriterien gehen, konterkariert werden.
Wir werden also Ihren Antrag im Ausschuss beraten, denken aber, dass man das Kumulieren und Panaschieren höchstens – höchstens! – für das Wahlrecht zu den Bezirksverordnetenversammlungen prüfen sollte. Ich glaube nicht, dass es sich als tragfähig erweist. – Danke!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die modernen Informations- und Kommunikationstechnologien sind integrativer Bestandteil der Dienstleistungsverwaltung und der Bürgergesellschaft. Deshalb finden auch wir die engere nationale Kooperation sowie die Verabschiedung bundesweit verbindlicher Standards, wie es im Gesetz zum Vertrag über die Errichtung des ITPlanungsrats vorgesehen ist, wichtig und richtig. Die Fraktion Die Linke steht also diesem Gesetz positiv gegenüber.
Wir werden aber auch alle Möglichkeiten prüfen, wie die Anregungen der Grünen, die Kollegen haben es jetzt auch aufgegriffen und die ähnliche Bereitschaft erklärt, den Weg für Open Source offenzuhalten und den Datenschutz in den IT-Planungsrat zu integrieren, realisiert werden
können, ohne dass das Gesamtprojekt, dem ja alle Landesparlamente zustimmen müssen, gefährdet wird.
Zur Großen Anfrage der FDP will ich drei Gedanken äußern. Erstens: Wie die Antwort des Senats belegt, ist Berlin beim Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnologien – Kollege Schmidt, da verstehe ich Ihre Wahrnehmung nicht – auf einem guten Weg und in vielem sogar Spitzenreiter. Der Masterplan E-Government und die IT-Strategie werden planmäßig realisiert und organisch mit den Programmen verbunden, die RotRot seit 2002 zur Verwaltungsmodernisierung auflegt und umsetzt. Berlin verfügt über ein einmaliges Angebot an elektronischen Bürgerdienstleistungen, das bundesweite sowie internationale Anerkennung findet. Mit dem Konzept „Das Amt kommt zum Bürger“, also den elektronischen und telefonischen Auskunftsdiensten, den bereits digitalisierten bzw. teildigitalisierten Behördengängen und vor allem den mobilen Bürgerämtern, wurde in Berlin ein international prämierter Paradigmenwechsel im Verwaltungshandeln eingeleitet.
Berlin verbindet den internen Einsatz von IT-Lösungen zunehmend mit der Verfahrensoptimierung und dem Bürokratieabbau. Die Freischaltung des Berliner Modells für den einheitlichen Ansprechpartner im Rahmen der EU-Dienstleistungsrichtlinie in der nächsten Woche und dessen enorme Nachnutzungsmöglichkeiten für die gesamte Verwaltung sind nur das jüngste, aber eben auch ein besonders eindrucksvolles Beispiel.
Kurz, es geht in Berlin nicht, Kollege Schmidt, wie Ihre Anfrage intendiert, um Nachholen, endlich Gasgeben, sondern es geht um Festigung und Komplettierung, und das bereits auf sehr hohem Niveau. Das ist eine anspruchsvolle Aufgabe, aber auch eine sehr komfortable Situation, in der wir uns befinden. Auf jeden Fall ist es eine ganz andere Situation, als sie hier durch die beiden Oppositionsreden und auch durch die Fragestellung in der Großen Anfrage selbst gezeichnet wurde.
Zweitens: Das alles ist Ergebnis systematischer Arbeit an und mit der IT-Strategie. Hervorheben möchte ich dabei besonders die ergebnisorientierte Kooperation zwischen der Hauptverwaltung und den Bezirken, mit dem Bund und einigen Ländern sowie die hohe Dienstleistungsqualität des ITDZ.
Ausdrücklich unterstreichen möchte ich auch die persönlichen Verdienste des IT-Staatssekretärs Ulrich Freise für diesen Prozess.
Ja, da könnte mal geklatscht werden. – Dass in Einzelfällen auch die Notbremse gezogen werden musste, wie bei der Verabschiedung von dem ehrgeizigen WLANProjekt oder vom MODESTA-Projekt, ist schwerwiegend und finanziell mit großen Folgen verbunden, aber es gehört zu einem verantwortungsbewussten Handeln. Zuweilen muss man auch solche Entscheidungen treffen, anstatt
auf Lösungen zu beharren, die sich nach eingehender Prüfung als ineffektiv, nicht machbar oder wie bei WLAN zum Teil auch als überholt erwiesen haben.
Im Übrigen ist das Betreten von Neuland immer mit Risiken verbunden, auch wenn man sich vorher noch so sehr um ihre Minimierung oder um die planungsmäßige Sicherung bemüht hat. Das nicht in Rechnung zu stellen, führt zu blindem Aktivismus, und den kennen wir noch aus Zeiten der CDU-Innensenatoren und ihrer Art, Verwaltungsreform durchzuführen.
Drittens und letztens: Natürlich gibt es offene Grundfragen. Eine ist vom Kollegen Statzkowski angeschnitten worden, das betrifft die Bezirke. Aber es sind andere Grundfragen. So unterstützen wir doch alle das Anrecht der Bevölkerung, überall und flächendeckend eine ITbasierte, bürgernahe Dienstleistungsverwaltung zu erleben. Aber wir haben zwei ebenso verteidigungswürdige Werte unseres politischen Systems, die dem erst einmal entgegenstehen, nämlich das Ressortprinzip sowie die bezirkliche Selbstverwaltung. So entsteht momentan der unhaltbare Zustand, dass es z. B. in zwei, drei Bezirken Lösungen gibt, um Warteschlangen zu vermeiden, Kundenströme zu lenken, dass aber in allen anderen Bezirken diese Lösungen nicht nachgenutzt werden. Wie also – und das ist die Frage, solche Fragen müssen wir uns stellen, und zwar ergebnisoffen und ideologiefrei – erreichen wir, dass bürgernahe Lösungen zügig und überall angewendet werden, ohne die Eigenverantwortung der Ressorts sowie der Bezirke auch nur irgendwie einzugrenzen?
Ich bin mir gewiss, dass wir das gemeinsam schaffen werden. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der CDU-Antrag berührt – wie schon mehrfach gesagt worden ist – ein sehr wichtiges Thema. Das Internet ist schon lange kein Extra mehr, sondern es ist längst eine Hauptform schneller, weltweiter Kommunikation geworden. Zugleich erwachsen mit dem Internet und seinen Chancen völlig neue Möglichkeiten für eine bestens informierte Bürgergesellschaft. Angesichts dieser Potenziale ist die Forderung mehr als gerechtfertigt, dass man überall, also auch drahtlos, ins Internet gehen kann. Insofern trifft der Antrag der CDU auf Ausschreibung einer flächendeckenden WLAN-Infrastruktur auf unsere grundsätzliche Sympathie.
Auf keine Sympathie hingegen trifft die Intention des Antrags, die auch schon eine Rolle in der Diskussion spielte, dass man nämlich den Senat zum Jagen tragen müsse. Denn natürlich hat es nationale und internationale Vergleiche gegeben. – Kollege Ziller! Es hat viele Gespräche mit Experten, Firmen und auch mit den unabhängigen freien Initiativen gegeben, die Sie eben ansprachen. Es gab notwendige Abstimmungen unter den Verwaltungen. Und es gab auch die Prüfung vieler Vorschläge, sodass man sagen kann, dass die von der CDU angemahnte Entscheidung, soweit ich weiß, nunmehr unmittelbar bevorsteht. Allerdings sind auch die Behauptungen, die
Stefan Ziller
auch soeben eine Rolle spielten, dass Berlin bei diesen Vergleichen wieder einmal hinterherhinke, wie eine Seifenblase geplatzt.
Zugleich sollten wir zur Kenntnis nehmen – und darum bitte ich Sie in aller Sachlichkeit –, dass es schwerwiegende Fragen gibt, die vor einer Ausschreibung berücksichtigt werden mussten und die zum Teil noch nicht ausreichend beantwortet sind. In der Antwort des Senats auf die Kleine Anfrage des Kollegen Ziller wurden zumindest zwei gravierende und widersprüchliche Sachverhalte dargelegt – zum einen die Tatsache, dass etwa 50 Prozent der infrage kommenden Lampenmasten und Lichtsignalanlagen aus technischen oder denkmalschützerischen Gründen nicht geeignet sind, mit der Technik bestückt zu werden, die für den umfassenden WLAN-Einsatz erforderlich sind. Das Problem wird in den innerstädtischen Bereichen noch größer, denn hier ist der Bedarf sehr hoch, aber gleichzeitig sind die nicht geeigneten Anlagen ebenfalls konzentriert. So haben wir relativ große zusammenhängende Stadtgebiete, die für eine flächendeckende WLAN-Versorgung entsprechend den bisherigen Vorstellungen nicht nutzbar erscheinen.
Ein zweites Problem ist noch schwerwiegender – Kollege Ziller hat es eben angesprochen. Die CDU fordert die freie und kostenlose – verkürzt dargestellt – WLANNutzung. Das ist seit zwei Jahren auch Beschlusslage unserer Fraktion, um die digitale Spaltung der Gesellschaft nicht noch weiter voranzutreiben. Experten schätzen, dass zurzeit etwa 25 Prozent der Bevölkerung vorwiegend aus sozialen und finanziellen Gründen keinen persönlichen privaten Zugang zum Internet haben. Würde nun auch noch die Nutzung der WLAN-Infrastruktur mit erheblichen Mehrkosten verbunden sein, können noch mehr Menschen an der modernen Kommunikation nicht teilnehmen. Das kann man wohl nicht wollen. Ich will allerdings nicht verhehlen, dass die derzeitigen Überlegungen unsere Fraktion mit den im Senat existierenden Vorstellungen noch nicht harmonisch zusammenwirken.
Natürlich wollen potenzielle Anbieter mit ihren Lösungen auch Geld verdienen. Das ist ganz klar. Es liegt auf der Hand, dass das Interesse, Berlin flächendeckend zu versorgen, nicht gerade anwächst, wenn die Politik die Bevölkerung finanziell gar nicht oder nur wenig belasten möchte. Das ist eine Konfliktlage, die wir noch klären müssen. Es ist eine sehr komplizierte Frage, ob es sich die Stadt finanziell leisten kann – das ist in dem Antrag der CDU ein wenig intendiert –, die Kosten für eine WLANStruktur zu übernehmen und diese für die Nutzer kostenfrei anzubieten.
Es sei an dieser Stelle nur angemerkt – da wir uns in der Endphase der Haushaltsberatungen befinden –, dass in nicht unbeträchtlichem Maß aus dem IT-Topf heraus eine Reihe sozial- und bildungspolitischer Maßnahmen finanziert wird, ohne neue Schulden aufnehmen zu müssen. Das ist ja auch gerechtfertigt. Ich sage das nur, um zu
begründen, warum vor der Bestellung klar sein muss, wer danach bezahlt.
Angesichts der neuen Erkenntnisse, aber auch der Problemlage möchte ich anknüpfend an das, was Kollege Ziller zum Schluss vorgeschlagen hat, sagen, dass wir es für angemessen halten, in der Ausschussberatung zunächst eine folgenkritische Analyse darüber vorzunehmen, was ein freier und flächendeckender WLAN-Zugang beinhaltet und was er nach sich ziehen würde. Erst dann sollten wir zu Entscheidungen kommen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst möchte ich den Grünen gratulieren.
Über viele Jahre war Ihnen nur wichtig, wie die Bezirksämter gebildet werden. Was sie politisch bzw. was sie nicht zu entscheiden haben, war Ihnen in diesem Zusammenhang so ziemlich egal.
Sie wollten um jeden Preis Bezirksämter – das haben wir hier und in anderen Gremien oft diskutiert –, die durch politische Koalitionen gebildet werden. Dieser Ansatz nährte immer den Verdacht, dass es Ihnen nur darum ging, mehr Posten in den Bezirksämtern zu bekommen, auch wenn Ihnen diese durch die Wahlergebnisse nicht zustehen.
Sie haben es ja auch praktiziert, Beispiel Hohenschönhausen 1992.
Nun haben Sie mit Ihren Anträgen offensichtlich einen Prämissenwechsel vollzogen. Jetzt fordern Sie im Zusammenhang mit dem politischen Bezirksamt auch die politische Stärkung der Bezirke. Damit nähern Sie sich, wenn auch in umgekehrter Reihenfolge, der Position an, die wir bereits seit über zehn Jahren einnehmen. Dazu sage ich Ihnen Glückwunsch und herzlich willkommen. Wenn ich „in umgekehrter Reihenfolge“ sage, meine ich damit, dass wir allerdings zuerst eine deutliche Kompetenzerweiterung der Bezirke wollen. Und dann soll – so ist unsere Position – geprüft werden, ob ein politisches Bezirksamt sinnvoll ist. Das ist ein realistisches Herangehen. Es hat sich aber gezeigt, dass es zugleich sehr kompliziert und sehr langwierig ist. So klingt die auch von Ihnen erhobene Forderung scheinbar ganz simpel: Es soll eine klare Aufgabenzuordnung an Hauptverwaltung bzw. an Bezirksverwaltungen vorgenommen werden. Im Konkreten – wir probieren das gegenwärtig – ist das höchst widersprüchlich, zumal wenn man – was wir sicherlich gemeinsam wollen – eine Flut von Aufgabensplittungen vermeiden will.
Die logische Konsequenz aus dieser nicht unkomplizierten Situation besteht darin, dass die Bildung von politischen Bezirksämtern ab der nächsten Legislaturperiode noch nicht möglich ist. Deshalb erübrigt sich auch Ihr Antrag zur Verlängerung des jetzigen Systems bis zum Ende der laufenden Legislaturperiode, weil wir zu Beginn der nächsten Wahlperiode eine Änderung im System der Bezirksamtbildung nicht für angemessen halten.
Andreas Statzkowski
Aber auch in anderer Hinsicht stehen wir Ihren Anträgen kritisch gegenüber. Da stimme ich in diesem Punkt ausnahmsweise mit dem überein, was Kollege Statzkowski sagt. Wenn politische Bezirksämter eingeführt werden sollen, muss es überall, aber vor allem in den Bezirken selbst, für sinnvoll gehalten und gewollt werden. Genau das ist mit großer Mehrheit nicht der Fall.
Nun kann man alle diese Positionen – ich habe Sie genau beobachtet, wenn solche Einwände in den bisherigen Rederunden vorgetragen wurden, und Sie tun es also – als nacktes Am-Posten-Kleben abqualifizieren und die Einwände vom Tisch wischen. Wir tun das nicht. Wir sind seit Langem in eine Debatte eingetreten, in der wir die Gegenargumente ernst nehmen.
Vor allem hören wir immer wieder drei Argumente, die uns immer mehr zum grundsätzlichen Nachdenken anregen. Das erste Argument lautet, das Proporzamt zwinge zu gemeinsam getragenen Lösungen, und es sei noch immer im Interesse der Bevölkerung, wenn Parteienhickhack aus der Bezirkspolitik herausgehalten werden könne. Das ist doch nicht so einfach vom Tisch zu wischen.
Ein zweites Argument ist, dass das Proporzamt den mehrheitlichen Wählerwillen widerspiegelt, wen man im Bezirksamt haben möchte, aber auch, Kollege Birk, wen man nicht haben möchte. Auch das kann man nicht so einfach abtun.
Drittens, so lautet ein weiteres Argument, müsse man aufpassen, dass Berlin eine funktionierende Einheitsgemeinde bleibt, denn zwölf quasi separate Großstädte wären nicht lebensfähig, auch nicht bei politischen Bezirksämtern. Insofern haben auch wir unseren Parteitagsbeschluss genannt: Ein starkes Berlin und starke Bezirke. Wir wollen beide Ebenen stärken. Das muss man unbedingt akzeptieren.
Sicherlich sind Ihnen diese und weitere Überlegungen bekannt, denn überall und auch in Ihren eigenen Reihen mehren sich die sachkundigen Stimmen, dass man das politische Bezirksamt nicht mehr wie eine Monstranz vor sich hertragen, sondern sehr kritisch hinterfragen muss und keinesfalls, wenn man es dann doch will, über das Knie brechen darf.
Es ist mir unerklärlich, liebe Kollegen von den Grünen, dass Sie über all das so forsch hinweggehen. Es ist mir völlig unerklärlich, dass Sie auch internationale Tendenzen absolut hartnäckig ignorieren.
Ich bin sofort fertig. – Haben Sie denn nie gefragt, warum international im Wesentlichen das jetzige Berliner System
als Zukunftsmodell gilt? Wir haben es doch in London selbst erlebt. Sie selbst haben es doch als ein Fazit unserer Ausschussreise gezogen. Mein Fazit zu Ihren Anträgen lautet: Wir werden Ihre Anträge, so wie es hier schon mehrfach gesagt wurde, gründlich und sachlich und in der Abwägung aller Argumente im Ausschuss beraten.
Unabhängig vom abschließenden Ergebnis können wir alle daraus einen gehörenden Erkenntnisgewinn und vielleicht auch einen politischen Fortschritt ziehen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Statzkowski! Ich schlage Ihnen vor, lassen Sie uns die Probe aufs Exempel machen. Wir gehen in Ordnungsämter und in Bürgerämter, wir rufen an, wir nehmen die Dienste in Anspruch. Ein Ergebnis steht jetzt schon fest: Ihr Redemanuskript treten Sie anschließend selbst in die Tonne.
Es stimmt hinten und vorn nicht, was Sie erzählen.
In der Tat haben wir vor Kurzem zur Problematik Ordnungsämter eine ganze Antragsserie der CDU auf den Tisch bekommen. Ich greife die Frage vom Kollegen Statzkowski auf, weshalb kommt jetzt die Koalition mit ihrem Antrag zu den Ordnungsämtern?
Sind etwa die zwölf CDU-Anträge so gut und zwingend, dass man sie nicht ablehnen kann – Sie haben vermutet, wir wollten der CDU nicht die Lorbeeren überlassen. Das ist mitnichten so. Nach wie vor gibt es zwischen uns und unserem Antrag und der CDU einen grundsätzlichen Konflikt. So besteht die Intention der CDU-Anträge darin, den abschreckenden Charakter der Außendienste mehr auszubauen und diese quasi zur bezirklichen Kiezpolizei zu entwickeln. Wir hingegen wollen – das ist der Kern unserer Antrags –, dass die Ordnungsämter zur Stärkung des zivilgesellschaftlichen Engagements und der Bürgergesellschaft beitragen.
Zudem haben Sie einige Ihrer Forderungen, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, schlicht aus einem Koalitionspapier abgeschrieben, aber dabei übersehen, dass das Meiste davon inzwischen erfüllt oder in die Rahmenzielvereinbarung zu den Ordnungsämtern aufgenommen worden ist. Am 18. Juni werden wir darüber endgültig im Ausschuss anhand schriftlicher Informationen debattieren. Wir haben jedoch die Analyse weitergeführt. Wir sind auf drei Probleme gestoßen, die ihren Niederschlag noch nicht in der Rahmenzielvereinbarung gefunden haben.
Auf die legen wir den Fokus: Erstens auf ein ergebnisorientiertes Controlling, damit – wie bei den Bürgerämtern – überall ein gleich hohes Standardniveau an Leistungen entsteht, zweitens auf eine enge Zusammenarbeit der Ordnungsdienste mit Kiez- und Quartiersbeiräten, um viele Konflikte im Kiez, bei denen heute oft viel zu schnell der Ruf nach dem Ordnungsamt ertönt, möglichst
über das zivilgesellschaftliche, das nachbarschaftliche Gespräch geklärt werden kann und drittens auf eine gezielte Personalentwicklung für die Außendienste.
Bei dem Antrag zu den Bürgerdiensten geht es um eine andere Frage. Inzwischen gibt es in Berlin neben den etwa 60 stationären Bürgerämtern drei weitere leistungsstarke Angebote: die mobilen Bürgerämter, die elektronischen und die telefonischen Dienstleistungen. Diese Angebote zeichnen sich dadurch aus, dass die Bürgerinnen und Bürger nicht mehr auf das Amt müssen, sondern so oder so das Amt auf diesen neuen Wegen zum Bürger kommt. Diese Leistungsangebote werden systematisch ausgebaut. Die mobilen Bürgerämter bieten völlig identische Leistungen an wie die stationären. Die Produktkosten sind inzwischen angeglichen. Noch in diesem Jahr werden wir besonders häufig nachgefragte Bürgeramtsleistungen in Gänze elektronisch anbieten, sodass die Bevölkerung diese Behördengänge komplett online vollziehen kann. Berlin ist auch Pilot bei der bundesweit einheitlichen Behördennummer 115. Bereits vorher konnte man viele Auskünfte bis hin zu gründlichen Informationen sowie erforderliche Behördentermine stadtweit telefonisch einholen.
Nun aber entsteht ein Problem, Herr Statzkowski. Die Summe derer, die die Bürgerdienste in Anspruch nehmen, bleibt insgesamt gleich, aber sie verteilt sich nunmehr auf diese vier Wege. Daraus erwachsen drei Konsequenzen. Alle diese Wege sollen erstens gleichberechtigt, ausgewogen und spezifisch ausgebaut werden. Es kann nicht mehr sein – Sie haben eben dafür plädiert, dass es so sein soll –, dass in einigen Bezirken nach wie vor nur die stationären Bürgerämter als das „Normale“ und alles andere als das freiwillige Extra angesehen wird.
Es ist zweitens völlig normal, wenn die Belegschaft der Bürgerdienste bedarfsgerecht auf diese vier Realisierungswege umverteilt wird. Es ist eben auch keine Todsünde, wenn ein gering frequentiertes und ineffizientes stationäres Bürgeramt geschlossen und der Standort dafür regelmäßig von einem mobilen Bürgeramt versorgt wird.
Drittens ändert sich mit der Zunahme von Lösungen auf der Basis moderner Technologien auch die Klientel, die nach wir vor die stationären Bürgerämter aufsucht. Das muss zum Beispiel über eine höhere soziale Kompetenz der dortigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter berücksichtigt werden.
Ich habe noch einen letzten Satz: Es geht insgesamt mit unserem Antrag darum, den neuen Möglichkeiten, die sich mit dem technischen Fortschritt für noch mehr Bürgerfreundlichkeit ergeben – Stichwort: Das Amt kommt zum Bürger –, Rechnung zu tragen. Ich denke, wir finden eine ausreichend gemeinsame Diskussionsgrundlage. – Ich danke Ihnen!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Kollege Juhnke hat soeben die Ordnungsämter als ein Kind der CDU bezeichnet und die geistige Urheberschaft dafür beansprucht. Das ist falsch. Jeder, der dabei war, und jede, die dabei war, weiß, wäre es damals nach der CDU gegangen, dann hätten wir zwar auch Ordnungsämter, aber im Sinn einer schwer bewaffneten, gut ausgerüsteten bezirklichen Kampftruppe. Das war Ihr Konzept. Das hat die Koalition, das haben die Grünen nicht mitgemacht.
Kollege Kleineidam hat soeben sein Befremden zum Ausdruck gebracht, dass die CDU mit ihren Anträgen im Wesentlichen von Senatspapieren abgeschrieben habe. Dem möchte ich einen weiteren Aspekt hinzufügen. Vor gut einem Jahr legte meine Fraktion eine Studie zu Entwicklungsproblemen der Berliner Bürger- und Ordnungsämter auf dem Weg zu einer bürgernahen Dienstleistungseinrichtung vor, die viel Anerkennung fand, unter anderem auch im CDU-Facharbeitskreis Ordnung und Sicherheit. Nun liegen drei Anträge der CDU vor, die ziemlich deckungsgleich mit wesentlichen Gedanken aus unserer Studie sind. Ein Schelm, der Arges dabei denkt!
Ihre Anträge verlangen erstens die Erarbeitung eines einheitlichen Leitbildes für die Ordnungsämter, zweitens deren engere Verknüpfung mit dem bürgerschaftlichen Engagement sowie drittens Kooperation mit der Polizei
und zugleich rechtliche Abgrenzung von den polizeilichen Vollmachten. In dieser Hinsicht – das ist kein Wunder bei dieser Quellenlage – sind wir anderer Auffassung als der Kollege Birk sie vorgetragen hat, denn das sind wirklich zentrale, wichtige Fragen; die haben mehrere, u. a. auch wir, schon lange thematisiert. Aber anders als Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, haben wir nicht den Eindruck, als stünden wir hier erst am Anfang. Nein, die Praxis zeigt, dass es durchaus bereits eine Reihe positiver Entwicklungen gibt.
Aber ein Grundproblem ist unbestritten – da stimme ich auch mit dem Kollegen Juhnke überein –: Oftmals richten die Bevölkerung, die Medien – Kollege Birk hat es eben erwähnt –, auch die Politik völlig überzogene Ansprüche an die Ordnungsämter. Oft werden dabei die Grenzen sowohl zum zivilgesellschaftlichen Engagement als auch zur Polizei verwischt. Und immer öfter werden die Ordnungsämter bereits bei Konflikten angerufen, die früher im nachbarschaftlichen Gespräch ihre unkomplizierte Klärung fanden. Daraus folgerten und folgern wir dreierlei: Erstens muss eine Öffentlichkeitsarbeit verstärkt und zuweilen erst entwickelt werden, die die Aufgaben der Ordnungsämter ebenso verdeutlicht wie sie zeigt, was diese nicht können und auch nicht sollen.
Zweitens ist noch wesentlich mehr Kooperation erforderlich, bei der das Ordnungsamt den zivilen und nachbarschaftlichen Konfliktaustrag unterstützt und befördert, ihn aber nicht ersetzt. Deshalb müssen zusätzlich zu dem, was es schon an Zusammenarbeit mit den Quartiersmanagementbeiräten, mit Kiezbeiräten, mit Nachbarschaftszentren, mit Bürgerinitiativen gibt, weitere Wege gefunden werden, das gesellschaftliche Engagement für eine zivile Lebenskultur zu befördern und den Einsatz der Ordnungsämter, vor allen Dingen der Außendienste, auf die Ultima Ratio zu begrenzen.
Drittens brauchen wir weitere rechtliche Abgrenzungen – da stimmen wir völlig überein – zu den polizeilichen Befugnissen. Wir benötigen, wo es solche noch nicht gibt, überall Kooperationsbeziehungen zwischen dem jeweiligen Polizeirevier und dem Ordnungsamt.
Ich möchte gern meine Gedanken zu Ende bringen. – Wir brauchen fruchtbare Kooperation und keine unfruchtbare Konkurrenz. Deshalb haben die Koalitionsfraktionen diese Fragen zum Anlass genommen, daraus ebenfalls einen Antrag entwickelt, der nach unserer Planung in die nächste Tagung dieses Parlaments eingebracht werden soll. Wir haben aber mit diesem Antrag ganz bewusst gewartet, weil ein langer Prozess stattgefunden hat, weil die Rahmenzielvereinbarung mit den bezirklichen Ordnungsämtern abgeschlossen werden sollte. In diese sind eine Reihe von unseren Überlegungen eingeflossen. Und
erst jetzt, da sich zum Beispiel zeigt, dass die Bereitschaft zur engen Verknüpfung mit dem bürgerschaftlichen Engagement in einigen Bezirken ganz unterschiedlich ausgeprägt ist, haben wir dieses Anliegen in einen Parlamentsantrag gegossen, der sich in vielem mit den Intentionen der CDU deckt. Deshalb denke ich, dass wir durchaus im Fachausschuss gemeinsam einen Weg finden können, zumindest diese beiden Anträgen mit unserem Antrag zusammenzuführen und wirklich einen Schritt voranzukommen.
Zu den nächsten Anträgen – ich habe sie auch gelesen, der Pressemitteilung entnommen – habe ich allerdings dieselben Bedenken, die hier schon geäußert worden sind. Hier scheint mir die Gefahr eines Rückfalls in alte Denkmuster, was die Fragen von Ordnung und Sicherheit betrifft, durch die CDU vorzuliegen. – Danke schön!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor einigen Monaten verglich die Finanzverwaltung die Verwaltungskosten in den Berliner Bezirken mit denen in anderen Kommunen außerhalb Berlins. Das Ergebnis war für die Bezirke deprimierend: Überall woanders gab es die angeblich gleichartigen Leistungen zu niedrigeren Kosten. Daraus zog die Finanzverwaltung die Schlussfolgerung, dass die Bezirke mit weniger Geld auskommen könnten, wenn sie sich die Erfahrungen anderer Kommunen beim effizienten Umgang mit Geld aneigneten. Dieser Vergleich hat viel Aufregung ausgelöst – und zu Recht. Auch wir waren und sind – ebenso wie der Rat der Bürgermeister – der Auffassung, dass ein reiner Kostenvergleich bei Verwaltungsdienstleistungen nur dann möglich ist, wenn es sich um die gleichen Leistungsqualitäten handelt.
Eine gleichartige Leistungsqualität ist zwischen unseren Bezirken und den meisten anderen Kommunen nicht gegeben. Wir sind in Berlin bei aller Kritik im Einzelnen auf dem Weg zu einer bürgernahen Dienstleistungsverwaltung weit vorangeschritten. Bei uns sind Maßstäbe zur allgemeinen Norm geworden, über die man woanders noch gar nicht nachdenkt. Auch unabhängige Expertisen bescheinigen Berlin genau dieses. Längst ist es bei uns zum Beispiel üblich, dass in den Bürgerämtern alle Anliegen, mit denen der Einzelne kommt, aus einer Hand und zumeist sofort erledigt werden. Durchgesetzt hat sich das Lebenslagenprinzip, das heißt, wer sich ummeldet, wird auf eine Reihe weiterer, damit in Zusammenhang stehender Leistungen aufmerksam gemacht, zum Beispiel, ob man die Autozulassung ändern muss, einen Kitaplatz beantragen muss, ob die Hundesteuer umgemeldet werden muss usw. Das wird dann sofort erledigt. Mit den mobilen Bürgerämtern und dem Ausbau des Online-Behördengangs hat längst ein grundlegender Wandel in der Verwaltungskultur begonnen, denn immer öfter kommt das Amt zum Bürger und werden Behördengänge überflüssig. Erwähnen möchte ich auch die durchgängige Einrichtungen von Spät- und Wochenendsprechstunden sowie die elektronische Sofortbearbeitung von Bürgeranliegen.
Das alles gibt es in Berlin. Das ist der Leistungsumfang in Berlin, und das gibt es oftmals nirgendwo anders. Das ist in hohem Maße bürgernah, aber mit einer völlig anderen Kostenstruktur verbunden, als wenn es sich nur um die Entgegennahme von Anträgen handelt, wie es anderswo oft noch der Fall ist. Kurz, all das muss man beachten, wenn man Verwaltungsleistungen miteinander vergleichen will. Genau das hat der Rat der Bürgermeister gefordert, und ich wiederhole: zu Recht.
Die CDU hat nun die Kritik des Rates der Bürgermeister aufgenommen und daraus einen Antrag formuliert. So berechtigt die Kritik der Bürgermeister war, so irreführend und so unseriös ist der CDU-Antrag. Wir sehen das vor allem aus drei Gründen:
Erstens. Im RdB gab es durchaus auch Zustimmung zu einzelnen Seiten des insgesamt umstrittenen Vergleichs. Spätestens als sich ein Bürgermeister vor Ort umgesehen hatte, bekam die Diskussion eine sachliche und konstruktive Ebene. Mit einer reinen Ablehnung hatte diese Diskussion nichts mehr zu tun. Das reflektiert der CDUAntrag auf keinen Fall.
Zweitens. Die CDU greift einen einzelnen Vergleich auf und macht gewissermaßen Pars pro Toto aus dieser unzureichenden Grundlage jegliche Vergleiche nieder, die der Senat dankenswerterweise unternimmt.
Drittens. Daraus leitet die CDU die Grundintention ihres Antrags ab, dass man den Senat erst einmal zu seriösen Vergleichen zwingen müsse.
Alle diese drei Punkte entsprechen nicht der Realität. Darüber haben wir im Ausschuss ausgiebig diskutiert.
Wir wollten aber den Antrag nicht grundsätzlich ablehnen, weil das grundsätzliche Anliegen des RdB auch das unsere ist. Deshalb haben wir drei Änderungen eingereicht und in einer Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verwaltungsreform verankert:
Erstens. Der Senat muss unterstützt werden, denn Berlin gehört zu den Pionieren, wenn es um seriöse Verwaltungsvergleiche geht. Die allermeisten Vergleiche sind seriös und professionell. Das wird auch, bis auf die Opposition in diesem Haus, wie wir gehört haben, von niemandem bestritten. Der Widerstand gegen solche Vergleiche kommt von anderen Ländern und Kommunen. Hier braucht der Senat die deutliche Unterstützung, so weiterzumachen. Er braucht die Stärkung durch das Parlament, und er braucht keine ungerechtfertigten Schmähungen.
Zweitens.
Darf ich noch zwei Sätze sagen?
Wir wollen nicht nur die bezirkliche Ebene vergleichen, sondern wir wollen die gesamten Verwaltungen für Vergleiche öffnen.
Drittens. Es geht nicht darum, einzelne Kriterien für einen Einzelfall aufzugreifen und sie für immer zu stabilisieren und zu statuisieren, sondern es geht darum ein demokratisches Verfahren zu finden, damit alle Betroffenen beteiligt werden bei der jeweiligen Erarbeitung der Kriterien für den konkreten Vergleich. Das ist der Sinn unserer Änderungen. Ich bitte Sie herzlich, diesen zuzustimmen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Personalbedarf und Personalentwicklung sind ganz zentrale und auch wichtige Momente zur Steuerung des Verwaltungshandelns, zumal in den nächsten Jahren – wie
hier schon richtig gesagt worden ist – ein großer Teil des Personals ausscheiden wird.
Wenn wir uns diesen Fragen widmen, kreuzen sich eigentlich drei Prozesse. Das ist erstens die altersbedingte Fluktuationsquote, die in den nächsten 10 Jahren fast 40 Prozent erreichen wird.
Zweitens haben wir in der Tat in Berlin momentan keine ausgewogene Altersstruktur im öffentlichen Dienst, weil es in früheren Zeiten eine sehr üppige Überausstattung gab, was unter Rot-Rot einen generellen Einstellungsstopp erforderlich machte.
Drittens gibt es gravierende Umbrüche bei den Verwaltungsverfahren, vor allen Dingen bewirkt durch den Einsatz moderner Technologien. Das führt dazu, dass zum Glück nicht jede frei werdende Stelle neu besetzt werden muss. In diesem Spektrum, in der Verbindung solcher Prozesse, gestaltet sich die Ermittlung des Personalbedarfs und der gesamte komplizierte Prozess der Personalentwicklung.
Ihr Antrag zielt also in der Tat auf ein zentrales Problem der Zukunft unseres öffentlichen Dienstes. Trotzdem lehnen auch wir Ihren Antrag ab. Dafür gibt es für uns drei besonders wichtige Gründe. Ich möchte sie kurz nennen:
Erstens: Seit längerer Zeit werden in der Berliner Hauptverwaltung, in den einzelnen Senatsverwaltungen und ihren nachgeordneten Einrichtungen, Personalbedarfsanalysen und Personalentwicklungspläne aufgestellt. Dies erfolgt allerdings dezentralisiert in der Hauptverwaltung, in den nachgeordneten Einrichtungen und übrigens auch in den Bezirken. Dazu wurde des Öfteren – wir haben das im Ausschuss thematisiert – in Antworten auf Kleine Anfragen informiert. Im Verwaltungsreformausschuss vor drei Wochen hat der zuständige Staatssekretär das ausführlich dargestellt. Inzwischen gibt es eine Senatsvorlage, die dezidiert darüber Auskunft gibt und dem Parlament zugeleitet wird, wenn sie im Senat beschlossen ist. Das ist das Dokument, worauf Herr Statzkowski zielte, das im Augenblick noch nicht zur allgemeinen Verfügung steht.
Es wird also bereits ziemlich viel gemacht, auch wenn Sie das bestreiten. Genauer gesagt wird viel mehr gemacht, als Sie es mit Ihrem Antrag – das schreiben Sie – erst initiieren wollen. Ich sage es kurz und teile an diesem Punkt die Auffassung meiner Kollegin Flesch, dass die Realität in Berlin deutlich weiter ist als der von der FDP angestrebte parlamentarische Wille. Damit ist Ihr Antrag schlicht überflüssig.
Zweitens: Unsere Debatte im Verwaltungsreformausschuss hat gezeigt, dass die dezentrale Verantwortung für ein modernes Personalmanagement für die Bedarfsermittlung, für die Personalentwicklung der richtige Weg ist. Dort liegt das konkrete Know-how über die Zukunft der konkreten Aufgabenbereiche, der Personalsituation und
über den Personalbedarf. In Ihrem Antrag aber zielen Sie auf ziemlich zentrale Maßnahmen ab. Das ist aus den eben genannten Gründen nicht der richtige Ansatz. Die zentrale Verantwortung des gesamten Senats besteht hingegen in der Lösung übergreifender Fragen. Die haben Sie gerade ein wenig heruntergespielt, Herr Kollege Statzkowski. Das sind aber zentrale Fragen. Ich nenne sie einmal kurz.
Die erste Frage ist, wie der Personalbedarf angesichts der durchgängigen Technisierung und Automatisierung der Verwaltungsprozesse wirklich zu ermitteln ist. Es ist nicht mehr jede frei werdende Stelle neu zu besetzen. Was ist der wirkliche Bedarf? – Das ist nicht so einfach. Zweitens: Wie müssen das Dienst- und das Laufbahnrecht modernisiert werden, damit die jetzigen Einstellungsprivilegien – der Staatssekretär machte deutlich darauf aufmerksam, das wissen wir auch alle – für Juristen und klassische Verwaltungswirte zugunsten von Fachexperten und Spezialisten für Public Management durchbrochen werden können? Das ist das, worauf Sie anspielten. – Drittens: Wie öffnen wir eigentlich die Führungsetagen des öffentlichen Dienstes für Seiteneinsteiger? Das brauchen wir doch. – Viertens: Wie können wir begabte junge Leute, modern ausgebildet, schnell in Führungspositionen bringen, ohne dass sie erst diese kleinteilige Tour durchlaufen müssen und ohne erst ihre Jahre in untergeordneten Stellungen absitzen und dort versauern zu müssen? Das sind alles keine phantastischen Utopien, sondern knallharte, reale Erfordernisse eines modernen Personalmanagements, über die sehr intensiv nachgedacht werden muss, bevor man sich auf bestimmte weiterführende, zentrale Schritte festlegen kann. Doch nichts von diesen Überlegungen, nicht einmal vom Grundsatz, findet sich in Ihrem Antrag. Und so ist Ihr Antrag nicht nur überflüssig, sondern auch unzureichend.
Das Dritte: Sie kritisieren den Senat – Sie haben es jetzt wieder getan, Herr Jotzo! –, dass er beim Personalabbau bislang nur – ich zitiere – „auf die natürliche Fluktuation“ setze. Wenn man das in den Kontext zu den in der Vergangenheit, aber auch schon in dieser Legislaturperiode oft geäußerten Forderungen Ihrer Fraktion stellt, vom Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen Abstand zu nehmen, bekommt diese Kritik eine Richtung, die wir für grundfalsch halten.
Ich bin sofort fertig. – Aus diesen drei Gründen – er ist überholt, er ist unzureichend, und wir finden ihn auch beschäftigungspolitisch und -psychologisch höchst problematisch – lehnen wir Ihren Antrag ab.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zur Großen Anfrage der FDP und zur Antwort des Senats möchte ich nur drei Anmerkungen machen.
Erstens: Das Verhältnis zwischen der gesamtstädtischen Hauptverwaltung und den Bezirksverwaltungen ist keine neu aufgetauchte Fragestellung. Man könnte es annehmen, wenn man manches der Hysterie ernst nähme, die wir gerade in den Beiträgen der Opposition gehört haben und sicher in dem dritten Beitrag auch noch hören werden. Es ist ein Dauerthema seit der Bildung von GroßBerlin zu Beginn der Zwanzigerjahre. Neu an der Debatte ist etwas anderes. Die FDP-Fraktion, die das hier aufwirft, hat seit Jahren vorgetragen, dass die Bezirke ungenau arbeiten und die Arbeit erschweren, und vor einiger Zeit Gutachten präsentiert, dass die Bezirke abgeschafft werden sollten.
Sofort! – Die von Ihnen zitierte IHK hat das noch vor wenigen Jahren ebenfalls genutzt, um die angebliche Notwendigkeit nachzuweisen, dass es keine Bezirke geben muss. Jetzt haben Sie die Bezirke entdeckt und nutzen dieses Feld, um den Senat zu kritisieren. Das ist alles ziemlich unseriös.
Ja, selbstverständlich!
Nein, nein! Dazu komme ich gleich. Ich habe erst einmal nur erklärt, was an der Debatte neu ist. – Die Hauptverwaltung und die Bezirksverwaltungen haben ein grundsätzlich widersprüchliches Verhältnis, seitdem es sie gibt. Das ist völlig normal, denn sie verkörpern unterschiedliche Interessen und Sichtweisen. Daraus erwachsen Konflikte – alle, die hier beschrieben worden sind, und sicherlich noch viel mehr. Das ist in einem gewissen Maß normal. Aber aus diesem Interessenkonflikt erwachsen auch der Zwang und die Chance zum Interessenausgleich. Und das findet in den gemeinsamen Entscheidungen des Senats und des Rats der Bürgermeister regelmäßig statt. Insofern glaube ich nicht, dass es ein nennenswertes Problem ist, dass es dieses widersprüchliche Verhältnis zwischen der Senats- und der Bezirksebene gibt.
Nein! Das ist nicht das nennenswerte Problem. Herr Birk, Sie müssen richtig lesen. – Ein Problem wäre es, wenn sich diese Konflikte hemmend auf die gesamtstädtische Entwicklung auswirkten, wenn es also ein Defekt im System wäre. Ich verweise auf meinen Kollegen Treichel. Ich erinnere daran, dass wir im Sommer in London waren. Der Ausschuss war in der letzten Legislaturperiode auch in Paris. Dort haben wir uns das Verhältnis zwischen der Gesamtstadt und den einzelnen Gliederungen angesehen. Als Ergebnis kam eindeutig heraus – da sind wir uns sicherlich einig gewesen, Herr Birk –, dass der Berliner Ansatz einer zweistufigen Verwaltung jedem Vergleich
standhält, und mehr noch, dass das Berliner Modell bei diesen Vergleichen sogar gewinnt, weil gesamtstädtische und bezirklich-kommunale Interessen ziemlich optimal ins Verhältnis gesetzt worden sind. Fazit: Wenn wir uns über mehr Eigenständigkeit der Bezirke unterhalten – und darüber muss man sich unterhalten –, dann kann es nur um die Optimierung des Vorhandenen und nicht – was nach unserer Auffassung mit der Großen Anfrage intendiert ist – um einen Kontinuitätsbruch oder gravierende Neuansätze gehen.
Zweitens: Natürlich stimmt die Forderung immer – wir haben sie auch in unserem Beschluss –, dass die Aufgaben zwischen Hauptverwaltung und Bezirksverwaltungen klarer voneinander abgegrenzt werden müssen. Aber wenn wir uns die Situation genau anschauen – seit 1995 kenne ich diese Forderung und habe in unzähligen parteiübergreifenden Arbeitsgruppen und Kommissionen mit den Bezirken gesessen, wo wir konkrete Aufgabenverlagerungen versucht haben –, dann gibt es spätestens seit dem 2. Verwaltungsreformgesetz von 1998 – das war das Abschichtungsgesetz – nicht mehr allzu viel an Aufgaben umzuverteilen. Auch da hat der Senat mit seiner Antwort völlig recht. Was wir wirklich prüfen müssen – das klingt ein wenig in Ihrer Frage an, geht aber insgesamt unter –, das ist ein anderer Grundsatz – der Grundsatz, dass derjenige, der die Verantwortung für die Durchführung einer Aufgabe hat, auch die Entscheidungskompetenz haben muss. Verantwortung und Entscheidung müssen in der Regel in eine Hand. Das ist nur unter Abwägung einer Reihe von Umständen zu erreichen. Dabei dürfen nicht nur einseitige Dezentralisierungen, sondern es müssen ebenso Rezentralisierungen ins Auge gefasst werden. Es müssen auch Splittungen analysiert und ermöglicht werden.
Drittens: Ich möchte noch ansagen – –
Ich habe auf eine Anfrage geantwortet. Ich bitte, das zu berücksichtigen. Ich möchte noch einen Satz zum politischen Bezirksamt sagen.
Ein politisches Bezirksamt, für das wir sind, hat nur einen Sinn, wenn wirklich etwas politisch zu entscheiden ist. Eine politische Koalition in einer Vollzugsverwaltung, das ist der Versuch – Herr Birk, nehmen Sie es mir nicht übel – von Parteien, die nicht genug gewählt werden und nicht stark genug sind, um einen Bezirksamtssitz zu er
erlangen, auf diese Art und Weise zu Bezirksamtssitzen zu kommen. Das ist nicht ehrlich und nicht demokratisch, sondern genau das Gegenteil. – Danke!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Achte Gesetz zur Änderung des Bezirksverwaltungsgesetzes hat die Einführung einer einheitlichen Ämterstruktur in den Bezirksverwaltungen zum Inhalt. Mit Beginn der nächsten Legislaturperiode wird also in jedem Bezirk die gleiche Verwaltungsstruktur existieren, und dasselbe Anliegen wird in jedem Bezirk von der gleichen Instanz bearbeitet werden. Das ist ohne Zweifel eine neue Qualität von Bürgernähe. Dennoch wird es für die Öffentlichkeit nahezu immer belangloser, wer was wo macht, weil sich Einwohnerinnen und Einwohner, die örtliche Wirtschaft, das Handwerk und das Gewerbe mehr und mehr an die Bürgerämter bzw. an die anderen Anlauf- und Beratungsstellen wenden oder den Behördengang per Internet nutzen können und das auch tun.
Wir haben die einheitliche Ämterstruktur deshalb zur Priorität gemacht, weil sich mit ihr neue Chancen für mehr Bürgernähe ergeben, die weit über die bloße strukturelle Transparenz hinausgehen. Die einheitliche Ämterstruktur bietet nämlich erstens beste Voraussetzungen, um nunmehr überall die Verwaltungsverfahren zu vergleichen, zu vereinheitlichen und zu vereinfachen. Zweitens werden durch die Bündelung in einem Amt die oftmals zeitraubenden Konkurrenzen und Selbstbehauptungsrituale zwischen verschiedenen Abteilungen aufgehoben. Drittens
bietet die Zusammenführung nachhaltige Chancen für Verfahrenskritik und -optimierung bis hin zur Abschaffung von Verfahren, die nur noch da sind, weil sie da sind. Diese Potenziale für mehr Bürgernähe, für weniger Bürokratie und für eine verbesserte Dienstleistungsqualität des Verwaltungshandelns müssen aber im Zuge der Vorbereitung auf diese einheitliche Ämterstruktur systematisch erschlossen werden. Sie sind nicht per se da.
Deshalb ist es gut, dass wir die einheitliche Ämterstruktur jetzt beschließen und dass ihre Einführung erst in drei Jahren, zu Beginn der nächsten Legislaturperiode geplant ist. Ab jetzt sind also noch drei Jahre Zeit, um den Prozess der strukturellen Neugestaltung mit einer nachhaltigen Verfahrensmodernisierung zu verbinden, und genau diese drei Jahre müssen wir nutzen.
Natürlich wird sich dabei unter Umständen weiterer Handlungsbedarf herausstellen. Ich will das an zwei Beispielen problematisieren. Ich denke vor allem daran, dass die Vorteile einer einheitlichen Ämterstruktur für das bürgernahe Verwaltungshandeln noch viel größer wären, wenn es auch auf der politischen Verantwortungsebene der Stadtratsressorts eine einheitliche Struktur gäbe, oder an die Modernisierung ganzer Handlungsstränge von der Haupt- bis in die Bezirksverwaltungen. Auf diese Fragen werden wir stoßen, und sie werden auch bald eine Antwort verlangen.
In den Debatten zur einheitlichen Ämterstruktur gab es zwei kräftige Konflikte. Das war erstens die vorgesehene Einordnung der Veterinär- und Lebensmittelaufsicht in die Ordnungsämter, und zweitens ist es die Zusammenführung des Tiefbaubereichs mit der Natur- und Grünflächenpflege. Hinsichtlich der Veterinär - und Lebensmittelaufsicht konnten Befürchtungen eingedämmt werden, dass mit einer Einordnung in die Ordnungsämter die Gesundheitsprophylaxe und die Verbraucherschutzaspekte verloren gehen würden. Wir haben die Erfahrungen in jenen Bezirken genau analysiert, in denen es diese Einordnung schon gibt, und es gibt solche Bezirke. Wir haben auch ein Rechtsgutachten darüber einholt, ob mit dieser Einordnung der gesetzliche Auftrag der Veterinär- und Lebensmittelaufsicht eingeschränkt werde. Die Befürchtungen haben sich dabei als nicht relevant erwiesen. Diese Prüfungen haben entscheidend zur Deeskalierung und zur Versachlichung beigetragen.
So weit sind wir hinsichtlich der Zusammenlegung von Tiefbau und Natur- und Grünflächenpflege noch nicht. Ich müsste mich sehr täuschen, wenn wir in einigen nachfolgenden Redebeiträgen nicht hören würden, dass diese Zusammenlegung das Ende der Grünflächenpflege sei. Doch wenn man sich diese Argumente genau ansieht, wie sie auch in der Anhörung in unserem Ausschuss für Verwaltungsreform gekommen sind, sieht man, dass sie unbewiesene Hypothesen und Befürchtungen sind. Hingegen gibt es aber in der Realität Bezirke, in denen eine solche Zusammenlegung bereits existiert. Dort ist sogar ein positiver Aspekt zu beobachten, nämlich die Behandlung
des gesamten öffentlichen Raums in der Einheit von Straße und Grün, und das ist doch nun wirklich bürgernah. Auch in diesem Fall denke ich, dass im Ergebnis der konträren Debatten über die geplante Zusammenlegung nunmehr eine besondere Sensibilisierung besteht und dass viel Aufmerksamkeit solchen konkreten Lösungen gelten wird, die die jetzt noch vorhandenen Befürchtungen ausschließen.
Einen wichtigen Ausschlag für unsere Zustimmung zum Gesamtpaket gab die Tatsache, dass im Rat der Bürgermeister alle entscheidenden Entscheidungen einstimmig getroffen wurden. Nie und nirgends gab es einen Antrag, auf die geplante Zusammenlegung zu verzichten. Von einigen der Kontrahenten in der Debatte wurde dann versucht, das Entscheidungsgremium und dessen Entscheidungsprozesse, also den Rat der Bürgermeister, zu disqualifizieren und das Landesparlament zu bewegen, eine andere Strukturentscheidung als der Rat der Bürgermeister zu treffen. Das machen wir nicht mit. Wenn diejenigen, die es am besten wissen müssen, nämlich die Bezirke, keinen Anlass für Veränderungen gesehen haben, dann wollen wir uns nicht arrogant über sie hinwegsetzen.
Sollte sich aber im Laufe der Zeit herausstellen, was ich persönlich nicht annehme, dass diese oder jene strukturelle Entscheidung sachgemäßer hätte sein können, haben wir im Gesetz die Möglichkeit eröffnet, dass der Senat nach Rücksprache mit den Bezirken und dem Rat der Bürgermeister die eine oder andere strukturelle Entscheidung durch Rechtsverordnung ändern kann.
Aus der Betrachtung all dessen heraus bitten wir Sie, dem Achten Gesetz zur Änderung des Bezirksverwaltungsgesetzes, sprich der einheitlichen Ämterstruktur in den Bezirksverwaltungen, heute Ihre Zustimmung zu geben. Meine Fraktion wird es tun. – Danke schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:
1. Wie viele Außeneinstellungen sind nach Ablauf des 31. März 2008 auf Grundlage des Auflagenbeschlusses des Abgeordnetenhauses in den bezirklichen Ordnungsämtern erfolgt bzw. sollen noch erfolgen?
2. Welche Entscheidung hat die Senatsverwaltung zur Finanzierung dieser Außeneinstellungen getroffen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unsere Fraktion lehnt diese vier Anträge ab, und das aus zwei Gründen. Erstens: Zwei dieser Anträge – ich komme gleich darauf – sind völlig überholt, weil die Koalition und der Senat viel weiter sind und wirkungsvoller vorgehen. Zweitens sind die beiden anderen Anträge von Handlungsvorstellungen geprägt, die sich im Verwaltungsalltag bislang nirgends bewährt haben.
Zu den überholten Anträgen gehören der FDP-Antrag zum Bürokratieabbau in Berlin sowie der CDU-Antrag zum Umgang mit elektronischem Schriftverkehr. Mit Blick auf den FDP-Antrag verdeutlichen die Erfahrungen anderer Bundesländer, z. B. in Brandenburg – die Kollegin Flesch hat schon darauf hingewiesen –, dass die größten Bürokratiebelastungen durch EU- und Bundesrecht entstehen und dass der Anteil der Landesregelungen sehr gering ist. Insofern ist das breit angelegte und aufwendige Verfahren des Nationalen Normenkontrollrats für die Länder nicht so richtig praktikabel. Selbstverständlich nehmen wir Anregungen auf. Darüber haben wir im Ausschuss auch diskutiert. Aber grundsätzlich kommen Sie mit Ihrem Antrag zu spät, denn seit vergangenem Jahr ist das Projekt „Bürokratiekostenmessung“ Bestandteil des Programms „Servicestadt Berlin“. Es werden alle Berliner Rechtsvorschriften und Gesetze danach durchgesehen, ob sie notwendig sind, wo sie zu verändern sind und welche Folgeverpflichtungen sich ergeben, vor allen Dingen für die Wirtschaft. Aus solcher Analyse – und nur daraus – ergeben sich Handlungsentscheidungen z. B. zur Vereinfachung der Erfassung von Datensätzen, der Nutzung durch mehrere Verwaltungsstellen und andere Verfahrensoptimierungen.
Der CDU-Antrag will den Umgang – das ist gesagt worden – mit elektronischem Schriftverkehr in der Berliner Verwaltung nun endlich eindeutig regeln. Aber auch in dieser Frage geht der Senat bereits weit über den Antrag hinaus. Nicht nur E-Mails bestimmen zunehmend die Verwaltungspraxis, sondern auch die elektronische Akte, das elektronische Archiv usw. Deshalb ist nicht zuerst, wie Sie es hier behaupten und wie auch die CDU beantragt hat, die Gemeinsame Geschäftsordnung der Berliner Verwaltung zu ändern, sondern, wie die Kollegin Flesch sagte, das Verwaltungsverfahrensgesetz. Dazu wird die entsprechende Regelung gegenwärtig vorbereitet.
Wir lehnen auch die beiden anderen Anträge ab, den Grünen-Antrag – Rechtsverordnungen prüfen und abbauen – und den FDP-Antrag – Entbürokratisierung leichtgemacht. Beide Anträge präferieren ein ähnliches Vorgehen, nämlich die formale zeitliche Befristung. Wer schon länger hier ist, weiß, dass einige von uns – auch ich – in der letzten Legislaturperiode eine lange Zeit einen ähnlichen Ansatz verfolgt haben. Aber dann haben wir uns umgesehen, wo so etwas gemacht wurde, und es hat sich überall gezeigt, dass eine formale zeitliche Befristung von rechtlichen Festlegungen in der Konsequenz weder nachhaltig Bürokratie einschränkt noch Kosten senkt. Wenn nämlich die Regelung wegfällt, wächst der Ermessensspielraum der Verwaltung, und das wollen wir eigentlich auch, und da zeigt das Leben, wenn der Ermessensspielraum größer wird, dass man sich im praktischen Verwaltungshandeln in der Regel weiter nach den weggefallenen Vorschriften richtet. Deshalb haben wir uns bereits in der letzten Legislaturperiode für einen anderen Weg entschieden, nämlich nach fünf bis zehn Jahren Gesetze und andere Rechtsvorschriften und Rechtsverordnungen zu evaluieren und dann ganz konkret und fallbezogen zu bewerten, ob sie noch notwendig sind, ob sie wegfallen können oder wie sie modifiziert werden müssen. Weil wir mit diesem Verfahren auf einem besseren und auch erfolgreicheren Weg sind, lehnen wir diese beiden Anträge ab. Aber wir lehnen diese Anträge – das will ich hier gerne noch einmal sagen, weil der Kollege Birk das so zum Schluss ein bisschen vorwurfsvoll äußerte – nicht deshalb ab, weil wir Ihnen nicht gönnen, einen guten Antrag zu einem guten Beschluss zu machen, sondern wir lehnen sie ab – um es klar zu sagen –, weil die Anträge schlecht recherchiert und schlecht gemacht sind.
Da haben wir ein Grundsatzproblem. In der Opposition – und da weiß ich, wovon ich spreche – ist man leicht geneigt, die Realität in ihrer Differenziertheit zu missachten, nur um die Regierung geißeln zu können.
Aber wenn auch nur im Ansatz noch der frühere Konsens bestehen sollte, dass der Klassenkampf bei der Verwaltungsreform nicht ausgerufen wird, dann müssten Sie einfach eines machen: Sie müssten genauer recherchieren, was gemacht wird, offen sein für bestimmte Modernisierungsschritte, die gegangen werden, und ihre Wirkung.
Sie müssen die tatsächlichen Widersprüche reflektieren, und Sie müssen feststellen, wo Schubkraft wirklich nötig ist. Dann werden Sie auch in diesem Haus praktikable Vorschläge vorlegen. Auch die einfache Übertragung – das sage ich jetzt in Richtung FDP – von Methoden, die vielleicht in der Wirtschaft administrativ funktionieren, von oben nach unten, und durchsetzbar wären, gehen in einer Verwaltung nicht so einfach. Hier entscheidet am Ende der Kette jede Mitarbeiterin, jeder Mitarbeiter in seiner alltäglichen Arbeit über die Umsetzung von Modernisierungsmomenten. Er oder sie muss also mitgenommen werden und sich in diesen Prozess einbringen können.
Fazit: Ich rate Ihnen zu weniger Selbstüberschätzung, zu weniger Tatsachenverweigerung und zu mehr Klarsicht und Realitätssicht, denn das ist das eigentliche Problem bei Ihren Anträgen, dass Sie nicht zur Kenntnis nehmen, was sich bewährt hat und was wirklich ist. Das große Pathos, das hier manchmal – gerade von Ihnen, von den Grünen – kommt, das ersetzt nicht dieses elementare Manko. – Danke!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Birk! Ich denke, dass Sie völlig recht haben,
dass das Verhältnis Landesebene und Bezirksebene einer grundsätzlichen Klärung, Debatte, Untersuchung usw. bedarf. Aber das hat mit dem Achten Gesetz zur Änderung des Bezirksverwaltungsgesetzes nur etwas zu tun, weil es hier um bestimmte Veränderungen im Bezirk geht. Über dieses Gesetz sind diese Diskussionen nicht zu führen. Die werden aber geführt, und wir werden sie auch führen müssen. Da gibt es viele Vorbereitungen und Positionen.
Wir sollten uns auf das Gesetz konzentrieren. Dieses Gesetz zerfällt, wenn man es genau betrachtet, in zwei Teile. Das ist die Festlegung über die einheitliche Ämterstruktur. Das sind einige wenige Änderungen, Präzisierungen von Regelungen im Bezirksverwaltungsgesetz, vor allen Dingen im Artikel 37, die durch das Vierte Verwaltungsreformgesetz ein Gemeinschaftsprojekt von mehreren Fraktionen aus diesem Haus in das Bezirksverwaltungsgesetz hineingekommen sind. Mit diesen beiden Teilen müssen wir meines Erachtens auch gesondert umgehen.
Zur Ämterstruktur schließe ich mich im Wesentlichen dem an, was der Kollege Kleineidam gesagt hat. Völlig unabhängig, ob wir mit dem Sinn einer einheitlichen Ämterstruktur einverstanden sind, müssen wir doch sagen, hier ist nichts, aber auch gar nichts von oben hineingetragen und erzwungen worden. Die Idee, die Ämter einheitlich zu strukturieren, wurde im Rat der Bürgermeister als Idee diskutiert, damals noch ohne jegliche Konsequenz. Ich war an vielen Diskussionen mit Bürgermeistern und Stadträten dabei. Alle haben gesagt, ja, das ist eine ganz
vernünftige Idee. So ist sie überhaupt erst einmal entwickelt worden. Hier gibt es also einen Konsens schon bei der Begründung dieser Idee.
Es gab einen weiteren Konsens, der darin bestand: Wenn wir eine einheitliche Ämterstruktur einführen – so haben wir es ja auch in die Koalitionsvereinbarungen geschrieben –, bitten wir diejenigen, die damit arbeiten müssen, mit der jetzigen wie der zukünftigen Verwaltung, einen Vorschlag zu machen. Das ist der Rat der Bürgermeister. Ich habe viele Kolleginnen und Kollegen aus den Bezirken kennengelernt, die bezweifelt haben, dass er das schafft. Aber er hat es mit einer sehr intensiven Arbeit geschafft. Viele Kolleginnen und Kollegen aus den Bezirken haben lieb gewordene Gewohnheiten überwunden und haben sich im Interesse einer stadtweiten Struktur zurückgenommen.
Das betrifft auch die beiden von Ihnen angesprochenen Konflikte – beide schwelen noch weiter –: die Frage, wohin die Veterinär- und Lebensmittelaufsicht gehört, ob sie eine Verbraucherschutzaufgabe oder eher eine ordnungspolitische Aufgabe ist.
Das betrifft auch die Tiefbau- und Grünflächenämter. Jetzt sind wir an dem Punkt – das finde ich ausgesprochen demokratisch –, dass der Senat gesagt hat: Wenn sich der Rat der Bürgermeister in intensiven Debatten geeinigt hat, dann kommen nicht wir und mäkeln dazwischen und bringen noch unsere Vorstellungen hinein, dann übernehmen wir diese Entscheidung eins zu eins. Ich erkläre hier für meine Fraktion, dass das auch unser Standpunkt ist. Diejenigen, die damit arbeiten müssen, haben einen Vorschlag erarbeitet, und diesen Vorschlag sollen sie realisieren. Da steht es uns nicht an, noch irgendwelche Bedenken hinzuzufügen.
Wir sind im vergangenen Jahr in allen Bezirken gewesen, bis auf den Bezirk Reinickendorf, in dem niemand Zeit für uns hatte. Wir haben keinen der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister und keinen der Stadträte getroffen – auch nicht diejenigen, die z. B. zur Veterinär- und Lebensmittelaufsicht eine andere Auffassung vertraten –, die gesagt hätten: Das wollen wir noch einmal verändern. Alle haben gesagt, dass die Einigung im Rat der Bürgermeister ein solch eigenständiger Wert sei, dass er nicht durch andere Auffassungen unterlaufen werden dürfe.
Zum zweiten Teil möchte ich folgendes bemerken: Hier gibt es nicht nur an einer Stelle Beratungsbedarf. Wir sind der Auffassung, dass die irritierende Formulierung über die Bürgerämter nicht ausgeräumt ist. Aus den Bezirken gibt es dazu etliche Bemerkungen, dass die Formulierungen zu den Bürgerämtern den Eindruck erwecken würden, als würde das Bürgeramt das gesamte Bezirksamt ersetzen. Hier, bei dem Gesetz, das wir als Fraktionen erarbeitet haben, gibt es noch einmal Beratungsbedarf.