Katrin Seidel
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Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Präsidentin! Eine Reform des Sorge- und Umgangsrechts ist seit Jahren in der Debatte, und nun gab es Ende des vergangenen Jahres die besagte Empfehlung einer Arbeitsgruppe des Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, die unter anderem vorgeschlagen hatte, bei anerkannter Vaterschaft unverheirateten Vätern automatisch ein Sorgerecht einzuräumen. Das macht uns fassungslos. Zum Glück ist es aber so, dass die zuständige Justizministerin, Christine Lambrecht, SPD, nicht gedenkt, dieser Empfehlung zu folgen. Ich sage dazu: Respekt vor dieser Entscheidung für flexible und auf den Einzelfall passende Regelungen und gegen den Automatismus, und ich sage auch Danke!
Frau Lambrecht befindet sich damit in Übereinstimmung mit verschiedenen gesellschaftlichen Kräften, wie dem Deutschen Juristinnenbund, dem Verband alleinerziehender Mütter und Väter, dem Kinderschutzbund und anderen, die einen solchen Automatismus anzweifeln oder ablehnen und das aus guten Gründen.
Neben allen juristischen Argumenten dafür und dagegen – und da gab es in den letzten Jahren auch diverse richterliche Entscheidungen bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte – geht es doch eigentlich um das, was für das Kind das Beste ist, eben um das viel
bemühte Kindeswohl. Es gibt genügend Konstellationen, bei denen eine gemeinsame elterliche Sorge nicht dem Kindeswohl entspricht, beispielsweise – Herr Kohlmeier hat schon darauf hingewiesen –, wenn sich die Eltern nicht kennen, wenn es Gewalterfahrung gibt oder sogar eine Vergewaltigung vorliegt oder wenn in einer Beziehung schon vor der Geburt andauernde Streitigkeiten vorherrschen. Beim automatischen Vatersorgerecht würden vermutlich die Familiengerichte noch mehr zu tun bekommen, und der Alltag der betroffenen Familien würde noch schwieriger sein.
Dort, wo sich Eltern einig sind, wo sie gut miteinander kooperieren, wird die gemeinsame Sorge im Alltag gelebt. Eltern entscheiden in der Regel gemeinsam – ob mit oder ohne Trauschein. Der Verband alleinerziehender Mütter und Väter gibt an, dass über 91 Prozent der Eltern im Jahr der Kindesgeburt durch Heirat oder gemeinsame Sorgeerklärung die ganz bewusste Entscheidung treffen, gemeinsam für das Kind Sorge tragen zu wollen. Wo das nicht der Fall ist, hat das seine guten Gründe. Die gelebte Praxis ist also dieser rückwärtsgewandten Forderung der AfD weit voraus.
Was hingegen sehr viel häufiger der gesellschaftlichen Realität entspricht, sind Väter, die nach der Trennung nicht mehr greifbar sind. Wir sehen das regelmäßig auch bei den Haushaltsberatungen, wenn es um die Unsummen für den Unterhaltsvorschuss geht. Was ebenfalls der gesellschaftlichen Realität entspricht ist die Tatsache, dass es nach wie vor eine Sorgelücke zwischen den Geschlechtern gibt. Frauen wenden durchschnittlich täglich anderthalb Stunden mehr für die Sorgearbeit auf als Männer. Dieser Gender-Care-Gap beträgt damit
25 Prozent, in Paarhaushalten mit Kindern sogar 83 Prozent. Hier gilt es, Veränderungen voranzubringen.
Was die Verfechter des automatischen Vätersorgerechts auch völlig außer Acht lassen, sind die Rechte der Kinder. Ich darf den Verband Evangelischer Frauen in Hessen und Nassau mit Erlaubnis der Präsidentin zitieren: Gemeinsam verbrachte Zeit von Kindern und Eltern ist ein Recht des Kindes gegenüber seinen Eltern und nicht ein Recht der Eltern an ihrem Kind. Und worum es hier auch geht, ist doch die Frage, worauf Familie sich gründet, das Familienbild in der Gesellschaft. Und das, was Sie hier präsentiert haben – – Ich meine, eine sozial-familiäre Beziehung zwischen Vater und Kind, zwischen Eltern und Kind ist die notwendige und unverzichtbare Voraussetzung für die gemeinsame Sorge nicht verheirateter Paare.
Nein! – Elternschaft ist schon lange nicht mehr nur biologisch definiert. Familie ist nicht mehr nur ein biologisches Verwandtschaftsverhältnis, sondern eine Verantwortungsgemeinschaft. Nach dem Kulturverständnis dieser Koalition lautet das wie folgt – ich darf aus dem Koalitionsvertrag zitieren –:
Familie ist da, wo Menschen füreinander Verantwortung übernehmen, unabhängig von Anzahl, Geschlecht und Alter. Die Koalition schafft für die rechtliche Anerkennung und Behandlung unterschiedlicher emanzipatorischer Familienmodelle die Rahmenbedingungen.
So herum wird ein Schuh draus.
Klar ist für uns: Eine Bundesratsinitiative im Sinne der AfD brauchen wir natürlich nicht. Wir sollten alles in unserer Stadt dafür tun, Mütter und Väter dabei zu unterstützen, gute Eltern zu sein, und im besonderen Fokus sollten wir dabei Mütter und Väter haben, die allein Sorge für ihre Kinder tragen. Die Koalition hat die Entwicklung eines Familienfördergesetzes auf den Weg gebracht, das genau das im Blick hat und das wir hoffentlich mit Unterstützung aller demokratischen Kräfte in diesem Hause noch in dieser Wahlperiode verabschieden werden. – Vielen Dank!
Herr Simon! Sexueller Missbrauch ist keine Lebensweise, keine sexuelle Lebensweise, sondern ein Straftatbestand.
So steht es auch nicht im Jugendfördergesetz geschrieben. Ich wundere mich sehr, was Sie da alles herauslesen können. Das Jugendfördergesetz – da waren Sie als einer der Ersten vorne dabei – ist ein ganz großer Wurf, den wir alle gemeinsam geschafft haben. Auch Sie haben zugestimmt, das Gesetz so, wie es ist, zu verabschieden.
Jetzt wird es umgesetzt in den Bezirken.
Bitte? – Natürlich hat Herr Simon zugestimmt.
Vorher lesen hilft!
Ich bin der Kollegin Kühnemann-Grunow dankbar für die Klarstellung. Ich bin wirklich etwas verwirrt, Herr Simon, was Sie heute hier treibt!
Der vorliegende Antrag ist Anlass für die inzwischen dritte Plenardebatte zu einem Thema, das das schwärzeste Kapitel der Kinder- und Jugendhilfe darstellt.
Übergriffe und sexuelle Gewalt, die Kinder und Jugendliche durch Pflegeväter und Pflegeeltern erfahren haben, die ihnen eigentlich Schutz bieten sollten, im Auftrag bzw. in der Verantwortung der Berliner Jugendämter von den 1970er-Jahren bis – wie wir inzwischen wissen – in die 2000er-Jahre hinein, das ist natürlich unverzeihlich und muss aufgearbeitet werden. Dass dieser Prozess nicht einfach ist, dürfte allen klar sein, und er hat weit mehr als eine juristische Dimension, Herr Weiß!
Wir haben uns dazu hier im Plenum und auch im Fachausschuss mehrfach ausgetauscht, und wie in kaum einem anderen Fall waren wir uns von Anfang an einig in der Verurteilung des Vergangenen, im Willen um die Aufklärung und Wiedergutmachung, soweit Letzteres überhaupt möglich ist. In der Koalition bestand auch immer Konsens, dass erlittenes Unrecht und das Leid der Betroffenen nicht politisch zu instrumentalisieren sind.
Das kann ich im Sinne von Prozessqualität in der Aufarbeitung der antragstellenden Fraktion nur nahelegen. – Was Sie hier treiben, ist nicht hilfreich in der Sache.
Der Senat hat sich in dieser Legislaturperiode ernsthaft und mit großem Engagement der Aufklärung dieses Unrechts verschrieben. Nachdem eine erste Untersuchung mehr oder weniger unbefriedigend geblieben war, hat der Senat eine Expertengruppe der Universität Hildesheim
mit der Aufarbeitung beauftragt. Seit Juni dieses Jahres liegt der Abschlussbericht vor und kann handlungsleitend wirksam werden. Die Senatorin hat x-mal erklärt, dass das Land Berlin die Verantwortung für das erlittene Unrecht übernimmt. Mit diesem Antrag unterstellen Sie wieder, der Senat verschleiere, verhindere eine Aufklärung und entziehe sich der Verantwortung.
Das weisen wir zurück.
Jetzt habe ich nur noch 60 Sekunden Redezeit, weil Herr Simon hier Unsinn geredet hat. – Der Senat hat bereits Konsequenzen aus den Handlungsempfehlungen gezogen, die der Aufarbeitungsbericht uns nahelegt. – Wenig hilfreich sind in diesem Zusammenhang Ihr lautes Gezeter und Anträge in Serie, die suggerieren, dass Senat und Koalition nur ein paar Punkte abarbeiten müssten, und dann sei alles wieder gut.
In der Erklärung der Betroffenenvertreter aus Anlass der Vorstellung des Abschlussberichts verweisen diese unter anderem darauf, dass sie dankbar seien für ein Angebot von Gesprächen mit Vertretern der Koalition. Ich will unser Angebot an dieser Stelle erneuern. Meine Kollegin Burkert-Eulitz hat einen guten Kontakt zu den Betroffenen. Wir denken, dass wir in diesem Sinne weitere gute Gespräche führen können. Dass der ganze Aufarbeitungsprozess für die Betroffenen ebenso schwer ist, wie Gespräche zu führen, das haben sie selbst erklärt, und das können wir nachvollziehen. Auch das sollten wir bei der Befassung mit dem Antrag im Ausschuss weiterhin berücksichtigen. Vielleicht offenbaren Sie uns dann auch, woher Sie Ihre Interna haben, damit wir alle mitreden können über das, was da angeblich mit der Finanzverwaltung läuft. Wir sind jetzt erst einmal im Bildungsausschuss aktiv. Es wird den Antragstellern weiterhin nicht gelingen, Unruhe zu stiften und die Koalition vom Wege der Empathie und der Sachlichkeit abzubringen. – Vielen Dank!
Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Präsidentin! Lieber Herr Simon! Warum haben Sie denn die Tagespflegeperson, die Sie nach der Finanzierung gefragt hat, nicht darauf hingewiesen, dass es wohl eine der ersten politischen Entscheidungen im Berliner Senat war, gleich zu Beginn der Kitaschließung, dass die Finanzierung der Angebote gemäß der Rahmenvereinbarung in voller Höhe fortgeführt wird?
Ich finde es nicht zielführend, an dieser Stelle für Verunsicherung zu sorgen. Das war eine richtige und gute politische Entscheidung, und wir haben uns alle sehr darüber gefreut, dass das so gemacht wurde.
Ich möchte vorab begrüßen, dass die Familienministerkonferenz am gestrigen Tag den Beschluss gefasst hat, wonach Kitas wieder schrittweise öffnen sollen, dies auf der Basis des Rechtes aller Kinder auf frühe Förderung, aber auch auf Schutzmaßnahmen und natürlich auch auf Schutzmaßnahmen für die Beschäftigten in den Einrichtungen. Diese Klarstellung war überfällig. Dieser Beschluss schafft nicht nur einen geeinten Rahmen für das Vorgehen der Länder, sondern er stellt auch unmissverständlich klar: Priorität haben Kindeswohl und Gesundheitsschutz. Kindeswohl und Gesundheitsschutz sind der Maßstab aller Entscheidungen.
An der Stelle muss ich mich doch über Ihren Antrag, Herr Fresdorf, sehr wundern. Betrachten wir ihn einmal nach diesem Maßstab: die Sicht der Kinder. Ich sehe den guten Willen, aber auch nicht mehr. Natürlich brauchen Kinder andere Kinder, das gemeinsame Spiel, Entdecken und Forschen. Laut Berliner Kitagesetz haben alle Kinder bei uns einen Anspruch auf vorschulische Förderung. Bei allen Entscheidungen über den Zugang zur Notbetreuung,
(Roman Simon)
die übrigens immer noch in Kraft ist, Herr Simon, und die auch weiterhin in Kraft bleiben wird, und zur schrittweisen Öffnung der Kitas hat die Senatsjugendverwaltung diesen Blick bewahrt. Für diese Entscheidung kann ich mich namens meiner Fraktion bei allen Beteiligten nur bedanken.
Kein anderes Bundesland hat die Notbetreuung so weit ausgelegt wie Berlin. Über 10 Prozent der Kitakinder, fast 18 000, waren anspruchsberechtigt, um die 6 Prozent haben diesen Anspruch genutzt. Von Anfang an ging es dabei auch immer um die Kinder und die Familien, die es zu Hause schwerer haben. Das war immer Konsens und gelebte Praxis. Übrigens, das ganze System Kinderschutz ist zu keiner Zeit heruntergefahren worden, sondern in vollem Umfang weiterbetrieben worden und auch im Einsatz gewesen.
Ja, das war gut. – Aus unserer Sicht sind als Nächstes zunächst die Kinder für die Kitanotförderung dran, die gleich in die Schule kommen, die Sprachförderbedarf haben oder andere besondere Bedarfe und auch die, die sich auf den Kitabesuch vorbereiten müssen. Deshalb unterstütze ich, wie es die Kollegin Kühnemann-Grunow vorgetragen hat, das jetzt avisierte Stufenmodell. Das ist richtig so. Wir brauchen dort eine vernünftige Systematik.
Kommen wir zur Sicht der Eltern. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist selbstverständlich ein sehr wichtiger Aspekt, aber die Interessen der Eltern dominieren in diesem FDP-Antrag. Das ist und bleibt aber einseitig. Er suggeriert, dass Notbetreuung Willkür ist und nicht den Vorgaben des Infektionsschutzgesetzes Folge leistet und weckt unrealistische Erwartungen. Ich finde es überaus irritierend, dass Sie so etwas in die Öffentlichkeit bringen.
Interessant ist, dass Sie die unterschiedlichen Elterninteressen, auf die der Landeselternausschuss wiederholt hingewiesen hat, ignorieren. Eigenempirie ist wirklich nicht der beste Ratgeber. Ich sehe ein hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein bei den Eltern. Es wurde schon erwähnt: Längst nicht alle nehmen die Möglichkeit wahr, die die Notbetreuung bietet. Überwiegend wird nach häuslichen Betreuungsmöglichkeiten gesucht und damit den Empfehlungen gefolgt. Die Inanspruchnahme der seit Montag dieser Woche geltenden Erweiterungen für Alleinerziehende und weitere Berufsgruppen betrug übrigens am Montagabend ca. 20 Prozent. Wir rechnen damit, dass es langsam ansteigen wird, dass es weiterhin viele unterschiedliche flexible Lösungen vor Ort geben wird. Wir müssen bedenken: Es müssen alle erst lernen, mit der neuen Situation umzugehen, auch die Kitas.
Ganz wichtige Akteure in dieser Betrachtung sind die Beschäftigten in den Einrichtungen und deren Träger, aber die kommen in Ihrem Antrag gar nicht vor. Da hilft auch kein Dankesagen und kein Klatschen. Ohne die Erzieherinnen, Köche, Hausmeister, Helferinnen und Helfer geht keine Notbetreuung. Wir wissen, dass es auch unter Erzieherinnen Risikogruppen gibt. Das sind 25 Prozent bis 30 Prozent, und wir wissen, dass Räume endlich sind. Hilfreich ist, dass nun auch der Zugang zu Spielplätzen und Außenaktivitäten möglich ist, endlich. Es gilt aber, das richtige Maß an Vorgaben und flexibler Umsetzung vor Ort zu finden in den einzelnen Kitas mit den Kitaleiterinnen und den Elternvertretungen.
Kommen wir zum nächsten Akteur, das ist die Politik. Sie muss alle Interessen unter einen Hut bringen. Erstens sind das bei mir die Interessen der Kinder und zweitens die der Eltern und Beschäftigten gleichermaßen. Alles geschieht in Abhängigkeit vom Verlauf des Infektionsgeschehens. Jeder Schritt, der gegangen wird, wird auf seine Wirkung hin geprüft, und das braucht Zeit und gute Kommunikation. Beim Zweiten sind wir schon ein gutes Stück vorangegangen. Inzwischen gibt es das 12. Trägerschreiben, das 12. Rundschreiben, und auch einen Elternbrief. In dichter Abfolge wird bei jeder Neuerung, die passiert, informiert. Das finden wir sehr sinnvoll und gut.
Wir sollten in diesem Haus nicht darüber spekulieren, wie lange sich Eltern in der Kita aufhalten sollten oder sich die Bring- und Abholzeit staffelt, wie es dieser Antrag vorschlägt. Das können andere besser, und das tun sie auch. Setzen wir hier den richtigen Rahmen und treffen wir die richtigen politischen Entscheidungen. Die erste richtige politische Entscheidung habe ich schon erwähnt, die Zusage der vollen Finanzierung, und für meine Fraktion fordere ich heute noch mal den Finanzsenator auf, so schnell wie möglich den Tarifabschluss und die seit Anfang des Jahres geltende neue Eingruppierung für die Sozial- und Erziehungsdienste endlich umzusetzen
oder wenigstens den Sachstand transparent zu machen. Es dürfte inzwischen allen aufgefallen sein, zumindest habe ich es bei Herrn Dregger so vernommen, welchen Wert diese Arbeit für die Gesellschaft hat. Das musste jetzt auch mal richtige Konsequenzen haben, und es ist überfällig, auch die weiteren Personalverbesserungen im Kitagesetz zu verankern. Wir könnten hier nämlich schon weitere Schritte gehen, die aus Bundesmitteln, aus dem Gute-KiTa-Gesetz, bereitliegen und die vom Land Berlin noch nicht abgerufen und noch nicht einsatzbereit sind. Auch das muss noch vor der Sommerpause passieren. Ich sage: Auch neben Corona gilt es, die richtigen Entscheidungen zu treffen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist mit diesem Haushalt gelungen, für die Bereiche Kinder, Jugend und Familie deutliche Verbesserungen zu erreichen, neue Maßstäbe zu definieren und an anderen wichtigen Punkten richtungsweisende Akzente zu setzen. Ganz zentral sind für uns als Linke natürlich die Themen gute Arbeit und Fachkräfte, die natürlich eine ganz zentrale Rolle in diesen Bereichen spielen. Da hat Herr Simon recht. Die Aufwertung der Sozial- und Erziehungsberufe ist ein wichtiges Anliegen der Koalition, und wir sind hier tätig geworden. Das sehr gute Ergebnis der Tarifverhandlungen für den TV-L, das am Ende die lineare Lohnsteigerung von 6 Prozent und strukturell ab Januar 2020 die Übernahme der S- und E-Tabelle des TVöD bedeutet, führt dazu, dass Berlin endlich nicht nur an das Gehaltsniveau der anderen Bundesländer anschließt, sondern perspektivisch darüber hinausgeht. Endlich gelingt zumindest finanziell die Aufwertung dieser Berufsgruppen mit der deutlich besseren Bezahlung der Beschäftigten, zunächst derer im Landesdienst. Das, Herr Simon, ist ein wahrnehmbares Signal. Eine Herausforderung bleibt allerdings, diese Errungenschaft auch für die Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter und pädagogischen Fachkräfte der freien Träger durchzusetzen. Die Mittel dafür stehen jedenfalls bereit.
Ebenfalls von zentraler Bedeutung sind die Themen Teilhabe für alle, Armutsprävention und Chancengleichheit. Hier ist die Etablierung der Landeskommission zur Prävention von Kinder- und Familienarmut für eine strategische und nachhaltige Maßnahmenplanung zu nennen. Ressortübergreifend ist eine Vielzahl von Maßnahmen und Vorhaben bereits auf den Weg gebracht. Unmittelbar sind hier beispielhaft zu nennen: die Gebührenfreiheit in der Kita, dass gesunde und kostenlose Mittagessen an Grundschulen und das kostenlose Schülerticket.
Mittelbar ist natürlich der hohe Stellenwert früher Förderung zu nennen. Dafür wird unser Kitasystem mit dem Landesprogramm „Auf die Plätze, Kitas, los!” weiter ausgebaut und gestärkt. Auch die Umsetzung der vierten Qualitätsstufe zum Personalschlüssel bei den Kleinsten ist gelungen. Mit dem Gute-KiTa-Gesetz gilt dann in der Zukunft ein Leitungsschlüssel von 1:85, und zusätzliche Fachberatungsleistungen stärken die Qualität.
Um dem Fachkräftebedarf gerecht zu werden, wird der Quereinstieg in der Kita weiter gefördert, und das erfolgreiche Instrument „Zeit für Anleitung“ wird auf jede Form der Ausbildung in der Kita ausgeweitet.
Herr Simon, auch die Kindertagespflege haben wir im Blick. Endlich wird es eine am Landesmindestlohn orientierte Vergütung der der in der Kita gleichwertigen Arbeit und auch Geld für die unmittelbare pädagogische Arbeit geben. Natürlich wird unser Supermeilenstein „Jugendförder- und Beteiligungsgesetz“ für gleiche Quantität und Qualität der Kinder- und Jugendarbeit in allen Bezirken in diesem Haushalt mit 25 Millionen Euro angeschoben. Jeder Bezirk erhält 2,5 Stellen für den Aufbau der Beteiligungsstrukturen vor Ort. Auch das, finde ich, ist ein deutliches Zeichen.
Im Bereich Familie setzt die Koalition ganz bewusst auf soziale Stärkung, Prävention und Hürdenabbau. Um Strukturen und Angebote zukunftssicher zu machen, bringen wir das Familienfördergesetz auf den Weg. Im Vorgriff darauf bildet dieser Haushalt bereits einiges ab: Sechs weitere Familienzentren – darunter ein Regenbogenfamilienzentrum – werden entstehen. Es wird erweiterte Öffnungszeiten geben. Familienservicebüros, die bereits erfolgreich in drei Bezirken arbeiten, soll es in allen Bezirken geben. Die sind dann ein zentraler Ort für verschiedene Behördenangelegenheiten. Das ist familienfreundliche Verwaltungsmodernisierung. Das Landesprogramm Stadtteilmütter ist bereits erwähnt worden.
Aber auch in der Jugendhilfe geht es vorwärts. Das Flexibudget wird eingeführt für passgenaue und niedrigschwellige Angebote im Vorfeld und im Nachgang von Hilfen zur Erziehung, auch für temporäre Unterstützung, denn nicht jede zeitweise Problemlage einer Familie oder eines jungen Menschen muss immer ein Fall für die Hilfen zur Erziehung werden.
Zuletzt noch ganz kurz – weil meine Zeit rum ist – noch extra für Herrn Fresdorf ein Hinweis: Die 300 weiteren Stellen für den Ausbau des Landesprogramms Jugendsozialarbeit dürften Ihnen wirklich nicht entgangen sein. Das ist ein ganz großer Wurf und bringt uns richtig weiter voran auf dem Weg dahin, alle Schulen auszustatten. – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Berlin soll eine familienfreundliche Metropole werden, und mit diesem Antrag erteilen wir dem Senat den Auftrag, ein Familienfördergesetz auf den Weg zu bringen. Damit realisieren wir ein weiteres wichtiges Vorhaben der Koalition und lösen ein Versprechen gegenüber den Familien dieser Stadt ein. Wir bekräftigen damit den politischen Willen dieser Koalition, der Förderung von Familien hohe Priorität einzuräumen und die Rahmenbedingungen für das Leben der Familien in dieser Stadt weiter zu verbessern, und wir legitimieren damit gerade jetzt in den Haushaltsberatungen für 2020/1021 die Veranschlagung von Haushaltsmitteln für die Erarbeitung und Realisierung des Gesetzesvorhabens.
Anders als die AfD haben wir ein Familienbild, dass alle Familien und Familienformen gleichermaßen im Fokus hat. Das ist uns besonders wichtig. Weder der Bundesgesetzgeber noch das Land Berlin unterscheiden hier nach sozialer, kultureller oder ethnischer Herkunft, nach sozialer Lage oder Religionszugehörigkeit, nach Pflege- oder Adoptivfamilien, nach sexueller Identität, nach Trauschein oder nach sonst was.
Familie ist für uns da, wo Menschen zusammenleben, füreinander Verantwortung übernehmen, sich umeinander sorgen und im Sinne des § 16 SGB VIII Erziehungsverantwortung für Kinder übernehmen.
Wir nehmen mit großer Befriedigung zur Kenntnis, dass dies in der Berliner Stadtgesellschaft auch Grundkonsens ist, so wie es zum Beispiel der Paritätische Landesverband in seinem Diskussionspapier zur Erarbeitung eines Familienfördergesetzes formuliert hat.
Stellvertretend für viele herzlichen Dank auch dem Berliner Beirat für Familienfragen, der sich insbesondere auch mit der Lebenssituation von sozial benachteiligten Familien auseinandergesetzt hat und sie selbst zu Wort kommen ließ. Immerhin wird ein Drittel der Minderjährigen in dieser Stadt in Familien groß, die auf Sozialtransfers angewiesen sind, darunter viele Alleinerziehende. Das ist eine besonders große Verantwortung für uns. Dabei ist herausgekommen: Was für arme Familien gut ist, ist für alle Familien gut – so konkrete Dinge wie weniger Stress bei der Kitaplatzsuche oder mit Behördenangelegenheiten, saubere Grünanlagen und Spielplätze, kostengünstige Freizeitangebote für Familien und Jugendliche, niedrigschwellige Beratungsstrukturen und natürlich bezahlbarer Wohnraum auch für Kinderreiche. Das ist alles nachzulesen im Familienbericht für 2015. Der nächste
Bericht ist gerade in Arbeit und wird im nächsten Jahr vorliegen.
Mit diesen und weiteren Analysen, Untersuchungen und Expertisen haben wir bereits wichtige Grundlagen für die Erarbeitung des Gesetzes vorliegen. Bereits der kommende Haushalt wird weitere Verbesserungen bringen, zum Beispiel mehr Geld für Familienzentren, darunter auch Mittel für ein weiteres Regenbogenfamilienzentrum. Finanzielle Aufwüchse gibt es auch für Familienberatung und Familienerholung. Ganz wichtig: Wir etablieren ein Landesprogramm Stadteilmütter und unterstützen die Bezirke mit zusätzlichen Mitteln für die Einrichtung von Familienservicebüros, wo Hilfe und Beratung aus einer Hand an nur einer Anlaufstelle möglich wird. Und natürlich sind die weiterhin gewaltigen Ausgaben für den Ausbau der Kitaplätze nicht zu unterschätzen. Das ist eine wesentliche Voraussetzung für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Wenn das alles schon passiert, kann man sich fragen: Warum braucht es dann dieses Familienfördergesetz? – Weil wir der Förderung von Familien einen verbindlichen Rahmen setzen wollen, nämlich für vergleichbare Angebotsstrukturen in der ganzen Stadt auf der Grundlage transparenter und objektiver Kennziffern. Diese Strukturen sollen dabei in der Ausgestaltung so flexibel sein wie es die Situation vor Ort erfordert. Wir wollen qualitative und quantitative Fachstandards entwickeln, verbindlich machen und durch Finanzierungssicherheit Planungssicherheit und Kontinuität gewährleisten. Wir wollen mit dem Gesetz auch einen Anspruch bekräftigen auf Räume und Gelegenheiten, auf Finanzierung und Beachtung in der Stadtplanung, in der Grünflächen- und Verkehrsplanung, bei der Bereitstellung von Angeboten in der Gesundheitsversorgung, in der Bildung und im Sport, und – das ist für die Familien heute ein besonders wichtiges Thema – eben auch auf bezahlbaren Wohnraum. Eine familienfreundliche Stadt braucht die Zusammenarbeit aller Ressorts und in den Bezirken und auf Landesebene.
Ich möchte an dieser Stelle im Namen meiner Fraktion all jenen danken, die sich in den letzten Jahren, nicht selten unter schwierigen Bedingungen, in den Jugendämtern, bei den Trägern, Initiativen und Einrichtungen vor Ort engagiert und vielfach ehrenamtlich für Familien und ihr Wohlergehen eingesetzt haben. Dieses Engagement und diese Expertise brauchen wir auch für das Gesetzesvorhaben. Alle sind eingeladen, sich in dem geplanten breiten Beteiligungsprozess, der bereits vorbereitet wird, einzubringen. Bei der Erarbeitung des Jugendförderungsgesetzes hat sich das bewährt. Ja, das kostet Mühe und auch Geld und vor allem Zeit, die wir uns gern nehmen wollen und müssen. Natürlich wollen wir das Gesetz
noch in dieser Wahlperiode zum Abschluss bringen. Ich freue mich, zu hören, dass es bereits Unterstützung von den anderen beiden demokratischen Parteien in diesem Hause gibt. – Herzlichen Dank! Ich freue mich auch auf die Beratung und den Austausch im Ausschuss.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! – Sehr geehrte Damen und Herren! Es geht heute um ein wirklich wichtiges Thema, den Kinderschutz in Einrichtungen. Gerüchte, Herr Fresdorf, und Aufgeregtheiten helfen uns dabei nicht weiter. Es geht um sachliche Aufklärung und Konsequenzen. Wenn man immer schon alles vorher weiß, ist es schwierig, und Panikmache tut uns auch nicht gut.
(Melanie Kühnemann-Grunow)
Halten wir noch einmal fest: Derzeit ist keine Kita in Berlin bekannt, die „Original Play“ praktiziert.
Nein, gibt es aktuell nicht. Es gibt auch keine aktuellen Hinweise, dass dies in anderen Einrichtungen passiert. Vor über einem Jahr gab es juristische Prüfungen in der Kreuzberger Kita, aus gegebenem Anlass, die eingestellt wurden. Fakt ist auch, dass die zuständige Senatsjugendverwaltung im Rahmen der Prüfung das Konzept für fragwürdig hielt und hält und die Risiken unter dem Aspekt des Kinderschutzes klar benennt. Dies hat sie auch per Schreiben an die Träger so klargemacht: Die Methode ist nicht anzuwenden.
Nun könnte man sagen, die Anträge haben sich erledigt. Der Senat hat die Anwendung untersagt und fertig, aber so einfach ist es eben doch nicht. Dazu drei Anmerkungen – erstens: Wir nehmen die Thematik sehr ernst, wir sind erschrocken, und wir sehen Handlungsbedarf im Hinblick auf Aufklärung und Konsequenzen. Wir lehnen eine sogenannte pädagogische Methode ab, bei der Kinder lernen – es ist schon beschrieben worden –, dass es okay und normal ist, mit fremden Erwachsenen Körperkontakt zu haben. Mir persönlich ist völlig unverständlich, dass solche Angebote zum Einsatz kommen.
Es gibt genug andere und gute Methoden, durch die Kinder Selbstvertrauen lernen können, ohne Grenzüberschreitungen im Umgang mit Nähe und Distanz.
Zweitens: In den Anträgen geht es um das kommerzielle Angebot von „Original Play“ in Kitas. Darauf sind beide Anträge sehr strikt fokussiert. Was ist aber mit möglicherweise vergleichbaren Angeboten – die Kollegin Kühnemann-Grunow hat auch schon darauf hingewiesen – und das nicht nur in Kitas, sondern auch in anderen Einrichtungen?
Darüber kann der Senat gar keinen Überblick haben. Der Markt ist groß, „Original Play“ agiert sogar weltweit, denn damit lässt sich gutes Geld verdienen, auch mit den Büchern und den Fortbildungsangeboten. Da ist nichts zu genehmigen. Gerade von Ihrer Seite heißt es ja immer, das regelt der Markt. Aber auch wenn wir diese Meinung nicht teilen, ist der Nachweis dafür, dass etwas strafrechtlich relevant ist und verboten gehört, zumindest sehr schwierig zu erbringen. Dieser Versuch ist ja bereits in Hamburg gescheitert. Wir finden es richtig, dass der Senat ein Verbot prüft, wie es der CDU-Antrag auch fordert, aber ob das gelingen wird, ist schwierig, das wissen Sie auch, meine Damen und Herren von der CDU und der FDP!
Und drittens: Verbote sind das eine, doch darauf kann man sich nicht verlassen, weil es noch mehr fragwürdige Angebote gibt. Wir brauchen also, wie wir meinen, den sicheren Blick der Fachkräfte, um nicht auf Konzepte reinzufallen, die pädagogisch bedenklich oder sogar gefährlich sind. Kritische Eltern, die hingucken und hinterfragen, was an pädagogischer Arbeit in den Kitas passiert – dafür gibt es die Elternbeteiligung in den Kitas, die zu stärken ist. Wir brauchen aber vor allem ein verbindliches Verfahren, das regelt, wo sich Träger, Kitaerzieherinnen und -erzieher und Eltern hinwenden können, wenn Ihnen auffällt, dass etwas nicht in Ordnung ist, das solche Fragen und Hinweise ernst nimmt und prüft und schnell reagiert, auch landesweit mit Schreiben an Träger und Kitas, die informieren und warnen und unter dem Aspekt des Kinderschutzes auch juristische Konsequenzen ziehen.
Aktuell kümmert sich die Kitaaufsicht um solche Fälle. Das funktioniert auch gut, wie Kreuzberg gezeigt hat. Da funktioniert die Meldepflicht. Gut wäre aber unserer Meinung nach die Meldung an die Jugendämter, wo dezentral Kinderschutzbeauftragte arbeiten und die richtigen Ansprechpartner dafür sind. Und wir brauchen ein Verfahren über Berlin hinaus; Hamburg wurde schon genannt. Es ist nicht selten, dass Anbieter solcher fragwürdigen Konzepte, Programme oder Ähnlichem bundesweit agieren oder eben wie bei „Original Play“ sogar aus dem Ausland kommen. Da muss der schnelle Austausch auch zwischen den Ländern erfolgen. Das ermöglicht gemeinsame Prüfungen, eine gemeinsame Meinungsbildung und Information und über die Ministerien Fachkräfteportale, damit bundesweit agierende Interessenverbände auch schnell vor Ort ankommen.
Wir finden es auch richtig, dass das Bundesfamilienministerium eine Prüfung von „Original Play“ zugesagt hat. Auch der Kinderschutzbund arbeitet bereits an einer Analyse der Methode und wird in den kommenden Tagen eine fundierte Stellungnahme vorlegen. Das sind insgesamt alles gute Voraussetzungen für eine Beratung im Fachausschuss. Ich teile die Meinung der Kollegin Kühnemann-Grunow, dass wir über diese beiden Anträge heute nicht sofort abstimmen sollten. Wir schlagen stattdessen vor – wir sind ja auch angetreten, um anders zu regieren, wir möchten einen konstruktiven Vorschlag machen –, die Anträge mit auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung zu setzen, wo der Kinderschutz zentrales Thema ist. Das wäre, denke ich, auch im Sinne einer dringlichen Behandlung. – Danke schön!
Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Präsidentin! Lieber Herr Simon! Dieses Kinder- und Jugendgesetz, das wir hier im Land Berlin verabreden, basiert auf dem SGB VIII des Bundes. Da sind all die Punkte, die Sie eben genannt haben, grundsätzlich verankert.
Dass Sie im Zusammenhang mit diesem Tagesordnungspunkt auf das Kentler-Experiment zurückkommen, von dem Sie genau wissen, dass diese Senatsverwaltung sich
mehrfach davon distanziert hat und mehrere Prozesse der Aufarbeitung durchgeführt hat, auch noch Prozesse der Aufarbeitung liefert und sich auch um die Betroffenen kümmert, finde ich ein bisschen schräg, aber heute ist ja gewittriges Wetter, und da kann schon einmal das eine oder andere passieren.
Wir haben jedenfalls das Jugendförder- und Beteiligungsgesetz, das für alle Kinder und Jugendlichen in allen Bezirken des Landes Berlin die gleichen qualitativen und quantitativen Angebote im Freizeitbereich schaffen wird, auch hier in diesen Plenum bereits mehrfach ausführlich besprochen. Heute liegt es nun endlich zur Beschlussfassung vor.
Die Anhörung im Ausschuss war für die Änderungen seitens der Koalition durchaus noch einmal wegweisend. Wir haben viele gute und berechtigte Hinweise erhalten, auch vonseiten der Opposition, und diese auch aufgenommen. Dafür herzlichen Dank! Herzlichen Dank auch ausdrücklich an den Landesjugendhilfeausschuss, der noch einen entsprechenden Beschluss gefasst hat! Aber auch einen großen Dank an die Senatsverwaltung für Jugend, die Senatsverwaltung für Finanzen und vielen anderen Beteiligten für die gute Unterstützung im Prozess der Gesetzeserstellung und -beratung! Das war tatsächlich ein erstaunlicher, ein beispielhafter und auch ein neuer Prozess, der in der letzten Legislatur nicht denkbar gewesen wäre, der aber vor zwei Jahren unter R2G begann, der rasant war und der bundesweit mit viel Interesse verfolgt wird. Ich habe schon einige Anfragen, das Gesetz, wenn es beschlossen ist, zu verschicken.
Dieser Prozess hat, wie wir meinen, noch einige Verbesserungen gebracht. Seit der ersten Lesung hat sich noch einiges verändert, nämlich dass alle Angebotsformen, vorhandene und neu zu entwickelnde, bis zum Alter von 27 Jahren angeboten werden. Damit folgt das Gesetz dem Auftrag des SGB VIII. Der Fachstandard Qualität wird nicht in eine Rechtsverordnung aufgenommen, er erhält jedoch mehr Verbindlichkeit und vor allem Öffentlichkeit und Transparenz dadurch, dass er per Rundschreiben bekannt gemacht wird. Es wurde aufgenommen, dass bei den Zuwendungen die erzielten Tarifabschlüsse in Höhe der linearen Tarifsteigerungen zu berücksichtigen sind. Das war und ist uns als Linke besonders wichtig. Es ist jetzt unbedingt darauf zu achten, dass die errungenen Tarifanpassungen auch bei den Beschäftigten ankommen und nicht etwa auf Kosten der Angebotsvielfalt gehen. Doch darüber wird anderweitig noch zu reden sein. Diese drei Änderungen bedeuten auch einen finanziellen Aufwuchs, den wir gerne stemmen wollen.
Weitere wichtige Änderungen sind: Bei den Grundsätzen der Jugendarbeit wurde die Inklusion noch mal ausdrücklich in einem neuen Absatz verankert. Die Richtwerte zur Bedarfsdeckung sollen jetzt einmal in der Wahlperiode geprüft werden. Die Rechte des Landesjugendhil
(Roman Simon)
feausschusses sind ebenfalls festgeschrieben. Wir sorgen an vielen Stellen für richtig viel Transparenz. Von Anfang an wird eine Evaluation vorgenommen. Das haben wir auch in das Gesetz aufgenommen. Dabei soll insbesondere geprüft werden, ob die den Bezirken überwiesenen Mittel auch zweckentsprechend verwendet werden. Damit entsprechen wir auch dem Wunsch der Anzuhörenden nach Kontrolle und gegebenenfalls auch nach Korrekturen.
Wir haben schwer überlegt, wie wir dem Bedarf an Flächen und Räumen in der Jugendarbeit besser gerecht werden können. Zuletzt hatte der Landesjugendring auf die damit verbundenen Probleme hingewiesen. Mehr Gehör wollen wir uns für die Jugendhilfe insgesamt durch eine Änderung in § 46 verschaffen, wonach die Instrumente der Stadtentwicklung die Jugendhilfebedarfe zu berücksichtigen und in der Bauleitplanung verbindlich festzusetzen haben.
Das Fazit ist: Wir sind weiter gekommen, als wir zu hoffen gewagt haben, und für die Umsetzung bestehen gute Voraussetzungen. Immerhin haben wir bereits vor Beginn der Haushaltsberatungen – die Kollegin hat es schon gesagt – 20 plus 5 Millionen Euro zusätzlich als Anschubfinanzierung erhalten, die wir für die Kinder- und Jugendarbeit gut einsetzen werden. Jetzt gilt es, das Gesetz in der Praxis zu erproben. Es ist sozusagen ein lernendes System. Die Umsetzung muss geübt werden. Die Beteiligung und Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen als zwingende Grundlage zur Erstellung der bezirklichen Jugendförderpläne, ohne die dieses Gesetz nicht funktioniert, ist neu und braucht Unterstützung. Dafür gibt es pro Bezirk zweieinhalb Stellen, und wir erwarten, dass diese auch dafür eingesetzt werden.
Auch Sachmittel für die neuen Formate stehen bereit, und die Arbeitsgruppen der Senatsverwaltung zur Produktbegleitung und zur Hilfe bei der Erstellung der Jugendförderpläne und zur Berechnung der Umfänge arbeiten weiter und dienen den Bezirken unterstützend und beratend. Dieses Gesetz ist ein großes und nachhaltiges Projekt und ein Leistungsversprechen. Lassen Sie uns alle Beteiligten mitnehmen, und lassen Sie uns alle miteinander nachsichtig sein, wenn manches nicht auf Anhieb klappt! Lassen Sie uns jetzt starten und dieses gute Werk beschließen, und lassen Sie uns auch ein bisschen feiern! – Danke!
Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Präsidentin! Die Koalition will die Angebote der Kindertagespflege und der ergänzenden Kinderbetreuung attraktiver machen. Wir haben unverändert einen hohen Bedarf an Kitaplätzen und Plätzen in der Kindertagespflege. Die Kindertagespflege ist entsprechend dem Sozialgesetzbuch VIII ein der Betreuung in der Kita gleichwertiges Angebot der frühkindlichen Förderung. In Berlin werden derzeit rund 6 200 Kinder von rund 1 600 Tagespflegepersonen auf diese Art betreut. Nach unserem Berliner Kitagesetz ist die Kindertagespflege eine besonders familiennahe und flexible Angebotsform, die besonders für die Kleinsten und für Kinder mit erhöhtem Förderbedarf gut geeignet ist.
Bisher steht bei den Diskussionen um die Lösung der Versorgungsengpässe bei der Kindertagesbetreuung die Kindertagespflege – obwohl sie anerkannt, beliebt und begehrt ist – nicht im gebührenden Fokus. Das wollen wir ändern: Land und Bezirke sind gefordert, bei der Schließung von Lücken in der Versorgung mit Angeboten der Frühförderung auch die Kindertagespflege mit all ihren Angebotsformen stärker als bisher zu beachten. Bisher ist es nicht gelungen, den Anteil der Kindertagespflegeplätze an der Gesamtzahl der stetig wachsenden Platzangebote in der Kita mitwachsen zu lassen. Der prozentuale Anteil der Tagespflege an den Angeboten insgesamt sinkt; dabei steigt die absolute Zahl der zu betreuenden Kinder leicht an.
Diese Stabilisierung mit dem Trend zum Wachsen ist nicht gering zu schätzen, aber auch in der Kindertagespflege ist ein Generationenwechsel zu verzeichnen, und bisher ist es immerhin gelungen, Schließungen – oft aus Altersgründen – mit neuen Angeboten zu kompensieren – aber mehr nicht. Das reicht nicht; wir brauchen Aufwüchse.
Was ist zu tun? – In diversen Gesprächen, exemplarisch am offenen Tag in der Kindertagespflege und an einem Fachtag, wurde uns in einem sehr interessanten Austausch mit Tagesmüttern und Tagesvätern verdeutlicht, dass sich erstens viele Menschen für diese Tätigkeit interessieren, darunter erfreulicherweise auch immer mehr Männer. Mindestens 200 Menschen mehr als bisher, könnten sofort die Arbeit aufnehmen, wenn die Rahmenbedingungen, insbesondere die räumlichen, besser wären. Das sind Ressourcen, auf die wir nicht verzichten können.
Wir beobachten zweitens einen Trend zur Professionalisierung der Angebote. Traditionell sind es Mütter oder Väter, die die Tätigkeit vorübergehend ausüben: Sie
(Benedikt Lux)
betreuen quasi in ihrer Privatwohnung neben dem eigenen Kind noch ein bis zwei andere Kinder mit. Ist das Kind dann aus dem Gröbsten heraus, wird wieder eine andere berufliche Tätigkeit gewählt. Professionalisierung heißt an dieser Stelle nun, dass immer mehr gelernte Pädagoginnen ganz bewusst in die Tagespflege gehen, um ihre eigenen pädagogisch-konzeptionellen Vorstellungen von Frühförderung auf der Grundlage des Berliner Bildungsprogramms zu verwirklichen, das seit der letzten Novellierung auch für die Tagespflege gilt.
Gebraucht werden – ich habe es schon erwähnt – vor allem Räume. Die geäußerten Vorschläge haben wir in unserem Antrag aufgegriffen; sie können auch noch ergänzt werden. Da müssen wir sehr viel innovativer werden und dürfen die Tagespflegeeltern nicht allein lassen. Es gilt, bei unseren landeseigenen Wohnungsunternehmen als auch bei privaten Investoren dafür zu werben, dass Kindertagespflegestellen im Wohnumfeld für Familien attraktiv sind und keine Lärmbelästigung.
Räume zu finden und auszustatten, kostet natürlich Geld. Starthilfe und Mietzuschüsse sollen deshalb künftig unbürokratisch und regelhaft ermöglicht werden.
Die Arbeit mit Kindern ist anspruchsvoll, gerade weil man nicht im Team arbeitet, sondern alleine. Daher brauchen Tagespflegeeltern regelhaft Angebote der Beratung, Vernetzung, Fort- und Weiterbildung; ein engeres Zusammenwirken mit den bezirklichen Jugendämtern, bessere Beratung und Unterstützung sind notwendig. Eine Vernetzung auch mit den Angeboten in den benachbarten Kitas ist wichtig für fachlichen Austausch und Vertretung bei Krankheit, Urlaub und Fortbildung.
Fortbildungsangebote sind überhaupt sehr wichtig. Sie sollen künftig für Tagespflegepersonen regelhaft besser nutzbar gemacht werden.
Zur Verbesserung der Attraktivität der Arbeit in den verschiedenen Angebotsformen der Kindertagespflege ist natürlich auch eine bessere Bezahlung nötig. Mindestlohn ist das Mindeste, und das ist es, was wir in allen Angebotsformen wenigstens wollen: Es kann nicht sein, dass gerade in den atypischen Beschäftigungszeiten von 21 Uhr bis 5 Uhr – auch solche Betreuungsformate gibt es – nur der halbe Mindestlohn gezahlt wird. Das wollen wir ändern.
Natürlich kostet das alles auch etwas. Da fordern wir die Verwaltung auf, nicht nur das Bundesprogramm zur Förderung der Tagespflege zu nutzen, sondern auch Mittel, die Berlin aus dem Gute-Kita-Gesetz bekommt. Die CDU, das habe ich schon im Änderungsantrag gesehen, möchte das nicht. – Das werden Sie uns sicherlich gleich erklären, Herr Simon, was an einer Änderung der Aus
führungsvorschrift besser ist, als die Mittel aus dem Gute-Kita-Gesetz zu nutzen.
Wir hoffen, dass es uns gelingt, gemeinsam mit den Bezirken und den Tagespflegepersonen und ihren Interessensvertretungen die Rahmenbedingungen deutlich zu verbessern, um noch mehr Menschen diese schöne, aber auch anspruchsvolle Tätigkeit zu ermöglichen. Das betrifft ausdrücklich auch Menschen, die zu uns zugewandert oder geflüchtet sind. Hier wollen wir ein Modellprojekt initiieren, um auch diese Potenziale zur Arbeitsintegration zu nutzen. – Sie werden uns, Herr Simon, bestimmt auch erklären, warum Sie so ein Modellprojekt ablehnen.
Wir wollen insgesamt mehr Aufmerksamkeit für diesen noch kleinen Bereich. Übermorgen, am 11. Mai., ist übrigens der Tag der offenen Tür in der Kindertagespflege. Unter www.guck-an-kindertagespflege.de können Sie nachschauen, welche offenen Türen das wo sind. Nehmen Sie das Angebot in Anspruch! Wir wünschen allen Beteiligten viel Spaß, und ich sage: Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich hätte ja nie gedacht, dass ich Frau Bentele zustimme,
aber da haben Sie tatsächlich den Nagel auf den Kopf getroffen, Sie haben auch gleich den Beweis dafür geliefert, dass Zwang und Pflicht nicht dazu führen, dass alle Menschen erreicht werden, und das ist ja genau die verpflichtende Einschulungsuntersuchung, die Sprachstandsfeststellung. Da fragt der Kollege Langenbrinck regelmäßig einmal pro Jahr die Zahlen ab, und wir sehen: Die Einführung des Bußgelds in der letzten Legislaturperiode, das die Eltern dazu bringen sollte, ihr Kind zu der Sprachstandsfeststellung zu bringen, hat keine Auswirkungen gehabt. Es ist eben so, dass bestimmte Familien nicht per Post oder per sonstigen Behördenbriefen erreicht werden, sondern zu denen müssen wir hingehen. Da braucht es eben niedrigschwellige Beratungsangebote in den Kiezen, in den Sozialräumen, an den Familienzentren oder aufsuchende Sozialarbeit oder Lotsinnen, wie auch immer. Da müssen wir tatsächlich darüber nachdenken, wie diese Quote gesenkt werden kann. Wir sind gut dabei, Ideen zu sammeln und das gemeinsam zu entwickeln. Aber wie gesagt: Pflicht und Zwang führen nicht dazu, dass wir alle Menschen erreichen.
Ich bin Herrn Fresdorf dankbar, dass er mir erklärt hat, wie das alles gemeint ist. Die Überschrift ist schön. Das sehen wir alle so. Natürlich wollen wir das auch alles, aber dann fängt der Antrag an, in eine Richtung zu gehen, die das Gegenteil von dem bewirkt, was er vorgibt zu wollen. Nach der Logik dieses Antrags müssen Kinder eigentlich nur eines, nämlich funktionieren, und das nach einer Schablone, die im Antrag „Grundniveau“ genannt wird. Wer nicht reinpasst, soll passend gemacht werden,
(Hildegard Bentele)
und diese Passfähigkeit wird kontrolliert, damit es eine Beschulbarkeit gibt, die dazu führt, dass Bildungsgewinner produziert werden, die dann den sozialen Aufstieg erleben. Merkwürdig, merkwürdig! Wir haben ein anderes Bild von der Kindheit. Dieses Bild wird eher in ein freies, selbstbestimmtes Leben führen.
Der Antrag bleibt diverse Antworten schuldig. Wer soll eigentlich bestimmen, wie diese Beschulbarkeit aussieht? Er sagt nicht, was mit den Kindern passiert, die sich der Kitapflicht entziehen oder die die Prüfung nicht bestehen. Die Kollegin hat auch schon gesagt, dass die wahrscheinlich sitzenbleiben werden. Er sagt auch nicht, wie das Schwänzen in der Kita bestraft werden soll. Ich kann es nicht verstehen: Dieser Antrag ignoriert elementares Wissen um die Individualität jedes Kindes, jedes Menschen. Er ignoriert die Tatsache, dass Kinder auch in ihrer Geschwindigkeit beim Lernen unterschiedlich sind und dass Kinder eben Kinder sind, und das sollen sie auch bleiben.
Er ignoriert, dass Vielfalt auch in der Frühförderung gelebte Realität in unseren Einrichtungen ist und dass sich die Bildungsinstitutionen auf die Kinder einzustellen haben und nicht umgekehrt. Der Antrag ignoriert nicht nur Kinderrechte, sondern auch die Elternrechte, z. B. dass es Elternrecht ist zu entscheiden, ob und in welchem Umfang das Kind in eine Kita geht und wann das Kind in die Schule kommt. Wir haben aus gutem Grund hier sehr flexible Regelungen, und das soll auch so bleiben. Er ignoriert, dass wir ein Bildungsprogramm haben. – Das ist auch schon gesagt worden. – Er ignoriert, dass die Berliner Eltern wissen, dass ein möglichst mehrjähriger Kitabesuch die besten Voraussetzungen bietet nicht nur für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, sondern auch für die Entwicklung des Kindes gut ist, und zwar im Sinne von mehr Chancengleichheit. Wenn das nicht so wäre, hätten wir nicht so viele Probleme, für jedes Kind einen guten Kitaplatz bereitzustellen – das haben wir alle mitbekommen – und damit den Rechtsanspruch jedes Kindes zu verwirklichen.
Aus unserer Perspektive brauchen wir keine Kitapflicht für die Realisierung des Rechtsanspruchs. Beherzigen wir das, was wir in der Anhörung von den Expertinnen und Experten gehört haben. – Ich glaube, Sie waren in einer anderen Anhörung, Herr Fresdorf. – Ich glaube auch nicht, dass alle Schulleiter in Berlin totale Angst vor Herrn Rackles haben und deshalb nicht bereit sind, öffentlich eine Aussage zu der Situation in ihren Schulen zu machen. Was wir da gehört haben, hat anderes ergeben. Wir brauchen mehr Kitaqualität. Wir wollen unser System weiterentwickeln, Fachkräfte gewinnen, positiv herangehen. Wir haben auch Verbündete in der Stadt. Wir waren alle am Freitag bei der Veranstaltung des Kitabündnisses. Da haben wir Sie gesehen. Ich verstehe nicht, was Ihr Vorschlag soll. In der jetzigen Situation auch
noch einen Systemwechsel zu initiieren, hilft da kein bisschen weiter. Ihr Antrag ist daher natürlich abzulehnen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Etwas richtig Gutes ist hier auf dem Weg, und ich kann die Freude von Sandra Scheeres nur teilen. Wir haben lange für ein solches Gesetz gekämpft, dass wir das hier im Land Berlin bekommen. Meine Fraktion hat es in der letzten Legislaturperiode schon beantragt. Da sind parallel viele Prozesse gelaufen. Wir haben uns gemeinsam als Koalition auf den Weg gemacht, das
hier tatsächlich umzusetzen. Heute liegt der Entwurf da. Ich bin wirklich glücklich, das ist ein guter Tag.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf erfüllt die Koalition ein wichtiges Versprechen an die Jugend in dieser Stadt. Mit diesem Gesetz werden verbindliche Standards festgelegt, auf deren Grundlage dann auch die Finanzierung der Leistungen nach § 11 SGB VIII zur allgemeinen Kinder- und Jugendförderung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes hier im Land erfolgen wird. Das sind Kinder- und Jugendfreizeitorte, Bildungsfahrten, Reisen, internationaler Austausch und Begegnung, komplett inhaltlich noch offene, mobile oder gruppenbezogene Jugendarbeit und zudem alles, was an die Interessen junger Menschen anknüpft und von ihnen mitbestimmt und mitgestaltet wird, Angebote, die sich an alle Kinder und Jugendlichen richten. So steht es im SGB VIII geschrieben.
Ich wurde dieser Tage viel gefragt, warum wir denn ein eigenes Landesgesetz brauchen, wenn es im Bundesgesetz schon steht, dass man das so machen muss – weil es nach allgemeiner bundesdeutscher Lesart keinen individuellen Rechtsanspruch gibt. Die allgemeine Kinder- und Jugendförderung wird als sogenannte freiwillige Leistung betrachtet. Sie wird bei uns in den Bezirken umgesetzt, und die Bezirke haben viel umzusetzen, in der Kindertagesbetreuung, bei den Hilfen zur Erziehung, im Kinderschutz. Das bedeutet, dass die Angebote der Kinder- und Jugendarbeit davon finanziert werden, was im Haushalt der Bezirke nach Abzug anderer einklagbarer Leistungen übrig bleibt. In die Kosten- und Leistungsrechnung der Bezirksfinanzierung übersetzt bedeutet das: Viele Mengen zu möglichst geringen Kosten, dann ist der Bezirk eher auf der Gewinnerseite. Es verlieren die Bezirke, die politisch nachhaltige Prioritäten setzen, bedarfsgerecht Angebote bereitstellen, die auf die Qualität achten, zum Beispiel auch Tarifanpassung und Erhöhungen an die freien Träger weitergeben, sodass dann die Angebotsstunde mehr kostet. Dieser Kreislauf wird nun durchbrochen.
Und es wurde bei diesem Kreislauf auch immer außer Acht gelassen, dass bei der Konkurrenz um den Budgetierungsgewinn am Ende alle verloren haben. Betrugen die Ausgaben der Bezirke für die Angebote nach § 11 im Jahr 2010 noch 86,5 Millionen Euro, waren es 2015 noch ca. 79,5 Millionen Euro. Hier zeigt sich die Abwärtsspirale in Zahlen. Dazu kam noch, dass die Bezirke bis 2017 nicht einmal mehr das in dem Bereich eingesetzt haben, was ihnen in der Globalsumme für Kinder- und Jugendarbeit zugewiesen wurde. Klar, die Angebote wurden ja auch immer mehr zurückgefahren und immer weniger, damit der Weg in die Sackgasse immer enger. Es bestand und besteht also akuter Handlungsbedarf, und die Koalition hat gehandelt.
Es wurde erstens quasi per Notbremse diese Abwärtsspirale aufgehalten und mit Beginn dieser Legislaturperiode dafür gesorgt, dass der Plafond um 4,9 Millionen Euro erhöht und seither auch nicht abgesenkt wurde, es wurde also der Status quo zunächst einmal erhalten. Zweitens wurde gemäß Koalitionsvertrag von den Koalitionsfraktionen sofort am Beginn der Legislaturperiode ein Antrag initiiert, der den Auftrag erteilte, unverzüglich ein Jugendfördergesetz auf den Weg zu bringen. Es musste auch schnell gehen, denn die Herausforderungen sind enorm. Die Kürzungen der vergangenen Jahre haben die Infrastruktur erheblich ausgedünnt und zu einer heftigen Ungleichentwicklung in der ganzen Stadt geführt. Es ist, nur nebenbei, der einzige Bereich in der Jugendhilfe, in dem es in den letzten Jahren keinerlei Personalaufwuchs gegeben hat, obwohl die Stadt wächst und die Anforderungen an die Kinder- und Jugendarbeit wachsen, beispielsweise bei Inklusion, Integration und Digitalisierung, und obwohl Kinder und Jugendliche ihre Rechte einfordern. Sie wollen und müssen stärker in die Entscheidungen einbezogen werden, die ihr Leben direkt betreffen.
Mit diesem Gesetzentwurf liegt uns das Ergebnis einer langen und intensiven Arbeit vor. Dieser Prozess, Senatorin Scheeres hat es schon beschrieben, beinhaltete in der ersten Phase die Befragung von rund 10 000 Kindern und Jugendlichen im Alter von 12 bis 18 Jahren, die von dem Senat gefragt wurden, was sie im Kinder- und Jugendfreizeitbereich eigentlich brauchen. Das hat es so auch noch nicht gegeben. Daran wird deutlich: Auch der Prozess ist von Anfang an ein neuer. Es gab durchgehend einen breiten Beteiligungsprozess, der es möglich gemacht hat, rechtzeitig viele Meinungen, Forderungen und Positionen zu berücksichtigen. Ein herzlicher Dank gilt an dieser Stelle all denen, die nie lockergelassen haben: den Kindern und Jugendlichen, die sich eingemischt haben, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Verwaltungen und bei den Trägern auf Landes- und bezirklicher Ebene, den Bezirken und hier insbesondere dem Rat der Bürgermeister, der, was übrigens nicht unbedingt zu seiner Tradition gehört, dem Gesetzentwurf sehr schnell seine Zustimmung gegeben hat.
Herzlichen Dank auch den engagierten Damen und Herren, die den Prozess moderiert haben, besonders auch der Senatsjugendverwaltung und den beteiligten Häusern, die hervorragend ressortübergreifend zusammengearbeitet haben.
Ich bin sicher, und viele Reaktionen zeigen das auch, dass wir heute ein bisschen Geschichte schreiben, auch wenn das noch nicht überall so angekommen ist, liebe Bezirksverordnete.
Was ist neu, und was wird bald anders? – Mit dem Gesetz erfolgt ein Leistungsversprechen. Im Land Berlin wird es künftig einen Rechtsanspruch auf definierte Leistungen geben. Diese sind auch in Umfang und Qualität festgelegt und ein verbindlicher Standard, der stadtweit gilt. Diese Angebote orientieren sich nicht mehr an dem, was im Bezirkshaushalt übrig ist, sondern an der Zahl der Kinder und Jugendlichen, die im Bezirk leben. Danach erfolgt die Zuweisung. Diese ist nur für den Zweck bestimmt, für den sie ausgewiesen ist. Keiner verliert mehr, alle gewinnen, im Gesetz steht, dass kein Bezirk schlechter dastehen darf als bisher. Die Finanzierung ist neu, und es ist bemerkenswert, dass die 25 Millionen Euro schon per Vorfestlegung eingestellt wurden. Herzlichen Dank an all diejenigen, die das möglich gemacht haben!
Dieser Betrag schafft Spielräume, um die erforderlichen Strukturen in den Bezirken erst einmal zu schaffen. Im Übrigen haben es die Bezirke selbst in der Hand: Die Bebuchung der neuen Produkte, der neu entwickelten Produkte und derjenigen, die längst nicht mehr in Anspruch genommen wurden, weil sie verschwunden waren, hat in den Bezirken bereits im Januar 2019 begonnen. Es wird zukünftig wieder Angebote geben, die weggespart wurden, wie zum Beispiel Reisen oder internationale Begegnungen, und es wird neue Angebote geben, die sich erst entwickeln werden wie neue Beteiligungsformate, je nachdem, welche Strukturen schon in den Sozialräumen vorhanden sind und welche nicht. – Ich habe tatsächlich zehn Minuten überzogen? – Das kann ja wohl nicht wahr sein!
Zuletzt noch das Wichtigste: Es heißt nicht umsonst Beteiligungsgesetz. Dieses Gesetz funktioniert nur mit der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen. Ihre Meinung muss verbindlich eingeholt werden. Sie müssen bei der Ausgestaltung der Angebote einbezogen werden. Kinder- und Jugendbeteiligung, demokratische Willensbildung und Entscheidungen erhalten so einen völlig neuen Stellenwert. Das ist der wesentliche Gewinn dieses Gesetzes. Ich freue mich auf die parlamentarischen Beratungen, die jetzt mit Ihnen beginnen, und hoffe auch auf einen guten Start dieses Gesetzes, wenn es dann fertig ist.
Herr Simon! Können Sie sich noch an die Beratungen dieses Antrags erinnern, als wir ihn damals im Ausschuss vorgelegt haben? Da haben Sie uns darauf hingewiesen, dass das mit der Zielsetzung Ende 2018 ein bisschen ambitioniert ist. Ich darf Sie beglückwünschen: Sie haben recht behalten.
Der Prozess war doch etwas komplizierter als gedacht. Jetzt ist es aber eine runde Sache. – Danke!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann jetzt schon vorausschicken, dass ich mich absolut nicht auf die Beratung im Ausschuss freue, und möchte zunächst feststellen, dass es eine absolute Unverschämtheit ist, dass Sie mit diesem Antrag hier eine absurde Desinformations- und Diffamierungskampagne bedienen, die sich in erster Linie gegen die AmadeuAntonio-Stiftung wegen ihres expliziten Engagements gegen Rechtspopulismus, Rechtsextremismus und Antisemitismus richtet,
nur dass gerade diese Kampagne sehr verdeutlicht, wie wichtig dieses Engagement ist. Im Namen meiner Fraktion möchte ich herzlichst der Amadeu-Antonio-Stiftung für ihre engagierte und wertvolle Arbeit gegen die Ideologie der Ungleichheit danken.
Ich danke auch der Ministerin Giffey, die nach dem Aufflammen dieser Hetzkampagne von rechts im Herbst letzten Jahres klare Position bezogen hat,
sich anders verhalten hat als der andere Neuköllner, der Herr Liecke.
Die Handreichung für pädagogisches Personal in Kitas „Ene, mene, muh – und raus bist du! – Ungleichwertigkeit und frühkindliche Pädagogik“, deren Einsatz Sie hier untersagen lassen wollen, wird u. a. vom Bundesprogramm „Demokratie leben“ gefördert, und genau darum geht es auch.
Nein, danke! – Sie gaukeln hier eine fachliche Auseinandersetzung vor, die es nicht gibt. Es gibt im Gegenteil einen Bedarf, wie Frau Kühnemann-Grunow schon erwähnt hat, an Unterstützung und Fortbildung aufseiten der Kitalandschaft, wenn es um die Themen Rechtsextremismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit geht, die nicht nur die Amadeu-Antonio-Stiftung bei ihrer Beratungsarbeit festgestellt hat. Unter anderem zeigt auch eine Studie des Deutschen Kinderhilfswerks: Die Mehrheit der dort interviewten Fachkräfte wird im Kontext ihrer Arbeit mit diesen Phänomenen konfrontiert. Es herrschen oftmals starke Irritationen und Ratlosigkeit. Genau hier setzt die Handreichung an, die nach der Bewertung von Fachverbänden, Wissenschaft, Praxis und
(Roman Simon)
Gewerkschaften mit praxisnahen Ratschlägen und Handlungsempfehlungen weiterhilft
und zahlreiche Verweise auf weiterführende Literatur und Materialien enthält. Dabei wurden reale Fälle aus der Kitapraxis in anonymisierter Form dargestellt und analysiert. Immer steht dabei das Kind, der Kinderschutz im Mittelpunkt. Und immer geht es natürlich um eine gute Erziehungspartnerschaft mit den Eltern als Grundlage für gelingende frühkindliche Bildung.
Ihre Kampagne will diese Broschüre diffamieren,
mit falschen Zitaten, gezielten Auslassungen und Missinterpretationen. Das ist Ihnen in den Parlamenten von Niedersachsen und Baden-Württemberg nicht gelungen, und es wird Ihnen auch hier nicht durchgehen.
Ich möchte nur kurz zwei weitere von ganz vielen Gründen für die Ablehnung des Antrags nennen – erstens: Grundlage der frühkindlichen Förderung in der Berliner Kita und Tagespflege ist das Kitagesetz und das darauf beruhende Bildungsprogramm. Danach ist das Erziehungsziel, das Kind auf das Leben in einer demokratischen Gesellschaft vorzubereiten, die für ihr Bestehen die aktive verantwortungsbewusste Teilhabe ihrer Mitglieder im Geiste der Toleranz, der Verständigung und des Friedens benötigt, in der alle Menschen ungeachtet ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Identität, ihrer Behinderung, ihrer ethnischen, nationalen, religiösen
das ist das Kitagesetz! – und sozialen Zugehörigkeit sowie ihrer individuellen Fähigkeiten und Beeinträchtigungen gleichberechtigt sind. Das steht in unserem Kitagesetz, und das gilt hier im Land Berlin.
Zweitens: Staatssekretärin Klebba hat in der Sitzung des Fachausschusses am 6. Dezember 2018 auf Ihre Frage hin erklärt, dass der Berliner Senat besagte Handreichung weder finanziert noch verschickt habe. Die Handreichung wird tatsächlich selbstständig von Kitaträgern im Bedarfsfall bei der Stiftung bestellt. Ich empfehle, sich einmal ein eigenes Bild zu verschaffen und sich diese Handreichung anzugucken.
Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut unseres demokratischen Gemeinwesens.
Diese Freiheit gilt im Rahmen dessen, was unser Grundgesetzt definiert. Sie gilt, auch wenn es manchmal wehtut, zum Beispiel dann, wenn wir uns mit solchen Anträgen wie Ihrem befassen müssen.
Manches muss man wohl auch aushalten, wie zum Beispiel Ihre Hassportale, die Sie als AfD initiiert haben, wo Kinder zu Gesinnungsschnüffelei und Denunziantentum an den Schulen aufgefordert werden.
Was geben Sie diesen Kindern mit auf den Weg ins Leben? Ihr Antrag offenbart ein zutiefst gestörtes Verhältnis zur Demokratie und zu einer weltoffenen und friedlichfreiheitlichen Gesellschaft. Es ist weder unser Ziel, noch liegt es in der Macht des Senats oder dieses Hauses, pädagogischen Fachkräften in den Kitas zu verbieten, zu lesen, was sie wollen und sich weiterzubilden, zumal wenn es im Sinne der geeinten Bildungsziele ist.
Was Sie wollen, wenn Sie von Untersagen reden, müssen Sie mir mal erklären. Was kommt als Nächstes? Sanktionen? Das Zerfleddern unseres Bildungsprogramms?
Zum Schluss noch ein persönliches Wort. Ich bin Erzieherin und Sozialarbeiterin und auch heute noch oft in den Kitas und in der Praxis unterwegs. Es ist mir immer wieder eine Freude zu sehen, wie Kinder vorurteilsfrei miteinander spielen, wie sie schnell eine gemeinsame Sprache finden und ganz selbstverständlich zusammen die Welt entdecken. Es ist unsere Verantwortung, dafür zu sorgen, dass sie alle wohlbehütet und mit gleichen Chancen für ein gutes Leben aufwachsen, miteinander und in einer friedlichen Welt. Das ist unser Job, und den werden wir hier machen und uns dabei nicht von Ihnen hineinpfuschen lassen. – Danke!
Ich finde es wirklich unglaublich heuchlerisch, wie Sie vorgeben, sich um Kita- und Schulkinder kümmern zu wollen.
Sie haben noch keinen einzigen Vorschlag vorgelegt, wenn es darum geht, die wirklichen Probleme in der Kitalandschaft – Fachkräftemangel, Leitungsausstattung, Platzausbau – anzugehen.
Nicht ein einziger Vorschlag ist von Ihnen gekommen. Im Gegenteil! Sie sind die Partei, die sagt: Betreuung bis zum dritten Lebensjahr muss überhaupt nicht sein. – Der Rechtsanspruch ab dem ersten Lebensjahr interessiert Sie nicht.
Sie sind auch diejenigen, die die Kitabetreuung „Fremdbetreuung“ nennen. Sie haben überhaupt keinen Respekt vor dem Berufsstand und heucheln hier Interesse. Das ist wirklich nervig.
[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Georg Pazderski (AfD): Bla, bla, bla! – Zurufe von Dr. Wolfgang Albers (LINKE) und Anja Kofbinger (GRÜNE)]
Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Präsidentin! Lieber Herr Simon! Sagen Sie das bitte den CDU-geführten Ländern im Bund, die können wir nämlich alle gut gebrauchen bei der Aktion!
Seit langer Zeit reden wir darüber, dass die Aufwertung der Sozial- und Erziehungsdienste überfällig ist. Das betrifft sämtliche Professionen der Erziehung, der Sozialpädagogik und der Sozialarbeit. Dabei geht es auch darum, unser Bildungssystem zukunftsfähig zu machen – mit multiprofessionellen Teams in allen Bereichen. Die funktionieren aber nur auf Augenhöhe, und Augenhöhe geht nur mit gleicher Bezahlung für gleichwertige Arbeit. Wir erleben den Frust in den Ganztagsschulen, wo die absolut gerechtfertigte gehaltliche Angleichung der Grundschullehrkräfte an das Niveau der Oberstufen dazu geführt hat, dass nun die Erzieherinnen mit der Hälfte des Gehalts einer Lehrkraft am selben Arbeitsplatz leben müssen. Liebe Leute! Das geht nicht lange gut.
(Roman Simon)
Nun steht endlich – endlich, Herr Simon – die nächste Tarifrunde bevor, und der Tarifvertrag der Länder muss durch realistische neue Tätigkeitsbeschreibungen aktualisiert werden, was ja in der letzten Tarifrunde als Entschuldigung für die miesen Ergebnisse im Entgeltbereich verabredet wurde. Diese Inhalte zu liefern, ist Sache des Arbeitgebers – in unserem Fall also des Senats –, und im September erfolgte die Übergabe der zeitgemäßen Aufgabenbeschreibung vonseiten der Jugendverwaltung an den Finanzsenat.
Der Lückenschluss zum TVöD ist das Ziel, und wir gehen davon aus, dass der Finanzsenator in den Verhandlungen im Interesse der Berliner Beschäftigten agieren wird. Sollte das scheitern, muss ein Plan B greifen. Das ging in Bremen und Hamburg auch, wo auf eigene Faust nach Anrufung der TdL verhandelt wurde, oder in München wurden Wege gefunden, um beispielsweise über Zulagen oder geldwerte Ausgleiche diese Berufe attraktiver zu machen.
Das sind die politischen Aufträge, die in diesem Antrag stecken. Der extreme Handlungsbedarf fällt besonders öffentlichkeitswirksam im Kitabereich auf, wo in letzter und in kurzer Zeit sehr viel passiert ist. Überzeugt hat hier vor allem der Kitagipfel. Ein umfassendes Maßnahmenpaket wurde auf den Weg gebracht und wird weiterentwickelt. Die hohe Transparenz und Zusammenarbeit mit allen Akteuren der Szene sind absolut beispielhaft.
Alle Beteiligten wollen den Rechtsanspruch, die Qualitätsverbesserung und grundsätzlich unser gutes Kitasystem verteidigen. Aber nach wie vor haben wir es hier leider mit einer hohen Fachkräftefluktuation zu tun, und das Problem wird auch noch eine Weile bleiben, denn laut Bericht über die Bedarfsentwicklung und Fachkräfteausstattung in den Kindertagesstätten vom Oktober 2018 – er ist erst zwei Wochen alt – ist der Fachkräftemangel eben kein temporäres Problem. Der jährlich zu erwartende Personalaufwuchs – trotz erhöhter Ausbildungskapazitäten, wachsendem Quereinstieg und Ausweitung des Berufsspektrums – reicht nicht. Es braucht zusätzlich 2 000 Vollzeitäquivalente bis 2020/21, die noch nicht in Sicht sind.
Es gibt neben allen laufenden Anstrengungen auch aus dieser Perspektive nur noch das Instrument der besseren Bezahlung, um mehr Menschen anzulocken. Und bitte: Geld ist gerade nicht unser Problem, wie man in anderen Bereichen ja auch sehen kann.
Der Fachkräftemangel betrifft natürlich nicht nur die Kitas. Besonders dringlich ist es – die Kollegin hat es schon angesprochen –, die Regionalen Sozialpädagogi
schen Dienste der Jugendämter, also unsere Kinderschützer, endlich besser zu bezahlen. „Nur mit euch!“ hieß es am 3. Oktober in Berlin. Da waren auch die Mitarbeitenden vom RSD auf der Straße, um auf ihre Notlage aufmerksam zu machen.
Das Delta zwischen den benötigten, finanzierten und tatsächlich besetzten Stellen in den Bezirken beträgt aktuell 120 Vollzeitäquivalente, die fehlen. Bei der halbwegs optimalen Berliner Fallzahlvorgabe von einer Fachkraft auf 65 hilfsbedürftige Kinder und Familien sind das 7 800 Fälle, die vom Bestandspersonal mitbearbeitet werden müssen. Hier muss sofort regelhaft besser bezahlt werden. Die derzeitige Praxis, Stufenvorweggewährung in Einzelfällen zu bewilligen, ist völlig kontraproduktiv, schafft Ungleichheit, und es bedarf dafür eines unsäglichen Prozederes. Mitarbeiter, die man ja eigentlich halten will, müssen sich zunächst anderswo auf eine besserbezahlte Stelle bewerben, und erst nachdem von dort eine Zusage kommt, darf das bezirkliche Amt das Gehalt mittels Stufenvorwegnahme erhöhen. Das ist nicht Halten und Werben, das ist nicht „Nur mit euch!“, sondern das ist verrückt.
Hier ist der Finanzsenator sofort in der Verantwortung, mit einer klaren Ansage wirksam zu werden.
Mittelfristig erfordert die absehbare Entwicklung in Berlin eine neue übergreifende Bildungs- und Qualifizierungsstrategie, die nicht einzelne Qualifikationen oder Ausbildungswege gegeneinander ausspielt, sondern alle Fachkräfte mitnimmt. Und kurzfristig müssen wir erst einmal aus dem Krisenmodus verlässlich wieder herauskommen – mit gut angelegtem Geld für gute Arbeit in den Sozial- und Erziehungsdiensten. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Herr Simon! Bei dem, was Sie zuletzt gesagt haben, nehmen wir Sie beim Wort; das werden wir sicherlich alle miteinander so vorantreiben. Darüber gibt es in diesem Haus wohl keine zweite Meinung.
Weil Sie die Dauer angesprochen haben, bis es zur Beauftragung des Gutachtens damals kam: Es müssen Ausschreibungen gemacht werden, und wenn man seriöse wissenschaftliche Arbeit bei einem so sensiblen Thema beauftragen will, nimmt man nicht den Erstbesten. Da muss man erst einmal gucken, wie die Gemengelage ist. Ich finde es in Ordnung, dass da in Ruhe begutachtet wurde,
wen man wofür beauftragt. – Ja, das ist manchmal so!
Und gleich vorneweg zum Antrag der AfD: Wir werden ihn natürlich ablehnen, weil wir – erstens – die von der Überschrift bis zur Begründung enthaltene Unterstellung, der Senat verzögere hier Aufklärung, entschieden zurückweisen.
Wir haben bereits in der Anhörung zu Ihrem früheren und mittlerweile abgelehnten Antrag deutlich gemacht, dass Senat und Koalitionsfraktionen alles unternehmen, um eines der schwersten Kapitel der Berliner Kinder- und Jugendhilfe restlos aufzuklären, und dass wir die damaligen Entscheidungen, Kinder und Jugendliche bei pädophilen Pflegevätern unterzubringen, zutiefst verurteilen und dem mit allen Konsequenzen nachgehen werden – mehrfach!
Wir haben auch mit Respekt zur Kenntnis genommen, dass Senatorin Scheeres Verantwortung übernommen und sich bei den Betroffenen entschuldigt hat. Der Senat hat mehrfach öffentlich gebeten, dass sich Betroffene melden. Dies war mittlerweile auch erfolgreich, auch wenn da noch etwas Luft nach oben ist, es sind nur sehr wenige Personen bisher. Ein Strafantrag ist gestellt, Hilfe und Unterstützung organisiert, ein Hilfesystem eingerichtet, man ist und bleibt im Gespräch.
Zweitens: Der Senat hat besagtes Gutachten 2016 in Auftrag gegeben, um herauszufinden, inwieweit damaliges Senatshandeln diese Vorgänge unterstützt hat. Mit diesem Gutachten, das auf der Webseite der Senatsjugendverwaltung öffentlich zugänglich ist, haben wir uns hier und in anderen Gremien wie dem Landesjugendhilfeausschuss mehrfach und ausführlich befasst. Da waren Ihre Leute auch dabei. Die Schlussfolgerungen sind öffentlich gemacht worden. Zu den Ergebnissen gehört auch ein Folgegutachten. Das ist, wie wir hörten, in Auftrag gegeben worden, und Sie wissen auch, Herr Weiß, dass zwischenzeitlich das Göttinger Institut, das die erste Studie gemacht hat, gar nicht mehr existiert. Ein neues Forscherteam ist sozusagen beauftragt, die Aufgabenstellung ist klar, Finanzierung steht auch, der Antrag ist damit gegenstandslos. Aber was ich noch schlimmer finde: Er ist leider auch noch total kontraproduktiv. Dass Sie hier suggerieren, der Senat wolle nicht handeln und helfen, unterstützt die Suche nach weiteren Betroffenen sicherlich nicht.
Unstrittig ist: Es gibt noch viel zu tun, um lückenlos aufzuklären, Verantwortliche zur Rechenschaft zu ziehen, Betroffenen zu helfen, aber wir versprechen uns ebenso neue Erkenntnisse, um unser gegenwärtiges System der Hilfen zur Erziehung und des Pflegekinderwesens weiter zu qualifizieren und Kinder und Jugendliche früher und besser vor Missbrauch zu schützen. Es gibt bereits eine Vielzahl von Projekten, die ich unmöglich alle aufzählen kann. Ich nenne nur beispielhaft die Projekte der Charité „Kein Täter werden“ und „Du träumst von ihnen“ für Erwachsene und für Jugendliche, eventuelle zukünftige Täter, die sehr erfolgreich arbeiten. Gerade gestern ist die Initiative „Schule gegen sexuelle Gewalt“ gestartet, mit der schulische Schutzkonzepte entwickelt und umgesetzt werden sollen.
Ja, es gibt viel zu tun, wir sind bei der Arbeit, der Senat arbeitet auch. Dieser Antrag ist leider keine Unterstützung dafür.
Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident! Man kann es gar nicht oft genug sagen, denn es war tatsächlich ein Novum. Am vergangenen Samstag demonstrierten um die dreieinhalbtausend Eltern für gute Kitaplätze und eine bessere Bezahlung der Erzieherinnen und Erzieher. Sie forderten aber vor allem, endlich von der Politik gehört zu werden. Die Eltern, das sind die, die verzweifelt einen Platz suchen, aber auch jene, deren Kinder bereits versorgt sind. Beide Elterngruppen treibt dieselbe Sorge um. Was hier als Kitakrise beschrieben worden ist, das sind vor allem die Notlagen in den betroffenen Familien, die sich in echten Krisen befinden, weil ohne Kitaplatz das familiäre Einkommen fehlt, berufliches Vorwärtskommen, insbesondere der Mütter, infrage gestellt ist und die Bildungschancen der Kinder betroffen sind. Darauf aufmerksam zu machen, ist den Aktivisten eindrucksvoll gelungen. Wir als Linke danken für dieses Engagement und den Weckruf an alle in der Politik. Wir hoffen, dass dieser Weckruf endlich auch bis in die letzten Amtsstuben vorgedrungen ist.
Viel zu lange hat der Kitaausbau in der Stadt auf dem Rücken der Erzieherinnen und Erzieher in den Berliner Kitas stattgefunden. Das stößt jetzt an seine Grenzen. Für die lange erduldete Situation großer Dank an die pädagogischen Fachkräfte, die im Interesse der ihnen anvertrauten Jüngsten so lange ausgehalten haben!
Ihre Geduld ist viel zu lange fälschlicherweise als Zeichen gedeutet worden, dass alles noch halbwegs in Ordnung ist. Das ist aber vorbei. Der Mangel an Kitaplätzen ist Fakt. Die Zahl der genehmigten Plätze ist fast identisch mit der Zahl der ausgegebenen Kitagutscheine, und wer glaubt, dass sich die Lage entspannt, weil bald die großen Kitakinder in die Schule wechseln, der irrt sich. Es wird schon knapp, die Geschwisterkinder zu versorgen. Angebot und Nachfrage stehen in einem deutlichen Missverhältnis. Die Zahlen kann man nachlesen. Das ist bekannt.
Aber es ist auch schwer, den wirklichen Fehlbedarf zu beziffern. Die vielen Wartelisten in Kitas, bei Trägern und in den Jugendämtern, das Auseinanderklaffen von zugesagten Plätzen, die nur noch nicht vertraglich gebunden sind, und den tatsächlich noch Suchenden sowie die noch ungewisse Zahl der Rückstellungen machen es schwer, den Überblick zu behalten. Auch das ist ein Teil des Problems. Das Land hat enorme Anstrengungen zum Kitaausbau unternommen – auch mit Hilfe des Bundes. 170 000 Plätze sind derzeit belegt, doch eine erhebliche Zahl von neu geschaffenen Plätzen kann wegen des Erziehermangels nicht belegt werden. Das behindert – neben den fehlenden Flächen – auch den nötigen weiteren
quantitativen Kitaausbau. Der Fachkräftemangel ist in vielerlei Hinsicht zum Risiko geworden. Gerichte entscheiden leider, was die Politik nicht zu regeln vermag. Die wachsende Klagebereitschaft der Eltern ist Ausdruck der Verzweiflung, und was zunächst als Ärgernis daherkommt, hilft doch auch. Es hilft, Prioritäten zu setzen – auch für die Eltern, die nicht so fit sind und gleich zum Anwalt gehen. Das sind vor allem die, die wir unbedingt erreichen wollen, um der Armut zu begegnen, Benachteiligungen abzuwenden und Chancengleichheit herzustellen, auch wenn es um Integration und Inklusion geht.
Mit dem Kitaausbau wurde daher parallel alles unternommen, um den Zugang zu Kita und Tagespflege zu erleichtern. Wir haben den Rechtsanspruch ausgebaut, und die Kita ist bald beitragsfrei. Die jüngste Kitastudie belegt, dass Berliner Eltern bundesweit die geringste Belastung aus Kitabeiträgen haben. Wir haben auch erheblich in die Qualität investiert, weil der Kitaausbau nur Sinn hat, wenn es gute Kitaplätze sind. Die ErzieherKind-Relation wurde verbessert, die Leitungsfreistellung ausgebaut, die Rahmenverhandlung Tagesbetreuung wurde Ende Dezember abgeschlossen, und es passiert der Einstieg in den Ausstieg aus dem Eigenanteil.
Das wird in der Kitalandschaft auch durchaus honoriert, aber so richtig feiern können wir das alles nicht. Das Problem ist eigentlich ein schönes: Wachsende Geburtenzahlen, Zuzug, und die Kita wird in Berlin anerkannt und akzeptiert – zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf und als Bildungseinrichtung! Die Nachfrage steigt, doch der Ausbau stockt, weil die pädagogischen Fachkräfte fehlen. Dabei wurden die Ausbildungskapazitäten fast verdoppelt und das Schulgeld abgeschafft.
Was wir übrigens nicht wollen, ist, die Qualitätsanforderungen abzusenken. Das wäre falsch.
Mit der Forcierung des Quereinstiegs wurden bereits Einschnitte ermöglicht, die uns nicht leicht gefallen sind. Aber sie waren richtig und wichtig. Die Arbeiterwohlfahrt hat in einem Positionspapier geschrieben: Nicht für 170 000 Kinder die Qualität dauerhaft verschlechtern, um 3 000 Kinder zusätzlich zu versorgen! – Das klingt hart, ist aber richtig. Die Frage muss daher lauten: Wie kriegen wir die 3 000 und weitere Kinder betreut, ohne an der Qualität zu drehen? – Gemeinsam statt einsam, das ist unser Plan. Schluss mit den gegenseitigen Schuldzuweisungen! Alle Vorschläge sollen auf den Tisch. Wir brauchen vor allem kurzfristige Lösungen. Schnell realisierbar wäre es z. B., die Tagespflege auszubauen. Ausgebildete Tagespflegemütter und -väter stehen bereit und könnten sofort loslegen, wenn es denn die entsprechenden Räume gäbe. Da müssen wir gemeinsam mit den Wohnungsbaugesellschaften und auch privaten Bauinvestoren Wege finden. Das gehört u. a. ganz oben auf den Zettel.
Aber das zentrale, das gravierendste Problem bei der Sicherung des Personalbestandes und der Gewinnung von Nachwuchs ist und bleibt einfach die schlechte Bezahlung. Das haben zum Glück alle schon gemerkt. Dazu die geringe gesellschaftliche Anerkennung und der Mangel an beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten, die im Missverhältnis stehen zu hoher, auch körperlicher Belastung, wachsenden Anforderungen und Erwartungen und größerer Verantwortung! Die Aufgaben einer Erzieherin haben sich deutlich gewandelt. Kita ist frühkindliche Bildung, Inklusion, Integration, Elternarbeit, Sprachförderung und Vernetzung im Sozialraum, doch die tarifliche Eingruppierung und Bezahlung entspricht dem in keinster Weise. Die Schere zur Bezahlung in anderen pädagogischen Berufen hat sich wieder geweitet – z. B. an der Schule. Eine Erzieherin im Ganztag verdient mittlerweile nicht einmal die Hälfte dessen, was eine Lehrer oder eine Lehrerin als Berufseinstieg verdient. Kollegin Kühnemann hat schon darauf hingewiesen. Wie soll da u. a. eine Arbeit auf Augenhöhe gelingen?
Nicht zu vergessen: Bei allen Bemühungen, mehr Männer für den Beruf zu gewinnen, ist der Erzieherberuf ein Frauenberuf. Bei der gegenwärtigen Bezahlung in Kita und Hort wissen wir alle, was das nach 40 oder mehr Arbeitsjahren an Rente bringt. Das ist wahrlich nicht attraktiv.
Unser Antrag erteilt den politischen Auftrag, im Tarifvertrag der Länder, der im Frühjahr 2019 wieder verhandelt wird, endlich eine neue Eingruppierung durchzusetzen und die Tariflücke zum TVöD zu schließen. Die Vorbereitungen laufen jetzt an, und sofort müssen alle Möglichkeiten ausgelotet werden, die der TV-L schon jetzt bietet. Nicht mehr erklären, was nicht geht, sondern etwas möglich machen! An anderer Stelle geht das auch.
Schauen wir uns jetzt noch den CDU-Antrag an: Der Antrag ist ja nicht so innovativ und enthält nur das, was der Senat sowieso bereits umsetzt bzw. was auf den Vorschlagslisten der Bezirke steht. Aber danke, dass Sie das alles noch mal so schön zusammengetragen haben! Sehr gut, dass Sie auch für eine bessere Bezahlung der Erzieherinnen streiten wollen! Gleichwohl geht unser Antrag da weiter, weil er darauf drängt, auch kurzfristige Lösungen zu finden.
Was die CDU tatsächlich tun könnte, das wäre, sich auf Bundesebene für spürbaren Rückenwind beim Kitaausbau einzusetzen und die Ankündigung von Bundesministerin Giffey zu unterstützen – und das nicht nur beim quantitativen Ausbau, sondern auch bei der Qualitätsentwicklung. Setzen Sie das um, was Sie in Ihrem Koalitionsvertrag im
Bund versprochen haben! Da werden allerdings die angekündigten 3,5 Milliarden Euro nicht ausreichen.
Auf Initiative Berlins haben die Jugend- und Familienminister der Länder gerade beschlossen, für eine Fachkräfteoffensive mehr Bundesgeld zu fordern. An dieser Stelle auch von meiner Seite herzlichen Dank an Senatorin Scheeres, auch für ihr bundespolitisches Engagement im Bundesrat und in der Jugend- und Familienministerkonferenz! Die Anerkennung der Erzieherinnen und Erzieher als Mangelberuf ist längst überfällig, auch wenn die Bundesregierung das immer noch nicht will. Da sind wir diejenigen, die das als einzige fordern.
Die Lösung, die der Senat mit der Regionaldirektion der Agentur für Arbeit hierbei gefunden hat, wonach die Erzieherausbildung als Umschulung gefördert wird, ist gut, aber noch ausbaufähig. Für das dritte Ausbildungsjahr muss der Träger den Lebensunterhalt finanzieren. Die Träger sind eh schon massiv belastet. Wir setzen uns dafür ein, dass auch im dritten Ausbildungsjahr diese Kosten übernommen werden und es für ältere Berufseinsteiger eine Art Aufstiegs-BAföG gibt. So steht es auch im Beschluss der Jugend- und Familienministerkonferenz. Der sieht übrigens auch vor, die Vergütung und Bezahlung der Fachkräfte deutlich zu verbessern und die Ausbildung zu vergüten. Hier hat die Senatorin unsere hundertprozentige Unterstützung.
Wir fordern alle Beteiligten auf, die vielen auf dem Tisch liegenden Vorschläge zu diskutieren und schnell zu entscheiden. Jeder Platz, der gewonnen werden kann, jeder neue Azubi, jeder Quereinsteiger zählt. Da stehen wir alle gemeinsam in der Verantwortung. Menschen in Mangelberufen wird normalerweise der rote Teppich ausgerollt – z. B. im IT-Bereich. Tun wir das doch endlich auch für die Sozial- und Erziehungsberufe! – Vielen Dank!
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist in der Tat so, dass wir im Land Berlin alle Maßnahmen gebrauchen können, die dabei helfen, das gewaltige
(Melanie Kühnemann-Grunow)
Personalproblem in unseren Kitas zu lösen und pädagogische Fachkräfte zu entlasten. Die FDP hat sich auch bemüht:
Alle Kitas ab 100 Plätze sollen zu Entlastung der Leitung eine Verwaltungsfachkraft beschäftigen. Das klingt erst mal gut, ist aber gar nicht notwendig – Kollegin Kühnemann hat es bereits beschrieben –, denn die Kitaträger können bereits jetzt entscheiden, wie sie die Verwaltungsarbeit regeln, und durchaus Verwaltungskräfte einstellen. – Und, Herr Simon, als wären Sie im Ausschuss nicht dabei gewesen: Die Finanzierung der nichtpädagogischen Fachkräfte erfolgt über eine Sachkostenpauschale als Bestandteil des Kitakostenblatts, mit dem die Einrichtungen flexibel je nach ihren Bedarfen umgehen können.
Sie schlagen aber vor, Herr Fresdorf, die Trägerautonomie einzuschränken und die Träger zu einer einheitlichen Vorgehensweise zu verdonnern. Das ist speziell aus Richtung der FDP erstaunlich. Was hier als Entlastung daherkommt, ist eigentlich eine Einschränkung und außerdem realitätsfern. Deswegen will das auch keiner in der Kitalandschaft. Die Arbeitsweisen sind dort sehr vielfältig. Gerade große Träger – –
Ja, bitte!
Die sind zu 100 Prozent für die Leitungstätigkeiten freigestellt. Die neuen Änderungen nach dem KitaFöG, das ist Elternarbeit, das ist soziale Vernetzung im Kiez, das ist auch Fortbildungsmanagement für die Erzieherinnen und Erzieher, das fordern wir auch. Sie wissen, bei den großen Trägern, Herr Fresdorf, sind die Verwaltungsaufgaben oft ausgegliedert und werden zentral in den Geschäftsstellen gemacht. Die werden in den Kitas, die Sie hier meinen, ab 100 Plätzen, gar nicht mehr umgesetzt. Das wird dort gar nicht gemacht. Und es ist auch so, wie Frau Kühnemann schon gesagt hat, dass es bei den kleinen Trägern, die eher das Problem haben, die Verwaltungsaufgaben zu bewältigen, das Serviceangebot des
Dachverbands DaKS gibt, wo diese Dinge erledigt werden können für die kleinen Kitas, die es nicht schaffen. Die großen, die Sie hier meinen, sind überhaupt nicht das Problem, was die Verwaltungsaufgaben betrifft.
Ja!
Sie unterschätzen die Leitungsaufgaben. Auch die Leiterinnen und Leiter sind schwer zu finden dieser Tage, weil die Aufgabenzuwächse so gewaltig sind, dass viele sagen: Nein, für das bisschen mehr an Gehalt, das ich als Leiterin oder Leiter bekomme, diese Masse an Aufgaben zusätzlich zu bewältigen. – Fragen Sie mal, gehen Sie mal in die Kitas und fragen Sie die Leiterinnen und Leiter, was sie den ganzen Tag machen. Die sind die wenigste Zeit in den Gruppen mit der pädagogischen Arbeit beschäftigt. Die sind mit Eltern beschäftigt und mit allen möglichen anderen Dingen, mit der Umsetzungsplanung des Bildungsprogramms.
Die Rechnung, die Sie hier aufgemacht haben, die müssen Sie uns im Ausschuss noch einmal genau erklären, woher denn plötzlich diese 400 Fachkräfte mehr kommen, die an den Kindern arbeiten können. Die Verwaltungstätigkeit wird woanders gemacht und kann ausgelagert werden. Das praktizieren die in den Kitas auch. Die Kitalandschaft ist da sehr vielfältig. Die machen das alle unterschiedlich, und da eine Einheitlichkeit zu verdonnern, das finde ich gerade von Ihnen ausgesprochen merkwürdig, würde ich mal sagen.
Ich will nur noch mal kurz darauf eingehen, was das Land Berlin andererseits macht, nämlich nach einer anderen Systematik, um zur Entlastung der Situation beizutragen. Die Kostenblattverhandlungen, das müssen Sie auch mitbekommen haben, sind gerade erst gewesen, Ende 2017. Da ist diese Sachkostenpauschale, woraus die Verwaltungstätigkeit für nichtpädagogisches Personal bezahlt wird, erhöht worden. Sie erhöht sich bis zum Ende der Laufzeit des Kostenblatts, bis 2021, um 10,4 Prozent. Damit ist das Land Berlin diesem Problem entgegengekommen. Der siebenprozentige Eigenanteil wurde auch angefasst, das ist ein wichtiges Zeichen, 0,5 Prozent pro Jahr wird dort abgeschmolzen. Das finde ich gut. Das Kitaförderungsgesetz wurde auch gerade angefasst. Das sind die Freistellungen der Leitung, die Sie gerade angesprochen haben. Ja, ich könnte die Liste der Maßnahmen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen endlos fortsetzen.
Unser größtes Problem ist und bleibt, dass die vielen guten Maßnahmen leider nicht in der Praxis greifen, weil die Fachkräfte fehlen. Das stimmt, das Problem kennen wir. Das ist tragisch. Wir dürfen uns bei der Erhöhung der Attraktivität des Berufs wohl nicht zu sehr auf den Bund verlassen. Da ist die Summe für „Gute Kita“ ja abgeschmolzen von 9 auf 3,5 Milliarden Euro. Da können wir als Land Berlin nicht allzu viel erwarten, müssen weiter initiativ sein. Das passiert ja auch. Die Senatorin hat eine Fachkräfteinitiative auf Bundesebene initiiert. Das wäre auch wichtig. Wir müssen den Beruf und die Ausbildung attraktiver machen, und wir müssen neben Maßnahmen für bessere Rahmenbedingungen, die jetzt nämlich langsam ausgeknietscht sind, endlich eine angemessene Bezahlung erreichen, sonst wird es nichts mit dem Recht auf frühe Bildung für alle. Das ist das, was jetzt ganz oben auf der Tagesordnung steht. Wir werden uns gut auf die Tarifverhandlungen Anfang nächsten Jahres vorbereiten und alles versuchen, um auch für die Sozial- und Erziehungsberufe endlich mal ein angemessenes Gehalt zu erwirken. – Danke!
Es tut mir fast ein bisschen leid, Herr Simon und Herr Fresdorf, Sie müssen sich Nörgeleien aus den Fingern saugen, um uns hier und diesem wirklich guten Haushaltsplan entgegenzutreten