Protokoll der Sitzung vom 21.11.2013

Wie verhält sich das nun bei Wohnungstausch, privaten Untervermietungen? Wird das erschwert oder gar unmöglich gemacht? – Nein, wir haben im Gesetz durch klare Definitionen dafür gesorgt, dass Nutzungen im Rahmen der üblichen Wohnungsnutzung selbstverständlich weiterhin erlaubt sind bzw. keiner Einschränkung unterliegen. Das gilt insbesondere für unentgeltliche nicht gewerbliche Wohnungstausche, Mitbenutzung zu gewerblichen oder beruflichen Zwecken, wenn die Wohnungsnutzung überwiegt, also mehr als 50 Prozent beträgt, und natürlich auch für Zweitwohnungen.

Welche Einzelfälle sind nun genehmigungsfähig? – Im Einzelfall sollen zweckfremde Nutzungen genehmigt werden wie zum Beispiel, wenn Wohnraum zur Versorgung der Bevölkerung mit sozialen Einrichtungen, Betreuungseinrichtungen oder für Erziehungs-, Ausbildungs-, Betreuungs- oder gesundheitliche Zwecke verwendet werden sollen. Auch Gästewohnungen von städtischen Wohnungsbaugesellschaften, Wohnungsbaugesellschaften generell, Gewerkschaften, Universitäten, ähnliche Institutionen sollen natürlich eine Genehmigung erhalten.

Wir sind überzeugt, dass wir alle betroffenen Rechtsgüter sorgfältig gegeneinander abgewogen haben

[Andreas Otto (GRÜNE): Letzte Nacht!]

und damit heute ein Gesetz verabschiedet wird, welches Rechtssicherheit bietet. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Vielen Dank, Frau Spranger! – Für die Linksfraktion hat jetzt das Wort Frau Abgeordnete Lompscher. – Bitte sehr!

(Katrin Schmidberger)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gut, dass das Abgeordnetenhaus heute endlich über das Zweckentfremdungsverbot entscheidet. Lange genug hat es gedauert. Das Ergebnis der Koalition ist auch nicht umwerfend, aber immerhin. Zur Erinnerung: Schon im Frühjahr 2011 hat das Abgeordnetenhaus beschlossen, gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum, also gegen Abriss, spekulativen Leerstand und anderweitige Nutzung vorzugehen. Der Senat hat im Juni 2013 endlich seinen Gesetzentwurf vorgelegt, mit einem Jahr Verspätung. Offenbar haben CDU und diverse Lobbyisten erfolgreich interveniert und gebremst. Ich hoffe, die zugehörige Verordnung kommt schnell – wir hatten gefordert, dass sie zeitgleich vorliegt –, damit das Verbot endlich gilt. Wir brauchen es so schnell wie möglich. Jede weitere Verzögerung ist unverantwortlich.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Die Opposition hat in ihrem Änderungsantrag zum Gesetzentwurf umfassende inhaltliche Regelungen vorgeschlagen, die eine nachgeordnete Verordnung im Übrigen überflüssig machen. Mit Inkrafttreten würde das Verbot sofort gelten. Ich verweise außerdem auf die verfassungsrechtliche Auffassung, wonach inhaltlich wesentliche Dinge durch den Gesetzgeber zu regeln sind und nicht durch die Verwaltung. Das ist in diesem Fall vorrangig die Frage, ob das Verbot in ganz Berlin oder nur in Teilen gilt. Wir sagen klar: Das Verbot der Zweckentfremdung muss für die ganze Stadt gelten!

[Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Es wurde bisher allseits der Eindruck erweckt, als ginge es ausschließlich um Ferienwohnungen, aber das Gesetz verbietet auch – und das ist uns besonders wichtig – Leerstand und Abriss. Während die Koalition erst nach einem halben Jahr Leerstand gegen Zweckentfremdung vorgehen will, fordern wir eine Frist von vier Monaten, wie sie übrigens auch in Hamburg existiert. Bei Umbau und Modernisierung soll der Wohnraum nur ein halbes Jahr und nicht wie von der Koalition vorgesehen ein ganzes Jahr leerstehen dürfen. Diese kürzeren Fristen wie in Hamburg verbessern die Wirksamkeit des Gesetzes.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Dass künftig auch der Abriss von Wohnraum als Zweckentfremdung gilt und wieder genehmigungspflichtig wird, begrüßen wir ausdrücklich. Seit Langem wenden wir uns gegen die Vernichtung bezahlbaren Wohnraums, von der Wilhelmstraße in Mitte bis zur Barbarossastraße in Schöneberg. Und wir werden darauf achten, dass in der künftigen Verwaltungspraxis die Abrissvermeidung Vorrang

vor der Schaffung von Ersatzwohnraum und Ausgleichszahlungen hat.

Nun zu den Ferienwohnungen: Angenommen, es gäbe 12 000, und die wären wieder ganz normale Wohnungen. Dann würde mehr Wohnraum zusätzlich zur Verfügung stehen, als in den letzten zwei Jahren neu gebaut wurde. Jeder weiß, dass Neubau teurer ist als Wohnraum im Bestand. Entweder können Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen die Mieten nicht bezahlen, oder sie müssen mit öffentlichen Mitteln subventioniert werden. Deshalb gehen Ferienwohnungen bei Wohnungsknappheit auf Kosten der Allgemeinheit und müssen eingeschränkt werden.

[Beifall bei der LINKEN]

Das behauptet auch die Koalition und will zugleich eine Übergangszeit von zwei Jahren einräumen. Vor allem die CDU will offenbar Betreiber von Ferienwohnungen besonders schützen. Wir halten ein halbes Jahr für ausreichend und das Vorgehen von Rot-Schwarz für zumindest inkonsequent, wenn nicht scheinheilig.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Wir wollen, dass Genehmigungen zur Zweckentfremdung grundsätzlich befristet erteilt werden. Die Koalition sieht das anders. Vielmehr soll nach zwei Jahren Eingewöhnungszeit Genehmigungen nach Ablauf der Bearbeitungsfristen künftig als erteilt gelten. Genehmigungsfiktion, das Stichwort ist schon genannt worden. Angesichts der Personalsituation in den Bezirken kommt das einer Einladung zur Zweckentfremdung gleich. Hier wird sich letztlich die Wirksamkeit des Gesetzes in der Praxis erweisen. Wenn die Bezirke nicht zusätzliches Personal erhalten, ist das Gesetz nicht das Papier wert, auf dem es steht,

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

denn dann könnten Anträge nicht rechtzeitig bearbeitet werden, und für die Ferienwohnungen, für die die Übergangszeit bezeichnenderweise – wahrscheinlich alles Zufall – auch nach zwei Jahren endet, gilt Leerstand und Abriss als genehmigt.

Heute ist die Koalition endlich so weit, über ein mehr schlechtes als rechtes Gesetz abzustimmen. SPD und CDU haben ihr Unvermögen offenbart, in der Mieterstadt Berlin schnell und wirkungsvoll für bezahlbares Wohnen zu handeln. Weil die Regelungen nicht ausreichen, um den knapp werdenden Wohnraum wirksam zu schützen, wird die Opposition ihren Änderungsantrag erneut zur Abstimmung stellen. Wir brauchen schnell ein wirksames Verbot der Zweckentfremdung, und deshalb möchte ich zum Schluss an den Senat appellieren, die zugehörige Verordnung so schnell wie möglich zu erlassen und die

Bezirke bei der Anwendung des Gesetzes zu unterstützen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Vielen Dank, Frau Lompscher! – Für die CDU-Fraktion hat nun das Wort Herr Abgeordneter Brauner. – Bitte sehr!

Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Heute beschließen wir ein in der Tat intensiv beratenes Gesetz. Werte Frau Schmidberger! Wir haben nicht gebremst, sondern wir haben intensiv gestaltet und mitberaten. Das muss ich doch hier deutlich sagen und weise Ihre Anschuldigen, die Sie hier genannt haben, ein Stück weit zurück.

[Uwe Doering (LINKE): Anschuldigung? Das war eine Feststellung!]

Das war eine Anschuldigung.

Das Gesetz reiht sich in die neu ausgerichtete Wohnungspolitik ein. Wir haben einen Dreiklang aus Fördern, Baubeschleunigung und auch Mieterschutz. Im Bereich Mieterschutz haben der Senat und die Koalition mit Beschluss des heutigen Gesetzes all das gemacht, was möglich war. Wir haben alle Instrumente realisiert, und wir haben ein Bündnis für Wohnen geschaffen. Ich denke, das sind wichtige Bausteine im Rahmen der Wohnungsbaupolitik. Wir werden Mitte Dezember unseren Wohnungsbaufonds beschließen, sodass wir auch im Bereich der Förderung erfolgreich sind. Das Thema Baubeschleunigung ist ebenfalls im Haushalt etatisiert. So sieht erfolgreiche Wohnungspolitik für Berlin aus.

[Beifall bei der CDU und der SPD]

In der Beratung des Gesetzes haben wir mit Augenmaß und Sachverstand eine Regulierung geschaffen, die es erlaubt, auch in angespannten Märkten Wohnraum wieder seinem Zweck zuzuführen. Wir versprechen uns davon, dass wir innerhalb der nächsten zwei Jahre 8 000 bis 12 000 Wohnungen innerhalb des S-Bahnrings wieder dem Wohnungsmarkt zuführen können.

Ebenso haben wir aber auch sichergestellt – das ist wichtig, und ich glaube, die Grünen, aber auch die Linken blenden das in ihrer ganzen Diskussion aus –, soziale Infrastruktur und wirtschaftliche Aktivität sind in den Kiezen auch notwendig, damit diese lebens- und liebenswert bleiben. Konkret heißt das für uns: Kitas, Tagesmütter, Ärzte, Physiotherapiepraxen haben langfristigen Bestandsschutz. Ebenso ist die Existenzgründung von zu Hause möglich, aber auch energetische Sanierung und

Modernisierung bleibt durchführbar. Das bedeutet für uns Investitionssicherheit und gleichzeitig energetische Sanierung. All das sind Ziele, die wir verfolgen, die aber auch im Interesse, denke ich zumindest, auch der Grünen liegen dürften.

Gleichzeitig haben wir klargemacht: Abriss oder auch spekulativer Leerstand sind Zweckentfremdung. Das geht in Zeiten des Berliner Wohnungsmarkes nicht mehr.

Darüber hinaus haben wir – das gehört natürlich auch dazu – neben dem Regelungsbedarf, der sehr strikt ist, wenn Sie das mit anderen Gesetzen vergleichen, geschaut, wo es Sondertatbestände gibt. Einige habe ich genannt. Wir haben gerade über die Internetökonomie gesprochen, Sharing Economy. Da ist Berlin erfreulicherweise als Metropole und Gründerstadt vorn mit dabei und profitiert vom Wachstum.

Deswegen haben wir gesagt: Natürlich ist die Bereitstellung beziehungsweise Nutzung von Wohnraum im Rahmen der Sharing-Economy für uns keine gewerbliche Vermietung und fällt somit nicht unter das Zweckentfremdungsverbotsgesetz. Wir sagen auch, weil es jahrzehntebewährte Praxis ist, dass Gästewohnungen von städtischen Wohnungsbaugesellschaften oder Genossenschaften und anderen Institutionen eine berechtigte Bereitstellung im öffentlichen Interesse sind. Das sind Punkte für uns, bei denen wir sehr deutlich machen, dass wir hier mit Augenmaß agieren und die Dinge tun, die nötig sind, und gleichzeitig Bewährtes bewahren.

Mit dem Gesetz setzen wir den richtigen Rahmen. Wir haben Gesetz und Verordnung bewusst getrennt. Sie erinnern sich: Wir haben eine Zweckentfremdungsverbotsverordnung in Berlin gehabt. Die ist gekippt, und damit war jegliche Regelung obsolet. Wir trennen es hier, und das ist verantwortungsbewusst und deutlich besser als die gesetzliche Regelung, die die Grünen hier vorschlagen. Denn die ist in dem Moment geplatzt, wo kein Mangel mehr feststeht. Dann landet Ihr Gesetz gleich auf dem Friedhof der nicht mehr anwendbaren Gesetze, so wie es der Verordnung einmal ergangen ist.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Otto?

[Andreas Otto (GRÜNE): Feigling!]

Der Senat ist nun aufgefordert, mit einer detaillierten Analyse den angespannten Wohnungsmarkt zu messen. Er hat dies bereits mit den GEWOS-Gutachten in die Wege geleitet, was Grundlage für die Beratung hier im Hause war. Ich bin mir sicher, dass der Senat dies weiter

(Katrin Lompscher)

qualifiziert und vertieft hat. Ich glaube auch, dass die Senatsverwaltung mit qualitativ hochwertigen und aktuellen Untersuchungen gerichtsfest unterlegt, wo der Mangel besteht, und wenn er auch nur in Teilen der Stadt besteht. An der Stelle sind wir deutlich besser dran als mit den gesetzlichen Regelungen, die die Grünen vorgeschlagen haben, und auch deutlich besser dran als mit dem Änderungsantrag, der nichts anderes ist als ein Cocktail aus verschiedenen anderen Bundesländern, der mehr Rechtsunsicherheit produziert als Rechtssicherheit.

Wir stellen ein Gesetz zur Abstimmung, das sauber zwischen Eigentums- und Wohnungsmarktinteressen und zwischen einer vernünftigen Wohnungspolitik für Berlin abwägt und das nachhaltig für die Mieterinnen und Mieter dieser Stadt wirkt. Bitte stimmen Sie unserem Gesetzentwurf zu! Es ist im Sinne dieser Stadt. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU und der SPD – Uwe Doering (LINKE): Überzeugt hat mich das nicht!]

Vielen Dank, Herr Brauner! – Für die Piratenfraktion hat jetzt das Wort der Abgeordnete Prieß. – Bitte sehr!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Gäste! Lange wurde über das Zweckentfremdungsverbotsgesetz diskutiert. Jetzt sind wir dann doch endlich auf der Zielgeraden angekommen. Ich hätte es ja schon in der letzten Plenarsitzung erwartet, aber die Abstimmung in der Koalition hat dann doch noch ein bisschen gedauert, obwohl der Antrag mit Dringlichkeit auf dem Wege war.

Was lange währt, wird hoffentlich gut, aber ich habe den Eindruck, es ist nicht so wirklich gut geworden. Wir haben das Thema mit der Verordnung bereits angesprochen. Es ist schon in der Anhörung im Ausschuss klar geworden, dass wesentliche Sachverhalte im Gesetz geregelt werden sollten. Die Flexibilität – die Herr Brauner zum Beispiel so begeistert begrüßt hat –, die diese Verordnung schafft, hätte auch in der Genehmigungspraxis der Bezirke ermöglicht werden können. Die Genehmigungsfiktion schafft – so, wie es angeboten wird – auch keine Rechtssicherheit. Es gäbe immer noch das Instrument der Untätigkeitsklage, wenn die Bezirke nicht in den geforderten Fristen tätig werden.