Schauen Sie sich mal die Anmeldezahlen an – das haben Sie offensichtlich nicht getan. Die Anmeldezahlen vom 21. Februar 2011 lassen kaum Veränderungen bei der Wahl der Schulart zu den Vorjahren erkennen. Die Anmeldungen an den Gymnasien sind sogar leicht zurückgegangen – von 45 Prozent auf 44 Prozent.
Natürlich gibt es auch hier – wie das früher schon der Fall war – auf beiden Seiten besonders stark nachgefragte Schulen, die einen guten Ruf genießen. Von den insgesamt 121 integrierten Sekundarschulen sind 44 übermäßig nachgefragt, von den 94 Gymnasien sind es 39. Das ist kein neues Phänomen, das hat es schon immer gegeben, im Gegenteil: Die Zahl der besonders nachgefragten Schulen ist leicht zurückgegangen. Auch hier gibt es unterschiedliche Tendenzen in den einzelnen Bezirken, auf die ich aber nicht näher eingehen möchte. Von einer dramatischen Verunsicherung kann aber nicht die Rede sein. Was mir als bildungspolitischer Sprecherin aber viel wichtiger ist, ist die Tatsache, dass zum kommenden Frühjahr genug Lehrkräfte an Bord sind. Sie, Frau Senftleben, haben zwar bei Ihrer Begründung gesagt, Sie wollten hier den Lehrermangel nicht thematisieren. Aber mir liegt das sehr am Herzen, und deshalb freue ich mich, dass die Senatsverwaltung angekündigt hat, zum kommenden Schuljahr eine frühere Einstellung vorzunehmen, als es bei diesem Schuljahr der Fall war, wo es nicht so glatt lief, und – was mir auch sehr wichtig ist – laufend ausscheidende Lehrkräfte zum jeweiligen Monatsersten durch neue zu ersetzen. Befristete Verträge werden in unbefristete umgewandelt, und zusätzlich werden auch befristete Einstellungen, zum Beispiel wegen der erhöhten Schwangerenquote, vorgenommen. So kann dem Unterrichtsausfall durch dauererkrankte Lehrerinnen und Lehrer begegnet werden. Denn – und das ist meine feste Überzeugung – wenn wir genügend motivierte Lehrkräfte an Bord haben, können wir auch unsere Schulstruktur bestens umsetzen. – Ich danke Ihnen!
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Dr. Tesch! – Für die CDU-Fraktion hat jetzt der Abgeordnete Steuer das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich muss zu Beginn sagen: Die klare Struktur dieser Debatte ist eine gewisse Herausforderung. – Frau Dr. Tesch nahm gerade die Worte „Vorbild“, „Meilenstein“, „Vorreiterrolle“ „intensive Beratung“, „keine Verunsicherung“, „genug Lehrkräfte an Bord“ in den Mund. Dazu kann man nur sagen, dass das mit der Eigen- und Fremdwahrnehmung so eine Sache ist. Nach Auffassung von SPD und Linkspartei ist bildungspolitisch in der letzten Legislaturperiode viel bewegt worden: Schulstrukturreform, Berliner Bildungsprogramm für die Kitas, Schülerdatei, Einsteinstiftung, Sprachförderung, Ganztagsschulen.
Aber was haben diese Reformen eigentlich gebracht? Wie viele Kitakinder, wie viele Schüler, wie viele Schulen, wie viele Kitas sind dadurch besser geworden? Wie viele leistungsfähiger? Welche Reform hat eigentlich messbare Erfolge gebracht? – Die traurige Wahrheit ist doch: gar keine.
Stattdessen schaut die ganze Republik mit Sorge auf die Bildungssituation in der Hauptstadt. Viele Eltern fliehen an die freien Schulen, und jeder von Ihnen dürfte schon erlebt haben, dass er von umzugswilligen Bekannten angerufen wurde: „Wir kommen nach Berlin. In welchen Bezirk kann man eigentlich noch gehen? Auf welche Schule kann man sein Kind eigentlich schicken?“
Es ist eine verheerende Bilanz von SPD und Linkspartei, mit der sie diese Legislaturperiode beenden.
Jede zweite Schule hat Sanierungsbedarf. Rund 1 Milliarde Euro müsste investiert werden. 1 400 Lehrer sitzen dauerkrank bei voller Bezahlung zu Hause. 500 000 Stunden Unterricht fallen ersatzlos aus. Hinzu kommen unzählige fachfremd vertretene Stunden Unterricht. Die hier ausgebildeten Lehrer verlassen scharenweise die Stadt, weil sie anderswo verbeamtet werden. Die Kitaeigenbetriebe fahren vom ersten Tag an starke Verluste ein. An den Erziehern soll nun gespart werden. Mittlerweile herrscht ein eklatanter Kitaplatzmangel. Tausende Eltern suchen nach freien Plätzen in Berlin. – All diese Probleme haben SPD und Linkspartei nicht gelöst, und viele Probleme haben sich noch verschärft.
Doch es sind nicht nur die Zahlen dieses offensichtlichen Missmanagements, sondern auch die Analysen Ihrer eige
nen Reform, die das ganze Desaster Ihrer Bildungspolitik offenbaren. Schauen wir uns nur zwei Ihrer Reformen und ihre Ergebnisse an!
Reform Nr. 1 – und jetzt dürfen Sie wieder schreien: Das jahrgangsübergreifende Lernen. Jedes Jahr bleiben mehr Kinder sitzen; mittlerweile ist es fast jedes fünfte Kind. Nachweisbare positive Effekte des jahrgangsübergreifenden Lernens sind gleich null.
Das zweite Beispiel: das Berliner Bildungsprogramm in den Kitas. Jedes Jahr verschlechtern sich die Sprachkompetenzen der Kitakinder. Als es ganz schlimm wurde und Sie die Verschlechterung nicht mehr erklären konnten, haben Sie einfach den Test vereinfacht.
Aber das Frappierende: Seitdem werden die Ergebnisse wieder schlechter. Nachweisbare Effekte des Berliner Bildungsprogramm in den Kitas sind gleich null.
Herr Steuer! Sie sprachen die Sprachkompetenzen der Kinder an, die in die Kita gegangen sind. Würden Sie zur Kenntnis nehmen, dass nach den Schuleingangsuntersuchungen, bei denen sich keine Kriterien verändert haben, in den letzten Jahren die Zahl der Kinder, die besonders hohen Förderbedarf haben, abgenommen hat, und zwar wegen der Kitaerziehung?
Herr Zillich! Dass sich Ihre eigenen Analysen widersprechen, heißt ja noch nicht, dass die Situation besser geworden ist, sondern zeugt nur von dem großen Durcheinander und der mangelnden Basis, auf der Sie Ihre Reform aufgebaut haben.
Das Ergebnis nach dieser Legislaturperiode ist ganz klar: Erstens schaffen Sie es im Senat handwerklich nicht. Der Senat ist mit der Leitung dieses Mammutressorts offenbar überfordert. Und zweitens haben Sie die falschen Kon
zepte, denn keine der ideologischen Reformen von SPD und Linkspartei hat zu irgendeinem messbaren, positiven Erfolg geführt – ganz im Gegenteil.
Nun wollen Sie Ihr Missmanagement auch noch hinter geschönten Zahlen verstecken. So soll, wie wir gestern gehört haben, die Gewalt an den Schulen um 13 Prozent gesunken sein. In Wirklichkeit haben Sie vor einem Jahr nur die Meldebögen neu konzipiert.
Eine weitere Zahl: Angeblich sind die Klassen in Berlin kleiner geworden. In Wirklichkeit haben Sie es den Bezirken überlassen, sich miteinander zu verständigen. Die einen können die Klassen verkleinern, wenn die anderen die Klassen vergrößern. Im Durchschnitt sind sie so überall kleiner geworden. Was für ein Unsinn und was für eine Zahlentrickserei!
In Zahlentrickserei hätte dieser Senat eine Eins verdient; in Verlässlichkeit und Organisation allerdings eine Sechs.
Die Berlinerinnen und Berliner haben es satt, dass sie ihre Kinder zu Bildungsexperimenten missbrauchen lassen müssen. Sie haben es satt, dass überall eklatanter Personalmangel herrscht, und sie haben Vertröstungen satt. Eltern, die sich ihren Kindern gegenüber so verhalten würden, wie der Senat sich gegenüber den ihm anvertrauten Kindern verhält, wären Eltern, die ihre Kinder ständig allein lassen würden, die ihrer Aufsichtspflicht nicht nachkämen, die ihre Kinder Gewalt aussetzen würden und die ihre Kinder sich gegenseitig erziehen lassen würden, und denen würde das Jugendamt ihre Kinder schon weggenommen haben. Ihnen werden sie am 18. September hoffentlich auch weggenommen!
Ich bin mir sicher, dass sich die Situation in diesem Jahr noch zuspitzen wird, nämlich dann, wenn die ersten Eltern die Ablehnungsbescheide für die Wunschschule ihrer Kinder erhalten und wenn der Wahnsinn der von Ihnen beschlossenen Schülerlotterie in Berlin beginnt. Das bundesweit einmalige Verlosen von Schulplätzen, das jetzt unmittelbar bevorsteht, wird noch für einige Aufregung in diesem Sommer sorgen und dem Letzten in dieser Stadt klarmachen, dass Ihre bildungspolitischen Experimente gescheitert sind und Sie dafür im September dieses Jahres den Denkzettel bekommen werden.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Steuer! – Für die Linksfraktion hat jetzt die Frau Abgeordnete Dr. Barth das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Abgeordnete der FDP-Fraktion! Mit dem Thema der heutigen Aktuellen Stunde fordern Sie zu einem Rundumschlag heraus, bei dem man in der zur Verfügung stehenden Zeit keinem der tatsächlich wichtigen Felder der Bildungspolitik gerecht werden könnte, wollte man auf alle Bereiche eingehen.
Aber ich möchte für all die Kollegen, die zuvor gesprochen und zu diesem Rundumschlag ausgeholt haben, zu Beginn eine grundlegende Aussage machen: Die rot-rote Bildungspolitik hat es für das ganze Land Berlin geschafft, ein im Vergleich zu allen anderen Bundesländern hervorragendes Kitasystem aufzubauen –
und das unter den schwierigsten finanziellen Rahmenbedingungen. Da wurde ein flächendeckendes Angebot gemacht. Zurzeit sind ungefähr bei 120 000 Kindern, die dieses Angebot nutzen, welches, fachlich und personell gut ausgestattet, bereits heute den hohen fachlichen Ansprüchen einer inklusiven frühkindlichen Förderung gerecht wird und jedem Kind ein warmes Mittagessen für monatlich 23 Euro bietet. Meine Damen und Herren von der Opposition! Manch ein Bundesland würde sich eine solche Ausstattung wünschen. Sie können nur davon träumen.
Nun zu einzelnen detaillierten Ausführungen: Die rot-rote Bildungsreform ermöglicht Berlin heute eine Kitaplatzversorgung – das hatte ich schon gesagt –, hinter der andere Bundesländer weit zurückbleiben. Wenn man sich den Ländermonitor der Bertelsmann-Stiftung ansieht, dann hat Berlin bei den Kitaplätzen für die 3- bis 6Jährigen einen Versorgungsgrad von 94,9 Prozent.