Protokoll der Sitzung vom 15.11.2018

Was ist dafür wichtig? Welche Rahmenbedingungen müssen wir dafür sicherstellen? – Wichtig ist, dass es

(Harald Laatsch)

dieses Bündnis mit den Genossenschaften, Stiftungen und anderen gemeinwohlorientierten und nicht gewinnorientierten Bauträgern gibt. Da, weiß ich, ist der Senat auch längst dabei. Und es braucht natürlich auch eine ordentliche Förderung. Dazu haben wir als Abgeordnetenhaus ja bereits 20 Millionen bereitgestellt. Wir sind froh darüber, dass der Senat das jetzt auch in ein Förderprogramm gegossen hat. Jetzt ist es nämlich möglich, dass Hausgemeinschaften eine Genossenschaft gründen und ihr Haus vor Spekulation dauerhaft sichern können, wenn das Haus verkauft wird. Wir finanzieren damit außerdem einkommensschwache Berliner, die sich die Genossenschaftsanteile nicht leisten können. Und wir helfen damit auch Genossenschaften, die nicht so viel Eigenkapital haben, neue Wohnungen zu bauen.

Ich finde, gerne kann uns die Opposition dafür kritisieren, dass die 20 Millionen nicht ausreichend sind. Das sehe ich selber so. Ich denke auch, wir müssen uns bei den nächsten Haushaltsberatungen darüber verständigen, inwieweit wir diese Summe noch erhöhen können. Aber wichtig ist doch, dass wir jetzt erst mal damit angefangen haben. Alle anderen Vorgängerregierungen haben dazu bisher nichts vorgelegt.

Was Genossenschaften vor allem brauchen, ist doch Bauland. Da gebe ich der FDP auch recht. Allerdings, glaube ich, unterscheiden wir uns bei der Frage, zu welchen Konditionen und wie wir denen das Bauland geben. Ich bin der Meinung, die brauchen das zu fairen Preisen, damit sie dauerhaft günstigen Wohnraum schaffen können. Ich weiß, Herr Förster, das sehen Sie genauso. Aber anders als Sie möchte ich eben die Grundstücke in erster Linie nicht verkaufen. Das heißt nicht, dass ich das komplett ausschließe. Ich finde, im Einzelfall kann man gerne mal über Direktvergaben und Verkäufe an die nachdenken, wenn dann eben auch dementsprechend preisgünstiger Wohnraum dauerhaft zugesichert wird.

Ich finde es auch schon schwierig, dass Sie jetzt sagen, die Genossenschaften kriegen nur die Resterampe. Klar, ich gebe Ihnen recht, das sind jetzt noch zu kleine Grundstücke, teilweise, ja, es sind aber auch ein paar größere dabei. Es sind übrigens 21, wollen wir mal korrekt sein. Ich bin mir ziemlich sicher, es werden sich einige Genossenschaften bewerben, denn Genossenschaft ist nicht gleich Genossenschaft. Es gibt große Genossenschaften mit viel Eigenkapital, die gerne groß bauen wollen. Es gibt aber auch sehr viele kleine, neu gegründete Genossenschaften in dieser Stadt, also eine breite Vielfalt, die durchaus froh und dankbar sind, dass Grundstücke zur Verfügung gestellt werden, und die sich auch bewerben werden. Ich weiß auch von einigen, die das vorhaben.

Ja, was auch sozusagen von uns sichergestellt wird – und da bin ich auch sehr froh, dass der Senat das jetzt auch noch mal gerade erklärt hat –: In den neuen Stadtquartieren wird es bis zu 20 Prozent der Flächen auch für die

Genossenschaften geben. Das heißt, es gibt eine Eigentümervielfalt in den Stadtquartieren, die wir entwickeln. Zu sagen, die Genossenschaften wollen irgendwie gar keine Erbbaupacht usw., das stimmt nicht. Ich habe mit vielen gesprochen. Die Frage ist eben, wie lange bekommen sie diese Grundstücke. Es gibt viele, die sagen, unter 60 Jahren lohnt sich das nicht. Ich gebe Ihnen recht, es muss dauerhaft sein. Viele wollen auch 99 und mehr Jahre. Aber das ist doch gar kein großer Streitpunkt zwischen uns. Ich glaube, das ist durchaus machbar. Wir sind gerade auch dabei.

Insgesamt wollen wir ja auch die Regeln bei der Liegenschaftspolitik noch mal weiter überarbeiten. Es kann nicht sein wie bei der Schöneberger Linse. Das Konzeptverfahren ist vor drei Jahren gestartet worden, übrigens noch unter Rot-Schwarz. Das Verfahren hat jetzt drei Jahre gedauert. Das, finde ich, ist nicht zumutbar. Das ist nicht akzeptabel. Die Verfahren müssen gestrafft werden.

Auch was das Thema Preis angeht, also zu welcher Bedingung, wie hoch der Erbpachtzins sein soll, das finde ich sehr gut, dass der Senat jetzt gesagt hat, er wird den Erbpachtzins halbieren. Er wird runtergesetzt, damit die Genossenschaften da mithalten können und auch wirklich dauerhaft preisgünstige Wohnungen garantieren können.

Ich will noch mal ganz kurz vielleicht einen Blick in andere Länder werfen. Man muss ja nicht immer das Rad neu erfinden, wenn wir uns mal umschauen. In Wien, Zürich oder Basel ist es so, dass ganz viele Genossenschaften Wohnungen stellen. Und übrigens ist es da so, dass die Genossenschaften und die Kommunalen zusammen 60 Prozent des Wohnungsmarkts beherrschen. Hier in Berlin sind das gerade mal 30 Prozent. Da laufen übrigens die Sozialwohnungen auch nicht nach 30 Jahren aus, sondern da gibt es dauerhaft gebundene Sozialwohnungen. Deswegen ist dieser Bestand eben so groß. Natürlich läuft auch in Wien, Zürich oder Basel nicht alles tutti. Da gibt es auch ein bisschen Spekulation. Das ist allerdings durchaus so, dass da breite Schichten mit Wohnraum versorgt werden und auch effektiv vor Verdrängung geschützt werden können.

Deswegen, glaube ich, sollten diese Städte auch Vorbild bei der Frage sein, wie wir mit Genossenschaften und unserem Boden umgehen. Von daher bin ich da recht optimistisch, wir werden das Ziel nicht in dieser Legislaturperiode erreichen können. Das ist eine langfristige Arbeit. In Wien und Basel werden übrigens seit über 120 Jahren keine Grundstücke mehr verkauft. Das ist der Grund, warum die noch so viele Grundstücke haben. Ich finde, da müssen wir hin. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Wohnen sowie an den Hauptausschuss empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 3.2:

Priorität der Fraktion der SPD

Tagesordnungspunkt 9

Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Haushaltsplan von Berlin für die Haushaltsjahre 2018 und 2019 (Nachtragshaushaltsgesetz 2018/2019 – NHG 18/19)

Vorlage – zur Beschlussfassung – Drucksache 18/1440 Neu

Erste Lesung

Ich eröffne die erste Lesung. In der Beratung beginnt die Fraktion der SPD und hier der Kollege Schneider. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Senat hat dem Abgeordnetenhaus einen folgerichtigen Nachtragshaushaltsplanentwurf vorgelegt – folgerichtig, weil er Beleg der erfolgreichen Politik dieser Koalition ist und gleichzeitig wegen der Steuermehreinnahmen, das ist der Beleg der erfolgreichen Politik, uns veranlasst, noch mal substanziell für die Planjahre 18 und 19 hinzuschauen.

Wir unterstützen den Senat in seinen wesentlichen Absichten in folgenden Punkten – erstens: Die politische Aussage, dass wir unsere Schulbauoffensive auch mithilfe der HOWOGE betätigen werden, dazu bekennen wir uns nach wie vor, auch wenn das ein ehemaliger Koalitionspartner heute anders sieht.

[Zuruf von Heiko Melzer (CDU)]

Allerdings hat er den Nachweis in den Bezirken, wo er die Schulsanierung verantwortet, nicht erbracht, dass es anders funktioniert.

[Zuruf von Stefan Evers (CDU)]

Zweitens: Wir unterstützen den Senat in seinen Überlegungen hinsichtlich der Absicherung einer etwaigen Verbreiterung der Wettbewerbsfähigkeit einerseits, aber auch hinsichtlich der Absicherung eines etwaigen Selbsttuns in der Frage der S-Bahnausschreibung, in der Frage der Anschaffung von Zügen, und dafür also hohe Millionenbeträge bereitzustellen, siehe Hamburg zum Beispiel, das findet unsere Zustimmung. Insoweit sind das zwei zentrale Punkte, die wir hier unterstützen.

Worüber wir im Zuge dieser Nachtragshaushaltsdebatte zu reden haben werden, das sind die Verpflichtungsermächtigungen, die uns da vorgeschlagen werden, 783 Millionen. Da werden wir genau hinschauen müssen, welche Veranschlagungsreife wir vorfinden. Wir werden hinschauen müssen, wie die Relation mit Blick auf den künftigen Doppelhaushalt aussieht, denn wenn man den Nachtragshaushalt solitär betrachtet, dann hätten wir einen Haushalt mit höheren Verpflichtungsermächtigungen als Veranschlagungsbeträgen. Das wäre eine Einmaligkeit, und so kann man das auch nicht strategisch steuern. Deshalb begreifen wir die Verpflichtungsermächtigungen als Vorgriff auf den nächsten Doppelhaushalt und werden das in dieser Gesamtheit wohlwollend betrachten.

Da gibt es verschiedene technische Möglichkeiten. Wo eben noch keine Planungsschärfe da ist, werden diese Ansätze sicherlich gesperrt werden müssen und entsprechende Konzepte zugrunde gelegt. Das ist im Übrigen auch ein Verfahren, das sich die SPD-Fraktion für die Punkte vorstellen kann, die heute schon eine Rolle gespielt haben, nämlich die der Regierende Bürgermeister heute hier verteidigt hat. Deswegen füge ich gleich hinzu: Wir unterstützen auch die Absicht des Bundes, das Naturkundemuseum aufzuwerten, und werden da unseren Beitrag leisten. Wir begreifen das auch nicht als aufgedrängte Bereicherung, wenngleich es natürlich eine Herausforderung darstellt. Wir werden das vermutlich – so werden wir das vorschlagen – so veranschlagen, wie das der Bund auch veranschlagt hat. Und der Regierende Bürgermeister – habe ich genau zugehört – hat ja auch gesagt, wir machen nicht Staatsoper zwei, denn auch dieses Parlament kann ja dazulernen. Bisher sehe ich das nicht in der Fläche. Aber es wird jedenfalls keinen einseitigen Kostendeckel des Bundes geben können. Aber auch da werden wir möglicherweise mit einer verbindlichen Erläuterung arbeiten. Das kann ich noch nicht abschließend einschätzen.

Wir haben noch eine Thematik, die wir in dem Haushalt kritisch betrachten, auch in dem Nachtragshaushalt: Es bleibt dabei, die Strategie dieser Koalition ist konsolidieren und investieren.

[Paul Fresdorf (FDP): Es gibt eine?]

Das Jahrzehnt der Investitionen ist eine vernünftige Herangehensweise und eine vernünftige Politik.

[Heiko Melzer (CDU): 2020 geht’s los!]

Wir müssen allerdings gucken, ob wir – – Wenn man nach Steglitz-Zehlendorfer Philosophie am Beispiel des Schadow-Gymnasiums regieren würde, Herr Melzer, dann wäre das so, wenn nämlich ein Bezirk der Auffassung ist, wenn das Land Schulen ab 2021 saniert, dann muss er keinen baulichen Unterhalt mehr gestalten, also will ich nicht vertiefen, aber das ist halt Ihre Politik, nicht unsere, Herr Kollege Melzer!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Lachen von Heiko Melzer (CDU)]

Wir werden aber die Voraussetzungen dafür schaffen, dass sich dieser Schwerpunkt auch durchträgt. Und das ist z. B. die Frage des Personals. Wir haben Beobachtungen, Analysen – die muss man in reale Politik umsetzen. Wenn wir Rückmeldungen haben, die wir für plausibel halten, dass die bereitgestellten investiven Mittel – und das ist beim Abfluss zu messen – nicht verausgabt werden können, dann werden wir die Weichen dafür stellen. Das muss kein zwingendes Thema für diesen Nachtragshaushalt sein, aber es ist ein Thema, das wir substanziell betrachten, denn wir wollen und wir werden an diesem Punkt liefern – diese Schwerpunktsetzung ändert sich nicht. Die SPD-Fraktion steht im Übrigen auch zur Schuldentilgung, damit das hier ausgesprochen ist. Ich freue mich auf die Haushaltsberatungen! – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Für die CDU-Fraktion hat der Kollege Goiny das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zu Beginn der Beratung über den Nachtragshaushalt auch noch mal von Seiten der CDUFraktion unseren Dank und unsere Anerkennung an den ehemaligen Finanzstaatssekretär Klaus Feiler aussprechen.

[Allgemeiner Beifall]

Auch wir sind der Auffassung, dass er ein ausgesprochen kompetenter und engagierter Staatssekretär gewesen ist, der mit Leidenschaft und Begeisterung für dieses Amt gewirkt hat und mit dem wir, auch wenn wir nicht immer seiner Meinung waren, stets eine gute Zusammenarbeit hatten. Wir freuen uns auch auf die Zusammenarbeit mit unserem ehemaligen Hauptausschussvorsitzenden Fréderic Verrycken in seiner neuen Funktion. Der Nachtragshaushalt gibt vielleicht einen guten Auftakt, sich inhaltlich mit ihm auseinanderzusetzen.

Zunächst einmal ist es richtig, dass der Senat angesichts der Tatsache, dass wir im Jahr 2018/2019 auch wieder erkennbar hohe Haushaltsüberschüsse erwarten, einen Nachtragshaushalt vorlegt. Ich finde es gut, dass sich der Kollege Schneider gerade auch noch mal zur Schuldentilgung bekannt hat. Die Frage stellt sich, ob das die gesamte Koalition nach wie vor so sieht. Das steht jetzt erst einmal so drin. Aber wenn es denn so ist, war es auf Regierungsseite eine ziemlich schwere Geburt. Wir begrüßen das Festhalten an diesem Weg ausdrücklich; es war

auch ein Markenkern der Regierungsarbeit der letzten Wahlperiode unter unserer Beteiligung.

Bei den Schwerpunkten, die Sie hier gesetzt haben, muss man allerdings ein paar Fragezeichen anbringen, und zwar Fragezeichen in dem Sinne, dass einem ein bisschen unklar ist, ob das, was Sie hier vorlegen, Ausfluss von strategischer Planung und Konzepten ist oder ein Reparaturnachtragshaushalt. Letzteren Eindruck muss man bekommen, wenn man sich mit den Themen beschäftigt, die Sie hier adressieren. Sie schreiben, sie bräuchten mehr Geld für das ITDZ, weil die Digitalisierungsstrategie einer finanziellen Unterlegung bedürfe. Da stellt man sich schon die Frage, ob, wenn Sie dies erst in einem Nachtrag finanzieren, der Begriff Strategie beim Thema Digitalisierung im Nachtrag überhaupt ernst gemeint ist.

[Vereinzelter Beifall bei der CDU und der FDP]

Wir würden eigentlich erwarten, dass eine entsprechende Digitalisierungsstrategie schon im Haushalt 2018/2019 hinreichend finanziell unterlegt war.

[Steffen Zillich (LINKE): Oder 16/17! – Zuruf von Torsten Schneider (SPD)]

Vivantes – Krankenhausfinanzierung, auf einmal ein großes Thema: Als unserer damaliger Gesundheitssenator Mario Czaja versucht hat, mehr Investitionen für die Krankenhauslandschaft in dieser Stadt auf den Weg zu bringen, haben Sie ihn damals ausgebremst.

Das Thema HOWOGE – Schulbausanierung: Sehr schöner Vorschlag! Es ist aber auch das Eingeständnis, dass ihr Schulbausanierungsprogramm nicht hinreichend finanziert ist, sonst müssten Sie hier nicht nachbessern. Und der lustige Hinweis auf einzelne Bezirke, die möglicherweise nicht in dem Maß unterwegs sind, wie Sie sich das vorstellen: Das liegt auch daran, dass Sie die Finanzmittel nicht in dem nötigen Umfang zur Verfügung stellen.

[Zuruf von Steffen Zillich (LINKE)]