Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Senator! Der vorliegende Haushaltsplanentwurf des Senats belegt in der Tat, dass sich Berlin über neue Rekordeinnahmen freuen kann. Was aber sind die Ursachen für solche Erfolgsmeldungen? – Schauen wir uns das einmal näher an. Erstens: Wir verzeichnen bundesweit steigende Steuereinnahmen, so auch in Berlin. Zweitens: Die Bund-Länder-Finanzierung wurde neu gestaltet. Drittens: Die laufenden Zinsausgaben sind rekordverdächtig aufgrund der Niedrigzinspolitik der EZB sowie der Staatsanleihenkäufe in Milliardenhöhe gesunken. Die Ursachen des Geldsegens in Berlin sind also kein Verdienst des Senats. Sie sind externen Umständen geschuldet, die sich ebenso schnell wieder ändern können.
Im Vorwort der aktuellen Finanzplanung des Senats ist die Rede vom bewährten Zweiklang von Konsolidieren und Investieren. Das klingt erst einmal wunderbar. Der Senat vergisst dabei aber eine entscheidende Größenordnung. Aus Sicht der AfD braucht es keinen Zweiklang, sondern einen Dreiklang von angemessen Konsolidieren, effektiv investieren und nachhaltige Vorsorge für die Schuldenbremse treffen.
Nur bei diesem Dreiklang – bekanntlich sind aller guten Dinge drei – kann von seriöser Haushaltspolitik die Rede sein. Die AfD hatte vor der Sommerpause einen Antrag gestellt, die Schuldenbremse in die Landesverfassung aufzunehmen. Dies wurde abgelehnt. Warum wohl? Wie ernst meint es der Senat mit dem Konsolidieren, Investieren und Einhalten der Schuldenbremse, wenn immer wieder ein Hintertürchen offen gelassen wird?
Wäre die Schuldenbremse in der Landesverfassung verankert, wäre sie auch beim Landesverfassungsgericht justiziabel, Herr Schneider. Dies scheint aber der Senat wie der Teufel das Weihwasser zu scheuen.
Das ist so. – Berlin gehört nach wie vor zu den Bundesländern mit einer der höchsten Pro-Kopf-Verschuldung deutschlandweit. Wann, wenn nicht jetzt bei günstigsten Voraussetzungen, sollen denn Schulden getilgt werden? Es ist schlicht verantwortungslos, nicht tragfähige Schuldenlasten künftigen Generationen aufzubürden.
Es kommt noch etwas, warten Sie einmal ab. – Bei der Analyse der Nachhaltigkeit des Berliner Haushalts müssten nämlich auch die impliziten Staatsschulden, also alle Pensionsverpflichtungen einbezogen werden
und auch die Auswirkungen zum Beispiel des Zustroms von Asylbegehrenden mit geplantem Familiennachzug. Da reden wir nämlich ganz schnell über einen dreistelligen Milliardenbetrag, der auf der Generationenbilanz lasten wird, Herr Schneider.
Auf unsere schriftliche Nachfrage zur Höhe zum Beispiel zur Pensionsverpflichtungen wurde uns mitgeteilt, dass diese noch nicht bekannt seien. Wenn wir hier aber eine ehrliche Debatte haben wollen, sind solche Zahlen von immenser Wichtigkeit. Doch die liegen dem Senat nicht vor. Ist das Fahrlässigkeit? Ist das Absicht? Solche Realitätsverweigerungen haben schon Griechenland und davor auch die DDR ruiniert.
Wenn die Regierungskoalition auf den Stabilitätsrat verweist, der Berlin ein erfolgreiches Sanierungsverfahren bescheinigt hat, so sei hier auch folgendes erwähnt. Der Stabilitätsrat warnt den Senat, das bisher Erreichte nicht infrage zu stellen und neue, strukturelle Haushaltsbelastungen zu vermeiden, damit Berlin die Schuldenbremse auch einhalten kann.
Warum musste denn Berlin erst ein Sanierungsverfahren und dann ein Konsolidierungsverfahren durchlaufen und war dann zu Zeiten der rot-roten Koalition 2006 kurz davor, unter Zwangsverwaltung gestellt zu werden? Neben der besonderen Situation der Stadt nach der Wende mit doppelten Verwaltungsstrukturen, dem Wegfall der Berlinsubvention, waren viele Probleme hausgemacht.
der dazu führte, dass Berlin Garantien und Bürgschaften für mehr als 21 Milliarden Euro übernahm. Die Berliner Bankgesellschaft war, wohlgemerkt, ein öffentliches Institut. Was war die Konsequenz? Berlin musste einen Finanzplan vorlegen, der massive Einsparungen zur Folge hatte und unter dem die Stadt und seine Bürger heute noch leiden. Erstens: In der Verwaltung und im öffentlichen Dienst fehlt nach wie vor ausreichendes Personal. Zweitens: Landeseigenes Vermögen wurde zum Teil verschleudert. Und drittens: Straßen, Brücken, Schulen, öffentliche Gebäude sind so marode wie nie. Die Altparteien haben hier entscheidend versagt und tragen die Hauptverantwortung für die heutigen Probleme unserer Stadt.
Und das nächste Berlin-Desaster mit der Dauerbaustelle BER ist in Arbeit und auf dem besten Weg, neue Rekorde zu brechen. Wenn Tegel schließt, wird über kurz oder lang die Debatte über eine dritte Startbahn entbrennen.
Wenn es am BER zu technischen Störungen kommt, wird die Öffentlichkeit mit Erstaunen feststellen, dass wieder niemand die Verantwortung übernehmen will.
Es klingt immer gut, wenn wir vom Senat hören, dass nun Geld in Infrastruktur, Gebäude und Personal investiert werden soll. Aber was passiert tatsächlich? – Da werden Gelder in den Nachhaltigkeitsfonds SIWANA gesteckt, um daraus Investitionen in Schulen, Kitas usw. zu finanzieren.
Allerdings wurden dabei auch Haushaltsgrundsätze mit Füßen getreten, weil die Zweckbindung im Frühjahr dieses Jahres gegen unseren Willen aufgehoben worden ist. Das heißt: Gelder aus dem SIWANA können nun durchaus auch für andere Zwecke als für dringend notwendige Investitionen in die Infrastruktur ausgegeben werden. Und darüber hinaus werden landeseigene Gesellschaften dazu gebracht, Tochtergesellschaften zu gründen. Mit ihrer Hilfe – z. B. mit der Berlinovo – sollen Studentenwohnungen gebaut werden, ein Stadtwerk soll betrieben werden – das eigentlich niemand braucht, das die Berliner Wasserbetriebe am Hals haben –,
Investitionen sind Aufgaben des sogenannten Kernhaushaltes, und der Kernhaushalt unterliegt der Schuldenbremse. Verlagern wir nun solche Investitionen aus dem Kernhaushalt in öffentliche Unternehmen und werden
diese über neue Kreditmarktschulden finanziert, laufen wir Gefahr, in die Schuldenfalle zu tappen, spätestens, wenn die Zinsen wieder steigen. Wir haben es hier – der Begriff ist schon gefallen – klassisch mit Schattenhaushalten zu tun, die sich der parlamentarischen Kontrolle entziehen.
Die AfD fordert deshalb eine klare und deutliche Abgrenzung sämtlicher Investitionen nach Kernhaushalt, Extrahaushalten und landeseigenen Unternehmen. Im Übrigen teilt der Landesrechnungshof diese Ansicht.
Apropos: Es gibt traurige Beispiele für die Verschwendung von Steuergeldern. Zum Beispiel werden dem Berliner Stadtwerk 100 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Das hatten wir bereits kritisiert. Gibt es da inzwischen ein tragfähiges Konzept? – Ich glaube nicht.
Oder wie sieht es mit 100 Millionen Euro für die Ausübung von Vorkaufsrechten aus? Wie viele Wohnungen werden denn mit Hilfe dieses Vorkaufsrechts gebaut? – Keine einzige Wohnung! Für 100 Millionen Euro könnte man 1 000 Wohnungen mit jeweils 50 Quadratmeter Wohnfläche bauen. 1 000 Wohnungen! Statt dessen werden Bestandsimmobilien vom Markt genommen, Mieter können ihre Wohnungen nicht mehr als Eigentum erwerben und somit ihr Alter absichern, und es wird eine kleine Klientel befriedigt, das am lautesten und schnellsten nach staatlichem Eingriff ruft. Ist das Gerechtigkeit? – Wohl eher nicht!
Investitionen dürfen nicht nach dem Gießkannenprinzip getätigt werden. Es braucht klare und deutliche Strukturen. Wir brauchen ein Kataster sämtlicher Gebäude und Liegenschaften, Straßen, Brücken, Bezirksämter, Rathäuser, Verwaltungsgebäude usw., um endlich den tatsächlichen Erhaltungs- und Investitionsbedarf kalkulieren zu können. Nur so ist wirtschaftlich vernünftiges Handeln möglich.
Diese auf ökonomischer Vernunft und Methodik aufbauende Bedarfsanalyse sollte begleitet werden durch sorgfältige Organisationsanalysen, um Verfahrensabläufe auch in den Dienststellen besser zu gestalten. Auch darin stimmen im Übrigen der Rechnungshof und andere Institutionen mit der AfD überein. Der Staat darf nicht zum Selbstzweck der politischen Klasse verkommen,
sondern sollte sich am realen Nutzen des Bürgers, der das alles über Steuern finanziert, orientieren.
Es sei an dieser Stelle nochmals mahnend an die Worte des sozialismuskritischen Ökonomen Ludwig von Mises
erinnert. Das habe ich schon mal zitiert. Es ist aber so wichtig, dass ich es noch mal mache. Er sagte: Nur mithilfe der Wirtschaftsrechnung lassen sich die Mittel in ökonomischer Weise in den Dienst der Zwecke stellen. Ohne Wirtschaftsrechnung keine Wirtschaft, also auch keine öffentliche Finanzwirtschaft. – Wir freuen uns auf den weiteren Verlauf der Haushaltsberatungen und hoffen auf eine konstruktive Arbeitsatmosphäre trotz Bundestagswahlkampf. – Vielen Dank!