Sehr geehrte Frau Matuschek! Wir hatten das Thema Erblasten doch schon mal. Die Erblasten, die Sie als staatstragende Partei geschaffen haben, die wir im Rahmen der Wiedervereinigung bezahlen mussten, gehen um ein weites Maß über das hinaus, worüber wir im Rahmen der Wohnungsbauförderung reden – um ein weites Maß! Das muss hier erst mal gesagt werden.
Und jetzt zum Thema Wohnungsbaupolitik! Ich bin vielleicht in der Tat einen Tick zu jung, aber die Wohnungsbauförderpolitik, die hier im Land Berlin sicherlich speziell war, war eine Wohnungspolitik, wie sie in ganz Deutschland angewendet wurde, wie sie – mit unterschiedlichen Vorzeichen – als Fördermodell entsprechend skizziert war. Und – das muss man auch deutlich sagen –: Sie ist in einer Zeit groß geworden, als wir in Berlin Wohnungsnot hatten, massive Wohnungsnot.
Unter diesem Druck hat man dieses Förderinstrument immer mehr ausgeweitet, weil nicht so viele Leute in Berlin investieren wollten. Ich will es nicht verteidigen,
[Zurufe von Joachim Esser (Grüne), Wolfgang Brauer (Linksfraktion) und Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion)]
Herr Esser! Ich will es doch gar nicht beschönigen – Kostenmiete von 30 Mark ist nicht zu rechtfertigen, gar keine Frage, aus heutiger Sicht würden wir so etwas auch nie wieder tun. Aber der zwangsweise Ausstieg, den Sie durchgeführt haben, kostet das Land mehr, als es spart. Das ist auch eine Fehlentscheidung.
Jetzt muss man im gleichen Atemzug sagen: Wir können nicht sagen, eine Wohnungsförderpolitik war ganz
schlecht, wir machen das nie wieder. Wir laufen im Moment in eine Situation hinein, wo wir deutlich weniger Neubau haben, als erforderlich ist. Damit wir nicht wieder aus der Hast Wohnungsförderinstrumente aus dem Boden stampfen, die viel zu teuer und überproportional sind, müssen wir jetzt agieren. Das ist das, was wir die ganze Zeit deutlich fordern. Wir müssen vorausschauend denken und hier eine vernünftige Situation schaffen, damit wir eben nicht unter dem Druck von Wohnungsnotstand, sondern perspektivisch agieren. Das ist das, was wir im Moment an der Wohnungspolitik des Senats vermissen. Es wäre vernünftig, nach vorne zu schauen,
anstatt irgendwelche Gefechte der Vergangenheit auszutragen und dabei noch zu vergessen, dass die eigenen Handlungsmaßstäbe gerade eben dazu führen, dass das Land Berlin über 150 Millionen Euro Vermögen verschleudert bei einem Beschluss, mit dem angeblich gespart werden soll.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Brauner! – Jetzt hat der Herr Abgeordnete Doering für die Linksfraktion das Wort. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Wohnraumgesetz ist kein Gesetz, das grundsätzliche Lösungen für die Miet- und Wohnungspolitik unserer Stadt bietet. Das haben wir auch nie behauptet. Es regelt einen kleinen Ausschnitt der komplexen Mietgesetzgebung und betrifft unter anderem Wohnungen aus dem sogenannten sozialen Wohnungsbau Berlins, dessen Anschlussförderung – Herr Brauner! – wir 2003 bewusst gestoppt haben. Der Ausstieg aus der Anschlussförderung war wichtig, denn er beendet die milliardenschwere Subvention von Vermietern in der Stadt. Diese milliardenschwere Subvention hat eben nicht zu sozialen Mieten geführt. Da liegt Ihre Verantwortung bei der CDU.
Dieser Ausstieg brauchte auch aufgrund fehlender Regelungen große Probleme, die z. B. im Fanny-Hensel-Kiez zutage traten. Stadtentwicklungssenatorin Junge-Reyer war in der Pflicht, hierfür gesetzliche Lösungen vorzuschlagen.
Der Entwurf der Senatsverwaltung zum Wohnraumgesetz war allerdings für Die Linke nur unzureichend und wurde unser Sicht der Problemlage im sozialen Wohnungsbau nicht gerecht. Deshalb haben wir zunächst geprüft, ob
eine soziale Richtsatzmiete rechtssicher durchsetzbar ist. Das ist eine Lösung, die wir angestrebt haben und nach wie vor anstreben. Sie scheint aber vor dem verfassungsrechtlichen Hintergrund des Rückwirkungsverbots und möglicher Eingriffe in die Eigentümerrechte der Vermieter nicht rechtssicher möglich zu sein. Den Beweis, dass es nicht so ist, haben Sie, Herr Brauner und liebe Grüne, bisher nicht angetreten.
Dann haben wir geprüft, ob in Berlin erstens, wie von vielen vermutet, die realen Kostenmieten deutlich unterhalb der fiktiven Kostenmieten liegen und ob zweitens die realen Kostenmieten bereits unterhalb des Mietspiegels liegen. Wenn diese Annahmen stimmen würden, dann bräuchten wir nach unserer Auffassung kein Wohnraumgesetz. Dies ließe sich dann über eine Berechnungsverordnung regeln. Aber auch diese Vermutung, Herr Brauner, hat sich nicht bestätigt. Sie und wir wissen nicht, jedenfalls nicht sicher, wie die realen Mieten in ihrer Höhe tatsächlich aussehen, und wir wissen nicht, ob die realen Mieten in Größenordnungen über oder unter dem Mietspiegel liegen. Wir jedenfalls haben solche Erkenntnisse nicht. Ich glaube, Sie haben sie auch nicht, jedenfalls nicht sicher.
Deshalb haben wir in intensiven Verhandlungen mit der SPD-Fraktion in § 4 geregelt, dass für Wohnungen, die nach der Grundförderung nicht in die Anschlussförderung übernommen werden, bei Eigentümerwechsel die bestehenden Mieten, sofern sie über den Mietspiegel liegen, auf die örtliche Vergleichsmiete reduziert werden. Das ist übrigens, liebe Grünen, übrigens, Herr Brauner, eine Forderung, die aus der Anhörung kommt. Das ist eine Forderung vom Mieterverein und von Herrn Jung, der da oben sitzt.
Zusätzlich haben wir eine Härtefallregelung und deutlich längere Überlegens- und Kündigungsfristen in das Wohnraumgesetz aufgenommen. Außerdem ist im Gesetz geregelt, dass für die Wohnungen, die nach dem Wohnraumgesetz zu Hälfte in der Sozialbindung bleiben, eine verlängerte Bindungsdauer von 20 Jahren und Mietobergrenzen vereinbart werden. Der Entwurf einer Verwaltungsverordnung sieht die Deckelung der Mieten unterhalb des Mietspiegels vor. Jetzt kommt es: Die zuständigen Bezirke entscheiden, welche Wohnungen in der Eigenschaft „öffentlich gefördert“ und damit in der Belegungsbindung bleiben.
Wir haben wichtige Verbesserungen gegenüber dem Gesetzesentwurf erreicht. Aber für die Linksfraktion bleibt es bei der Feststellung, dass das jetzige Wohnraumgesetz ein nur sehr kleiner Einstieg in den Ausstieg aus dem bisherigen Fördersystem des sozialen Wohnungsbaus ist.
Und ja, das vorliegende Ergebnis wird von Teilen meiner Fraktion kritisch gesehen. Wir sind uns aber einig, dass wir auch künftig die Auseinandersetzung um ein in sich
geschlossenes Konzept und in diesem Zusammenhang auch um eine rechtssichere soziale Richtsatzmiete führen werden. Auch in Sachen Berechnungsverordnung und Aufhebung des Einfrierungsgrundsatzes werden wir nicht locker lassen. Aus all diesen Gründen werden wir dem heute vorliegenden Wohnraumgesetz zustimmen.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Doering! – Für die FDPFraktion hat jetzt der Herr Abgeordnete von Lüdeke das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Keine Mieterhöhung bei schlechter Dämmung“, „Kündigungsschutz bei Wohnungsumwandlungen verlängern und erweitern“ aus der Serie „Wohnungsmarkt sozial gestalten“ und dann obendrauf noch das verkorkste Wohnraumgesetz Berlins der rot-roten Koalition. Das alles in einem Tagesordnungspunkt zusammengefasst, da fragt man sich in gewisser Weise, wo ist da die Klammer.
Im Wahlkampf wird gezielt mit der Angst der Mieter gespielt. Das haben wir heute gemerkt. Bei Herrn Otto haben wir es gemerkt, auch bei Herrn Dr. Arndt. Die Angst der Mieter vor Mietanstiegen, da sollten Sie mal bei der zweiten Miete anfangen, da haben Sie nämlich die eigentliche Verantwortung, die Angst der Mieter vor der Kündigung, alles irgendwie nicht so richtig ernsthaft, dass man sagen könnte, das müsste uns hier große Sorgen bereiten. Obwohl es Wohnungsknappheit gibt bei der steigenden Nachfrage in wenigen Bezirken und Segmenten der Stadt, spricht selbst der Verband der BerlinBrandenburgischen Wohnungsunternehmen in einer Stellungnahme von gestern eindeutig von Hysterie. Das Vorstandsmitglied Maren Kern schreibt, der Wohnungsmarkt in Berlin ist nach wie vor entspannt. Ich sage es noch einmal ganz deutlich.
Was feststeht, und das wissen wir alle, es wird schlicht zu wenig gebaut. Das liegt einfach daran, dass die Rahmenbedingungen hier in der Stadt nicht stimmen. Wenn wir heute hören, dass die Grunderwerbsteuer offenbar doch erhöht werden wird, werden die Rahmenbedingungen dafür nicht verbessert, sondern sie werden weiter verschlechtert.
Dazu kommt ein Weiteres, dass hier allgemein – bei den Roten und den Grünen – ein gestörtes Verhältnis zum Eigentum besteht. Das sieht man hier ziemlich deutlich, wenn selbst der ehemalige Senatsbaudirektor Hans Stim
mann in einem Artikel für das DEGEWO-Blatt schreibt, die Dinosaurier der Nachkriegsmoderne könne man für künftige Bewohner attraktiv machen durch Einführung privaten Grund-, Haus- und Wohnungseigentums. – Das ist es. Das ist auch der richtige Weg. Da ist der Fakt, dass hier die Eigentümer, ob es nun Wohnungseigentümer oder Investoren in der Stadt sind, in Berlin einfach im Regen stehen gelassen werden. Das ist das Problem.
Für die Bürgerinnen und Bürger, zu deren Lebensentwurf es gehört, ihr Erspartes in Wohneigentum zu stecken, zur Alterssicherung, aus Bekenntnis zu ihrem Kiez z. B., in dem sie sich wohlfühlen und dem sie gegebenenfalls auch ihr Alter verbringen wollen, interessieren sich weder die Grünen noch die Roten in dieser Stadt. Das sei an dieser Stelle aus diesem Anlass gesagt.