Protokoll der Sitzung vom 12.05.2016

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt Frau Kollegin Bangert das Wort. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich diskutiere immer gern arbeitsmarktpolitische Themen, aber bei diesem arbeitsmarktpolitischen Rundumschlag der Piraten fällt es mir schwer, und wie gewohnt gehen sie außerordentlich kreativ mit bestehenden Zuständigkeiten um, aber das werden wir im Ausschuss diskutieren.

[Oliver Höfinghoff (PIRATEN): Sie können es ja machen wie Frau Kahlefeld letztes Mal!]

Ich möchte den zentralen Punkt Ihrer Forderung herausgreifen, alle Berliner Jobcenter in einem kommunalen Betrieb zusammenzufassen. Liebe Piraten, das müssten Sie wissen, Sie waren zwar zu dem Zeitpunkt noch nicht in diesem Haus, aber das Thema ist vor über zehn Jahren bereits gelaufen. Es wurde gesetzlich die Grundlage für die Option 2004 gelegt, und in der Folge gab es 69 Landkreise oder kreisfreie Städte, die die Option gezogen haben. Zu diesem Zeitpunkt wurde das vom rotroten Senat eingehend geprüft. Wir hatten auch überlegt, die Option zu ziehen, aber es gab erhebliche Schwierigkeiten in der Umsetzung durch die Zweistufigkeit der Verwaltung, es wäre eine enorme Mammutbehörde geworden, und man hat sich damals dagegen entschieden. Im zweiten Versuch, um 2010, wurde noch einmal geprüft, ob die Option eine sinnvolle Maßnahme ist. Nach der Evaluation im Bund ergaben die Arbeitsgemeinschaften aber kein eindeutiges Ergebnis, was das bessere Modell ist.

Mittlerweile haben wir Jobcenter, die relativ gut funktionieren, wo es aber auch noch einen deutlichen Verbesserungsbedarf gibt. Das haben Sie in Ihrem Antrag nicht so definiert. Ich war irritiert, Herr Spies, dass Sie die KGStStudie als Grundlage genommen haben, denn die Empfehlungen der KGSt-Studie gehen in eine deutlich andere Richtung. Sie stellt das Modell auch nicht infrage. Darin ist nicht das Modell, das Berlin optiert.

[Martin Delius (PIRATEN): Ja, Mensch!]

Sie hätten die außerordentlich schleppende Umsetzung der Maßnahmen der KGSt-Studie kritisieren können. Wir

haben bereits im April 2013 dazu einen Antrag eingebracht mit dem Titel „Arbeit der Jobcenter effektiv gestalten“. In dem Antrag ging es genau darum, Steuerungsdefizite möglichst schnell zu beheben. Der Antrag wurde abgelehnt, Sie haben sich enthalten. Das Verfahren ist zwar transparenter geworden, aber nicht schneller.

Was in Berlin fehlt, um die Arbeit der Jobcenter nachhaltig zu verbessern, ist der politische Wille. Welche Empfehlungen aus der KGSt-Studie mitgetragen werden und welche abgelehnt werden – da bringt uns Ihr Antrag nicht weiter. Ihr Antrag läuft der gegenwärtigen Debatte hinterher. Sie hätten z. B. eine gute Betreuung von geflüchteten Menschen in den Jobcentern einfordern können, auch das wäre sinnvoll und unterstützenswert gewesen. All dies machen Sie nicht, daher ist Ihr Antrag nicht einmal schaufenstertauglich. – Tut mir leid!

[Beifall bei den GRÜNEN – Martin Delius (PIRATEN): Schaufensterantrag, scha, la, la!]

Für die CDU-Fraktion hat jetzt der Kollege Dregger das Wort. – Bitte schön!

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Spies! Ihre Rede war ganz freundlich und nett, Sie sind auch ein extrem freundlicher und netter Kollege, aber in Ihrem Antrag zeichnen Sie, im Begründungstext jedenfalls, ein sehr düsteres Bild der Berliner Jobcenter, und ich frage mich, ob das angemessen ist.

[Oliver Höfinghoff (PIRATEN): Gehen Sie doch mal in eins!]

Ich bin regelmäßig da. Sie können gerne mal mitkommen! – Eine drastische Fehlsteuerung beschreiben sie dort, und ich frage mich, ob dies wirklich nachvollziehbar ist. Jedenfalls sprechen unsere Erfolge am Arbeitsmarkt eine andere Sprache.

Warum Sie alle Beiräte, Versammlungen und Kooperationsausschüsse öffentlich tagen lassen wollen, erschließt sich mir nicht. Sie erklären es auch nicht. Die Jobcenter sollen ferner Tätigkeiten vermitteln, die der Ausbildung, Qualifikation, den Möglichkeiten und dem Willen der Betroffenen entsprechen. Das sollen sie bereits heute! – Sie wollen bedarfsgerechte Sozialberatung. Das geschieht teilweise, darüber kann man sicherlich reden. – Warum Sie die zwölf Jobcenter zu einem Träger zusammenfassen wollen, ist ebenfalls nicht erkennbar, Sie erklären es auch nicht.

[Oliver Höfinghoff (PIRATEN): Hätten Sie den Antrag nicht mal vor Ihrer Rede lesen können?]

Warum Sie keine Callcenter einsetzen wollen, erschließt sich aus Ihrem Antrag ebenfalls nicht. Sie verschweigen dabei, dass durch deren Einsatz 89 Prozent der Kundenanliegen schnell und unbürokratisch erledigt werden können. Wenn diese Personen alle vorsprechen müssten, würde das zum Erliegen des Geschäftsbetriebes beitragen. – Sie wollen den Grundsatz des Forderns und Förderns infrage stellen. Niemand hat Lustempfinden dabei, Sanktionen auszusprechen, aber manchmal tragen sie dazu bei, dass Leistungsbezieher ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachkommen,

[Oliver Höfinghoff (PIRATEN): Leider sind sie in den meisten Fällen rechtswidrig – schade!]

und es besteht überhaupt keine Veranlassung, das infrage zu stellen. – Ein weiterer Punkt: Der Petitionsausschuss soll nun vier Mal im Jahr tagen. Bitte schön, das kann er gerne machen. Ob der Tagungsort nun in irgendeiner Weise relevant ist, ich weiß es nicht. Vielleicht können Sie es uns im zuständigen Fachausschuss erklären, und dann können wir vielleicht noch vor dem Ende der Legislaturperiode darüber entscheiden. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Danke schön! – Für die Fraktion Die Linke hat jetzt Frau Kollegin Breitenbach das Wort. – Bitte schön!

Vielen Dank! – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es wurden schon mehrere Punkte angesprochen, die an dem Antrag irgendwie komisch sind. Ich muss mal sagen: Mich lässt er an vielen Stellen auch ratlos zurück. Hier werden Probleme benannt, die ich auch sehe, lieber Herr Spies. Aber dann kommen Lösungsvorschläge, die ich nicht verstehe. Ganz viele Punkte, die Sie ändern wollen, kann man hier auf Landesebene gar nicht ändern. Selbst wenn die Senatorin in dieser Frage ganz engagiert wäre – sie könnte es nicht ändern. Da hätte ich doch mal vorgeschlagen, dass man eine entsprechende Bundesratsinitiative macht, was Sanktionen und Ähnliches angeht.

Zum anderen sage ich jetzt etwas zu den Irrungen und Wirrungen der Jobcenter: Wenn man die Jobcenter in Berlin zusammenfassen wollte, hätte man ein großes Jobcenter. Das würde aber nichts daran ändern, dass es eine gemeinsame Einrichtung wäre. Die gemeinsame Einrichtung würde man nur in dem Moment köpfen, wenn man, wie die Kollegin Bangert gesagt hat, die Option ziehen würde und eine Optionskommune wäre. Ich sage: Zum Glück haben wir das niemals gemacht; das wäre eine Katastrophe gewesen. Ich finde es im Übrigen auch heute noch richtig, dass wir gesagt haben: Wir machen nicht ein Jobcenter für diese Stadt. – Ich sage Ihnen zumindest kurz, warum: Erstens hätten wir damit nicht die Probleme gelöst – im Gegenteil! –, und zweitens hätte

(Sabine Bangert)

dies dazu geführt, dass wir die unterschiedlichsten Situationen in den einzelnen Bezirken völlig außen vor gelassen hätten. Die einzige Lösung, die wir gebraucht hätten, die aber nicht gekommen ist, wäre gewesen, dass Frau Senatorin mal ihre Verantwortung wahrgenommen und die gesamtstädtische Steuerung mal angeleiert hätte. Da ist aber nichts passiert.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Nichts passiert, kann man aber auch nicht sagen: Wie immer gab es Arbeitskreise, die jetzt schon seit mehreren Jahren tagen. Also abwarten! Aber in dieser Legislaturperiode wird an diesem Punkt nichts mehr passieren. Deshalb müssten wir jetzt tatsächlich im Ausschuss länger darüber diskutieren, was sinnvolle Vorschläge wären, denn die Probleme gibt es ja tatsächlich. Ich glaube auch nicht, dass wir in dieser Legislaturperiode noch dazu kommen werden. Dann müssen wir es später machen. Aber eins finde ich nach wie vor: Man muss auf Bundesebene dafür kämpfen, dass das Übel an der Wurzel gepackt wird, und die Wurzel heißt Hartz IV. Das war schon immer ein schlechtes Gesetz, und dieses Gesetz wurde in all den Jahren immer weiter verschlechtert.

[Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Dann muss man auf Landesebene dafür sorgen, dass die gesamtstädtische Steuerung endlich wahrgenommen wird, damit die Situation für die Beschäftigten und auch für die Erwerbslosen verbessert wird. Das kann man, wie gesagt, mit gesamtstädtischer Steuerung machen, und da wäre man schon mal einen ganzen Schritt weiter. Auch an diesem Punkt: fünf verlorene Jahre!

[Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Arbeit, Integration, berufliche Bildung und Frauen empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Tagesordnungspunkt 25 steht auf der Konsensliste.

Ich komme nun zu

lfd. Nr. 26:

Aufgabe gemäß § 7 Abs. 2 Sportförderungsgesetz der Sportanlage Ballhaus Linienstraße 121 (Teilfläche – Hofgrundstück) im Bezirk Mitte

Vorlage – zur Beschlussfassung – Drucksache 17/2877

Eine Beratung ist nun nicht mehr gewünscht. Es wird die Überweisung der Vorlage federführend an den Ausschuss für Sport und mitberatend an den Ausschuss für Stadt

entwicklung und Umwelt und an den Hauptausschuss empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Die Tagesordnungspunkte 27 und 28 stehen auf der Konsensliste.

Meine Damen und Herren! Dies war unsere heutige Tagesordnung. Die nächste, die 82. Sitzung findet am Donnerstag, dem 26. Mai um 11 Uhr statt.

Die Sitzung ist geschlossen. Ich wünsche Ihnen allen einen schönen Heimweg!

[Schluss der Sitzung: 18.24 Uhr]

(Elke Breitenbach)

Anlage 1

Konsensliste

Vorbehaltlich von sich im Laufe der Plenarsitzung ergebenden Änderungen haben Ältestenrat und Geschäftsführer der Fraktionen vor der Sitzung empfohlen, nachstehende Tagesordnungspunkte ohne Aussprache wie folgt zu behandeln:

Lfd. Nr. 10:

Sprachbarrieren abbauen – Migranten und Migrantinnen und Geflüchtete stärken

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit, Integration, Berufliche Bildung und Frauen vom 21. April 2016 Drucksache 17/2855

zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/2570