Protokoll der Sitzung vom 01.09.2011

[Beifall bei der Linksfraktion – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Der ÖBS wurde zu einem wichtigen Instrument für den sozialen Zusammenhalt in unserer Stadt. Warum die SPD ihn immer wieder stutzen will, bleibt mir ein schweres Rätsel, wenn man sich die Erfolge der Stadtteilmütter anguckt. Grüne und CDU wollen den ÖBS ganz abschaffen. Wer ihn stärken und ausbauen will, wählt am 18. September in Berlin Die Linke!

[Beifall bei der Linksfraktion]

Wer auch über 2011 hinaus ein soziales, solidarisches Berlin will, muss uns wählen. Viele Entscheidungen für ein soziales Berlin gehen auf unsere Initiative zurück. Soziales Berlin mit der Linken und nur mit uns, denn die SPD kann auch anders. Ich will das gern deutlich machen: Wenn es 2011 eine große Baustelle in der Stadt gibt, dann ist es der Schutz von Mieterinnen und Mietern vor steigenden Mieten, vor Verdrängung und bei den sozial Schwachen vor Zwangsumzügen. Viele Probleme sind da erst in den letzten Jahren zutage getreten, aber sie sind zutage getreten.

[Carsten Wilke (CDU): Die habt ihr gemacht!]

Und sie werden leider bis heute bei Entscheidungsträgern in der SPD verdrängt. 2006 haben wir im Koalitionsvertrag verankert, den kommunalen Wohnungsbestand zu erhalten. Das war wichtig, damit sich so eine Sache wie der Verkauf der GSW nicht wiederholen kann. Zu der Zeit, erinnere ich mich, wollten die Grünen übrigens noch weitere 150 000 städtische Wohnungen verkaufen.

[Beifall bei der Linksfraktion – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Ist das eigentlich immer noch so, oder ist das auch tagesformabhängig? – Wir Linke sind schon vor einiger Weile zu der Überzeugung gelangt, dass der Wohnungsmarkt der Stadt keineswegs entspannt ist. Die Wohnungsbaugesellschaften der Stadt leisten einerseits gute Arbeit, aber es darf andererseits nicht sein, dass sie aus wirtschaftlichen Erwägungen zu Mietpreistreibern werden. In letzter

Zeit häufen sich bei uns die Meldungen über Mieterhöhungen ausgerechnet in diesen Gesellschaften. Das muss gestoppt werden!

[Beifall bei der Linksfraktion – Volker Ratzmann (Grüne): Wer hat die GSW verkauft?]

Was wir brauchen, sind Wohnungsbaugesellschaften, die preisgünstige Wohnungen auch für Menschen mit niedrigen Einkommen überall im Stadtgebiet anbieten, die künftig mehr Wohnungen neu bauen. Und es muss Forderung des Landes sein, dass ein Teil davon für wenig Geld vermietet wird, weil es nicht nur Hartz-IV-Empfänger, sondern auch Rentner, Alleinerziehende und Studenten gibt, die kleine, preiswerte Wohnungen brauchen. Die Linke wird auch künftig dafür sorgen, dass von der guten wirtschaftlichen Entwicklung der Stadt nicht nur einige wenige profitieren. Wir kämpfen darum, dass niemand durch steigende Mieten aus seiner Wohnung, seinem Kiez vertrieben wird.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Wir haben mit Rot-Rot viel erreicht, und darauf können wir stolz sein. Aber es gibt auch noch viel zu tun. Wir wollen den erfolgreichen Weg weitergehen. Wer jetzt die Richtung ändern möchte, setzt auch das bisher Erreichte aufs Spiel. Ja, wir wollen Rot-Rot fortsetzen, aber nicht um jeden Preis. Die Inhalte müssen stimmen. Aber es gilt auch: Wer sichergehen möchte, dass diese CDU nicht an die Regierung kommt, der muss für das soziale Berlin Die Linke wählen. – Danke schön!

[Beifall bei der Linksfraktion]

Vielen Dank, Herr Wolf! – Für die FDP-Fraktion hat das Wort deren Vorsitzender, Herr Meyer. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir wollen heute Bilanz ziehen. Deswegen wollen wir zunächst erst mal fragen: Was bleibt von Rot-Rot?

[Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Was bleibt denn von der FDP?]

Berlin ist Schlusslicht im Bereich Bildung. Das Land Berlin gibt pro Schülerkopf am meisten Geld aus von allen Bundesländern, der Bildungserfolg ist am geringsten. Wir haben die höchsten Arbeitslosenquoten, konstant, auch diese Woche wieder bestätigt. Wir haben einen Schuldenstand, der dazu führt, dass im Oktober ein Sanierungsplan beim Stabilitätsrat vorgelegt werden muss. Wir haben einen nicht funktionierenden öffentlichen Personennahverkehr – Stichwort S-Bahn. Wir haben durch das Land Berlin künstlich hochgetriebene Wasserpreise. Wir haben in der Stadt die höchste Grundsteuer. Sie haben es nicht geschafft, dem überalterten und schlecht bezahlten öffentlichen Dienst eine Perspektive zu geben. Eine abgestimmte Investitionsplanung in der Stadt fehlt. Das Einzige, was sicher ist, ist, dass die Investitionsleistungen in

dieser Stadt immer weiter nach unten gefahren werden und die Stadt auf Verschleiß gefahren wird.

Nirgendwo brennen so viele Autos wie in Berlin. Die Bilder von Gewalttätigkeiten auf U-Bahnhöfen sind durch das gesamte Land gegangen. Die Berlinerinnen und Berliner fühlen sich durch diesen Senat nicht mehr ausreichend geschützt.

Herr Müller! Das muss man Ihnen sagen: 23 Jahre SPDRegierung in dieser Stadt – wie lange will die SPD eigentlich noch Zeit haben, um diese Versäumnisse, um diese Entwicklungen wirksam zu bekämpfen?

[Beifall bei der FDP]

In den entscheidenden Themen der Stadt – Arbeit, Bildung, Wirtschaft, Verkehr, Sicherheit – hinterlässt diese rot-rote Senat keine Lösungen, sondern lauter Baustellen. Und Sie, Herr Wowereit, haben sich in den letzten Jahren noch nicht einmal darum bemüht, diese Baustellen anzugehen. Deshalb steht in Ihrem Zeugnis: Sie sind ein Totalausfall für diese Stadt,

[Beifall bei der FDP]

da können Sie sich selbst noch so viele Stofftiere ins Gesicht halten oder sich an alte Damen klammern. Es mag sein, dass Sie sich in der Mittelmäßigkeit und Perspektivlosigkeit, die diese Koalition geschaffen hat, wohlfühlen – Berlin kann mehr, und Berlin verdient mehr als rot-rote Laternen. Berlin braucht eine engagierte Politik für die Interessen und die Weiterentwicklung der Stadt, ohne ideologische Scheuklappen.

[Beifall bei der FDP]

Nehmen wir den Bereich Bildung: Wir haben in den letzten fünf Jahren zahlreiche Initiativen eingebracht, die die Qualität der Schulbildung verbessert hätte. Wir sagen deutlich: Es muss Schluss sein mit der sozialistischen Nivellierung des Bildungsniveaus unserer Kinder nach unten.

[Gelächter von Wolfgang Brauer (Linksfraktion)]

Es muss Schluss sein mit dem Einheitsschul- und anderen Experimenten, die Sie mit Millionen von Euro bevorzugen, gerade zulasten der Gymnasien und der freien Schulen in dieser Stadt.

[Beifall bei der FDP]

Ich sage Ihnen von Rot-Rot und Grün auch: Eine bessere Bildungsqualität kann Berlin nicht durch Abschaffung der Gymnasien oder immer weiterer Gleichmacherei erreichen. Die Schulen müssen in echte Eigenverantwortung überführt werden. Damit kann durch die Suche nach besseren und besten Konzepten für eine vielfältige und hochwertige Bildungslandschaft auch endlich Bildungsqualität in dieser Stadt geschaffen werden.

[Beifall bei der FDP]

Kinder sind verschiedenen, und deshalb benötigen wir eine Bildungspolitik, die auch unterschiedliche Leistung, unterschiedliche Konzepte und unterschiedliche Ge

schwindigkeiten zulässt. Deswegen sind wir für die eigenverantwortliche Schule und Wahlfreiheit, weil vor Ort die Lehrer und Eltern am besten wissen, was besser werden muss.

Noch eines: Wir stehen für die freie Schulwahl. Los statt Leistung – das Motto der Schulstrukturreform von Herrn Zöllner – muss mit ihm zusammen in den Ruhestand geschickt werden.

[Beifall bei der FDP]

Die FDP hat in den letzten fünf Jahren eingefordert, dass Berlin seine Wirtschaftspolitik neu ausrichtet. Berlin fehlt es vor allem an privaten Unternehmern genauso wie an privatem Kapital, um dauerhaft stärker zu wachsen als der Bundestrend. Das ist Rot-Rot eben nicht in den vergangenen zehn Jahren gelungen. Berlin hinkt nach zehn Jahren weiter hinterher als im Jahr 2001. Wir sind nicht bereit, uns mit einer Staatsquote von fast 60 Prozent abzufinden, die nach den Vorstellungen von Rot-Rot und Grünen mit mehr Verstaatlichungen noch weiter erhöht werden soll. Wir sind für den umgekehrten Weg: Nicht der Staat, sondern mehr Wettbewerb schafft mehr Wachstum. Wir wollen ein Verständnis, dass jeder, der hier in der Stadt Erwerbsperspektiven schafft, einen willkommenen Beitrag zu unserem Gemeinwesen leistet.

[Beifall bei der FDP]

Wir wollen, dass wieder diejenigen im Vordergrund der Politik stehen, die in dieser Stadt morgens aufstehen und zur Arbeit gehen. Wir sind diejenigen, die für jene eintreten, die den Karren ziehen oder ihn mal gezogen haben, während alle anderen Parteien sich um die kümmern, die hintendrauf sitzen – aber dies reicht nicht, um dauerhaft Berlin voranzubringen.

[Beifall bei der FDP]

Die Berliner Politik muss sich darauf konzentrieren, Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen sich Eigenverantwortung entfalten kann. Alle Maßnahmen, die Wachstum fördern und die Arbeit und Wohlstand für Berlin schaffen, muss der Senat endlich unterstützen. Uns Liberalen ist jeder Arbeitsplatz willkommen. Wir unterscheiden nicht in gute oder schlechte Arbeit.

[Beifall bei der FDP]

Es träumen – und das haben wir auch heute wieder gesehen – zu viele von Plan- und Staatswirtschaft. Diesen Traum teilen wir explizit nicht. Aufgabe des Staates ist es nicht, neue Wirtschaftsfelder herbeizureden oder auf dem Reißbrett zu bestimmen, wo Arbeit entsteht, sondern die Wachstumschancen von Berliner Unternehmern aus den bestehenden Stärken der Stadt konsequent weiterzuentwickeln. Echte Cluster setzen bestehende Unternehmen voraus, deren Aktivitäten sich ergänzen und gegenseitig befördern. Wer meint, wie die Grünen oder auch die Linken, dass 100 000 oder 120 000 oder 150 000 Arbeitsplätze aus heißer Luft entstehen, der irrt sich entweder oder belügt die Wählerinnen und Wähler.

[Beifall bei der FDP]

Herr Ratzmann, dies ganz deutlich an Ihre Adresse: Sie haben sich eben wieder bemüht zu behaupten, dass Sie für eine prosperierende Wirtschaft in dieser Stadt einstehen wollen. Wer regiert denn in Friedrichshain-Kreuzberg? Wer fängt denn an, am lautesten zu schreien, wenn Mercedes dort 1 200 Arbeitsplätze erhalten und weitere ausbauen möchte? – Es sind grüne Bezirkspolitiker vor Ort. Wer hat denn in den letzten Jahren, als es um eine Investition von 450 Millionen Euro am Ku’damm-Karree ging, den Bürgerprotest angestachelt und versucht, das zu verhindern? – Es waren Ihre Fraktionskollegen. Wer will denn am Olivaer Platz mit Stellplatzbegrenzungen die Einzelhandelsstruktur vor Ort drangsalieren? – Es sind Ihre BVV-Kollegen von den Grünen zusammen mit den Roten.

[Beifall von Klaus-Peter von Lüdeke (FDP)]

Wer hat den Flughafen Tempelhof als Bonzenschleuder verunglimpft? Und wer sprach vom Flughafen Schönefeld als Regionalflughafen? – Es war Ihre Spitzenkandidatin. Deswegen: Hören Sie auf, die Bürger für dumm zu verkaufen! Sie sind die Partei, die für Staatswirtschaft und nicht für Privatwirtschaft steht!

[Beifall bei der FDP]

In 18 Tagen ist Wahltag. Genau genommen ist diese Wahl eine Richtungsentscheidung zwischen zwei Positionen. Auf der einen Seite stehen unsere Mitbewerber, die sich darin überbieten, jede Veränderung in unserer Stadt als Bedrohung zu begreifen. Sie machen die Zementierung des Status quo zum Ziel ihrer Politik. Ich sage das ganz bewusst auch nach Wochen brennender Autos: In dieser Stadt wurde ein Klima der Lebensstilintoleranz und Veränderungsfeindlichkeit geschürt. Wir sehen Politiker der Linken, die zur Krawalldemos am 1. Mai aufrufen oder zu Demonstrationen gegen das Grundgesetz, Frau Baba.

Wir sehen Grünen-Politiker, die in Zukunft mit einer Art Blockwart-Baupolizei kontrollieren wollen, welche Bauprojekte willkommen sind. In Friedrichshain-Kreuzberg wollen Sie den Zuzug von mittelständischen Mietern unter dem Stichwort Milieuschutz verhindern. Da heißt es in Ihrem Wahlprogramm: Auch Nachmodernisierungen wie Parkettböden oder Vollverkachelung von Bädern können verhindert werden, allerdings unterliegen viele dieser Maßnahmen keiner Meldepflicht. Hier sind die Bewohnerinnen und Bewohner aufgerufen, dem Bezirk entsprechende Vorhaben zu melden.