Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 2. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin und begrüße Sie, unsere Gäste, Zuhörerinnen und Zuhörer sowie die Medienvertreter sehr herzlich.
Ich darf heute als Besucher einen Ehrengast begrüßen: Es ist Gail Halvorsen, der legendäre amerikanische Luftbrückenpilot, der damals so viele Kinder und Jugendliche glücklich machte. – Seien Sie herzlich willkommen Mr. Halvorsen!
Wir freuen uns sehr, dass Sie uns die Ehre geben, Mr. Halvorsen. Sie sind nicht allein zu uns gekommen. – An seiner Seite sind seine beiden Töchter und Frau Mercedes Wild, die ihn damals als junges Mädchen inspirierte, während der Luftversorgung an die Kinder zu denken. Auch Sie möchte ich ganz herzlich begrüßen.
Ich begrüße auch die Vorstandsmitglieder des Vereins Care Deutschland-Luxemburg und Herrn Pieroth vom Luftbrückenverein, die Mr. Halvorsen nach Deutschland eingeladen haben.
Mr. Halvorsen! Während der schwierigen Zeit der Luftbrücke haben Sie vielen kleinen Menschen in Berlin eine große Freude gemacht, indem Sie bei Ihren Landeanflügen auf Tempelhof Süßigkeiten an kleinen Fallschirmen aus der Maschine warfen. Viele andere Piloten folgten Ihrem Beispiel, und schnell hatten die Flugzeuge einen Namen: Rosinenbomber. In der Zeit der größten Not haben Sie so viele Kinderherzen höher schlagen lassen. Dafür möchte ich Ihnen danken. Weil es Menschen wie Sie gab, hatte Menschlichkeit auch in Zeiten des Kalten Krieges ein Gesicht.
Dass wir heute als Berlinerinnen und Berliner wieder in Freiheit und Einheit leben können – Sie und Ihre Kollegen haben dafür Ihr Leben eingesetzt. Das werden wir nie vergessen. Sie sind die echten Freunde Berlins.
Mr. Halvorsen! Ich darf Ihnen noch mal Danke sagen und Ihnen einen angenehmen Aufenthalt hier in unserem Berlin wünschen. Schön, dass Sie da sind.
Bevor ich zum weiteren Verfahrensablauf komme, möchte ich Frau Bettina König von der SPD-Fraktion zum heutigen Geburtstag gratulieren. – Frau König! Alles Gute! Herzlichen Glückwunsch!
Dann habe ich Geschäftliches mitzuteilen. Die Fraktionen sind übereingekommen, die Vorlage – zur Kenntnisnah
me – Drucksache 17/3111 – Stellungnahme des Senats zum Bericht der Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit für das Jahr 2015 – als Drucksache der 18. Wahlperiode zu übernehmen. – Widerspruch höre ich nicht. Damit ist die Drucksache 17/3111 als neue Drucksache 18/0028 in die 18. Wahlperiode übernommen.
− Antrag der Fraktion der SPD zum Thema: „Berlin gemeinsam gestalten. Solidarisch. Nachhaltig. Weltoffen.“
− Antrag der Fraktion der CDU zum Thema: „Rote Laterne für Berlins Bildungspolitik – rot-rot-grüne Bildungsideologie bestraft Lehrer, Eltern und Schüler.“
− Antrag der Fraktion Die Linke zum Thema: „Berlin gemeinsam gestalten. Solidarisch. Nachhaltig. Weltoffen.“
− Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum Thema: „Berlin gemeinsam gestalten. Solidarisch. Nachhaltig. Weltoffen.“
− Antrag der AfD-Fraktion zum Thema: „Der offene Strafvollzug im Kontext der inneren Sicherheit Berlins“
− Antrag der Fraktion der FDP zum Thema: „Bremsen statt gestalten – Rot-Rot-Grün legt die Axt an die Berliner Verkehrsinfrastruktur“
Die Fraktionen haben sich im Ältestenrat auf die Behandlung des Antrags der AfD-Fraktion – Der offene Strafvollzug im Kontext der inneren Sicherheit Berlins – verständigt, sodass ich dieses Thema gleich für die Aktuelle Stunde unter dem Tagesordnungspunkt 1 aufrufen werde.
Dann möchte ich auf die Ihnen vorliegende Konsensliste sowie auf das Verzeichnis der Dringlichkeiten hinweisen. Ich gehe davon aus, dass allen Vorgängen, die nach Redaktionsschluss eingegangen sind, die dringliche Behandlung zugebilligt wird. – Widerspruch höre ich nicht. Dann ist dies so beschlossen.
Beim Tagesordnungspunkt 5 A handelt es sich um eine dringliche Gesetzesvorlage mehrerer Fraktionen zum Landesabgeordnetengesetz. Nach der neuen Regelung gemäß § 59 Abs. 3 der Geschäftsordnung ist für die dringliche Beratung einer Gesetzesvorlage eine Zweidrittelmehrheit der Mitglieder des Hauses erforderlich. Es wurde zuvor kein Widerspruch erhoben. Damit stelle ich fest, dass auch dieses Mehrheitserfordernis erfüllt ist.
Entschuldigungen von Senatsmitgliedern für die heutige Sitzung: Der Regierende Bürgermeister ist abwesend ab ca. 18 Uhr. Grund ist das Grußwort anlässlich der Eröffnung der Ausstellung „Schloss.Stadt.Berlin. – Die Residenz rückt in die Mitte“ der Stiftung Stadtmuseum
Berlin. Vielleicht haben wir aber auch bis dahin die Plenarsitzung schon beendet. Herr Senator Henkel ist abwesend von 11 Uhr bis 13 Uhr – Grund ist die Vertretung des Regierenden Bürgermeisters beim Festakt des 25jährigen Jubiläums von Special Olympics in Deutschland – und noch einmal von 14 Uhr bis 15 Uhr, weil er dann an der Sondersitzung des Ausschusses für Verteidigung im Bundesrat teilnehmen wird.
Für die Besprechung der Aktuellen Stunde steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu zehn Minuten zur Verfügung, die auf zwei Redebeiträge aufgeteilt werden kann. Es beginnt die AfD-Fraktion. – Herr Dr. Berg, bitte schön! Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach unserer Geschäftsordnung findet eine Aktuelle Stunde statt, wenn es um ein Thema von allgemeinem Interesse geht. Wie wahr! Es ist von höchstem allgemeinen Interesse, dass die sich bildende rot-rot-grüne Koalition dabei ist, den Amtseid ihrer zukünftigen Senatoren zu verletzen, bevor er auch nur abgelegt worden ist, denn dem Wohle des Volkes, auf das Sie schwören werden, kann es unmöglich dienen, wenn Sie dabei sind, einen rot-rot-grünen Teppich für Berufs- und Gewohnheitsverbrecher in diese Stadt, in diese Gesellschaft auszurollen.
Anders kann die Absicht aus Ihrem Koalitionsvertrag nicht verstanden werden, auf die Inhaftierung von Verurteilten grundsätzlich zu verzichten. Sie haben ja vereinbart: Der Anspruch bleibt; der offene Vollzug ist der Regelvollzug. – Man fragt sich, ob die Koalitionäre die bisherigen bitteren Erfahrungen mit diesem offenen Vollzug bewusst ihrer linken Resozialisierungsromantik geopfert haben.
Erinnert sich noch jemand in diesem Haus an das Jahr 2007, das sogenannte Jahr der offenen Tür in den Berliner Haftanstalten? Damals flohen in den ersten neun Monaten des Jahres 85 Gefangene aus dem offenen Vollzug, und die verantwortliche Justizsenatorin behauptete, dass nur „ungefährliche Straftäter“ geflohen seien. Aber ist das wirklich so? Fliehen immer nur ungefährliche Straftäter aus dem offenen Vollzug?
Die Realität zeigt ein anderes Bild, das ich hier nur in Teilen wiedergebe. Verurteilte Mörder flohen aus dem offenen Vollzug im Mai 2007 der JVA Brandenburg, im Juli 2011 der JVA Torgau, im August 2012 der JVA Wriezen, im Juni 2016 der JVA Euskirchen. Der offene Vollzug bietet nicht nur bereits verurteilten Mördern die Gelegenheit zur Flucht. Ebenso werden Straftäter im offenen Vollzug selbst erst zu Mördern. Ein Mann, der trotz 27 Vorstrafen im offenen Vollzug der JVA Diez war, rammte auf seiner Flucht den Kleinwagen einer 21-jährigen jungen Frau, die später daraufhin starb. Der Mann wurde wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt.
Ich hoffe, dass die nachfolgenden Redner der Koalition nicht auf irgendwelche Rückfalltäter-, Profil- oder sonstige Statistiken verweisen, um die angebliche Irrrelevanz des Themas zu untermauern. Abgesehen davon, dass die Erstellung oder eben gerade die Nichterstellung von Statistiken bereits zum Bestandteil eines gelähmten Rechtsstaates geworden ist, sollte sich auch bei Ihnen eine prozentbasierte Relativiererei von menschlichen Einzelschicksalen verbieten. Jedes einzelne Opfer eines im offenen Vollzug befindlichen Straftäters, jedes einzelne Opfer eines aus dem offenen Vollzug fliehenden Straftäters ist nicht nur ein Tatopfer. Es ist auch das Opfer einer bewusst herbeigeführten Politik. Es ist auch Ihr Opfer! Und deshalb sagt die AfD, der Rechtsstaat braucht vor allem Respekt. Und Respekt bedarf des Willens und der Fähigkeit, den Rechtsstaat auch durchzusetzen. Aber mit Ihrer Koalitionsvereinbarung betreiben Sie keine Durchsetzung des Rechtsstaates; Sie betreiben im Ergebnis eine konsequente Zersetzung des Rechtsstaates.
Ein Rechtsstaat, der sich selbst nicht ernst nimmt, wird von niemandem ernst genommen. Dass Sie Ihre Zersetzung des Strafvollzugs dann auch noch unter der Überschrift „Ein bürgernahes und lebenswertes Berlin“ verpacken, überschreitet die Grenzen zum Zynismus.
Wer wie Sie auf die Inhaftierung von Verurteilten grundsätzlich verzichten will, der betreibt eine ideologisch verblendete und längst als weltfremd erwiesene Resozialisierungsromantik. Dem scheint die Lebensqualität des kriminellen Milieus in dieser Stadt wichtiger zu sein als das der Opfer dieses Milieus. Der betreibt die größte Demotivationskampagne für Polizeibeamte, Staatsanwälte, Richter und Justizvollzugsbeamte.
Aber vielleicht gibt es doch noch Hoffnung auf einen Rechtsstaat, der sich nicht aufgibt und der sich nicht lächerlich macht. Wir alle wissen, dass Koalitionsvereinbarungen weder eins zu eins umgesetzt noch von A bis Z umgesetzt werden. Deshalb wendet sich die AfD-Fraktion ganz bewusst an Sie, Herr Regierender Bürgermeister.
Verzichten Sie darauf, auch in Ihrer Regierungserklärung diesen rot-rot-grünen Teppich für Berufs- und Gewohnheitsverbrecher auszurollen! – Ich danke Ihnen!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir beraten heute, wie der Kollege zutreffend gesagt hat, das Thema „Der offene Strafvollzug im Kontext der inneren Sicherheit“, welches hier von der AfD-Fraktion angemeldet wurde. Wie sicher ist Berlin, und droht die Gefahr für Berlinerinnen und Berliner durch den offenen Vollzug?