Die Debatte im Mai war geprägt vom Mangel an Kitaplätzen zum Ende des Kitajahrs 2017/2018 – meine Vorrednerin hat auch das schon erwähnt. Uns fehlten in Berlin vor einigen Monaten ca. 3 000 Plätze, und das ist keine Zahl, die sich die CDU ausgedacht hat, sondern eine Zahl, die von den Gewerkschaften in die Debatte
eingebracht wurde – eine Katastrophe für die betroffenen Familien. Vereinbarkeit von Familie und Beruf sieht anders aus.
Wir haben hier ein zum guten Teil hausgemachtes Problem, das sich im Laufe der letzten Jahre verschärft hat. Verschärft hat sich das Problem auch bei der Gewinnung von Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen – meine Vorrednerin hat auch das kurz angesprochen. Damit haben die freien Träger zu kämpfen; damit hat die öffentliche Hand zu kämpfen, insbesondere die Bezirke. Die Anzahl der freien Stellen im sozialdemokratisch geführten Jugendamt von Tempelhof-Schöneberg spricht Bände. So geht das nicht!
Der Hauptgrund für diese verschärften Probleme sind fehlende Fachkräfte. Auch Frau Burkert-Eulitz hat in der letzten Plenardebatte dazu im Mai richtigerweise darauf hingewiesen, dass das schon an vielen Stellen in der letzten Wahlperiode Thema hier im Haus war. Die CDU hat aufgrund der überaus angespannten Fachkräftesituation in Berlin auch im Wahlprogramm 2016, also nach der letzten Wahlperiode gefordert, die Vergütung für Erzieherinnen und Erzieher, die sich in Berlin nach dem Tarifvertrag der Länder – dem sogenannten TV-L – richtet, auf das höhere Niveau des Tarifvertrags des öffentlichen Diensts – dem sogenannten TVöD – anzuheben. Das würde, wie auch die Antragsteller deutlich machen, die Attraktivität des Berufs steigern, und eine Steigerung der Attraktivität ist notwendig, um mehr Menschen zu gewinnen, diesen verantwortungsvollen Beruf zu wählen und in diesem verantwortungsvollen Beruf möglichst lange zu verbleiben.
Eine solche Steigerung der Attraktivität ist vorausschauende Politik, und zwar eine Politik, die nicht erst im letzten Jahr durch Maßnahmen gemacht worden ist, die Frau Kühnemann-Grunow eben erwähnt hat, sondern schon in der vorhergegangenen Wahlperiode. Ich erinnere an das Haushaltsumsetzungsgesetz 2016, in dem Rot-Schwarz beschlossen hat, dass die Gruppengrößen deutlich und perspektivisch über eine Reihe von Jahren sinken sollen und sinken müssen. Auch das ist eine Steigerung der Attraktivität dieses Berufsfelds.
Aber ich finde es richtig, was hier gesagt worden ist: Diese Worte richten sich an die SPD-geführte Senatsfinanzverwaltung. Im Jahr 2017 hat eben nur ein Teil der SPD-Senatsriege vorausschauende Politik machen wollen. Das reicht nicht. Der SPD-Finanzsenator hat in den Tarifverhandlungen zum TV-L im Jahr 2017 eine Erhöhung der Vergütung auf das Niveau des TVöD nicht erreicht.
Nach diesem ungenügenden Tarifabschluss im ersten Halbjahr, der eben die erhoffte Attraktivitätssteigerung nicht in dem notwendigen Maß gebracht hat, gab es den Ausbildungsbeginn im zweiten Halbjahr 2017, den Aus
bildungsbeginn im ersten Halbjahr 2018 und nun inzwischen auch den Ausbildungsbeginn im zweiten Halbjahr 2018. Zu allen drei Terminen haben ganz bestimmt weniger Menschen eine Ausbildung begonnen, als sie begonnen hätten, wenn das Ziel der Gewerkschaften und der CDU erreicht worden wäre, das Niveau der Bezahlung nach dem TV-L schon im ersten Halbjahr 2017 auf das Niveau des TVöD anzuheben.
Ich bin deshalb sehr froh, dass in den beiden Ausschusssitzungen Anfang September und jetzt auch im Hauptausschuss im Oktober alle Fraktionen dem Antrag, den wir jetzt beraten, zugestimmt haben.
Ich hoffe, dass dies auch im Ergebnis der heutigen Debatte so sein wird. Ich hoffe es deshalb, damit der Finanzsenator von der SPD merkt, dass es dem Berliner Parlament extrem wichtig ist, dass er bei den anstehenden Tarifverhandlungen nun endlich erfolgreich eine bessere Bezahlung der Erzieherinnen und Erzieher und auch der Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen verhandelt. Also Rot-Rot-Grün ist der Ansicht, dem SPD-Finanzsenator sei deutlich zu machen, dass es so nicht weitergeht. Diese Ansicht teilt die CDU und stimmt dem Antrag deshalb gerne zu.
Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Präsidentin! Lieber Herr Simon! Sagen Sie das bitte den CDU-geführten Ländern im Bund, die können wir nämlich alle gut gebrauchen bei der Aktion!
Seit langer Zeit reden wir darüber, dass die Aufwertung der Sozial- und Erziehungsdienste überfällig ist. Das betrifft sämtliche Professionen der Erziehung, der Sozialpädagogik und der Sozialarbeit. Dabei geht es auch darum, unser Bildungssystem zukunftsfähig zu machen – mit multiprofessionellen Teams in allen Bereichen. Die funktionieren aber nur auf Augenhöhe, und Augenhöhe geht nur mit gleicher Bezahlung für gleichwertige Arbeit. Wir erleben den Frust in den Ganztagsschulen, wo die absolut gerechtfertigte gehaltliche Angleichung der Grundschullehrkräfte an das Niveau der Oberstufen dazu geführt hat, dass nun die Erzieherinnen mit der Hälfte des Gehalts einer Lehrkraft am selben Arbeitsplatz leben müssen. Liebe Leute! Das geht nicht lange gut.
Nun steht endlich – endlich, Herr Simon – die nächste Tarifrunde bevor, und der Tarifvertrag der Länder muss durch realistische neue Tätigkeitsbeschreibungen aktualisiert werden, was ja in der letzten Tarifrunde als Entschuldigung für die miesen Ergebnisse im Entgeltbereich verabredet wurde. Diese Inhalte zu liefern, ist Sache des Arbeitgebers – in unserem Fall also des Senats –, und im September erfolgte die Übergabe der zeitgemäßen Aufgabenbeschreibung vonseiten der Jugendverwaltung an den Finanzsenat.
Der Lückenschluss zum TVöD ist das Ziel, und wir gehen davon aus, dass der Finanzsenator in den Verhandlungen im Interesse der Berliner Beschäftigten agieren wird. Sollte das scheitern, muss ein Plan B greifen. Das ging in Bremen und Hamburg auch, wo auf eigene Faust nach Anrufung der TdL verhandelt wurde, oder in München wurden Wege gefunden, um beispielsweise über Zulagen oder geldwerte Ausgleiche diese Berufe attraktiver zu machen.
Das sind die politischen Aufträge, die in diesem Antrag stecken. Der extreme Handlungsbedarf fällt besonders öffentlichkeitswirksam im Kitabereich auf, wo in letzter und in kurzer Zeit sehr viel passiert ist. Überzeugt hat hier vor allem der Kitagipfel. Ein umfassendes Maßnahmenpaket wurde auf den Weg gebracht und wird weiterentwickelt. Die hohe Transparenz und Zusammenarbeit mit allen Akteuren der Szene sind absolut beispielhaft.
Alle Beteiligten wollen den Rechtsanspruch, die Qualitätsverbesserung und grundsätzlich unser gutes Kitasystem verteidigen. Aber nach wie vor haben wir es hier leider mit einer hohen Fachkräftefluktuation zu tun, und das Problem wird auch noch eine Weile bleiben, denn laut Bericht über die Bedarfsentwicklung und Fachkräfteausstattung in den Kindertagesstätten vom Oktober 2018 – er ist erst zwei Wochen alt – ist der Fachkräftemangel eben kein temporäres Problem. Der jährlich zu erwartende Personalaufwuchs – trotz erhöhter Ausbildungskapazitäten, wachsendem Quereinstieg und Ausweitung des Berufsspektrums – reicht nicht. Es braucht zusätzlich 2 000 Vollzeitäquivalente bis 2020/21, die noch nicht in Sicht sind.
Es gibt neben allen laufenden Anstrengungen auch aus dieser Perspektive nur noch das Instrument der besseren Bezahlung, um mehr Menschen anzulocken. Und bitte: Geld ist gerade nicht unser Problem, wie man in anderen Bereichen ja auch sehen kann.
Der Fachkräftemangel betrifft natürlich nicht nur die Kitas. Besonders dringlich ist es – die Kollegin hat es schon angesprochen –, die Regionalen Sozialpädagogi
schen Dienste der Jugendämter, also unsere Kinderschützer, endlich besser zu bezahlen. „Nur mit euch!“ hieß es am 3. Oktober in Berlin. Da waren auch die Mitarbeitenden vom RSD auf der Straße, um auf ihre Notlage aufmerksam zu machen.
Das Delta zwischen den benötigten, finanzierten und tatsächlich besetzten Stellen in den Bezirken beträgt aktuell 120 Vollzeitäquivalente, die fehlen. Bei der halbwegs optimalen Berliner Fallzahlvorgabe von einer Fachkraft auf 65 hilfsbedürftige Kinder und Familien sind das 7 800 Fälle, die vom Bestandspersonal mitbearbeitet werden müssen. Hier muss sofort regelhaft besser bezahlt werden. Die derzeitige Praxis, Stufenvorweggewährung in Einzelfällen zu bewilligen, ist völlig kontraproduktiv, schafft Ungleichheit, und es bedarf dafür eines unsäglichen Prozederes. Mitarbeiter, die man ja eigentlich halten will, müssen sich zunächst anderswo auf eine besserbezahlte Stelle bewerben, und erst nachdem von dort eine Zusage kommt, darf das bezirkliche Amt das Gehalt mittels Stufenvorwegnahme erhöhen. Das ist nicht Halten und Werben, das ist nicht „Nur mit euch!“, sondern das ist verrückt.
[Beifall bei der LINKEN – Beifall von Marianne Burkert-Eulitz (GRÜNE), Melanie Kühnemann-Grunow (SPD) und Roman Simon (CDU)]
Mittelfristig erfordert die absehbare Entwicklung in Berlin eine neue übergreifende Bildungs- und Qualifizierungsstrategie, die nicht einzelne Qualifikationen oder Ausbildungswege gegeneinander ausspielt, sondern alle Fachkräfte mitnimmt. Und kurzfristig müssen wir erst einmal aus dem Krisenmodus verlässlich wieder herauskommen – mit gut angelegtem Geld für gute Arbeit in den Sozial- und Erziehungsdiensten. – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Verehrte Berliner Bürger! Berlin leidet unter einem massiven Mangel an Kitaplätzen, was nicht zuletzt den 2 000 fehlenden Erziehern geschuldet ist. Aus Personalmangel fehlen in den Bezirken inzwischen Tausende von Kitaplätzen, die durchaus geschaffen, aber nicht besetzt wurden. Wie im Schulbereich ist die seit 23 Jahren SPDgeführte Senatsverwaltung ihrer Steuerungsfunktion nicht nachgekommen.
Die Bezirke haben bereits Anfang 2010 deutliche Engpässe bei den Kitaplätzen gemeldet. Der ehemalige Bildungssenator Zöllner lehnte 2011 einen Notfallplan für Kitaplätze ab und rechnete vor, es gebe ja genügend Kitaplätze. Doch die Zahl der genehmigten und die der tatsächlich angebotenen Kitaplätze klaffen in Berlin weit auseinander. Der Senat praktiziert seit Jahren bei der Personalplanung ein absolutes Missmanagement.
Deshalb möchte ich an dieser Stelle noch einmal auf einen Antrag der AfD-Fraktion verweisen. Wir brauchen zur Personalplanung im Bereich Bildung und Erziehung endlich ein professionelleres Management.
Seit Jahren ist die Suche nach einem Kitaplatz für die Eltern eine Tortur. Um der Klagewelle der Eltern zu begegnen, entschied der Senat, über die Kita-Task-Force überbelegte Kitagruppen zu schaffen. Viele Kitagruppen sind in Berlin deutlich größer, als eigentlich erlaubt ist. Dies führt natürlich zu einer Verschlechterung in der Qualität der pädagogischen Arbeit. Auf einen Erzieher kämen rein rechnerisch aktuell 5,9 Kinder. Das ist bundesweit der drittschlechteste Wert. Dabei sind Krankheit, Fortbildungszeiten, Urlaub, mittelbare pädagogische Arbeit wie vorgeschriebene Vorbereitungszeiten und Dokumentation noch gar nicht mit einberechnet.
Was heißt das für uns konkret? – Der faktische Betreuungsschlüssel für die Zeit am Kind fällt sogar noch schlechter aus. Größere Gruppen bedeuten mehr Lärm, weniger Platz, weniger Aufmerksamkeit und weniger individuelle Angebote für unsere Kinder. Betreuung von mangelhafter Qualität birgt ein hohes Risiko für die Kindesentwicklung.
Diesen Vertrauensverlust hat die SPD-geführte Senatsverwaltung leider zu verantworten. Wieder einmal wird erst reagiert, wenn die Menschen sich empören und auf die Straße gehen, und genau diesen Menschen will die AfD mehr Gehör und Stimme verleihen.
Die AfD-Fraktion Berlin hat in ihrem Bildungsprogramm eine Anhebung der Erziehergehälter selbstverständlich als Forderung festgehalten. In Berlin werden die Erzieher aktuell nach dem Tarifvertrag der Länder bezahlt. Dadurch bekommen Erzieher bis zu 450 Euro weniger als die Kollegen in Brandenburg.
Denn dort gilt für die Erzieher der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst. Die Bildungssenatorin will sich jetzt endlich für eine Höherstufung einsetzen, doch ob die Höherstufung gelingt, ist völlig unklar. Wir können ihr in dem Fall nur die Daumen drücken.