Protokoll der Sitzung vom 22.06.2017

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Weder das Parlament, noch der Senat, noch nicht einmal ein Volksentscheid könnte die Offenhaltung erzwingen. Konzentrieren wir also unsere Kraft darauf, die bestmögliche Nachnutzung für Tegel vorzubereiten. Und das sind Industrie, Forschung und zu einem Teil auch Wohnungen.

Genauso ist das, Herr Evers, denn von Ihnen stammt dieses Zitat.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Steffen Zillich (LINKE): Ryanair hat ihn umgestimmt!]

Nicht genug, dass man die Inbetriebnahme des BER rechtlich vor die Wand fährt, auch der unbefristete Wei

terbetrieb Tegels als Verkehrsflughafen steht auf tönernen Füßen. Der Flughafen Tegel ist aus der Not der Teilung unserer Stadt und ihrer Insellage heraus mit alliiertem Militärrecht errichtet worden. Aus dieser Notlage hat uns die Wiedervereinigung – wir haben den Ehrenbürger Kohl heute bei uns im Haus gewürdigt – befreit. Jetzt können wir im wiedervereinten Berlin das tun, was andere Städte selbstverständlich tun, einen ordentlichen, modernen Flughafen errichten.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Frank-Christian Hansel (AfD): Keine Stadt schließt einen innerstädtischen Flughafen!]

Die Betriebsgenehmigung für Tegel ist bereits 2004 widerrufen worden.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Sie gilt weiterhin!]

Wie Sie den Widerruf des Widerrufs einer Betriebsgenehmigung eines nie ordnungsgemäß planfestgestellten Flughafens bewerkstelligen wollen,

[Frank-Christian Hansel (AfD): Er hat Bestandsschutz!]

bleibt wohl Ihr Geheimnis.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Das ist doch Unsinn!]

Wir erfahren gerade auf Bundesebene, was uns alle der Widerruf des Widerrufs des ehemaligen Atomausstiegs durch Schwarz-Gelb kostet. Es sind Milliarden Euro.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Frank-Christian Hansel (AfD): Das war ja auch ein Fehler!]

Für Tegel hieße dies höchstwahrscheinlich eine neue Betriebsgenehmigung mitsamt neuer Planfeststellung für den Weiterbetrieb des Flughafens.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Braucht man doch gar nicht mehr!]

In der Bundesrepublik würde aufgrund der damit verbundenen drohenden Risiken heute keiner mehr einen solchen Flughafen bauen und keiner mehr einen solchen Flughafen planfeststellen, wie wir ihn in Tegel haben. Mit Ihrer Politik würden Sie auf einen Schlag und völlig verantwortungslos neue Rechts- und Klagewege gegen beide Flughäfen in Berlin eröffnen.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Das ist doch ein Märchen!]

Zum Schluss stünde Berlin gänzlich ohne Flughafen da, wenn man am 24. September mit Ja stimmt.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Tegel offen zu halten, ist rechtlicher Blödsinn.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Tegel zu schließen, ist politischer Blödsinn!]

(Bürgermeisterin Ramona Pop)

Um Tegel überhaupt offen halten zu können, braucht es ein neues und zeitlich aufwendiges Planfeststellungsverfahren.

Dem kann ich auch zustimmen. Gesagt hat es auch wieder Stefan Evers.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Die Gerichte werden das ohnehin nicht mitmachen. Ich kann Ihnen an dieser Stelle versichern, auch die Berliner Haushaltskasse wird das nicht mitmachen. Tegel ist in einem erbarmungswürdigen Zustand. Jeder, der dort einmal gelegentlich vorbeikommt, weiß das. Das Gebäude gehört schon lange grundsaniert. Dies allein wird rund 1 Milliarde Euro kosten. Mit dem üblichen Puffer von 15 Prozent dazu, können Sie das selbst rechnen. Dann kommt als Nächstes die Mär von der Wirtschaftlichkeit von mehreren Flughäfen.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Sie haben es aber nie gerechnet!]

Mitnichten ist das so. Zwei Flughäfen zu betreiben, ist teurer als einer. Dazu werden nicht viele Rechenkünste benötigt.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Sie befassen sich doch gar nicht damit!]

Beim Thema Rechnen habe ich Ihnen etwas voraus.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Es wäre schön, wenn Sie nicht ständig hereinquäken würden.

Das ist die geballte Wirtschaftskompetenz, die hier von der Opposition zur Schau gestellt wird. Das Beispiel Mailand, das von Herrn Czaja in der Hauptausschussdebatte genannt worden ist, zeigt sehr gut, welche Folgen die Abkehr von der Single-Flughafenlösung neben den bereits genannten massiven rechtlichen Problemen haben würde. Es gibt unerwünschte Konkurrenzen, die Unwirtschaftlichkeit beider Standorte in Mailand, weil beispielsweise Flughafeninfrastruktur doppelt vorgehalten werden muss. Die Flughäfen in Mailand sind beide nicht profitabel. Das müssten Sie eigentlich auch wissen, Herr Czaja.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Frau Senatorin! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Hansel?

Herr Hansel hat durch Zwischenrufe mehr Redezeit verbraucht als ich bislang.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Ich interpretiere das als ein klares Nein. Das geht einfacher.

Ich bin gerade dabei, die eingeforderten Zahlen vorzutragen. – In Tegel müsste man bei der doppelten Aufrechterhaltung von Flughäfen 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter neu einstellen.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Ach, Gottchen!]

Die doppelte Infrastruktur von Abfertigung und Sicherheit führt zu Mehrkosten von mindestens 100 Millionen Euro pro Jahr. Die geringeren Erlöse sind gar nicht erst eingerechnet. Die Kosten für den Lärmschutz kommen hier noch dazu. Ab dem 1. Januar 2019 gelten mit dem Ablauf der gesetzlichen Übergangsfrist auch für Tegel die aktuellen Schallschutzbestimmungen. Rund 300 000 Menschen hätten Anspruch auf zusätzliche Schallschutzmaßnahmen. Die Kostenschätzungen hierfür liegen bei rund 400 Millionen Euro. Wenn man sich aber den BER anschaut, wo wesentlich weniger Menschen betroffen sind und weniger Menschen als in Tegel Schallschutz erhalten, und dort wird mit 600 Millionen Euro kalkuliert, können Sie sich vorstellen, wie weit nach oben offen die Skala in Tegel dann bei den Kosten ist.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Frank-Christian Hansel (AfD): Sie haben es doch nicht gerechnet, Frau Pop!]

Das alles, was Sie hier vorhaben, ist ein Unterfangen für rote Zahlen und für die dauerhafte Unwirtschaftlichkeit der beiden Berliner Fluggesellschaften – das zu Ihrer Wirtschaftskompetenz.

Ich will noch ein Wort zur Kapazitätsfrage sagen: Sie wollen doch nicht ernsthaft jemandem weismachen, dass der neu eröffnete BER plus der Erweiterung in Schönefeld-Alt auf 10 Millionen Passagiere, insgesamt 45 Millionen Passagiere, und am Masterplan Erweiterung wird gearbeitet, nicht in der Lage sein soll, Tegel von heute und Schönefeld-Alt in Klein zu ersetzen. – Das glaubt Ihnen doch kein Mensch.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

(Bürgermeisterin Ramona Pop)

Seit Jahren hoffen Hunderttausende Menschen auf eine Schließung des Flughafens Tegel und ein Ende des Fluglärms. In keinem anderen europäischen Land sind so viele Menschen von Fluglärm eines einzelnen Flughafens betroffen wie in Tegel. Rund 300 000 Menschen leiden täglich unter Fluglärm. Die Politik steht bei ihnen allen im Wort, sie von diesem Lärm zu entlasten, denn Lärm macht nun mal krank. Das ist unsere Verantwortung, Politik für die ganze Stadt zu machen.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Sie dagegen machen dezidiert Politik für diejenigen, die es sich leisten können, nicht in der dröhnenden Einflugschneise zu wohnen. Sie machen keine Politik für alle Berlinerinnen und Berliner. Sie machen beinharte Klientelpolitik, das nicht mit uns.