Protokoll der Sitzung vom 10.12.2015

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Ihre Hinterlassenschaft war der Ruf Berlins als Hauptstadt von Filz und Korruption, eine Mischung aus Provinz und Größenwahn. Vor allem aber lag die Hinterlassenschaft in einem strukturellen Haushaltsdefizit von 2 Milliarden Euro.

[Beifall bei der LINKEN – Zuruf von Torsten Schneider (SPD)]

2 Milliarden Euro, Herr Schneider, damit Sie es verstehen, mehr Ausgaben pro Jahr im Haushalt als Einnahmen. Der Berliner Bankenskandal produzierte dazu Risiken in kaum vorstellbarer Höhe.

[Zuruf von Torsten Schneider (SPD)]

Beides war schwerwiegender als der damals schon hohe Schuldenstand von 40 Milliarden Euro. Und damals gab es keine Niedrigzinsphase wie heute.

[Torsten Schneider (SPD): Kommen Sie zum Haushalt, kein Geschichtsunterricht!]

Es hat lange gedauert, bis die Berliner SPD damals den Mut gefunden hat, diese für Berlin so schädliche Regierungskonstellation zu beenden. Es hat lange gedauert, bis diese lähmende Blockade gelöst wurde und die CDU zum Zuschauen auf die Strafbank verbannt wurde.

Und dann hat Rot-Rot in Berlin den Laden aufräumen müssen.

[Ah! von der CDU]

Das waren harte Jahre der Konsolidierungspolitik, mit schmerzhaften Entscheidungen, manche über das vertretbare Maß hinaus. Wir haben das nicht aus Spaß gemacht. Wir haben das getan, um vor dem Bundesverfassungsgericht die Anerkennung als Haushaltsnotlageland zu bekommen, damit Berlin Bundeshilfen erhält, um aus dieser desaströsen Erbschaft der CDU/SPD-Regierung zu kommen.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Und ja, wir haben gespart, bis es quietscht. Das Bundesverfassungsgericht hat gespottet, das wäre noch lange nicht genug. Wir haben einen Solidarpakt mit den Beschäftigten im öffentlichen Dienst geschlossen. Die Kol

leginnen und Kollegen haben durch Verzicht auf Einkommen einen Großteil dazu beigetragen, dass Berlin eine Chance auf einen ausgeglichenen Haushalt bekommen hat. Ihnen, den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, gebührt der Dank dieses Hauses und der Berlinerinnen und Berliner,

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

der Dank dafür, dass dieses strukturelle Defizit abgebaut werden konnte und wir seit einigen Jahren wieder Überschüsse im Haushalt verzeichnen können.

Ja, wir haben manche Instandhaltungs- und Sanierungsmaßnahme geschoben, und manches hätten wir sicherlich anders entschieden, wenn wir nur ein wenig mehr Spielraum gehabt hätten. Aber alles, was wir damals getan haben, alle schmerzhaften und schwierigen Entscheidungen, die wir damals getroffen haben, all das hat den Zweck gehabt, wieder Gestaltungsspielraum in die Haushaltspolitik des Landes Berlin zu bekommen.

Jede dieser Entscheidungen war verbunden mit dem Versprechen – und ja, Kolleginnen und Kollegen von der SPD, Sie haben das damals mit versprochen! –: Wenn wir einen ausgeglichen Haushalt haben, wenn wir sogar wieder Überschüsse haben, dann wird in die bauliche, in die soziale Infrastruktur, in den öffentlichen Dienst, kurz: in die öffentliche Daseinsvorsorge investiert.

[Nikolaus Karsten (SPD): Ja!]

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD! Sie wissen es ganz genau: Gemessen an den Möglichkeiten, die wir gemeinsam durch die Konsolidierungspolitik eröffnet haben, gemessen an den Überschüssen, die es seit 2011 gibt – diese letzten vier Jahre rot-schwarze Koalition waren verlorene Jahre für die Stadt. Sie haben die Chancen, die es gegeben hat, vertan!

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Ich erinnere auch deshalb an diese kleine Haushaltsgeschichte,

[Torsten Schneider (SPD): So ein Quatsch!]

denn was wir hier vor zwei Wochen ansatzweise gehört haben, zeigt, dass es nötig ist, Erinnerungen aufzufrischen.

[Torsten Schneider (SPD): So ein Quatsch!]

Ich sage das zunächst einmal ausdrücklich in Richtung CDU. Es ist natürlich völliger Quatsch zu behaupten, die Oppositionsvorschläge zum Nachtragshaushalt und für den kommenden Doppelhaushalt würden den Schuldenberg vergrößern oder gar verdoppeln. Mal abgesehen davon, dass Sie für diese dumme und freche Behauptung keinen Beleg liefern können: Das sagen ja dann mal die Richtigen!

[Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Die Stadt in die Schuldenmisere geritten, 15 Jahre keinen einzigen Konsolidierungsvorschlag gemacht, und jetzt die Überschüsse ohne Sinn und Verstand zur Beute von Koalitionskungeleien zu machen

[Zuruf von Heiko Melzer (CDU)]

oder wahlweise wegzuschmeißen: Sie sollten sich was schämen!

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Aus der SPD-Fraktion wurde beim letzten Mal der gleiche Unsinn erzählt. Lieber Raed Saleh! Sie und Ihr haushaltspolitischer Sprecher müssen ein bisschen aufpassen, dass Sie nicht die letzten beiden Sozialdemokraten in der Stadt bleiben, die das Rumtechteln mit der CDU für eine gute Idee halten.

[Heiterkeit bei der LINKEN – Heiko Melzer (CDU): Gibt keinen Applaus!]

Rot-Rot hat damals den Haushalt konsolidiert. Frau Pop hat es gesagt, die Grünen haben zumindest Vorschläge zur Konsolidierung eingebracht. Die CDU aber hatte nur Forderungen fürs Geldausgeben. Es ist ein Treppenwitz der Geschichte, dass ausgerechnet die Konstellation, die Berlin in den Ruin getrieben hat, also eine Regierung aus CDU und SPD, nun die mühsam erwirtschafteten Überschüsse, die Früchte der Konsolidierungspolitik erntet und planlos verfrühstückt.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Sie denken vielleicht, und so verstehe ich auch die Zwischenrufe von Herrn Schneider:

[Zuruf von Torsten Schneider (SPD)]

Wenn Sie im Wahljahr ein wenig mehr Kohle raushauen, kriegen hier alle Glitzersternchen in den Augen. – Nein, falsch gedacht! Nicht nur Haushaltsdefizite sind ein Grund, sich aufzuregen. Auch wenn Geld, das vorhanden ist, ohne Plan und ohne Verstand ausgegeben wird, ist es ein Grund, schlechte Laune zu kriegen –

[Zuruf von Iris Spranger (SPD)]

und das nicht erst in ein paar Jahren, wenn die fehlenden Investitionen noch teurer werden, sondern schon heute.

[Beifall bei der LINKEN – Torsten Schneider (SPD): Sagen Sie mal was Substanzielles!]

Erzählen Sie uns also nichts über seriöse Haushaltspolitik! Im Unterschied zur CDU hat meine Fraktion bewiesen, dass sie was vom Haushalt versteht.

[Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Berlin steht im bundesweiten Vergleich, was wirtschaftliche Entwicklung und Finanzen betrifft, gar nicht so schlecht da. Daran konnten auch zwei CDU-Wirtschafts- senatorinnen nichts ändern.

[Zuruf von Torsten Schneider (SPD)]

Was aber die Investitionsquote betrifft, rangiert Berlin auf dem fünftletzten Platz unter den Bundesländern. Das ist schlecht!

[Heiko Melzer (CDU): Berlin auf dem letzten Platz! Ihr wollt es doch so!]

Noch schlechter sieht es aus, wenn man betrachtet, was notwendig ist. Berlin hat insgesamt einen Sanierungsstau von ca. 12 Milliarden Euro: Straßen, Brücken, Krankenhäuser, Schulen, Bäder, zu wenig qualifiziertes Personal. Und gleichzeitig hat das Land zwischen 2012 und 2015 mehr als 2,1 Milliarden Euro an Schulden am Kapitalmarkt getilgt – mitten in einer Niedrigzinsphase, die Zinsersparnis ist also eher gering. 2,1 Milliarden Euro, das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen.

[Torsten Schneider (SPD): Gucken Sie mal ins Morgen, Herr Wolf! Bleiben Sie doch nicht im Gestern! – Heiko Melzer (CDU): Er ist im Vorgestern!]

Was hätte man mit dem schönen Geld alles machen können! Nur um an einem Beispiel die Dimensionen klarzumachen: Bei den Berliner Krankenhäusern haben wir einen akuten Investitionsbedarf, um einen Sanierungsstau aufzulösen, von ca. 640 Millionen Euro. Und Sie schmeißen die schönen Überschüsse ins Altschuldenloch anstatt einen seriösen Plan zu erarbeitet, wie der Sanierungsstau abgebaut werden kann. Was für ein volkswirtschaftlicher Unsinn!

[Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]