Protokoll der Sitzung vom 24.11.2011

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 3. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin und begrüße Sie, unsere Gäste und Zuhörer sowie die Medienvertreter recht herzlich.

Die aktuellen Vorkommnisse und Erkenntnisse haben die Fraktionen des Hauses dazu bewogen, einen Entschließungsantrag einzubringen.

Ich rufe deshalb vor Eintritt in die Tagesordnung auf

Dringlicher Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der Fraktion Die Linke und der Piratenfraktion auf Annahme einer Entschließung Drucksache 17/0036

Rechtsextremistische Morde und Gewalttaten verurteilen

Ich verlese den Antragstext:

Das Abgeordnetenhaus wolle beschließen:

Das Abgeordnetenhaus verurteilt den menschenverachtenden Terror, der von Rechtsextremen über ein Jahrzehnt in Deutschland ausgeübt wurde.

Ich bitte Sie, sich von Ihren Plätzen zu erheben.

[Die Anwesenden erheben sich von ihren Plätzen.]

Wir trauern um Enver Şimşek, Abdurrahim Özüdoğru, Süleyman Taşköprü, Habil Kılıç, Yunus Turgut, İsmail Yaşar, Theodoros Boulgarides, Mehmet Kubaşık, Halit Yozgat und Michèle Kiesewetter.

[Gedenkminute]

Sie haben sich zu Ehren der Ermordeten erhoben. Ich danke Ihnen!

Seit 1990 sind mit den zehn bisher bekannten Todesopfern der Zwickauer Terrorgruppe 138 Menschen Todesopfer rechter und rassistischer Gewalt in Deutschland geworden, davon zehn in Berlin.

Die Morde, Anschläge und Gewaltaktionen der Thüringer Gruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ haben viele Fragen zur Arbeit des Verfassungsschutzes und der Strafverfolgungsbehörden aufgeworfen. Es erfüllt uns mit tiefer Sorge, dass die Ermittlungen in der rechtsextremistischen Szene über einen derart langen Zeitraum erfolglos blieben. Die Arbeit des Verfassungsschutzes und der Strafverfolgungsbehörden müssen auf den Prüfstand gestellt werden, um die Ursachen für dieses Versagen festzustellen. Die Hinterbliebenen

der Mordopfer wie auch die Öffentlichkeit haben Anspruch auf schnelle und vollständige Aufklärung, die die Defizite der Ermittlungen klar benennt. Danach müssen die notwendigen Konsequenzen gezogen werden.

Das Abgeordnetenhaus von Berlin gedenkt der Opfer rechtsextremistischer Gewalt und spricht den Hinterbliebenen sein tiefes Mitgefühl aus. Wenn wir auch den individuellen Schmerz über den Verlust eines geliebten Menschen nicht ermessen können, so stehen wir doch in den Stunden der Trauer an der Seite der Hinterbliebenen und versichern ihnen, dass wir alles Menschenmögliche tun werden, um solche Taten in Deutschland niemals wieder geschehen zu lassen. Wir tragen Verantwortung dafür, dass alle in unserem Land ohne Angst vor Bedrohung und Rassismus leben können.

Rechtsextremistische Gewalttaten sind ein Angriff auf unsere freiheitlich demokratische Gesellschaft und dürfen nicht verharmlost werden. Diese Bedrohung und Gefahr muss von Staat und Gesellschaft klar erkannt, benannt und entschieden bekämpft werden. Rechtsextremistischen Gewalttaten muss mit der gebotenen Entschlossenheit bereits im Keim entgegengetreten werden. Hier sind alle Anstrengungen zu unternehmen, dieses Ziel durch Aufklärung schon in der Grundschule, Präventionsarbeit, zivilgesellschaftliches Engagement, Ächtung von rassistischer Gewalt, Aussteigermodelle etc. zu erreichen.

Wir sind entschlossen, sowohl die politischgesellschaftliche Auseinandersetzung mit Rechtsextremisten und ihren Verbündeten vertieft fortzusetzen als auch die unabdingbaren Konsequenzen für die Arbeit der Sicherheitsbehörden rasch zu ziehen. Aus Fehlern müssen die richtigen Schlüsse gezogen und umgesetzt werden.

Rechtsextremisten, Rassisten und verfassungsfeindliche Parteien haben in unserem demokratischen Deutschland keinen Platz. Deshalb fordert das Abgeordnetenhaus den Senat auf, sich an der Prüfung durch den Bund und die anderen Ländern, ob sich aus den Ermittlungsergebnissen Konsequenzen für ein NPD-Verbot ergeben, zu beteiligen. Die Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte an Parteiverbote sind zu berücksichtigen.

So weit der Antragstext. – Die Antragsteller haben die sofortige Abstimmung beantragt. Wer dem Entschließungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Vielen Dank! Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit hat das Abgeordnetenhaus diese Entschließung einstimmig beschlossen. – Vielen Dank!

[Allgemeiner Beifall]

(Präsident Ralf Wieland)

Ich habe Ihnen dann noch Geschäftliches mitzuteilen. In der Fraktion der CDU ist Herr Stefan Schlede für Frau Cerstin-Ullrike Richter-Kotowski nachgerückt. – Herzlich willkommen, Herr Kollege!

[Allgemeiner Beifall]

Einige von uns kennen Sie bereits aus der Vergangenheit, aus einer früheren Wahlperiode. Auf gute Zusammenarbeit!

Dann möchte ich auf das Ihnen vorliegende Verzeichnis der Dringlichkeiten hinweisen. Ich gehe davon aus, dass allen eingegangenen Vorschlägen die dringliche Behandlung zugebilligt wird. Sollte dies im Einzelfall nicht Ihre Zustimmung finden, bitte ich um entsprechende Mitteilung.

Entschuldigungen von Senatsmitgliedern für die heutige Sitzung: Senatorin von der Aue ist ab ca. 16.45 Uhr abwesend. Grund: Teilnahme an der Sitzung des Richterwahlausschusses zur Herstellung des Einvernehmens zur Benennung eines deutschen Kandidaten für den Gerichtshof der Europäischen Union. Der Regierende Bürgermeister ist ab ca. 19.45 Uhr abwesend. Grund: Teilnahme an der A-Länder-Vorbesprechung.

Zwei weitere Hinweise an die Pressetribüne: Es gilt wieder, dass Sie bitte nicht von oben auf die Unterlagen der Abgeordneten fotografieren. Aus gegebenem Anlass weise ich auch darauf hin, dass das Fotografieren von Abgeordneten anderen Abgeordneten gegenüber während der Sitzung als störend gewertet werden würde.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 1:

Wahl und Vereidigung des Regierenden Bürgermeisters von Berlin

Hierzu liegt mir ein Schreiben des Vorsitzenden der Fraktion der SPD Michael Müller vom 22. November dieses Jahres vor, das ich jetzt verlese:

Sehr geehrter Herr Präsident,

im Namen der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands des Abgeordnetenhauses von Berlin schlage ich Herrn Klaus Wowereit für das Amt des Regierenden Bürgermeisters von Berlin vor.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Müller

Vorsitzender

Nach § 75 unserer Geschäftsordnung erfolgt die Wahl des Regierenden Bürgermeisters ohne Aussprache mit verdeckten Stimmzetteln.

Gemäß Artikel 56 Abs. 1 der Verfassung von Berlin wird der Regierende Bürgermeister mit der Mehrheit der Mit

glieder des Abgeordnetenhauses gewählt. Das sind bei 149 Abgeordneten mindestens 75 Jastimmen.

Ich möchte Ihnen das Wahlverfahren erläutern, insbesondere für die neuen Kolleginnen und Kollegen, die das Verfahren noch nicht kennen.

Für die von mir aus gesehen rechten Kabinen erfolgt der Namensaufruf für die Buchstaben A bis K. Für die Buchstaben L bis Z stehen die linken Kabinen zur Verfügung. Jedem Abgeordneten wird erst nach Namensaufruf und vor Eintritt in die Wahlkabine der Stimmzettel ausgehändigt. Nach Ausfüllen des Stimmzettels in der Kabine ist dieser noch in der Wahlkabine zu falten und in den Umschlag zu legen. Der Umschlag ist anschließend in die entsprechende Wahlurne zu werfen.

Ich möchte ausdrücklich darauf hinweisen, dass Abgeordnete nach § 74 Abs. 2 der Geschäftsordnung zurückgewiesen werden müssen, die außerhalb der Wahlkabine ihren Stimmzettel kennzeichnen oder in den Umschlag legen.

Wer dem Wahlvorschlag der SPD – Klaus Wowereit – zustimmen will, der muss hinter dem Namen ein Kreuz in das Kästchen mit Ja setzen. Sie haben weiterhin die Möglichkeit, mit Nein zu stimmen oder sich der Stimme zu enthalten. Ein leerer, nicht mit einem Kreuz versehener Stimmzettel gilt als ungültiger Stimmzettel genauso wie anders gekennzeichnete Stimmzettel oder Stimmzettel mit zusätzlichen Vermerken.

Nun bitte ich die Präsidiumsmitglieder, an den Wahlkabinen bzw. Wahlurnen Aufstellung zu nehmen, um die Ausgabe der Stimmzettel vorzunehmen und deren Abgabe zu kontrollieren.

Meine Damen und Herren! Ich appelliere ausdrücklich an Sie, den Wahlvorgang diszipliniert und geduldig durchzuführen, um einen geordneten und einwandfreien Ablauf zu gewährleisten. Insbesondere beim Einwurf der Umschläge bitte ich um Rücksichtnahme auf die die Stimmabgaben kontrollierenden Beisitzerinnen und Beisitzer.

Frau Abgeordnete Haußdörfer bitte ich, die Namen der Abgeordneten zu verlesen.

Ich weise darauf hin, dass die Fernsehkameras nicht auf die Wahlkabinen ausgerichtet werden dürfen. Alle Plätze hinter den Wahlkabinen und um die Wahlkabinen herum bitte ich freizumachen.

Ich bitte um Aufruf der Namen und Ausgabe der Stimmzettel.

[Aufruf der Namen und Abgabe der Stimmzettel]