Protokoll der Sitzung vom 26.09.2013

Ich sehe in der Kulturszene, dass sich dort sehr erfolgreiche Engagements entwickeln. Wir haben gerade, auch mit Förderung der Wirtschaftsverwaltung, die Berlin Art Week durchgeführt; wir haben die Berlin Music Week erfolgreich durchgeführt, und ich sehe, dass sich dort ein sehr breites Spektrum von freier Kulturszene, aber auch von kommerziell sehr erfolgreicher Kulturszene in dieser Stadt abbildet. Ich wünsche mir für die Kulturszene insgesamt mehr Wirtschaftskraft und bedaure, dass in den vergangenen zehn Jahren die Wirtschaftskraft in der Kulturszene so langsam gewachsen ist. Da scheint mit der Begleitung etwas nicht in Ordnung gewesen zu sein.

[Beifall bei der CDU – Zurufe von der LINKEN]

Ich sage Ihnen: Da scheint etwas, was die Stärkung der Wirtschaftskraft in dieser Kulturszene anbelangt, nicht in Ordnung gewesen zu sein! Worauf Sie doch abgehoben haben, sind auch die wirtschaftspolitischen Maßnahmen, die nach meiner Erinnerung in der Verantwortung lagen, die von anderen getragen wurde.

[Beifall bei der CDU]

Insofern bin ich überzeugt, dass man hier auch kulturelle Maßnahmen, wie sie aus der Wirtschaftsverwaltung gefördert werden, mit wirtschaftspolitischen Ansätzen so verbinden muss, dass die Szene auch monetär profitieren kann.

Ich komme jetzt gern noch einmal auf den Punkt zurück, der die Frage anbelangt, wie wir generell die Situation in Berlin einschätzen: sehr positiv! Ich habe es dargelegt, aus welchen Gründen wir das durch Daten und Fakten belegen können. Aber wir müssen aufpassen, dass keine Selbstzufriedenheit entsteht. Wir müssen im Gegenteil durch weitere Reformen dafür sorgen, dass diese positiven Wachstumsimpulse weiter verstärkt werden. Deshalb hat es eine Reihe von Reformen gegeben, etwa in der

(Senatorin Cornelia Yzer)

Senatsverwaltung für Wirtschaft, was die Verzahnung von Wirtschaft, Technologie und Forschung anbelangt. Wir sehen uns als Dienstleister der Unternehmen. Wir wollen, dass durch die neue Struktur, die wir in der Verwaltung geschaffen haben, kompetente Ansprechpartner für jede Branche vorgehalten werden, und wir nehmen als Wirtschaftsverwaltung wahr, dass diese Beratung und Begleitung von Unternehmen zunehmend in Anspruch genommen wird.

Ich nenne beispielhaft den einheitlichen Ansprechpartner, bei dem nicht nur Neugründer, sondern hier auch seit langem ansässige Unternehmen und neue Investoren in der Stadt rund um die Uhr eine One-Stop-Agency sieben Tage die Woche online in Anspruch nehmen können, wobei die Devise lautet: schnell, effizient, unbürokratisch und – wie ich sagen kann – auch erfolgreich. Denn die Fallzahlen bei diesem Team, das neu aufgestellt wurde, haben sich binnen eines Jahres, was die Inanspruchnahme anbelangt, verzehnfacht.

So haben wir jetzt auch die Neuausrichtung der Wirtschafts- und Technologieförderung über unsere Partner gestärkt. Berlin Partner ist ja eine Public-Private Partnership und entsprechend organisiert, indem wir die Verschmelzung, die seit Jahren geplant, aber ergebnislos geblieben war, nunmehr abgeschlossen haben. Am 30. August 2013 ist Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie ins Handelsregister eingetragen worden, wobei ich gerne zugestehen will: Ein neues, gemeinsames Dach ist noch keine Organisation. Aber wir haben dies mit konkreten Anforderungen verbunden. Es soll eine Wirtschafts- und Innovationsförderung aus einer Hand sein. Es soll ein Full-Servie-Anbieter für Akquisition und Unternehmensförderung entstehen, indem in Teams Technologie- und Innovationsförderung gebündelt wird und der Neuinvestor ebenso wie das hier ansässige Unternehmen eine konkrete Begleitung bei Investitions- wie Expansionsprozessen bekommt.

Wir wollen, dass gerade für technologiebasierte Unternehmen – und die Mehrzahl der Investitionen hier in Berlin sind technologiebasiert – ein Unternehmen hier durch den Service aus einer Hand, durch ein kompetentes branchenspezifisches Team sofort beim Erstkontakt wahrnehmen kann: Es ist mit seinen Anliegen verstanden, es ist mit seinem Förderbedürfnis verstanden, und es wird zielgenaue Angebote der wirtschaftspolitischen wie auch forschungspolitischen Flankierung bekommen. Wir werden deshalb auch nicht nur die Teams als gemischte Teams von Experten aus der Wirtschaftsförderung und der Forschungsförderung aufstellen, sondern wir werden darüber hinaus auch Bereiche abbilden wie etwa Smart City, urbane Lösungen für die Zukunft, als wichtiges Betätigungsfeld vieler Unternehmen in der Stadt.

Smart City ist ein Beispiel für einen Bereich, der bei Berlin Partner neu aufgestellt wird, damit die Unterneh

men, die zukunftsweisende und intelligente Produkte und Lösungen für urbane Räume entwickeln und auf den Markt bringen, auch begleitet werden. Vor allen Dingen wünsche ich mir bei diesen Zukunftstechnologien, dass Berlin stärker eine Referenzstadtfunktion wahrnimmt und dass Berlin-Partner gerade auch im Zuge seiner Marketingaktivitäten nicht allgemeine Eventaktivitäten, sondern konkrete, die Unternehmen und ihre Produkte begleitende werbliche Aktivitäten auf den Weg bringt.

Wir haben zwischenzeitlich in der neuen Organisation die erste Aufsichtsratssitzung durchgeführt und gerade die Fragen der strategischen Neuausrichtung klargemacht, ebenso wie wir auch Berlin Partner in der Geschäftsführung als Team ergänzen werden, weil wir hier eine schlagkräftige Organisation wollen, die sich auch dadurch auszeichnet, dass in ihr Vertreter tätig sind, die sowohl internationale wie unternehmerische Erfahrungen haben.

Referenzstadt Berlin: Hier habe ich das Thema Smart Cities genannt. Das Thema Elektromobilität ist ein weiteres Beispiel, wo wir gerade mit dem Schaufenster dafür sorgen, dass Elektromobilität mit ihren Anwendungen auf die Straße gebracht wird. Hier sehe ich Felder, wo Berlin Partner beispielhaft solche Lösungen, die wir strategisch und wirtschaftspolitisch entwickeln, auch künftig in anderen Technologiebereichen auf die Straße bringen soll.

Ein weiteres wichtiges Thema, das wir sowohl in der Wirtschafts- wie auch Forschungspolitik mit Hochdruck weiterverfolgen, wo aber Berlin Partner auch neue Aufgaben übernehmen soll, ist das Zusammenführen von Forschungseinrichtungen und Unternehmen. Hier liegt eine Stärke Berlins. Wir sind aber der Auffassung, dass gerade Berlin Partner in der Wirtschafts- und Technologieförderung auch noch eine stärkere Ausrichtung auf die mittelständischen Unternehmen unserer Stadt nehmen sollte, denn Berlin ist Mittelstandsstadt, und wir wünschen uns hier auch eine stärkere Flankierung – auch, um Fördermittel stärker durch die Unternehmen und die Forschungseinrichtungen, teilweise auch in Form von Verbundprojekten, einwerben zu können.

Da die GRW-Mittel hier mehrfach zur Sprache gekommen sind, will ich gern bestätigen: Ja, wir sind hier an einem Punkt, an dem der Mittelabfluss für das laufende Jahr nicht vollständig gesichert ist.

[Zurufe von der LINKEN]

Aber ich kann Ihnen nur aus der Verwaltung heraus, die schon immer die GRW-Mittel betreut, sagen: Erstmals ist hier überhaupt ein Controlling-System aufgesetzt worden, das im September feststellen kann, wie der Mittelabfluss aussieht.

[Weitere Zurufe von der LINKEN]

Insofern würde ich mir von der linken Seite manchen Zwischenruf ersparen, weil die Fakten dagegen sprechen.

(Senatorin Cornelia Yzer)

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Es geht aber nicht nur um Strukturfondsmittel, sondern es geht auch darum, wenn ich über die Zusammenarbeit von Forschungseinrichtungen und Wirtschafsteinrichtungen spreche, dass ich der Auffassung bin, dass wir hier sehr viel enger die Unternehmen begleiten müssen, damit sie die Möglichkeiten, die gerade über europäische Förderprogramme und Forschungsprogramme bestehen, wahrnehmen. Das neue Forschungsrahmenprogramm „Horizon 2020“ wird im nächsten Jahr starten, ebenfalls die Smart-City-Programme, die über die Kommission ausgereicht werden. Wir wollen die Unternehmen so miteinander vernetzen, dass sie auch bessere Möglichkeiten wahrnehmen können, bei den Calls der Europäischen Union erfolgreich zu sein, und damit über die Strukturfondsmittel hinaus eine Aufstockung der Mittel erfolgt, die in den Bereichen Forschung und Technologie im Forschungs- und Entwicklungsbereich in Berlin in Anspruch genommen werden können.

Was ich mir darüber hinaus von der neu aufgestellten Berlin-Partner-Organisation wünsche, ist auch ein Mehr an Vernetzung zwischen Unternehmen, auch im konkreten Tagesgeschäft, nicht über Events, sondern über konkretes Matchmaking zwischen den Unternehmen. Denn, was ich auffällig finde, um ein Beispiel herauszugreifen: Wir haben eine sehr aktive Gründerszene in der Stadt. Wir haben sehr erfolgreiche IT-Unternehmen. Wir haben Unternehmen, die mit enormer Geschwindigkeit wachsen, übrigens mit hochqualifizierten Arbeitsplätzen – nehmen Sie Wooga, nehmen Sie Soundcloud. Aber ich sehe natürlich auch, dass die IT-Szene in dieser Stadt mit einer so enormen Dynamik wächst, weil Berlin mit seiner Kreativität, mit seiner Unfertigkeit, wie sie ja häufig von diesen Gründern positiv wahrgenommen wird, ein attraktiver Standort ist. Man muss sich aber auch immer vergegenwärtigen, dass solche Gründer auch Nomaden sind und von einem Standort, der besonders attraktiv ist, schnell zum nächsten Standort ziehen, wenn sie nicht hier eine dauerhafte Basis bekommen.

Deshalb wünsche ich mir über das Gründungsgeschehen, das wir weiter befördern wollen, hinaus eine enge Vernetzung gerade dieser neu gegründeten Unternehmen, gerade der Unternehmen auch in der IT-Wirtschaft mit den etablierten und innovativen Unternehmen, die wir im industriellen Bereich haben. Wenn ich in Produktionsbetrieben unterwegs bin, dann werde ich aktuell häufig angesprochen, mit dem Hinweis: Da ist eine so attraktive Start-up-Szene, das sind Unternehmen, die sehr konsumentennah selbsterklärende IT-Lösungen bieten, so etwas brauchen wir auch für unsere industriellen Produkte, sei es zur Integration in die Produkte – Stichwort: Internet der Dinge –, sei es zur Optimierung der Produktionsprozesse – Stichwort: Industrie 4.0. – Ich glaube, dass wir gerade durch unsere Forschungseinrichtungen, durch unsere Unternehmen sowohl auf der Gründerseite als

auch im industriellen Bereich hervorragend aufgestellt sind, diese Vernetzungen zu schaffen. Und dies wird auch eine Aufgabe für Berlin Partner sein.

Ich möchte abschließend auf einen letzten Punkt zu sprechen kommen, weil hier die Frage gestellt worden ist, wie sich das Exportgeschehen in der Stadt entwickelt. Ja, die Industrieunternehmen sind zum Teil sehr stark exportabhängig. Ich halte das durchaus für eine Stärke, denn Deutschland hat sich als Exportnation weltweit profiliert, und warum sollte dies nicht auch ein richtiger und wichtiger Weg für Berlin sein, deshalb ja auch das Referenzstadt-Konzept, von dem ich mir wünsche, dass eine Großstadt wie Berlin urbane Lösungen aufzeigt, die beispielsweise eine Upscaling in Mega-Cities ermöglichen.

Vor allen Dingen sehe ich aber auch, dass wir mit Blick auf die mittelständische Struktur unserer Unternehmen hier eine enge Begleitung auf den Auslandsmärkten für die Unternehmen brauchen. „Berlin is open for business“ ist eine Veranstaltungsreihe, die ich hier mit den Botschaften, auch gemeinsam mit Berlin Partner, durchführe. Und dieses Thema „Auslandsmärkte und ihre Eroberung“ wird ein weiteres Feld sein, auf dem Berlin Partner verstärkt in Abstimmung mit der Wirtschaftsverwaltung tätig sein soll.

[Christopher Lauer (PIRATEN) meldet sich zu einer Zwischenfrage.]

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Lauer?

[Christopher Lauer (PIRATEN): Hier!]

Ich weiß, Herr Lauer! – Ich wollte nur der Präsidentin mitteilen, dass ich mit Blick auf die laufende Zeit gerade mein Schlusswort halten wollte, und deshalb sage ich: Strukturen müssen wir neu aufbauen, weil bei allen erfolgreichen wirtschaftlichen Entwicklungen in dieser Stadt keine Selbstzufriedenheit und kein Zurückverweisen auf Erreichtes, sondern ein Nachvorneschauen gefragt ist. Wir haben noch eine Menge zu tun, damit Berlin aufschließen kann und nicht mehr das Schlusslicht im Ranking der Bundesländer bildet. Da hat keiner sich etwas vorzumachen. Gut ist alles noch lange nicht, aber wir arbeiten daran, dass es besser wird.

[Beifall bei der CDU und der SPD]

(Senatorin Cornelia Yzer)

Vielen Dank, Frau Senatorin! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aktuelle Stunde hat damit ihre Erledigung gefunden.

Nun kommen wir zu

lfd. Nr. 4:

Prioritäten

gemäß § 59 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin

Ich rufe auf

lfd. Nr. 4.1:

Priorität der Fraktion der SPD

Tagesordnungspunkt 5

a) Berliner Wasser I: Senkung der Wasser- und Abwasserpreise durch Änderung des Berliner Betriebe-Gesetzes

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Forschung und Technologie vom 27. Mai 2013 und Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 4. September 2013 Drucksache 17/1168

zum Antrag der Fraktion Die Linke Drucksache 17/0519

Zweite Lesung

b) Berliner Wasser II: Senkung der Wasser- und Abwasserpreise durch Änderung der Wassertarifverordnung und Senkung der Abschreibungen

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Forschung und Technologie vom 27. Mai 2013 und Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 4. September 2013 Drucksache 17/1169