Margrit Barth
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Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte auch meine letzte Rede zu Protokoll geben. Da ich ebenfalls nicht
erneut kandidiere, möchte ich mich für das Vertrauen, das mir geschenkt wurde, und für die gute Zusammenarbeit in den vergangenen 16 Jahren herzlich bedanken. Wenn es darum geht, was ich mir wünsche, könnte ich jetzt eigentlich alles wiederholen, was Frau Jantzen gesagt hat. Gerade auf dem Gebiet der Kinder- und Jugendpolitik werde ich genau mitverfolgen, wie sich das Abgeordnetenhaus weiterhin engagiert. – Alles Gute auch für Sie!
[zu Protokoll gegebener Redeteil]
Ihr Antrag zum Kinderschutz ist wohl dem Wahlkampf geschuldet. Wie sollte man ein solches Thema sonst einordnen, das kurz vor Ende der Wahlperiode mit fundamentalen Forderungen in Verbindung gebracht wird, wie z. B. umgehend ein Personalkonzept für die im Kinderschutz tätigen Dienste der Verwaltungen für die nächsten fünf Jahre vorzulegen oder eine Bestands- und Wirkungsanalyse über die in den Bezirken entstandenen Netzwerke des Kinderschutzes vorzulegen oder ein Konzept vorzulegen um Familienbildungsmaßnahmen besser in den Kinderschutz zu integrieren?
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist bedauerlich, dass Sie mit dem Thema Kinderschutz so umgehen, wie Sie es gerade wieder gezeigt haben.
Meine Damen und Herren von der CDU! Sie haben offensichtlich vergessen, dass während dieser Legislaturperiode bereits im Jahr 2007 das Konzept für ein Netzwerk Kinderschutz auf den Weg gebracht wurde. Sie scheinen auch vergessen zu haben, dass 2009 mit dem Berliner Kinderschutzgesetz wesentliche Aufgaben des Konzeptes in einen gesetzlichen Rahmen gegossen wurden. Ich darf daran erinnern, dass damit insbesondere die stärkere Beachtung frühzeitiger präventiver Angebote und die Unterstützung der aufsuchenden Elternhilfe oder von Familienbildungsmaßnahmen ermöglicht wurde. Die aufsuchende Elternhilfe ist in den Jahren 2007 bis 2009 mit jeweils 300 000 Euro gefördert worden. Wir haben dieses Projekt aufgrund der guten Ergebnisse in den Jahren 2010 und 2011 berlinweit eingeführt und mit 720 000 Euro gefördert.
Das Berliner Kinderschutzkonzept hat bundesweit und auch im politischen Raum bei Institutionen, Verbänden und Trägern große Zustimmung und hohe fachliche Akzeptanz gefunden. Dass gute und richtige Entwicklungen immer wieder auf den Prüfstand gehören, ist eine Binsenweisheit. Aber dabei muss man die tatsächliche Lage zugrunde legen und nicht wahlkampforientiert parteipolitisch missbrauchen wollen. Das kann bestenfalls dem Anliegen eines guten Kinderschutzes schaden.
Was sind aus meiner Sicht die notwendigen nächsten Schritte? – Es ist dringend notwendig, dass Ihre Parteien meine Damen und Herren von der CDU und der FDP, auf Bundesebene aus ihrem Schlaf erwachen und das dringend erwartete Bundeskinderschutzgesetz vorlegen –
einschließlich der notwendigen Finanzierungen. Und auf Landesebene muss es darum gehen, die durch die Landesarbeitsgemeinschaft Kinderschutz erarbeiten Materialien gewissenhaft auswerten und in fachpolitisches Handeln umzusetzen.
Der vorliegende Antrag der CDU hilft uns hierbei nicht weiter. Wir lehnen Ihren Antrag ab.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Kollegin von der SPD-Fraktion hat das Thema der heutigen Aktuellen Stunde bereits formuliert. Der Ende Januar vorgelegte Familienbericht 2011 mit dem Titel „Zusammenleben in Berlin“ erfüllt einerseits die Notwendigkeit einer Sozialraumberichterstattung, durch die regelmäßig die Lebenslagen von Familien unterschiedlicher Gestalt und Strukturen und damit insbesondere auch die Bedingungen des Aufwachsens von Kindern in unserer Stadt beleuchtet und zur Diskussion gestellt werden.
Andererseits handelt es sich um ein durchaus neues Instrument. Die vorherigen Familienberichte wurden bislang von der zuständigen Fachverwaltung erarbeitet und stellten vor allem ein Instrument dar, um den fachöffentlichen Diskurs zu reflektieren und zu befördern. Diesmal wurde ein anderes Verfahren gewählt, und das ist besonders hervorzuheben. Es wurde im Auftrag des Senats 2007 ein eigens gegründeter Berliner Beirat für Familienfragen ins Leben gerufen, dem die Federführung für die
Konzeption und die Umsetzung des Berichtsauftrages für die Erstellung des Familienberichtes überantwortet wurde. Dieses interdisziplinär zusammengesetzte Gremium aus 23 ehrenamtlich mitwirkenden Vertreterinnen und Vertretern der unterschiedlichsten gesellschaftlichen Bereiche lud zu einem über drei Jahre dauernden Diskussionsprozess ein, an dem sich die Fachleute aus Verbänden und unterschiedlichen Einrichtungen ebenso beteiligen konnten wie die Familien selbst. Dafür gebührt allen ein herzliches Dankeschön!
Besonders zu beachten ist das Familienverständnis, welches dem Bericht zugrunde liegt. Wir werden uns hier im Hause vermutlich einig sein, dass es verkürzt wäre, lediglich die Kernfamilien in den Blick zu nehmen im Sinne eines Familienbegriffs, der auf das Zusammenleben von Eltern und minderjährigen Kindern beschränkt bliebe. Vielmehr haben sich die Familienstrukturen in den vergangenen Jahrzehnten ohnehin gründlich verändert, bedenkt man nur, dass Berlin in hohem Maße die Stadt der Alleinerziehenden ist oder die Vorreiterrolle Berlins auch darin besteht, dass die Zahl solcher Familien stetig wächst, wo Eltern gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften die Verantwortung für die Kindererziehung übernehmen.
Der vorgelegte Bericht erfasst aber auch das Thema Familie in seiner Bedeutung für die Beziehung von Eltern zu erwachsenen Kindern oder die wachsende Bedeutung des Verhältnisses zwischen erwachsenen und berufstätigen Kindern zu deren pflegebedürftigen Eltern. Bereits aus diesen Perspektiven des Berliner Beirats für Familienfragen wird deutlich, dass eine Befassung des Parlaments mit den Themen und den Ergebnissen des Familienberichts 2011 ohnehin sinnvoll und notwendig erscheint.
Ein weiterer Grund, weshalb wir die Diskussion des Berichts als Gegenstand der heutigen Aktuellen Stunde vorschlagen wollen, besteht darin, dass es sich bei dem vorliegenden Familienbericht nicht lediglich um eine Bestandsaufnahme handelt, wie wir sie aus anderen Berichten kennen. Vielmehr formuliert der Bericht über die Beschreibung der aktuellen Lage von Familien hinaus Empfehlungen und konkrete Erwartungen an Politik und Verwaltung und unterbreitet einige eigene Vorschläge zur Überprüfung und zur Ergänzung der Angebot von Trägern der Bildungsarbeit, der Familienarbeit sowie der Jugendhilfe. In diesem Sinne hoffen wir mit der Thematisierung des Berichts im Rahmen der Aktuellen Stunde nicht nur familienpolitische Leistungen des Senats zur Diskussion zu stellen, sondern uns auch als Abgeordnete den künftigen gesellschaftspolitischen Herausforderungen zu stellen. – Ich danke Ihnen!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben in den beiden Beiträgen auf der einen Seite positive und auf der anderen Seite negative Einschätzungen zum vorgelegten Familienbericht zur Kenntnis nehmen können. Unstrittig ist aber jedenfalls – und vielleicht kann ich nun mit meinem Beitrag wieder etwas zur Sachlichkeit beitragen –, dass das Land Berlin in den vergangenen Jahren erhebliche Anstrengungen unternommen hat, um die Lebenslagen von Berliner Familien trotz schwieriger Haushaltssituation zu verbessern.
Ich nenne Ihnen dazu gern noch einmal einzelne Beispiele – gerade für die Kollegin, die den letzten Beitrag gehalten hat –: Berlin verfügt heute über ein bundesweit vorbildliches Kitasystem. Das sollten Sie auch nicht aus Ihrem Kopf herauslassen.
Ja, und wenn es zehn Mal gesagt wird. Offensichtlich reicht es ja noch nicht aus. – Dieses Kitasystem erfüllt qualitativ hohe Standards der frühkindlichen Förderung
und setzt mit einem für die Familien kostenfreien Betreuungsumfang von nunmehr sieben Stunden pro Tag auch quantitativ bundesweit Maßstäbe.
Zu Recht stellt der Familienbericht fest, dass Berlin auch darüber hinaus über ein vielfältiges und flexibles Betreuungsangebot verfügt, welches für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch tatsächlich unverzichtbar ist. Mit einer frühkindlichen Förderung von über 42 Prozent der unter Dreijährigen und über 94 Prozent der Drei- bis Sechsjährigen führt Berlin den bundesweiten Ländervergleich an und wendet damit für die frühkindliche Förderung annähernd doppelt so hohe Pro-Kopf-Beiträge auf wie manche süddeutschen Bundesländer.
In Berliner Kitas ist Inklusion bereits heute nicht mehr das politische Ziel, sondern die pädagogische Praxis. Den heutigen familienpolitischen Herausforderungen begegnen wir nicht mit Einzelleistungen, wie es die Bundesregierung mit ihrem Tropfen auf den heißen Stein versucht. Vielmehr benötigen wir weiterhin eine flächendeckende
Stärkung der Infrastruktur, die das Durchbrechen der Spiralen von Armut und Bildungsbenachteiligung zum Ziel hat. Konsequenterweise fordert die Linke die Abschaffung der Kostenbeteiligung für ein gesundes Mittagessen in Kita und Schule in einem ersten Schritt wenigstens für Kinder aus einkommensschwachen Familien. Ein erfolgreicher Anfang ist diesbezüglich bereits gemacht.
Die Autorinnen und Autoren des Familienberichts stellen hinsichtlich der Sinnhaftigkeit höherer finanzieller Aufwendungen seitens öffentlicher Haushalte für familienpolitische Aufgaben auf Seite 145 mit Recht fest – ich zitiere –:
Gute Rahmenbedingungen für Familien müssen daher nach Auffassung des Berliner Beirats für Familienfragen als zentraler Faktor für die ökonomische wie gesellschaftliche Zukunft Berlins einen entsprechend hohen Stellenwert erhalten.
Das bestätigt einmal mehr, dass Investitionen in Familien auch volkswirtschaftlich betrachtet Zukunftsinvestitionen darstellen, welche später – noch einmal Zitat –
wiederum ökonomisches Wachstum, soziale Sicherung und Wohlstand gewährleisten.
Insgesamt stellt der Familienbericht 2011 eine Bestandsaufnahme der in den letzten Jahren umgesetzten Verbesserungen dar, die sich auch in Zahlen ausdrücken lassen. Das Land wendet heute mit ca. 1,1 Milliarden Euro pro Jahr bereits 360 Millionen Euro mehr für familienpolitische Aufgaben auf als noch zu Beginn der laufenden Legislaturperiode im Jahr 2006. Zugleich beschreibt der Bericht aber auch den Handlungsbedarf, welcher ergänzend zu den positiven Entwicklungen der letzten Jahre für die nahe Zukunft dennoch festzustellen bleibt, und benennt damit politische Herausforderungen für die kommende Legislaturperiode.
Lassen Sie mich für die Linksfraktion exemplarisch vier Schwerpunkte benennen! Erstens: Familienpolitik muss gemeinsam mit Familien partizipatorisch entwickelt und praktisch umgesetzt werden. Dazu sind Beteiligungsformen zu fördern und zu entwickeln, welche sich am tatsächlichen Bedarf orientieren und nicht auf Problemlagen reduzieren. Mit Blick auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf stehen auch Arbeitgeber in der Verantwortung, und zwar sowohl, wenn es um eine bedarfsgerecht flexible Kinderbetreuung geht, als auch, wenn sich der Flexibilitätsbedarf aus der Pflegebedürftigkeit Familienangehöriger ergibt.
Zweitens: Stärker als bisher muss Familienpolitik als eine ressortübergreifende Aufgabe verstanden und von den beteiligten Verwaltungen im Zusammenwirken bewältigt werden.
Auf diesem Weg setzen wir uns für die strukturelle Stärkung der Einrichtungen und Angebote ein, in denen Kin
der ihren Alltag verbringen. Dazu gehören beispielsweise eine kostenfreie, ganztägige Förderung durch Kita und Grundschule, die Abschaffung der Bedarfsprüfung sowie in der Perspektive die Einführung eines kostenfreien Mittagessens für alle Kinder.
Drittens: Die Verbesserung der ressortübergreifenden Zusammenarbeit gilt sowohl für die Schul- und Kitapolitik oder den Ausbau eigenständiger Familienzentren, ebenso für Fragen der Stadt- und Verkehrsplanung und Umweltpolitik, um nur einige Beispiele zu nennen.
Viertens: Der mit § 16 KJHG beschriebene gesetzliche Auftrag zu einer Familienbildung, die sich an unterschiedlichen Lebenslagen orientiert, und sie zur Mitarbeit in Form der Nachbarschafts- und Selbsthilfe besser befähigen soll, kann durch die geregelte Förderung der Familienzentren realisiert werden, die neben den klassischen Bildungs- und Erziehungseinrichtungen Orte der Begegnung und der gegenseitigen Beratung im Alltag sein können. Ausdrücklich unterstützen möchte ich in diesem Zusammenhang die Feststellung des Familienberichts, wonach Stadtteil- und Kiezmütterprojekte als Form der organisierten Selbst- und Nachbarschaftshilfe den Zusammenhalt und die Entwicklung des Gemeinwesens fördern, und Unterstützung verdienen.
Als Mitglied des Berliner Beirats für Familienfragen möchte ich mich zum Ende meiner Ausführungen wertschätzend äußern, und zwar ganz im Gegensatz zu meiner Kollegin, die vor mir gesprochen hat: Unsere Zusammenarbeit war gekennzeichnet von einer gemeinsamen Sprache im Interesse der Berliner Familien.
Unterschiedliche Werte und Politikvorstellungen wurden nicht zulasten der fachlichen und fachpolitischen Verständigung ausgetragen.
Mit Blick auf die künftige Familienpolitik möchte ich ein weiteres Zitat aus dem Bericht in meinem Beitrag benennen und zustimmend feststellen:
Familienfreundliches Engagement hat noch viel Potenzial.
Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ja, mit dem CDU-Antrag – –
Das ist ein Thema, das uns alle irgendwo beschäftigt. Ich bin schon ziemlich erstaunt, dass man jetzt, mitten im April, fast am Ende der Legislaturperiode einen Antrag auf Gesetzesänderung zum Kindertagesförderungsgesetz stellt.
Ich finde, das ist ein großes Geschütz! Wenn wir uns mit dem Inhalt auseinandersetzen, beraten oder austauschen, dann gehört dazu auch, dass man eine ordentliche Analyse macht. Es ist zweifelsohne so, dass es in der Stadt sehr gut arbeitende Elternbeteiligungen gibt, und es gibt sicher auch das, was Sie, Frau Demirbüken-Wegner, geschildert haben, Bezirke, in denen kein Bezirkselternausschuss vorhanden ist.
Ja, auch in meinem Bezirk ist das seit ca. zwei Jahren so. Aber das hängt nicht damit zusammen, dass wir vielleicht eine Gesetzesänderung vornehmen müssen, sondern es hängt damit zusammen – wie meine Vorrednerinnen
auch schon gesagt haben –, dass es letzten Endes eine freiwillige Angelegenheit ist. Nachdem der Vorsitzende bzw. der Stellvertreter im BEA ausgestiegen sind, haben sich keine Eltern gefunden, die an dieser Stelle weiterarbeiten wollten. Ich wünsche mir, dass wir uns im Ausschuss etwas differenzierter damit befassen. Dann können wir sicher auch die Situation in den einzelnen Bezirken konkret durchgehen. Ich kann Ihnen schon jetzt sagen, dass es im Bezirk Lichtenberg hervorragend funktioniert.
Beispiele für und wider gibt es viele. Das würde uns allen gar nicht so schwer fallen, entsprechende Beispiele zu nennen.
Auf jeden Fall ändert das nichts an der Tatsache, dass Sie den Antrag auf Gesetzesänderung stellen. Damit kommen wir nicht weiter. Ich finde, dass Veränderungen im Hinblick auf arbeitsfähige Gremien in der Elternschaft, in der Kita von anderen Dingen abhängen. Frau Scheeres hat darauf verwiesen: Sehen wir doch das KJHG und das Kinderförderungsgesetz an. Wir wissen, dass in den Bezirken, wo es funktioniert, eine AG nach § 78 existiert. Dort gibt es auch keine Probleme. Oder – ein anderes Beispiel, an das ich mich aus meiner eigenen Erfahrung noch erinnere –: Wir haben damals im bezirklichen Jugendhilfeausschuss beschlossen, dass der bezirkliche Elternausschuss Räume und auch ein Budget erhält. Was hindert die Bezirke, hier zu handeln? Deshalb, liebe Kollegin, würde ich mich freuen, wenn wir im Ausschuss darüber weiter sprechen. Sie wissen ja, dass auch Ihr Antrag auf Gesetzesänderung konkret ein Budget im Haushalt des Landes Berlin nach sich ziehen würde. Die Haushaltsberatungen stehen vor der Tür, jetzt sind sie für das Jahr 2011 nicht mehr relevant.
Ich schlage vor, wir unterhalten uns im Ausschuss darüber gründlich,
vielleicht kommen wir dann ja genau an den Punkt, den Sie verändern möchten. Und vielleicht kommen wir erst einmal zu einer einheitlichen Position, dass wir alle dafür eintreten, dass Eltern, die sich für ihre Kinder und andere Kinder in der Kita engagieren, die notwendige Unterstützung erhalten sollen. Damit haben wir eine wichtige Aufgabe zu erfüllen. – Danke schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:
1. Ist es richtig, dass der Finanzverwaltung ein Bericht des Rechnungshofes aufgrund einer Überprüfung der Kitaeigenbetriebe vorliegt – wenn ja, wann und mit welchem Ergebnis wurde diese Überprüfung abgeschlossen?
2. Hat es bereits früher oder auch unabhängig von einer abschließenden Überprüfung Stellungnahmen des Rechnungshofes – gegebenenfalls zu Einzelaspekten der Kitaeigenbetriebe – gegeben?
Danke schön, Herr Senator! – Ich habe die Frage: In welcher Weise waren die Bezirke gegebenenfalls durch eigene Stellungnahmen daran beteiligt?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Abgeordnete der FDP-Fraktion! Mit dem Thema der heutigen Aktuellen Stunde fordern Sie zu einem Rundumschlag heraus, bei dem man in der zur Verfügung stehenden Zeit keinem der tatsächlich wichtigen Felder der Bildungspolitik gerecht werden könnte, wollte man auf alle Bereiche eingehen.
Aber ich möchte für all die Kollegen, die zuvor gesprochen und zu diesem Rundumschlag ausgeholt haben, zu Beginn eine grundlegende Aussage machen: Die rot-rote Bildungspolitik hat es für das ganze Land Berlin geschafft, ein im Vergleich zu allen anderen Bundesländern hervorragendes Kitasystem aufzubauen –
und das unter den schwierigsten finanziellen Rahmenbedingungen. Da wurde ein flächendeckendes Angebot gemacht. Zurzeit sind ungefähr bei 120 000 Kindern, die dieses Angebot nutzen, welches, fachlich und personell gut ausgestattet, bereits heute den hohen fachlichen Ansprüchen einer inklusiven frühkindlichen Förderung gerecht wird und jedem Kind ein warmes Mittagessen für monatlich 23 Euro bietet. Meine Damen und Herren von der Opposition! Manch ein Bundesland würde sich eine solche Ausstattung wünschen. Sie können nur davon träumen.
Ich hätte von Ihnen erwartet, dass Sie das zumindest an einer Stelle auch mal kundtun.
Nun zu einzelnen detaillierten Ausführungen: Die rot-rote Bildungsreform ermöglicht Berlin heute eine Kitaplatzversorgung – das hatte ich schon gesagt –, hinter der andere Bundesländer weit zurückbleiben. Wenn man sich den Ländermonitor der Bertelsmann-Stiftung ansieht, dann hat Berlin bei den Kitaplätzen für die 3- bis 6Jährigen einen Versorgungsgrad von 94,9 Prozent.
Dazu komme ich gleich. – Berlin entwickelt seine Kindertagesstätten konsequent auf der Grundlage des Berliner Bildungsprogramms als Teil des Bildungswesens und das Zug um Zug für die Eltern kostenfrei und für viele Kinder mit einem erweiterten Rechtsanspruch auf frühkindliche Förderung von mittlerweile immerhin sieben Stunden. Ihnen muss doch die Kostenfreiheit sehr aufstoßen, denn Sie benutzen dies jedes Mal als schlechtes Argument. Aber vielleicht können wir uns darüber noch etwas gründlicher unterhalten.
Frau Senftleben! Hören Sie genau hin! – Auch die unter Dreijährigen werden in Berlin bereits überdurchschnittlich gut erreicht. Mit 41,6 Prozent besuchen dreimal so viele Kinder unter drei Jahren die Kitas wie z. B. in den
FDP-mitregierten Ländern Schleswig-Holstein, Bayern oder Baden-Württemberg.
Da sollten Sie investieren! Die öffentlichen Ausgaben pro Kind unter sechs Jahren betragen in Berlin mehr als 4 000 Euro. In den Ländern, die ich eben genannt habe, beträgt der Satz ungefähr 2 000 Euro bzw. 2 300 Euro, also fast die Hälfte dessen, was für die Förderung der Kleinsten in Berlin ausgegeben wird.
Einer aktuellen Aufstellung des Paritätischen Wohlfahrtsverbands ist zu entnehmen, dass der mit den finanziellen Anstrengungen des Landes Berlin einhergehende und politisch ja gewollte Effekt – das wurde auch schon von meiner Kollegin Felicitas Tesch gesagt – auch eintritt: Mit der wachsenden Attraktivität des Betreuungs- und Förderungsangebots steigt die Nachfrage nach Plätzen. Jawohl! Allein in der Zeit von 2006 bis 2010 ist die Nachfrage hier in Berlin um mehr als 15 000 Plätze gestiegen, und die Prognose sagt, dass jährlich ein Mehrbedarf von etwa 3 000 Plätzen hinzukommt.
Die Koalitionspartner haben eine Schulreform auf den Weg gebracht, die sich ein verlässliches Ganztagsangebot für alle Schülerinnen und Schüler bis zur 10. Klasse zum Ziel gesetzt hat. Meine Fraktion Die Linke sieht an dieser Stelle durchaus noch Handlungsbedarf.
Wir wollen, dass für jedes Grundschulkind ohne Bedarfsprüfung der Besuch der offenen Ganztagsschule bis 16 Uhr möglich sein muss.
Aber lassen Sie mich auch darauf hinweisen: Eine bessere und intensive Förderung von Schulkindern ist nicht zwangsläufig gleichzusetzen mit einer längeren Hortbetreuung oder mit mehr Verschulung. Ein angemessenes Ganztagsangebot für die Fünft- und Sechstklässler sollte sich aus dieser Sicht deshalb eher an dem Modell der Ganztagsschule der Sekundarstufe orientieren und damit älter werdenden Kindern auch mehr Flexibilität und Mitbestimmung ihres Schulalltags erlauben. Das ist unsere Position. Mit diesem Beispiel mag deutlich geworden sein, dass die aktuellen Herausforderungen, welche sich aus einer in manchen Regionen stark steigenden Nachfrage nach Kitaplätzen ergeben oder die Klärung der ganztägigen Förderung älterer Grundschulkinder erfordern, nicht die Folge – so wie Sie es darstellen – politischer Versäumnisse sind, sondern vielmehr als Ergebnis der Erfolge rot-roter Bildungspolitik zu verstehen sind.
Wir selbst haben ein politisches Interesse daran gehabt, dass der Zugang für die Kinder zu den Kindertagesstätten erweitert wird. Wir selbst haben ein politisches Interesse daran gehabt, dass der Rechtsanspruch erweitert wird. Damit steigt natürlich auch die Nachfrage. Selbstver
ständlich bedarf es angemessener Konzepte, um nun auch hier hinsichtlich Platzkapazitäten und Personalbedarf in geeigneter Form nachzusteuern und Engpässe zu vermeiden. Aber es ist nicht so, wie Sie sagen, Frau Senftleben, dass der Senat die Eltern nicht unterstützt.
In einer Millionenstadt wie Berlin kann es doch wohl nicht darum gehen, dass es Aufgabe einer Zentralstelle des Senats ist, den Eltern einen Kitaplatz zu vermitteln. Das kann es doch wohl nicht sein! Wir haben uns im Ausschuss darüber ausgetauscht.
Deshalb sind wir der Auffassung, dass – so wie wir das in der Ausschusssitzung am 10. Februar auch abgestimmt haben – die bezirklichen Planungen zukünftig durch eine überbezirkliche Koordination zu ergänzen sind. Damit wird es möglich sein, spezifischen Entwicklungen, die sich von Bezirk zu Bezirk sehr unterschiedlich darstellen, besser als bisher mit geeigneten Maßnahmen der überbezirklichen und gesamtstädtischen Steuerung zu begegnen.
Von zentraler Bedeutung erscheint mir abschließend noch ein anderer Hinweis, der von Ihnen aufgegriffen wurde: Das Land Berlin steht mit seinen Jugendämtern als öffentlicher Träger der Jugendhilfe in der Gesamtverantwortung für ein angemessenes und ausreichendes Angebot an Kindertageseinrichtungen und -plätzen. Mit einem Drittel der insgesamt zur Verfügung stehenden Kitaplätze sind die Eigenbetriebe des Landes diejenigen Trägerstrukturen, mit denen die Bezirke in Abstimmung mit freien Trägern in eigener Verantwortung auf den sich verändernden Bedarf flexibel reagieren können. Der Erhaltung und Absicherung der Kitaeigenbetriebe ist nicht zuletzt deshalb eine wesentliche Funktion zur Erhaltung leistungsfähiger Jugendhilfe- und Bildungsstrukturen zuzuschreiben. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieser Tagesordnungspunkt beinhaltet konkret die Beschlussfassung über zwei Anträge der Oppositionsfraktionen – der FDP und der CDU. Das möchte ich an den Anfang stellen. Das heißt, wir haben heute über die Beschlussvorlagen abzustimmen, und wir haben dazu die inhaltliche Debatte ausführlich im Ausschuss geführt.
Herr Mutlu! Sie haben es mir etwas leicht gemacht. Ich will am Anfang auch noch einmal darauf eingehen, was in der zurückliegenden Zeit geschehen ist. Das muss noch mal festgestellt werden: Wir haben in der zurückliegenden Zeit Wesentliches auf den Weg gebracht. Nicht alle Länder haben für die Kindertagesstätten die Sprachstandsfeststellung für jedes Kind und davon ausgehend auch die individuelle Sprachförderung mit gut qualifizierten Sprachfördererzieherinnen und -erziehern. Für jedes Kind
wird in der Kita ein persönliches Sprachlerntagebuch angelegt. Auch die personelle Verbesserung, die Frau Harant nannte, trägt dazu bei. Ich will noch mal ganz deutlich sagen, dass wir auch in der Ausschusssitzung über das Qualitätspaket des Senators gesprochen und ausführlich diskutiert haben. Die darin enthaltenen Vorschläge haben nämlich die Zielstellung, die Sprachkompetenz der Kinder zu erhöhen.
Für meine Partei war es immer wichtig, alles für die frühkindliche Förderung der Kinder in den Kindertagesstätten zu tun und auch so früh wie möglich mit der Sprachförderung eines jeden Kindes zu beginnen.
Ich will mich inhaltlich nicht weiter zu diesem Punkt äußern. Wir haben das zur Genüge getan. Aber wir wissen, dass sich der Weg vom Grundsatz her bewährt hat, auch wenn das Streben nach Verbesserung natürlich in unserem Blick bleiben muss. Jetzt ist vor allem notwendig, dass die ausführenden Pädagogen, die Erzieherinnen und Erzieher und die Lehrerinnen und Lehrer, Rahmenbedingungen für Kontinuität, Stetigkeit und Langfristigkeit in der Arbeit bekommen. – Frau Senftleben! Sie wissen es auch: Erfolgreiche Pädagogik verlangt ausreichende Zeit.
Umfassendes Berichtswesen und Sprunghaftigkeit in den Anforderungen – der Weg, den Sie mit Ihren Anträgen gehen wollen – schaden nur. Deshalb sind Ihre Anträge in der vorgelegten Form nicht hilfreich, und deshalb lehnen wir beide Anträge ab.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:
1. Welchen Bearbeitungsstand hat der folgende Vorgang? Nach unserer Kenntnis sind die für Bildung sowie die für Finanzen zuständigen Senatsverwaltungen durch die Senatsverwaltung für Inneres bereits seit Februar 2010 aufgefordert, eine abgestimmte Stellungnahme dazu abzugeben, dass ein Bezirk nur dann den gesetzlichen Ansprüchen zur Finanzierung der Jugendarbeit entspricht, wenn er mindestens zehn Prozent der Gesamtjugendhilfemittel für die Jugendarbeit berücksichtigt.
2. Welche Initiativen sind denkbar, damit die Rechte der Jugendarbeit nach den in Berlin geltenden Ausführungsgesetzen in Zukunft durch die Berliner Bezirkshaushalte eingehalten werden?
Danke schön für die ausführliche Antwort! – Meine Nachfrage: Gibt es eine statistische Erfassung, aus der der Grad der Versorgung der Bezirke hervorgeht? Wenn ja, wie breit ist das Spektrum der relativen Versorgung im Vergleich der Bezirke?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU! Ich würde mir wünschen, dass Sie in den Bundesländern, wo Sie sozusagen an der Regierung sind, auch diese Probleme so benennen und dafür sorgen, dass das Kinderbetreuungsnetz so ausgebaut wird, wie wir es in Berlin haben. Dass wir in Berlin besondere Bedingungen für unsere Kinder haben, wissen wir alle, und dass wir uns dafür einsetzen, dass auch ausreichend Kitaplätze da sind, ist gar keine Frage.
Dennoch haben wir mit dem vorliegenden Antrag der CDU-Fraktion ein Thema, dem wir uns stellen müssen. Hier besteht auch seit geraumer Zeit Handlungsbedarf. Die CDU hat den Gedanken des Jugendhilfeausschusses aufgegriffen, und insofern werden wir uns im Ausschuss weiter damit auseinanderzusetzen haben.
Die der bezirklichen Kitaplatzbedarfsplanung zugrunde liegenden Bevölkerungsentwicklungsprognosen decken sich offensichtlich nicht mit der tatsächlichen Nachfrage nach Kitaplätzen, eine Entwicklung, die auch nach unserer Kenntnis mittlerweile mehrere Bezirke betrifft und von verschiedenen Aspekten bestimmt wird. Dazu gehört z. B., dass eine nicht unerhebliche Anzahl von Familien aus Stadtrandbezirken oder aus den jeweiligen Nachbarbezirken Kinder in anderen als ihren Wohnortbezirken zur Kita anmelden. Das aus guten Gründen gesetzlich verankerte Wunsch- und Wahlrecht der Eltern erlaubt über die Entscheidung über den Standort einer Kita hinaus vor allem auch das Wahlrecht bezüglich der Trägerschaft der jeweiligen Einrichtung. Eltern sind also weder örtlich noch hinsichtlich der Zugehörigkeit einer Einrichtung an das eigene Platzangebot der Berliner Jugendämter gebunden. Dass zwei Drittel der Berliner Kitaplätze von bezirksunabhängigen Trägern, von Verbänden und Vereinen angeboten werden, macht bereits die jeweilige innerbezirkliche Planung nicht leichter, geschweige denn die ebenfalls gesetzlich geforderte überbezirkliche Abstimmung.
Beachten Sie in diesem Zusammenhang, dass mit der Übertragung der Mehrzahl der Berliner Kitaplätze an freie Träger die Gewährleistungsverantwortung bzw. -verpflichtung, also die Sicherung des Rechtsanspruchs der Berliner Familien auf Bereitstellung einer ausreichenden Anzahl von Kitaplätzen, dennoch in vollem Umfang, also zu 100 Prozent, beim öffentlichen Träger verblieben ist! Die sich in manchen Bezirken und Ortsteilen abzeichnenden Abweichungen zwischen Prognosen und realer Entwicklung lassen also absehbar werden, dass in den kommenden Jahren vielerorts auch hier ein Platzmangel vorhanden sein wird, wenn wir nicht rechtzeitig gegensteuern. Im November 2010 hat der Landesjugendhilfeaus
schuss auf dieses Problem aufmerksam gemacht, und wir werden uns damit weiter befassen.
Nun zum vorliegenden Antrag der CDU-Fraktion! Ich will auch hier deutlich sagen: Der Senat ist nicht zentral verantwortlich für die Kitaplatzbedarfsplanung. Diese ist mit gutem Grund nach § 19 des Kindertagesförderungsgesetzes Aufgabe der Bezirke und sollte dies mit Blick auf die von Stadtteil zu Stadtteil sehr unterschiedlichen Wohnort- und Lebensbedingungen der Familien und ihrer Kinder auch bleiben. Dennoch ergibt sich aus meinen bisherigen Ausführungen, dass auch die Linksfraktion dringenden Abstimmungsbedarf erkennt, bei der der gesamtstädtischen Jugendhilfeplanung in Verantwortung der für Jugend zuständigen Senatsverwaltung eine koordinierende Funktion zukommen muss. Entgegen der Forderung nach einer gesamtstädtischen zentralistischen Steuerung, wie Sie sie in Ihrem Antrag verankert haben, haben wir eine ganze Reihe von zusätzlichen Fragen. Wir werden uns mit diesen Fragen in der zuständigen Ausschusssitzung befassen, und ich gehe davon aus, dass wir unter Einbeziehung dieser Ergebnisse dann auch einen überarbeiteten Antrag formulieren können. – Ich danke Ihnen!
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDUFraktion! Mit Ihrem Antrag vom 3. Januar dieses Jahres verlangen Sie, ein Konzept zur geschlossenen Unterbringung straffällig gewordener Kinder vorzulegen, obwohl durch den zuständigen Senator Prof. Zöllner erst kurz zuvor öffentlich das Konzept vorgestellt wurde, wonach es künftig in Berlin unter anderem auch mehrere Krisenplätze für entsprechend gefährdete Kinder geben wird. Ihr Antrag wäre doch auf dieser Grundlage eigentlich hinfällig gewesen. Da Sie ihn dennoch aufrechterhalten, erscheint es mir so, dass Ihre eigentliche Zielrichtung, Ihr tatsächliches Anliegen womöglich gar nicht darin besteht,
aus der Perspektive des Kindeswohls das richtige Hilfeangebot einzufordern.
Mit Blick auf die sozialpädagogischen und erzieherischen Notwendigkeiten stellt sich doch in jedem Einzelfall die Frage, ob es überhaupt sinnvoll wäre, ein betreffendes Kind gemeinschaftlich mit ebensolchen stark gefährdeten Kindern in einer eigens für mehrfach Straffällige geschaffenen Einrichtung zusammenzulegen. Die Herausforderung, vor der unsere Kinder- und Familienhilfe hier steht, ist aus meiner Sicht eine ganz andere: Die betroffenen Kinder sind in der Regel in mehrfacher Hinsicht seit vielen Jahren vernachlässigt. Ihnen wird im bisherigen Lebensumfeld ein soziales Gefüge vorenthalten, welches den Sinn eines ehrlichen, gegenseitig verbindlichen, solidarischen Umgangs miteinander vermittelt und als Wert des alltäglichen Zusammenlebens erfahrbar und kindgerecht mitvollziehbar macht. Erst auf der Grundlage solcher Erfahrungen wird die Entwicklung von Unrechtsbewusstsein eine Chance haben. Und hierfür gilt es, die erforderlichen erzieherischen Hilfen zu schaffen. Wir sind uns durchaus bewusst, vor welcher schwierigen Herausforderung in jedem Einzelfall die zuständigen Einrichtungen – von Jugendämtern über Kinder- und Jugendnotdienst bis hin zu Familiengerichten – hier stehen und dass die Bewältigung deshalb nur mit einem gut abgestimmten interdisziplinären Konzept gelingen kann.
Ihre Forderung nach einer „geschlossenen Unterbringung“, welche – mit Ihren Worten – „diesen Namen auch verdient“, zielt offensichtlich aber auf ganz andere Effekte. Geschlossene Unterbringung heißt eben: Wegsperren! Als würde damit das Problem beseitigt! Nein, mit Ihrem Antrag leisten Sie einem Bedrohungsszenario Vorschub. Deshalb stelle ich die Frage: Wollen Sie uns und die Berliner Öffentlichkeit mit Ihrem Antrag vor allem wissen lassen, dass ein am Kindeswohl orientiertes und deshalb umfassend abgestimmtes Krisen- und Clearingangebot zum Umgang mit stark gefährdeten Kindern und Jugendlichen nicht der richtige Ansatz sei – womöglich deshalb, weil dieser Ansatz nicht Ihren Vorstellungen einer durchgreifenden Staatsräson entspricht?
Lassen Sie mich abschließend feststellen: Mit der Linksfraktion wird es ein Zurückgehen in der Jugendhilfe entsprechend der überholten Vorstellung von einer „Fürsorgeerziehung“, die der „Verwahrlosung“ junger Menschen durch Strenge und Unterwerfung begegnen will, statt die erforderliche Hilfe zu leisten, definitiv nicht geben.
Danke schön, Herr Präsident! Ich habe eine Frage an die Justizsenatorin, Frau von der Aue. – Teilen Sie die Auffassung, dass es bei der Feststellung des tatsächlichen Alters straffällig gewordener Täter, die sich als Kinder und Jugendliche ausgeben, strukturelle Probleme gibt? Wenn ja – welche würden Sie benennen?
Wir gehen davon aus, dass verbindlich geregelte Standards und Verfahren zur Altersfeststellung existieren. Deswegen frage ich hier noch mal nach. Offenbar sind diese Standards und Verfahren dennoch nicht als gerichtsfeste Entscheidungsgrundlage geeignet?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:
1. Welche Möglichkeiten sieht der Senat, die gegenwärtigen Vorschläge zur Sprachförderung von Kindern im Rahmen des Qualitätspakets dahin gehend auszuweiten, dass Sprachförderbedarf vonseiten der zuständigen bezirklichen Jugendämter ohne jede weitere Bedingung als Bedarfsnachweis für den ganztägigen Besuch der Kindertagesstätte anerkannt wird?
2. Für wie viele Kinder soll die Sprachförderung durch die Kitas von drei auf fünf Stunden täglich ausgeweitet werden, und mit welcher Zunahme rechnet der Senat mit der Einführung eines verbindlichen Kitabesuches?
Vielen Dank für die Menge der Zahlen, die Sie genannt haben. Ich will meine Nachfrage auf einen Punkt konzentrieren: Können Sie sagen, wie viele Kinder in Berlin im
letzten Jahr vor der Einschulung nicht die Kita besuchten, und zwar die Kinder, die einen Sprachförderbedarf haben?
Meine Damen und Herren von der CDU, liebe Kollegin Demirbüken-Wegner! Mit Ihrem Antrag verlangen Sie vom Senat einen umfassenden Bericht über die Qualität der Sprachförderung der Berliner Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren und das in ca. einem halben Jahr.
Der Antrag ist wohl eher ein Auftrag für die Wissenschaft, sich tiefergehend analytisch und diagnostisch mit dem Thema der Sprachförderung auseinanderzusetzen, um dann zur Ableitung von geeigneten bildungspolitischen Maßnahmen zu kommen. Aber Ihr Antrag richtet sich nicht an die Wissenschaft, sondern er reiht sich in den Aktionismus von bildungspolitischen Maßnahmen ein. Experten auf diesem Gebiet machen deutlich, dass vermeintliche Erfolge in der Sprachförderung bis heute nicht sauber belegt werden können. In einem Artikel in der „Zeit“ vom 22. Oktober 2010 wird genau dieses Problem ausführlich behandelt.
In Ihrem Antrag verlangen Sie vom Senat in umfassender Weise Einschätzungen über die Ergebnisse der Sprachförderung der Berliner Kinder. Man kann sicherlich vieles untersuchen, man kann auch vieles vermuten, aber wohin soll die Reise gehen? Wo ist Ihre Zielrichtung? Aus den acht Schwerpunkten mit vielen Unterpunkten ist Ihre Zielrichtung nicht erkennbar. Ich nenne Ihnen ein Beispiel: Sie fordern vom Senat, auf den Zusammenhang zwischen Ergebnisqualität der Sprachförderung, Anzahl der Erzieherinnen und Erzieher, ihrer interkulturellen Kompetenz und der Zusammensetzung der Kitagruppe bzw. der Gruppengröße einzugehen. Allein der Zusammenhang zwischen Ergebnisqualität und interkultureller Kompetenz stellt einen umfangreichen Forschungskomplex dar. Aber vielleicht übersehen Sie gar nicht die Kompliziertheit und den Umfang der Fragestellung. In weiteren Schwerpunkten benennen Sie ziemlich willkürlich andere Zusammenhänge und Einflüsse. Wir werden sicherlich im Ausschuss tiefgründiger über Ihren Antrag beraten müssen. Bis dahin sollten Sie ihre Gründe noch einmal gut durchdenken.
Sie sollten in diesem Zusammenhang auch berücksichtigen, dass der Senator Zöllner bereits einen Schritt weiter und auch wesentlich konkreter ist, als Sie mit Ihrem Antrag. Bekanntlich hat er gerade vor wenigen Tagen die ersten Vorschläge zum Qualitätspaket „Frühe Förderung für alle – Sprachförderung im Mittelpunkt“ öffentlich vorgestellt. In dieser Vorstellung machte der Senator darauf aufmerksam, wo er im Kitabereich die eingeleiteten Qualitätsmaßnahmen inhaltlich ergänzen will, um Sprachkompetenz zu stärken und die Bildungschancen der Kinder zu verbessern.
Berlin ist auf einem guten Weg, die Kita ist für die Sprachförderung ein Erfolgsmodell. Wir sind uns mit den Experten darin einig, dass die Sprachförderung im frühen Alter ansetzen muss. Erziehungswissenschaftler verweisen darauf, dass die Sprachentwicklung eines Kindes mit fünf Jahren in den Grundzügen abgeschlossen ist. Unser Weg muss sein, allen Kindern einen Platz in einer Kindereinrichtung möglichst früh kostenlos anzubieten und für den Besuch zu werben. Die Sprachförderung im Kitaalltag hat sich bewährt. Ein Experte aus dem Brandenburger Ministerium betonte:
Die Vorstellung, mit Extrastunden Deutsch vor der Einschulung könnten Vier- oder Fünfjährige ihre Sprachdefizite aufholen, ist eine Illusion.
Es lohnt sich auch ein Blick in andere Bundesländer. Auch Hessen evaluierte ein Sprachprogramm. Dieses Programm schult vor allem Erzieher und Erzieherinnen mit Rollenspielen und Videostudien, damit sie sich sprachbewusst verhalten und im Sinne von Friedrich Fröbel die Didaktik des „begleitenden Wortes“ an die Kinder weitergeben. Das ist der richtige Weg. Hier sollte die Bildungspolitik anknüpfen.
Die Frage richtet sich an Herrn Prof. Zöllner: Welche spezifischen Maßnahmen und Einrichtungen der Jugendhilfe bietet das Land an, um obdachlose und von Obdachlosigkeit betroffene Jugendliche und junge Erwachsene in der kalten Jahreszeit Hilfestellungen und Schutz zu bieten?
Es gibt ein ganz spezifisches Projekt, das ist das Projekt „klick“, das immer obdachlose Jugendliche betreut hat. Wenn Sie nicht genau wissen, wie der Stand der Dinge ist, würde ich Sie bitten, hier noch einmal gesondert nachzufragen und sich zu erkundigen. Mir wurde gesagt, dass die Finanzierung für dieses Projekt nicht mehr gesichert ist. Die Frage also: Inwieweit ist dieses Problem für dieses Jahr in der Kälteperiode zu lösen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:
1. Wie viele Kinder sind berlinweit im Schuljahr 2010/11 von der Schulpflicht zurückgestellt, und in welchen Bezirken sind Abweichungen gegenüber den Vorjahren erkennbar?
2. Wie wird gewährleistet, dass berlinweit nach einheitlichen Standards hinsichtlich der Klärung der Zurückstellung von Schülern verfahren wird?
Ich bedanke mich erst einmal für die ausführliche Antwort. Wie wird dem dadurch entstehenden Mehrbedarf an Kitabetreuungsplätzen entsprochen? Wer trägt hierfür die zusätzlichen Kosten?
Wir reden nun zum dritten Mal direkt über Ihr Antragsthema. Sie fordern vom Senat, von der Praxis der befristeten Arbeitsverträge bei Erzieherinnen und Erziehern in den vorschulischen und schulischen Betreuungseinrichtungen abzusehen. Aus Ihrem Antrag geht nicht klar hervor, worin sie den inhaltlichen Veränderungsbedarf sehen. Nur das Thema der Befristung aufzurufen, reicht nicht. Diese Forderung ist ziemlich realitätsfern. Mein Kollege Steffen Zillich hat Ihnen, so meine ich, hinreichend erklärt, warum wir Ihren Antrag ablehnen. Es gibt auch bis heute keine neuen Erkenntnisse zu diesem Thema.
Ihr Antrag macht keinen Unterschied in der konkreten Situation zwischen den Bereichen Kindertagesstätten und Schule. Kein Wort von Erhöhung der Ausbildungskapazitäten oder der Bereitstellung zusätzlicher Haushaltsgelder. Kein Wort darüber, dass das Land Berlin ziemlich schnell mit einem Paket von gezielten Maßnahmen dem sich abzeichnenden Mangel von Erzieherinnen und Erziehern bereits erfolgreich entgegengewirkt und weiter entgegenwirken wird. Immerhin konnte in diesem Jahr eine beträchtliche Anzahl von Erzieherinnen in den Einrichtungen zusätzlich eingestellt werden. Und das ist, wie ich finde, ein gutes Ergebnis.
Wir gehen davon aus, dass in den nächsten Jahren die Umsetzung der veränderten Personalbemessung in den Kindertagesstätten weiter durch die eingeleiteten Maßnahmen erfolgen kann. Gleichermaßen haben in unserem Bereich wieder viele Berufseinsteiger eine wichtige Lebensperspektive erhalten.
Mit dem ehrgeizigen Ziel, alle Schulen zu Ganztagsschulen auszubauen, steht auch hier die Aufgabe, qualifiziertes Personal für die notwendige Qualitätsverbesserung unbefristet einzustellen. Das gilt für den öffentlichen und für den freien Träger. Hier schafft das Land die notwendigen Voraussetzungen. Davon können Sie sich, meine Damen und Herren, selbst überzeugen. Stück für Stück bewegen wir uns in die richtige Richtung.
Abschließend möchte ich hier die Gelegenheit nutzen und mich bei allen Erzieherinnen und Erziehern für ihre tagtäglich geleistete Arbeit mit den Kindern herzlich bedanken.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:
1. Welche Vorstellungen hat der Senat über die künftige Basiskorrektur von Mehraufwendungen der Bezirke bei der Umsetzung des Kindertagesförderungsgesetzes, und wie korrespondieren diese mit der politischen Absicht von Abgeordnetenhaus und Senat, Kinder intensiver in der Kita zu fördern und nicht etwa aus finanziellen Erwägungen von vorschulischer Förderung auszuschließen?
2. Was bewegt die für Finanzen zuständige Senatsverwaltung zur Annahme, dass die Bezirke nicht auf Grundlage des Kindertagesförderungsgesetzes bescheiden und die Träger nicht ihrer Informationspflicht über nicht in Anspruch genommene Plätze und Förderumfänge nachkommen würden?
Danke schön, Frau Staatssekretärin! Meine Nachfrage lautet: Inwieweit ist die für Kinder zuständige Senatsverwaltung in die Überlegungen Ihrer Senatsverwaltung einbezogen?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich einreihen und den Dank an das Büro aussprechen. Das Büro hat uns sehr unterstützt, und manch eine Petition, die wir zu bearbeiten hatten, wäre nicht zum Erfolg geführt worden, wenn wir das Büro nicht an der Seite gehabt hätten. Nochmals vielen Dank an die Kolleginnen und Kollegen dort!
Ich möchte den Dank nicht nur an den ehemaligen Vorsitzenden, sondern auch an die Kollegen richten, die in diesem Ausschuss schon über einen langen Zeitraum gearbeitet haben. Hier war eine sachliche Atmosphäre gegeben, auch wenn es manchmal etwas heiß zuging. Wir haben uns dann immer wieder besonnen, denn es geht hier an allererster Stelle wirklich um die Bürgerinnen und Bürger.
Ich will mich in meinem Beitrag auf drei konkrete inhaltliche Schwerpunkte konzentrieren. Der erste Schwerpunkt wurde von unserem jetzigen Vorsitzenden benannt – Stichwort Bebelplatz. Ich war dazu die Berichterstatterin, und deswegen will ich mich etwas ausführlicher damit befassen. Es geht um eine Petition, mit der der respektvolle Umgang mit dem Denkmal zur Erinnerung an die Bücherverbrennung auf dem Bebelplatz eingefordert wird und der sich mehr als 600 Petenten angeschlossen haben. Das wurde bereits gesagt. Das war für unseren Petitions
ausschuss Anlass genug, sich genauer damit zu befassen und anders als sonst die Öffentlichkeit ausdrücklich einzubeziehen. Die Anwesenden auf der öffentlichen Informationsveranstaltung äußerten sich klar und deutlich: Die im Boden eingelassene, versunkene und leere Bibliothek beansprucht für sich den freien, unverstellten Raum des Platzes. Dieses Anliegen unterstützten in Stellungnahmen der Berufsverband Bildender Künstler, die Akademie der Künste, der Verband deutscher Schriftsteller in Verdi, das PEN-Zentrum Deutschlands, die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde und Professorin Endlich, die als Experten eingeladen waren.
Der Petitionsausschuss hat dem Senat empfohlen, angesichts der besonderen Bedeutung des Bebelplatzes als herausragendem Gedenkort zur Erinnerung an die Bücherverbrennung vom 10. Mai 1933 und der stadträumlichen Wirkung des Kunstwerkes der Auffassung des Urhebers Micha Ullman Rechnung zu tragen und sicherzustellen, dass keine Sondernutzungsgenehmigungen für nichtkulturelle Veranstaltungen auf dem Bebelplatz vergeben werden.
Heute müssen wir leider feststellen, dass es noch immer keine angemessene und zufriedenstellende Lösung gibt. Senat und Bezirksamt Mitte haben dem Petitionsausschuss gerade erst in einer Anhörung vor ein paar Tagen mitgeteilt – heute war es in der Presse nachzulesen –, dass sie für die Fashion Week noch immer keinen gesicherten Alternativstandort gefunden haben. Von hier aus appelliere ich eindringlich an die Verantwortlichen auf Landes- und auf Bezirksebene, aber auch an die Veranstalter, sich der historischen Verantwortung zu stellen und das international viel beachtete und allseits geschätzte Mahnmal von Micha Ullman in seiner ganzen Dimension zu respektieren, und zwar an allen Tagen des Jahres.
Die Haltung der Mitglieder des Petitionsausschusses ist klar. Wenn die Exekutive dem nicht folgen will, ist das Parlament insgesamt gefordert. Ich bin zuversichtlich, dass es dem Begehren der Petenten folgt. Denn das Maß an Respekt, welches wir dem Mahnmal entgegenbringen, stellt einen Indikator für die Bereitschaft zur Übernahme der Verantwortung für Gegenwart und Zukunft dar. Ich kann mir nur wünschen, dass den politisch Verantwortlichen – und insbesondere auch dem Veranstalter – die Tragweite und die historische Verantwortung des Problems klar ist und dass es nicht zu einem Aussitzen oder Verschleppen in der Sache kommt. Das dürfen wir nicht zulassen!
Nun zum zweiten Schwerpunkt. Der Petitionsausschuss befasste sich mit dem Thema Schulhelfereinsatz. – Ich kann das ein bisschen kürzer machen, weil meine Redezeit weiterläuft. – Wir haben uns mit dem Problem beschäftigt, wir haben auch Eltern angehört bzw. haben uns die Eltern das Problem schriftlich geschildert. Ge
meinsam mit der zuständigen Senatsverwaltung haben wir sicherlich in Einzelfällen helfen können. Inzwischen hat sich ein Runder Tisch gebildet. Wir hoffen, dass die neue Verwaltungsvorschrift auf den Prüfstand kommt und dass wir das Thema Schulhelfer klären können.
Ich will nur noch ganz kurz den dritten Schwerpunkt benennen: Es geht um die Sicherstellung der nachschulischen Betreuung behinderter Kinder über das zwölfte Lebensjahr hinaus. Ich würde mir wünschen – deshalb wende ich mich heute ausdrücklich mit einer Bitte an die zuständige Senatsverwaltung: –
Helfen Sie, das Problem der außerschulischen Betreuung von lebensälteren, schwer und schwerst mehrfachbehinderten Jugendlichen endlich zu lösen! Hier ist dringend Hilfe geboten. – Danke schön!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Heute liegen uns zwei Beschlussempfehlungen zur Abstimmung vor. Ich will das noch mal wiederholen: Einmal ist es das Gesetz zur Änderung der Verfassung von Berlin, eingebracht von vier Parteien; das will ich nicht noch mal extra
Sandra Scheeres
aufzählen. Zweitens liegt uns ein Antrag der FDPFraktion vor: Kommission zur Wahrnehmung der Belange von Kindern – Berliner Kinderkommission einsetzen.
Liebe Kollegin Seibeld! Eine Gesetzesänderung muss auch zweimal gelesen werden. Offensichtlich sind Ihnen die parlamentarischen Abläufe nicht so richtig bekannt.
Da wir im zuständigen Ausschuss zu beiden Vorgängen eine ausführliche Debatte geführt haben, will ich mich jetzt auf wenige Aspekte konzentrieren. Meine Fraktion begrüßt ausdrücklich die Aufnahme von Kinderrechten in die Verfassung,
und sie begrüßt damit das Gesetz zur Änderung der Verfassung von Berlin. Unser langjähriges Bemühen war immer auf ein solches Ergebnis gerichtet. Nach wie vor können wir feststellen, dass Kinder als eigenständige Persönlichkeiten in der gesellschaftlichen Wertschätzung keine ausreichende Anerkennung finden. Jetzt haben wir die Chance, in der Verfassung von Berlin die Rechte des Kindes besser zur Geltung zu bringen – endlich. Die Änderung im Antrag zielt darauf ab, das Recht jedes Kindes auf Entwicklung und Entfaltung seiner Persönlichkeit, auf gewaltfreie Erziehung und besonderen Schutz der Gemeinschaft vor Gewalt, Vernachlässigung und Ausbeutung ausdrücklich zu verankern. Das Grundgesetz und die Verfassung von Berlin schützen die Kinder bereits, das ist wohl wahr. Aber es ist nach unserer Auffassung sinnvoll, die Rechte der Kinder deutlicher zum Ausdruck zu bringen, und das in unserer Verfassung.
Immer wieder wird die Frage gestellt: Welche praktische Bedeutung hat es, wenn Kinderrechte Verfassungsrang haben? – Sehen wir uns doch mal die aktuelle Debatte zum Thema Hartz IV an. Hier wird es sehr konkret und damit nachvollziehbar, dass ein verändertes Bild vom Kind und seiner Rechtsstellung, die Anerkennung der Kinderrechte noch nicht überall Grundlage des Handelns politisch Verantwortlicher ist. Bisher sind Kinder Regelungsgegenstand und Objekte, die zu erziehen und für die zu sorgen Elternrecht und Elternpflicht ist, über deren Einhaltung die Gesellschaft zu wachen hat. Das wird unter anderem deutlich z. B. bei der Festlegung des Regelsatzes für Sozialleistungen. Der Kinderregelsatz wird pauschal aus dem Regelsatz eines alleinstehenden Erwachsenen abgeleitet. Dieser beruht wiederum auf dem Verbraucherverhalten eines Erwachsenen. Entwicklungsspezifische Bedarfe wurden bis jetzt nicht berücksichtigt.
Das Bundesverfassungsgericht hat zwischenzeitlich durch mehrere Entscheidungen den Rechtsstatus von Kindern sichtbar gestärkt. Einige Bundesländer haben daraus Schlussfolgerungen gezogen und ihre Länderverfassung mit der Aufnahme von Kinderrechten aktualisiert. Berlin reiht sich hier ein. Darüber sind wir sehr froh. Es gibt noch viele weitere Gründe für die verfassungsmäßige Absicherung von Kinderrechten. In den Diskussionen
wurden viele benannt und vertieft, sodass ich heute in der II. Lesung der Gesetzesänderung nicht mehr darauf eingehen muss.
In Berlin haben sich Linke, SPD, Grüne und CDU für die Aufnahme der Kinderrechte in die Verfassung ausgesprochen.
Dafür möchte ich mich bei allen bedanken.
Die FDP allerdings steht abseits. Stattdessen kommen Sie nun mit Ihrem Antrag über das Einsetzen einer Kinderkommission.
Aber Sie wissen doch ganz genau, dass Ihr Vorschlag ein zahnloser Tiger ist. Wir wollen mehr Kinder- und Jugendfreundlichkeit in Berlin und mehr Möglichkeiten für Kinder und Jugendliche, damit sie sich einmischen können, mitwirken oder sich beteiligen können, und zwar in allen sie betreffenden Fragen.
Kinderinteressen nehmen wir politisch sehr ernst. In Berlin gibt es vielfältige Wege, Formen und Gremien, sodass man diese Gremien weiter unterstützen und verbessern kann. Dazu bedarf es keiner zusätzlichen Kinderkommission. Das sei zum wiederholten Mal deutlich gesagt. Und schon gar nicht nach dem Vorbild des Deutschen Bundestages. Diesen Antrag werden wir nicht unterstützen, meine Damen und Herren von der FDP!
Bis heute haben Sie nicht klarmachen können, womit Sie Ihre Einschätzung über die Qualität der Arbeit der Kinderkommission im Bundestag belegen. Ich will Sie noch einmal daran erinnern, dass die Kinderkommission im Deutschen Bundestag kein eigenes Antragsrecht, keine Kompetenzen hat und damit wenig hilfreich ist und wenig zur Anerkennung und Umsetzung von Kinderrechten beiträgt.
Aber vielleicht können Sie ja im Deutschen Bundestag anregen, dass es genau auf diesem Gebiet in der Zukunft Veränderungen gibt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:
1. Welche Instrumente der staatlichen Aufsicht werden eingesetzt, um ein Verfahren sicherzustellen, damit künftig kein Kind oder Jugendlicher in privaten und öffentlich geförderten Erziehungs- und Bildungseinrichtungen zu Schaden kommen kann?
2. Welche Maßnahmen werden ergriffen, damit Kindern und Jugendlichen, die Nötigung und Übergriffen gegen ihre körperliche und seelische Unversehrtheit ausgesetzt sind oder waren, Hilfe und Zuflucht nicht bei
Vertretern eben derjenigen Einrichtungen zugemutet wird, aus denen die Täter selbst kommen oder kamen?
Zunächst einmal vielen Dank, Herr Zöllner, für die umfängliche Antwort! Wir wissen, dass dieses Problem nicht gradlinig zu klären ist. Meine Nachfrage lautet deshalb ganz konkret: Mit welchen ergänzenden Kontrollmechanismen entspricht der Senat der besonderen Verantwortung der staatlichen Aufsicht von privaten Trägern, um der Gefahr von Fortsetzung oder Wiederholung kindeswohlgefährdender Aktivitäten wirksam vorzubeugen? Mein Schwerpunkt liegt auf den Kontrollmechanismen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 12. November haben wir in diesem Haus die Erste Lesung des Gesetzes zur beitragsfreien Förderung im Kindergarten und zur Änderung weiterer Vorschriften durchgeführt. Heute, knapp einen Monat später, werden wir es verabschieden. Das ist eine sehr kurze Zeit für ein Gesetz, das von so grundsätzlicher Bedeutung ist. Und das war nur möglich, weil sich die Initiatoren und Initiatorinnen des Kitavolksbegehrens und der Senat schnell nach dem Urteil des Berliner Verfassungsgerichts geeinigt haben. Es war nur möglich, weil der Senat den Inhalt der Einigung zügig als Vorlage – zur Beschlussfassung – im Abgeordnetenhaus vorgelegt hat und weil auch hier alle Beteiligten gut zusammengearbeitet haben. Dafür an dieser Stelle noch mal ein großes Dankeschön!
Dieses gilt ausdrücklich auch der Verwaltung des Abgeordnetenhauses. Mit der heutigen Abstimmung wird ein Gesetz auf den Weg gebracht, das einen Stufenplan für wichtige pädagogische Verbesserung in der vorschulischen Förderung beinhaltet. Es ist sicherlich nicht das Ende, aber schon zu Beginn des Jahres 2010 werden wir die Wirkungen erleben. Bereits ab Januar 2010 haben nämlich alle Kinder im Jahr vor der Einschulung einen Rechtsanspruch auf einen Teilzeitplatz im Umfang von fünf bis sieben Stunden. Ab dem 1. April 2010 wird der Personalschlüssel in den Kitas um 0,5 Kinder in allen Altersgruppen angehoben und ab dem 1. Januar 2011 um ein Kind. Ab dem 1. Januar 2011 erhalten auch die Kinder im vorletzten Kitajahr den Rechtsanspruch auf eine Teilzeitförderung. Und der Anspruch auf einen Teilzeitplatz wird auch auf zweijährige Kinder ausgedehnt, wenn sie einer besonderen Sprachförderung bedürfen. Die Kitaleiterinnen und -leiter bekommen mehr Zeit für ihre verantwortungsvolle Tätigkeit. Ab 1. Januar 2013 haben dann alle Kitakinder in Berlin einen Rechtsanspruch auf einen Teilzeitplatz. Die Kitaleiterinnen und -leiter werden noch einmal zeitlich von der Gruppenarbeit entlastet.
Aber besonders hervorheben möchte ich, dass mit diesem Gesetzentwurf an der Koalitionsentscheidung zur Fortführung der Beitragsfreiheit festgehalten wird. Es gab und gibt bis heute Meinungen, die Beitragsfreiheit im Widerspruch zur Qualitätsverbesserung diskutieren. All denen sage ich, das eine ist ohne das andere nicht zu haben. Es bleibt dabei, wir wollen möglichst viele Kinder in guten Kitas haben.
Vielleicht noch ein Wort zu Frau Jantzens Aussage: Ja, wir haben ein gutes Ergebnis erreicht. Sicherlich – und das ist völlig normal – muss man auch immer weiter darüber nachdenken, wie man die Bedingungen weiter verbessern kann. Ich denke, wir sind da auf dem richtigen Weg. Vielleicht stimmen Sie heute diesem Gesetz auch zu. Das würde mich sehr freuen.
Wir jedenfalls setzen damit unseren Reformprozess fort, den Rot-Rot mit der Übernahme von Regierungsverantwortung vor nunmehr acht Jahren eingeleitet hat.
Ich will nicht länger darüber reden, wir haben viel dazu gesagt, aber eine Äußerung dennoch: Ich habe mich heute sehr gefreut, als ich über einen Radiosender das engagierte Interview mit dem Vorsitzenden des Landeselternausschusses gehört habe. Was kann es Besseres geben, wenn die Positionen der Eltern mit den Positionen der Abgeordneten übereinstimmen? Genau das machen wir heute mit der Verabschiedung des Gesetzes. Stimmen Sie bitte diesem Gesetz zu!
Frau Demirbüken-Wegner! Es wäre vielleicht ganz gut, wenn Sie auch mit dem Landeselternausschuss noch mal in Kommunikation treten würden.
Ich habe heute deutlich vernommen, dass der Vorsitzende gesagt hat, er ist froh darüber, dass die Beitragsfreiheit mit aufgenommen worden ist.
Er hat deutlich gesagt, dass die Kita eine Bildungseinrichtung ist.
Warum soll die Kita, wenn Schule und Hochschule kostenfrei sind, nicht auch kostenfrei sein? Vielleicht muss man das einfach akzeptieren, auch wenn Ihnen das gegen den Strich geht, dann ist das so. Aber ich denke, wir haben ein gutes Ergebnis erreicht.
Und das gute Ergebnis kann man auch einfach mal so würdigen. Ich denke, da sind wir schon ein Stückchen weitergekommen. Im Übrigen können uns alle Ihre CDUgeführten Länder im Hinblick auf Kitapolitik überholen.
Da haben sie alle noch eine große Aufgabe zu leisten. Insofern vielleicht beim nächsten Mal auch die „andere Seite“ ein bisschen würdigen!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Einzelplan 10 ist im Fachausschuss ausführlich beraten worden, die Verwaltung musste in dieser Phase viele Berichtsaufträge bearbeiten.
Vielen Dank dafür! Ein Dank gilt auch den Ausschussdienstmitarbeiterinnen, die uns bei der Arbeit wieder sehr unterstützt haben.
Nun zu einzelnen Schwerpunkten unseres Haushaltes.
Zum Thema Kita ist bereits einiges gesagt worden. Hier kann ich mich auf zwei Anmerkungen beschränken. Erstens: Ich denke, dass alle Beteiligten, die es ressortübergreifend ermöglicht haben, dass heute das Gesetz mit den notwendigen Mitteln in Höhe von 85 Millionen Euro zusätzlich verabschiedet werden kann, gewürdigt werden müssen. Ich versichere Ihnen: Das ist gut investiertes Geld.
Zweitens: Die Steuerungsverantwortung der Bezirke besteht aus meiner Sicht darin, möglichst vielen Kindern diesen Förderumfang in den Kitas zu ermöglichen und damit die Kinder zu bilden, zu erziehen und zu betreuen.
Mit dem Auflagenbeschluss Nr. 99 verbinden wir die Erwartung, dass eine hundertprozentige Finanzierung durch das Land sichergestellt wird. Es kann nicht sein, dass die Bezirke wegen der positiven Auswirkungen des Gesetzes auf den Kosten sitzen bleiben. Das sage ich ganz deutlich.
Die Entwicklung im Kitabereich soll sich auch für unsere Kleinsten in der Schule fortsetzen. Hier haben wir noch einiges auf den Weg zu bringen. Das betrifft insbesondere die außerunterrichtliche Förderung an der Grundschule. Welche Schwerpunkte sehen wir da? Uns geht es um ein Regelangebot für alle Kinder in der Grundschule. Die Kinder sollen im offenen Ganztagsbetrieb bis 16 Uhr die Möglichkeit zur Förderung und Betreuung erhalten.
Sie sollen auch gleichzeitig den Zugang zu einem Mittagessen für 23 Euro erhalten.
Sascha Steuer
Es geht uns um eine solide Ausstattung, personell und sächlich, und um eine gute Qualität in der pädagogischen Arbeit. Das schließt ein, den öffentlich Beschäftigten verlässliche Rahmenbedingungen zu schaffen. Es geht uns weiterhin darum, dass die Schule ihrer Gesamtverantwortung für den ganztägigen Betrieb gerecht wird. Diese Verantwortung ist nicht nur mit freien Trägern zu erledigen. Es geht uns auch um ein Verständnis vom Ganztagsbetrieb, das diesen nicht nur auf Betreuung reduziert, sondern das Kind in seiner Ganzheit fördert.
Durch die Haushaltsberatungen konnten wir weitere Bereiche und Aufgaben stärken. Einige seien genannt: Die Jugendverbandsarbeit haben wir mit 150 000 Euro jährlich gestärkt. Das Pestalozzi-Fröbel-Haus erhält jeweils 450 000 Euro, um den Aufgaben – unter anderem der Ausbildung von Erzieherinnen – nachzukommen. In einem Auflagenbeschluss erwarten wir vom Senat Überlegungen, was aus dieser Einrichtung und dem Lette-Verein generell einmal werden soll. Es kann nicht sein, dass wir bei jedem Haushaltsentwurf – erheblich gerade beim Pestalozzi-Fröbel-Haus und beim Lette-Verein – nachbessern müssen.
Nun zum Punkt Familien: Die Berliner Familien wurden auch in unserem Haushalt gestärkt. Der Familienpass bekommt 25 000 Euro mehr, um die Angebote, insbesondere für sozial schwache Familien, auszubauen.
Die Mütterkurse werden weiter mit 420 000 Euro unterstützt. Da können die Bezirke zusätzlich ihre Angebotsstruktur sicherstellen. Das Netzwerk Kinderschutz wird weiter qualifiziert. Mit 420 000 Euro zusätzlichen Mitteln wird das Modellprojekt Aufsuchende Elternhilfe auf alle Bezirke ausgedehnt, der Ansatz für zentral durchgeführte Maßnahmen der Familienerholung ebenfalls.
Ich kann Ihnen heute an dieser Stelle versichern, dass wir ganz genau hingesehen haben und die Punkte in unserem Haushalt gestärkt haben, die wir für notwendig erachten. Natürlich können immer noch weitere Wünsche geäußert werden, und natürlich kann auch Kritik geäußert werden. Wir sind froh, dass es uns gelungen ist, diese Bereiche, die für Kinder-, Jugend- und Familienpolitik notwendig sind, zu stärken. – Danke schön!
Danke, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:
1. Wie viele Studentinnen und Studenten haben mit Beginn des Ausbildungsjahres 2009/10 in Berlin eine Ausbildung bzw. ein Studium zu einer pädagogischen Fachkraft für die Arbeit in einer vorschulischen Bildungseinrichtung aufgenommen, und wie viele davon absolvieren ein Studium auf Fachhochschulniveau?
2. Wie schätzt der Senat den Bedarf an pädagogischen Fachkräften für die Berliner Kitas jetzt und in den nächsten Jahren ein, und wie will der Senat diesen decken?
Ja, danke! – Herr Senator! Sie haben ziemlich ausführlich dargestellt, welche Aktivitäten in Berlin schon laufen. Zum letzten Satz, den Sie gesagt haben, würde mich interessieren, welche Aktivitäten vonseiten der KMK angedacht sind. Vielleicht gibt es auch auf der Bundesebene schon welche. Das würden wir gerne hören.
Danke schön! – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit der Verankerung von Kinderrechten in der Berliner Verfassung befassen wir uns schon sehr lange – da möchte ich ausdrücklich meinen Vorrednern recht geben –, nicht zuletzt im Kontext der Forderung, Kinderrechten im Grundgesetz mehr Geltung zu verschaffen. Damit haben wir uns seit Jahren auseinandergesetzt. Als eine der jüngsten Aktivitäten möchte ich den Beschluss des Rats der Bürgermeister vom Sommer dieses Jahres erwähnen. Er beschloss, sich dafür einzusetzen, dass unsere Landesverfassung dahin gehend verändert wird, dass Kinder als Träger eigener Rechte berücksichtigt werden.
Die Linksfraktion begrüßt es sehr, dass heute ein entsprechender Antrag von vier Fraktionen dieses Hauses vorliegt. Dank in diesem Zusammenhang an die GrünenFraktion, die zugunsten eines gemeinsamen Antrags ihren eigenen Antrag zurückziehen möchte, zumindest wurde das angekündigt. Wir hoffen, dass es uns gelingt, dass auch noch die FDP-Fraktion von unserem Anliegen überzeugt wird. Ein Antrag, der von allen Parteien in diesem Haus getragen wird, verleiht dem Anliegen, Kindern in unserer Gesellschaft mehr Rechte einzuräumen, noch mehr Gewicht.
Sicher trägt der vorliegende Text für die Verfassungsänderung Kompromisscharakter. Als Linke wären wir hier gerne noch einen Schritt weiter gegangen. Zum Beispiel hätten wir gern einen Rechtsanspruch des Kindes auf Bildung von Anfang an und einen entsprechend einklagbaren Platz in einer Bildungseinrichtung verankert. Das ist uns leider nicht gelungen. Mit dem heute vorliegenden Antrag machen wir einen Anfang. Das ist von mehr als symbolischer Bedeutung.
Es wird uns immer wieder die Frage gestellt, welche praktische Bedeutung es hat, wenn Kinderrechte Verfassungsrang erhalten. Zunächst ist es das Recht eines jeden Kindes, behütet und gesund aufzuwachsen, gefördert zu werden, Chancengleichheit beim Zugang und beim Erwerb von Bildung zu haben. In der UNOKinderrechtskonvention, die 1992 auch von der Bundesregierung unterzeichnet wurde, wurden erstmals umfassend Kinderrechte festgeschrieben. Erst am Dienstag dieser Woche hat der rot-rote Senat beschlossen, erneut eine Initiative im Bundesrat zu ergreifen, um die noch bestehenden Vorbehalte der Bundesrepublik endlich zurückzunehmen. Grundlage des neuen Stellenwerts von Kinderrechten ist ein verändertes Bild vom Kind und seiner Rechtsstellung. Bisher sind Kinder Regelungsge
genstand und Objekte, die zu erziehen und für die zu sorgen Elternrecht und Elternpflicht ist und über deren Einhaltung die Gesellschaft wacht. Als „passiven Anhängseln ihrer Eltern“ werden ihnen bisher eigene Rechte nicht zugestanden. Deutlich wird dies zum Beispiel bei der Festlegung des Regelsatzes für Sozialleistungen. Der Kinderregelsatz wird pauschal aus dem Regelsatz eines alleinstehenden Erwachsenen abgeleitet. Dieser wiederum beruht auf dem Verbraucherverhalten eines Erwachsenen. Entwicklungsspezifische Bedarfe werden nicht berücksichtigt. Dass Kinder- und Erwachsenenrechte nicht immer identisch sind, wird am deutlichsten im Kinderschutzfall.
Was würde sich durch eine Aufnahme von Kinderrechten in die Berliner Landesverfassung für Kinder ändern? – Die Rechtsprechung und die UNO-Kinderrechtskonvention würden in innerstaatliches Recht umgesetzt. Kinder würden als gleichwertige und gleichberechtigte Mitglieder der Gemeinschaft anerkannt. Sie wären nicht länger Objekte, sondern Träger von Grundrechten.
Zweitens: Die verfassungsmäßige Anerkennung von Kinderrechten bedeutet Konsens und Selbstverpflichtung von Politik und Gesellschaft, sich dem Gleichheitsgrundsatz entsprechend für das Wohl aller Kinder einzusetzen. Dies wäre besonders im Hinblick auf Chancengleichheit beim Zugang und beim Erwerb von Bildung und hinsichtlich des Abbaus von Benachteiligungen klarer Verfassungsauftrag.
Drittens: Kinderrechte als Grundrechte sind keine einklagbaren Leistungsrechte, doch sie sind Versprechen und Regelungsauftrag an den Gesetzgeber, Kinderinteressen bei der Gesetzgebung stets zu berücksichtigen.
Viertens: Kinderrechte mit Verfassungsrang bedeuten immer auch tägliche Aufgabe, Anspruch und Handeln zu überprüfen. Werden Kinderrechte verletzt, ist es unter Verweis auf die Landesverfassung möglich, diese Rechte geltend zu machen bis hin zur Möglichkeit einer Verfassungsbeschwerde.
Fünftens: Die Stärkung der Kinderrechte bedeutet eine Stärkung des Auftrags, Kinder an allen sie und ihre Zukunft betreffenden Entscheidungen unmittelbar zu beteiligen. So lernen sie frühzeitig, sich für ihre Rechte einzusetzen, sich als Teil der Gemeinschaft zu verstehen und an ihrer Gestaltung teilzuhaben.
Ich könnte das weiter fortsetzen, aber abschließend mit einem Wort: Die verfassungsmäßige Verankerung von Kinderrechten allein ist noch keine Garantie dafür, dass es den Kindern in Berlin schnell besser gehen wird. Doch sie ist unverzichtbare Voraussetzung dafür, Kinderrechten mehr Aufmerksamkeit und ihrer Durchsetzung eine verfassungsmäßige Rechtsgrundlage und in diesem Sinn mehr Nachdruck zu geben. – Danke schön!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:
1. Sind Schutzimpfungen gegen die sog. Schweinegrippe in Kindereinrichtungen für Personal und Kinder vorgesehen, bzw. welche Empfehlungen und Regelungen gibt es für die Inanspruchnahme der angebotenen Schutzimpfungen für Kitapersonal, Kinder und Eltern?
2. Wie bewertet der Senat das Angebot des Berliner Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte, dass seine Mitglieder zwei Tage in der Woche kostenlos in den bezirklichen Gesundheitsämtern impfen?
Vielen Dank für die Antwort, Frau Senatorin! – Ich frage jetzt nach, welche präventiven Maßnahmen den Trägern der Jugendhilfe bzw. den Kitaleitungen empfohlen worden sind, um die Möglichkeit einer Infektion einzudämmen, und welche Empfehlungen es für den Fall einer möglichen Erkrankung in einer Einrichtung gibt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Heute ist ein guter Tag für Berlin.
Der Senat hat einen Gesetzesentwurf vorgelegt, in dem die rechtlichen Grundlagen für einen Stufenplan für pädagogische Verbesserungen in den Kindertagesstätten bis 2013 gelegt werden sollen.
Dieser Stufenplan beinhaltet die Erweiterung des Rechtsanspruchs auf vorschulische Förderung, die Fortführung der Beitragsfreiheit, die Verbesserung des Personalschlüssels und eine verbesserte Leitungsfreistellung.