Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete! Liebe Berliner! Die Fraktionen von SPD, Linke und Bündnis 90/Die Grünen stellen einen Antrag auf Annahme einer Entschließung: Arbeitsplätze und Fertigungsstandorte bei Siemens, General Electric und Ledvance in Berlin erhalten! – Die Fraktionen der Koalition möchten sich für die Belange der Beschäftigten, also für den Erhalt der Arbeitsplätze gegenüber dem Management einsetzen. Wie unverhohlen und dreist ist das denn! Wollen Sie nichts von Wirtschaft verstehen, oder wollen Sie die Berliner einfach nur für dumm verkaufen?
Es gab dazu einen Änderungsantrag im Wirtschaftsausschuss, dem auch die AfD zugestimmt hat. Dieser FDPAntrag hat eine sehr wesentliche Änderung enthalten. Ein einziges Wort wurde geändert. Das ist eine kleine semantische Änderung, die aber aufzeigt, dass sich dahinter völlig verschiedene Gedankenwelten verbergen. Wir haben es gerade gehört bei der Klassenkampfrhetorik, die eben da war. Es wurde nämlich beantragt, nicht gegen das Management oder gegenüber dem Management sich einzusetzen, sondern gemeinsam mit dem Management dieser Betriebe.
Die FDP und die AfD stimmten dann im Wirtschaftsausschuss für konstruktive Verhandlungen mit beiden Sozialpartnern. Allerdings haben die Vertreter der Koalition den Änderungsantrag gar nicht verstanden und ihn deswegen abgelehnt. Die Damen und Herren Soziologen und Politologen der Koalition wissen nämlich nicht, was in einem Wirtschaftsunternehmen passiert. Bei Siemens in Berlin werden für Gaskraftwerke Großturbinen mit einer Leistung von 567 Megawatt gebaut. Diese Gasturbinen produzieren nur halb so viel Kohlendioxid wie die Kohlekraft. Das Produkt, diese Turbine, ist im Wettbewerb um die effizienteste Gasturbine der Welt entstanden. Diesen Wettbewerb lieferten sich Siemens und General Electric. Siemens hat für diese Hochtechnologie bisher zwei Kunden gewonnen: die US-amerikanische Gesellschaft Duke Energy und die britische Scottish and Southern Energy. In Deutschland ist der Markt für effiziente Gasturbinen faktisch komplett tot. In Zeiten der Energiewende sind nur noch dezentrale Lösungen und erneuerbare Energien gefragt. Und genau dadurch sind diese 300 Arbeitsplätze im Gasturbinenwerk von Siemens gefährdet. Der Zustand, den Sie hier beklagen, den haben Sie herbeigeführt und zu verantworten. Sie sind es, die unsere Arbeitsplätze vernichten.
Dafür sollten Sie sich schämen. Sie sind es, die mit ihrem Ökowahn zum Wegfall der Geschäftsgrundlage für die Kraftwerkssparten von Siemens und General Electric
führen. Wenn Unternehmen Großprojekte und neue Produkte planen, werden bereits in der Planung Absatzmärkte und potenzielle Kunden mit einbezogen. Und genau dafür haben Sie kein Verständnis. Richtig wäre es, dem Management nicht die in der Entwicklungsphase der Turbinen identifizierten und geplanten Kraftwerkskunden durch die irre Energiewende wegzuschießen, sondern diese Kunden zu erhalten. So geht Industriepolitik, und so geht Arbeitsplatzerhalt.
Aber das ist natürlich besonders für eine Partei, die ungeniert weiterhin postet, der Kommunismus wird gewinnen, außerhalb ihrer geistigen Reichweite; also keinerlei Selbstreinigung von den Linken. Der Kommunismus wird gewinnen – sehe ich nicht so. Aber trotzdem vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt der Abgeordnete Urbatsch. – Bitte sehr, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Man kann nur hoffen, dass das für die Arbeitnehmerinnen unwürdige Geschacher um die Arbeitsplätze, das wir in den letzten Monaten erlebt haben, bald der Vergangenheit angehört. Dass die im Antrag genannten Unternehmen auf die qualifizierten Arbeitsplätze verzichten können, ist erstaunlich oder Ausdruck von Fehlern bei der Produktplanung. Qualifizierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern einen attraktiven Arbeitsplatz zu bieten, ist für den Erfolg von Wirtschaftsunternehmen und das Funktionieren der Verwaltung schon heute wichtig. Das derzeitige Bemühen um Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wird für die Zukunft aber sicherlich nicht ausreichen. Das merken wir heute schon in unserer eigenen Verwaltung. Von daher ist es für mich selbstverständlich, dass die Koalition sich mit den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern solidarisiert. Politik und Verwaltung müssen den Druck aufrechterhalten, um die Unternehmen vor Schnellschüssen zu bewahren, oder, wenn es am Ende nicht anders geht, für vernünftige Übergangsmöglichkeiten sorgen.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das war, glaube ich, mit die kürzeste Rede. Den Rekord werde ich nicht brechen können. – Dieser Antrag hätte es eher verdient, heute Vormittag Priorität zu sein, als das, was wir vorhin beraten haben, ob nun der Unternehmerinnenpreis in einem hübscheren Raum stattfinden soll.
Das wäre zumindest mal eine angemessene Priorität, denn da geht es wirklich um viel. Der Antrag geht in die richtige Richtung, ist doch klar. Es gibt doch niemanden hier im Haus, das wurde auch angesprochen, den das kaltlässt, wenn Arbeitsplätze in Gefahr geraten. Das ist doch klar. Natürlich ist es die wichtigste Aufgabe für das Land Berlin und den Senat, dafür zu sorgen, dass die Rahmenbedingungen stimmen, dass diese Arbeitsplätze hier erhalten werden können.
Aber wahr ist eben auch, dass diese Unternehmen aus ganz unterschiedlichen Gründen Arbeitsplatzabbau angekündigt, aber noch nicht umgesetzt haben, denn die Verhandlungen mit den Betriebsräten laufen ja noch. Da ist auch ein Ergebnis noch nicht klar, und man darf diesen Unternehmen nicht nur unterstellen, sondern schlichtweg auch vertrauen, dass auch sie einen Arbeitsplatzabbau nur als Ultima Ratio in Kauf nehmen oder umsetzen müssen, wenn keine andere Lösung, was den Umbau oder Versetzungen anbetrifft, mehr möglich ist.
Und was ist jetzt die Rolle des Senats, die wir da auffordern? – Das ist eben nicht, und damit wird niemandem geholfen, rote Fahnen vor den Konzernzentralen zu schwenken und sich unterzuhaken und zu sagen, wir stehen bei euch; damit ist kein einziger Arbeitsplatzerhalt gesichert, kein einziger – sondern tatsächlich eine moderierende Rolle einzunehmen und für die Rahmenbedingungen zu stimmen. Deswegen haben wir einen An- trag – –
Danke schön! – Dieser Einwand von Ihnen mit der Priorität hat mir ein bisschen zu denken gegeben, weil Sie ja unter Umständen recht hätten. Ich habe aber auf Ihre Internetseite geschaut, und ich habe heute Morgen zuschauen können, wie Sie einen schönen Beitrag für Facebook gemacht haben. Da haben Sie auch eine andere Priorität gesetzt, nämlich unsere. Schon merkwürdig, warum haben Sie denn nicht die Zeit genutzt, um über diese tolle, wichtige Priorität zu sprechen, wenn Sie das bei uns anprangern?
Herr Düsterhöft! Das ist einfach zu erklären. Bei diesem Beitrag, über den wir jetzt reden, war ich mir nicht mal sicher, ob er überhaupt heute beraten wird, das war nicht klar, während es bei der Priorisierung klar ist, worüber gesprochen wird. Darauf lenke ich dann auch die Aufmerksamkeit.
Aber ich freue mich, dass Sie so intensiv meine Facebookseiten studieren und besuchen. Tun Sie es weiter. Vielleicht hat es ja mal positive Auswirkungen auf eine klassenkämpferische Grundausrichtung Ihrerseits.
Wir haben einen Änderungsantrag eingebracht, den haben Sie abgelehnt aufgrund Ihrer Grundhaltung, dass Sie doch lieber gegen – Sie schreiben gegenüber – das Management verhandeln wollen, also sozusagen auf der Seite der Arbeitnehmer, weil das so gut ankommt. Aber Sie haben den Arbeitnehmern damit nicht gedient, sondern entscheidend ist das Miteinander, das heißt, sowohl mit der Geschäftsleitung als auch mit den Arbeitnehmern dort eine moderierende Rolle einnehmen, denn nur beide am Tisch können dafür sorgen, dass Arbeitsplätze erhalten bleiben können.
Wir stellen aber auch fest, das ist eine gute Gelegenheit, mal darüber zu sprechen, wie diese Wirtschaftspolitik insgesamt läuft. Ich habe gesagt, wir müssen Rahmenbedingungen schaffen dafür, dass diese Arbeitsplätze und auch weitere erhalten bleiben und auch geschaffen werden können. Und da ist das Zeugnis für Ihre Regierung und für diese Regierungskoalition miserabel. Dieses Zeugnis haben nicht wir als FDP ausgestellt, uns glauben Sie ja nicht, aber schön, dass Sie mittlerweile unsere Facebookseiten besuchen, sondern die IHK – nicht bekannt als Widerstandsorganisation für Ihre Regierung.
Aber diese IHK kam auch nicht mehr umhin festzustellen, dass das, was Sie im Kern tun müssen: Gewerbeflächen ausweisen, die Ausbildung verbessern oder auch Verkehrsinfrastruktur vorhalten – alles mit über 70 Prozent unbefriedigend, schlichtweg mangelhaft ist. Wer solche Noten vorzuweisen hat, tut schlecht daran, anderen
Belehrungen zu geben und privaten Unternehmen auch noch Nachhilfe geben zu wollen, wie sie ihren Laden zu führen haben.
Die Stimmung in der Wirtschaft und in den Verbänden schwankt zwischen Fassungslosigkeit und Wut. Ich habe heute Vormittag schon angesprochen, dass wir beim Unternehmerverband Berlin eine frustrierte Stimmung vorgefunden haben. Das liegt an den Bremsen, die Sie hier gesetzt haben. Ob das nun das ICC ist, Sie reden über Privatisierung, die Linkspartei ist irgendwie dagegen. Wir kommen nicht weiter beim Berliner Großmarkt, weil selbst die vorsichtigen Pläne, die die Händler dort vorgelegt haben, Ihnen schon zu weit gehen. Wir haben beim Vergaberecht noch Probleme, Sie wollen noch mehr Bürokratie raufschaufeln, nicht weniger. Und zuletzt die ILA, unumstritten eine der Kernmessen für die Industriepolitik hier in Berlin. Selbst diese stellen Sie auch noch infrage. Da muss ich sagen, da sind Sie nun der schlechteste Anwalt für Industriepolitik. Ich kann Ihnen nur sagen: Machen Sie bitte Ihre Hausaufgaben der Politik,
damit die Rahmenbedingungen stimmen! Dann ist allemal mehr geholfen, als rote Fahnen vor irgendwelchen Konzernzentralen zu schwenken. – Danke!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich entschuldige mich erst einmal, dass ich die Tagesordnung ein bisschen durcheinandergebracht habe, aber ich hatte einen anderen Zeitplan, und Sie haben den offenbar verändert.
Dennoch bin ich erstaunt über Herrn Schultze-Berndt und Herrn Swyter, dass sie sich solche Gedanken über unsere Prioritäten machen. Es ist halt so, wir machen mehrere wirtschaftspolitische Anträge, weil es die Opposition nicht macht, die sich selbst immer als näher an der Wirtschaft versteht. Insofern muss man sich halt entscheiden. Dieses Mal hatte meine Kollegin Ines Schmidt den Vortritt für die Stärkung der Unternehmerinnen gehabt.
Aber jetzt zu dem vorliegenden Antrag. Ich konnte auch das Vorhergehende aufnehmen. Herr Schultze-Berndt und Herr Swyter machen sich Gedanken, dass die Unternehmen zu sehr beschimpft werden. Das ist doch gar nicht so. Wir sagen als Koalition nur, dass wir an der Seite dieser Beschäftigten sind. Und es ist aber auch nicht so, dass wir keine Angebote machen. Es hat gerade der Industriekreis den neuen Masterplan bis 2021 fortgeschrieben – mit Maßnahmen, die Industrie zu stärken. Das ist eine ausgestreckte Hand. Dort sind verschiedene Maßnahmen, die die Industriestruktur in unserem Land verbessern können. Aber es kommt darauf an, dass das Unternehmen auch annehmen.