Protocol of the Session on March 31, 2011

Login to download PDF

Sie leiden an totaler Realitätsverweigerung, denn die Menschen in dieser Stadt wollen etwas ganz anderes. Des halb müssen wir Ihren Antrag ablehnen. Richtig ist: Der Wirtschaftsverkehr braucht Platz, und er muss fließen. Wer das will, muss die Straßen vom motorisierten Indi

vidualverkehr befreien. Das ist ganz einfach. Wer das will, darf aber auch nicht – wie die Regierungskoalition – neue Straßen in der Innenstadt und 7 000 Parkplätze bauen. Das ist irrational. Wer diese Parkplätze bewilligt und den Leuten anschließend erklärt, man brauche die A 100, um die Innenstadt von Autoverkehr freizuhalten, der ist auch fern der Realität.

[Beifall bei den Grünen]

Die Verkehrspolitik dieses Senats ist planlos, aber sie nimmt wenigstens Rücksicht auf die Sicherheitsbedürfnisse der Menschen in dieser Stadt. Das ist viel mehr, als Sie von der FDP zu bieten haben.

Meine Damen und Herren von der FDP! Sie haben ein absolut rücksichtsloses Mobilitätsbild.

[Christoph Meyer (FDP): Wieso rücksichtslos?]

Das muss Ihnen ins Stammbuch geschrieben werden. Sie verschwenden keinen Gedanken an die Lebensqualität in dieser Stadt, an die Zukunft und Sicherheit der Menschen und an die Zukunft auf dieser Erde. Das sieht man in den kleinen verkehrspolitischen Anträgen hier auf kommunalpolitischer Ebene und auf Landesebene. Das sieht man aber auch im Großen. Wenn Sie nicht ganz schnell umdenken, dann werden die Berlinerinnen und Berliner im September auch keinen Gedanken mehr an die FDP verschwenden.

[Beifall bei den Grünen]

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Hämmerling! – Herr von Lüdeke, es wäre schön, wenn Sie Ihre Kurzinterventionen anmelden würden. Sie haben das Wort!

Meine Damen und Herren! Ich war bereits bei dem CDUBeitrag versucht, mich zu melden, aber das war nicht wirklich lohnend. Aber auf den Beitrag von Frau Matuschek würde ich gerne eingehen.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Das geht nicht!]

Entschuldigung! Ich meinte Frau Hämmerling. Ich verwechsele die beiden leider häufiger, weil sie ziemlich identische Aussagen haben.

[Beifall bei der FDP]

Schön, dass Sie sich korrigiert haben. Sie beziehen sich bitte auf den Redebeitrag von Frau Hämmerling! Bitte sehr!

Sie haben zum Wirtschaftsverkehr auch ein gespaltenes Verhältnis. Das kennen wir ja aus vielen Diskussionen in den Ausschüssen. Insofern war überraschend, dass Sie

plötzlich eine perfekte Infrastruktur für den Wirtschaftsverkehr forderten. Das war neu. Bisher wollten Sie eigentlich immer, dass die Milch möglichst mit dem Fahrrad an den Läden angeliefert wird. Jetzt geben Sie den Lkws Priorität. Aber dass Sie jetzt sagen, die Lkws sollen alle fahren, aber der motorisierte Individualverkehr soll dafür aus der Stadt gedrängt werden, ist völlig absurd.

[Beifall bei der FDP]

Dann sagten Sie, wir hätten ein rücksichtsloses Mobilitätsbild. Ich weiß nicht, wo Sie leben. Unser Mobilitätsbild ist in keiner Weise rücksichtslos. Wenn Sie die Tagesordnung verfolgen, werden Sie darin einen Antrag finden, der sich mit der E-Mobilität beschäftigt.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Wirklich?]

Da sind wir überhaupt nicht rücksichtslos. Wir sind nur rücksichtslos, wenn die Autofahrer aus nicht nachvollziehbaren Gründen als Geiseln genommen und drangsaliert werden sollen. Wir verstehen nicht, warum man in dieser Stadt keine klugen Systeme einführt, die grüne Wellen möglich machen und Dauerstaus vermeiden. Ampeln sind bewusst gegeneinander geschaltet und ähnlicher Unsinn. Sie können auch als Grüne nicht vermitteln, dass das umweltpolitische Maßnahmen sind. Das ist vielmehr das genaue Gegenteil und völliger Unsinn. Dagegen wenden wir uns. Wir lassen uns deshalb nicht vorwerfen, wir hätten ein rücksichtsloses Mobilitätsbild. Das ist dummes Zeug.

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank! – Frau Hämmerling möchte antworten. – Bitte sehr!

Ich mache es kurz. – Herr von Lüdeke! Natürlich kann man nichts gegen intelligente Verkehrssteuerung und -lenkung sagen.

[Zuruf von der FDP: Aha!]

Aber warum denken Sie nicht einmal an klima- und energieschonende Verkehrspolitik? „Freie Fahrt für freie Bürger“ war in den siebziger Jahren. Sie müssen heute ein anders Bild von Mobilität entwickeln. Wenn Sie das nicht schaffen, sind Sie an der Zeit vorbei und spielen hier keine Rolle mehr.

[Beifall bei den Grünen]

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Hämmerling! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr. Ich höre keinen Widerspruch. dann verfahren wir so.

Ich rufe die Priorität der Fraktion der SPD mit dem Tagesordnungspunkt 20 auf:

Lfd. Nr. 4.2:

Beschlussempfehlung

Masterplan zur Weiterentwicklung des Kulturforums aktualisieren

Beschlussempfehlung StadtVerk Drs 16/3963 Antrag der SPD und der Linksfraktion Drs 16/3587

Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Die Fraktion der SPD beginnt.

Bevor ich der Abgeordneten Haußdörfer das Wort erteile, darf ich Sie darauf hinweisen, dass uns heute ALEX TV bis zum Sitzungsende überträgt. – Nun haben Sie das Wort, Frau Haußdörfer!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich finde es gut, dass ein Jugendfernsehsender diese Debatte überträgt. Gerade das Thema Kulturforum hat in unserem Kontext eine lange Geschichte. Was lange währt, wird endlich gut. Das könnte man nach guten und ausführlichen Beratungen im Kultur- und Stadtentwicklungsausschuss denken. Ich habe eine fachliche und auch sehr interessante Beratung erlebt. Deshalb vielen Dank an die Beteiligten, denn gerade jenseits der einst geschlagenen Wortschlachten wurde das sehr rational behandelt!

Der Beratung entnehme ich grundsätzlich andere architekturtheoretische Ansichten über die Verwirklichung diametraler Schulen, aber durchaus auch unterschiedliche Ansichten über die Verwirklichung kulturpolitischer Akzente. Das ist legitim, aber auch hier liegt der Schwerpunkt auf der Entwicklung, wie es sich in der Stadtentwicklung zeigt. Ich teile durchaus den Gedanken des Kollegen Thiel, der jetzt zwar gerade nicht mehr da ist, der aber vorgeschlagen hatte, das als Gesamtschau zu betrachten und nicht immer nur einzelne Punkte. Das tun wir in der Stadtentwicklung, aber wie so häufig werden gerade diese gesamt- und ressortübergreifenden Konzepte nicht so richtig zur Kenntnis genommen. Aber eine integrierte Stadtentwicklung ist eben ressortübergreifend und umfassend.

Das Kulturforum in seinem jetzigen Zustand kann nicht die Endform sein. Wir wissen von der architektonischen Historie, wir kennen die Geschichte: vor dem Mauerfall konzipiert und seinerzeit auf dem zur Verfügung stehenden Raum geplant. Mit dem Aufbau des Leipziger und Potsdamer Platzes ist auch das Kulturforum etwas in den Schatten geraten. Um die früheren Planungen zu vollenden, fehlen die Mittel. Ich bin der Überzeugung, dass man sich darüber Gedanken machen muss – das haben wir im Bereich unseres Antrages getan –, wie wir mittel- und langfristig zu einer nachhaltigen Entwicklung und Aufwertung des öffentlichen Raums kommen.

Das vorhandene Architekturensemble ist respektvoll zu behandeln, hier und da zu inszenieren. Ich glaube, das ist eine Selbstverständlichkeit, gerade aus Respekt vor der Architektur. Wichtige und zentrale kulturpolitische Akzente werden durch die stadtentwicklungspolitischen Bestrebungen untermauert und betont. Auch das kann eigentlich nur in unser aller Interesse sein, die Stabilisierung der kulturellen Identität des Ortes.

Im Sinn des Ortes helfen auch nicht die rückwärtsgewandten Debatten, die ich erlebt habe. Ebenso ist es mir wichtig zu betonen, dass die Vernetzung mit den angrenzenden Kiezen hergestellt werden muss. Das heißt zum Tiergarten und zum Potsdamer Platz, aber auch zum Bereich nördlich der Potsdamer Straße, denn ein solches Quartier existiert nicht im luftleeren Raum, sondern es ist entsprechend städtebaulich zu vernetzen. Das heißt eben auch, die entsprechenden Anreize für ein urbanes Leben in besonderer Lage darzustellen.

Ich möchte zusammenfassen: Die in unseren Antrag formulierten Grundsätze sind ausführlich und umfassend mit den Anrainern, mit den Interessierten, mit den Bürgerinnen und Bürgern auf Bürgerkonferenzen diskutiert worden. Sie stießen auf breite Zustimmung von allen Beteiligten. Ich freue mich deshalb tatsächlich, dass wir im Jahr 2012 die ersten aufenthaltsqualifizierenden Maßnahmen angehen werden und so zu einer weiteren Attraktivität des Kulturforums beitragen. – In diesem Sinn herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Haußdörfer! – Für die Fraktion der CDU hat jetzt der Herr Abgeordnete Dr. Lehmann-Brauns das Wort. – Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Aufenthaltsqualifizierende Maßnahmen – das Kulturforum hat eine bunte Nachkriegsgeschichte. Die Architektur hat sich durchaus mit namhaften Vertretern dort verewigt. Die kleine Kirche von Stüler, die beiden Musiktempel von Scharoun und die Nationalgalerie von Mies van der Rohe, das sind alles Ausrufezeichen, in der Sprache von Frau Lüscher „Diven“. Alt sind die Versuche, aus den Diven ein Ensemble zu machen, aus dem Platz ein Forum, aber sie sind bisher alle gescheitert, Berlin hat das nicht fertigbekommen. Gescheitert ist auch der Versuch Wisniewskis, durch ein Gästehaus im Sinn Scharouns einen Platz zu schaffen.

Unerledigt, das heißt ebenfalls gescheitert, der stimmannsche sogenannte Masterplan. Das war übrigens kein Masterplan, das war ein Horrorplan! Danach sollten die besten Grundstücke der Stiftung Preußischer Kulturbesitz an private Entwickler verhökert werden. Deren kommerzielle Bedürfnisse hätten dem Kulturforum den Rest gegeben.

Strafverschärfend kommt hinzu, dass dieser Masterplan von Stimmann gleichzeitig auch noch das Gästehaus Wisniewskis erledigt hatte, das dem Platz im Sinn Scharouns immerhin eine Geschlossenheit gegeben hätte – übrigens ohne Kosten für das Land Berlin.

Ein Blick heute auf das Kulturforum zeigt eine willkürlich zernutzte Brache in der Mitte der Stadt, die den Leuten die Lust nimmt, die Museen zu besuchen. In Ihrem Antrag, meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten, ist lediglich die Absicht zustimmungsfähig, nämlich: Weiterentwicklung des Kulturforums. Aber die Anträge und auch Ihre Rede, liebe Kollegin, zeigen, dass es sich um heiße Luft handelt, alles bleibt, wie es ist.

Ich zitiere aus diesen Anträgen. Ein Satz lautet: „Das Forum ist als öffentlicher Raum zu qualifizieren.“ – Ja, ich meine, will ihn denn jemand privatisieren? Der zweite Antrag: „Den vier architektonischen Monumenten ist der gebührende Respekt zu erweisen.“ – Also, okay, Hand an die Mütze! – Drittens: “Die freie Sichtbeziehung über den Stadtlandschaftsraum von der Nationalgalerie zur Philharmonie ist zu erhalten.“ – Ja, wer wollte denn das nicht, meine Damen und Herren?

So weit Ihr Antrag. Das ist alles! Das ist alles nichts. Vor zwei Wochen – ich komme noch einmal darauf zurück – haben wir hier über die Bauakademie und die Brache auf dem Schinkelplatz debattiert. Beim Kulturforum haben wir es mit der nächsten Brache in der Mitte Berlins zu tun. Ginge es nach der Linkspartei, vermutlich auch nach den Grünen, würde sich auch der Wiederaufbau des Stadtschlosses verflüchtigen, und wir hätten eine weitere große Brache in der Mitte der Stadt.

So ist Berlin, mit Rot-Rot-Grün! Das reimt sich, aber die Stadtpolitik bleibt ungereimt. Der Antrag von Ihnen bestätigt das. Wir werden ihn deshalb ablehnen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]