Protokoll der Sitzung vom 21.02.2019

Dabei gibt es ganz unterschiedliche Möglichkeiten. Das schärfste Schwert ist bekanntlich der Untersuchungsausschuss. Dieser hat weitgehende Befugnisse, sogar das Recht zur Beweiserhebung. Da müssen dann die Behörden – und sogar die Gerichte – Rechts- und Amtshilfe leisten. Es gibt einen eigenen Artikel in der Berliner Verfassung, der die Wichtigkeit dieses Instruments unterstreicht. Das heißt, ein Untersuchungsausschuss ist nichts, womit man leichtfertig umgeht. Eine Einsetzung will wohlerwogen sein. Da bin ich bei Herrn Schneider.

Jetzt gucke ich mir den FDP-Antrag an, der die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses vorsieht, und stelle mir die Frage: Wird dieser Einsetzungsantrag der FDP diesen Anforderungen gerecht? – Ich stelle mir die Frage: Kommt die FDP mit diesem Antrag ihrer Aufgabe, Kontrolle auszuüben, ernsthaft nach?

[Paul Fresdorf (FDP): Ja!]

Ich habe gesagt, ich frage mich, Herr Fresdorf! Ich kann Ihnen bestätigen: Sie sind Paul Fresdorf. – Dann schweigen Sie jetzt bitte!

[Frank-Christian Hansel (AfD): Aber Sie kennen Änderungsanträge? – Das kann man besser!]

Wenn ich mir diese Frage stelle, dann komme ich zu der Erkenntnis: Wenn man diesen läppischen Antragstext liest, kann man nur zu dem Schluss kommen: Nein! Dreimal nein! – Die FDP kommt damit nicht ihrem Auftrag nach, Kontrolle auszuüben.

[Beifall bei der CDU]

Zuerst dachte ich: Da hat er etwas aus der schriftlichen Anfrage herauskopiert. – Da werden dann Allgemeinplätze abgefragt, die ein Praktikant auch mit einer Internetrecherche beantworten kann – zum Beispiel: Wer war von 2006 bis 2016 Stiftungsratsvorsitzender der Gedenkstätte Hohenschönhausen? – Wir sind dann bei einem Gesellschaftsratespiel: Wer bekommt die meisten Punkte? – Oder Ähnliches. Das ist aber nicht der Sinn eines Untersuchungsausschusses. Wenn man diese textlichen Ballaststoffe herausrechnet, dann bleibt inhaltlich wirklich nicht viel übrig. Aber was übrigbleibt, sind erhebliche rechtliche Bedenken, ob der Restposten dann überhaupt einen Untersuchungsauftrag erfüllt. Das Fazit ist: An diesem FDP-Antrag bestehen nicht unwesentliche inhaltliche und verfassungsrechtliche Zweifel. Daher kann die CDU-Fraktion diesem Antrag auch nicht zustimmen.

[Beifall bei der CDU – Marc Vallendar (AfD): Hört, hört!]

(Torsten Schneider)

Aber auch die Rolle der Koalitionsfraktionen ist in diesem Zusammenhang mehr als merkwürdig. Es ist eine seltsame Strategie, erst die Verhinderung einer Abstimmung durch ein Gutachten des Wissenschaftlichen Parlamentsdienstes erzeugen zu wollen und dann später gar nicht schnell gut abstimmen zu können. Das sind doch alles durchsichtige taktische Manöver!

[Torsten Schneider (SPD): Abenteuerlich!]

Was ich auch bei den Koalitionsfraktionen beobachten muss, ist ein Umgang mit diesem Instrument, den ich nicht als seriös bezeichnen kann.

[Beifall bei der CDU – Burkard Dregger (CDU): Sehr richtig!]

Das Instrument des Untersuchungsausschusses halte ich für ungeeignet für politisches Taktieren. Mein Erstaunen stellt sich ein,

[Lachen von Paul Fresdorf (FDP) – Zurufe]

wenn ich frage: Warum stellt die FDP einen unzureichenden Antrag, obwohl auch dort – und das auch nicht in geringer Zahl – Juristen sitzen? Warum wollte die Koalition erst gar nicht, dann plötzlich ganz schnell abstimmen? Warum will ausgerechnet die FDP einen Untersuchungsausschuss, obwohl sie nicht gerade im Verdacht steht, in den bestehenden Untersuchungsausschüssen die Speerspitze der Investigation darzustellen?

[Heiterkeit und Beifall bei der CDU]

Warum das alles? Fragen über Fragen! Die Antwort könnte, wenn man die Zeitung liest, lauten: Die CDU hätte Probleme mit der Aufarbeitung der Causa Knabe. – Nun fordere ich Sie aber auf: Gucken Sie sich einmal die Realität an! Wer hat denn in den vergangenen Monaten nach Antworten verlangt hier in diesem Haus? – Es war die CDU, die immer wieder nachgebohrt hat.

[Zuruf]

Von 44 Nachfragen zu dem Thema kamen 41 aus den Reihen der Union.

[Beifall bei der CDU]

Das plötzlich erwachte Interesse der FDP an dem Thema erscheint daher umso fadenscheiniger. – Haben Sie denn Gespräche mit Herrn Knabe geführt?

[Zuruf von der FDP: Ja!]

Wir haben das getan. Haben Sie sich dafür eingesetzt, dass die wichtige Stimme von Hubertus Knabe bei der Aufarbeitung des SED-Unrechts nicht verstummt, dass er auch in der Zukunft eine Rolle spielt? – Wir haben das getan. Wer hat denn Herrn Knabe nach seiner Entlassung gebeten, sich auf einer öffentlichen Veranstaltung zu Fachthemen zu äußern? Wer hat ihm nach seiner Kündigung eine Plattform gegeben? – Es war unser Fraktionsvorsitzender Burkard Dregger.

[Beifall bei der CDU]

Bei der CDU hat es nie Berührungsängste mit dem Wissenschaftler Hubertus Knabe gegeben. Ich bleibe dabei: Er hat wissenschaftlich eine hervorragende Arbeit an der Gedenkstätte Hohenschönhausen geleistet.

[Beifall bei der CDU]

Wie kaum ein anderer war er publizistisch tätig, um den Tendenzen zur Verharmlosung des DDR-Unrechts entgegenzuwirken.

Die Frage nach Führung wurde gestellt. Ich halte fest: Die CDU hat die Führung hier im Abgeordnetenhaus bei der Aufklärung der Umstände von Knabes Entlassung. Wir haben uns am meisten mit diesem Thema beschäftigt. Die CDU hat es sich nicht leicht gemacht mit der Bestimmung des weiteren Weges. Über die Bedeutung eines Untersuchungsausschusses habe ich anfangs ausgeführt.

Wenn wir als CDU-Fraktion uns nun, nach einem ausführlichen Diskussionsprozess, für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses aussprechen, dann hat das mehrere Gründe. Der erste setzt da an, weshalb Burkard Dregger Hubertus Knabe ins Abgeordnetenhaus eingeladen hat:

[Zuruf von Antje Kapek (GRÜNE)]

Das war anlässlich einer unsäglichen Veranstaltung, in der die Linkspartei ihre Traditionslinien zur KPD ausgelotet hat.

[Burkard Dregger (CDU): So ist es!]

Die Linkspartei, die sich selbst zum demokratischen Parteienspektrum zählt, lotet ihre Verbindungen zum Totalitarismus aus. Das finde ich ebenso abstoßend wie bezeichnend.

[Beifall bei der CDU – Beifall von Dr. Hugh Bronson (AfD)]

Was wir dort beobachten, ist nicht mehr und nicht weniger als der Versuch, die Geschichte der DDR und der SED umzuschreiben. Ich verweise auf die LinksparteiGliederung Kommunistische Plattform. Sie meint genau das, wenn man dort lesen kann – ich zitiere:

… für einen differenzierten Blick auf unsere Geschichte – wider den Zeitgeist.

Ich höre das Stöhnen auf der linken Seite. Dieses ist so zu interpretieren: Verschonen Sie uns doch mit diesem kleinen Sektiererhaufen, der angeblich keinen Einfluss hat! – Nein, liebe Linkspartei! Das ist Fleisch von Ihrem Fleische.

[Beifall bei der CDU und der AfD – Beifall von Holger Krestel (FDP)]

Mir fallen noch weitere Beispiele ein. Diese Gesprächsrunde unter dem Motto „Comrades, I Am Not Ashamed of My Communist Past“ über das Motto „DDR neu erzählen!“, an der der Kultursenator Lederer teilgenommen hat, wurde schon angesprochen. Diese „Comrades“ muss

man mit „Genossen“ übersetzen – und dann heißt das: Genossen, ich schäme mich nicht meiner kommunistischen Vergangenheit. – Angeblich sei das Bild der DDR auf die Stasi reduziert, und dem müsse nun entgegengewirkt werden – so im Begleittext dieser Veranstaltung.

Ein weiteres Beispiel ist die umstrittene AmadeuAntonio-Stiftung, die eine Diskussion veranstaltet, bei der sie den antitotalitären Diskurs verunglimpft und versucht, SED-Kritiker und -Opfer durch das Abschieben an den vermeintlich rechten Rand irrelevant zu machen. In einer solchen Atmosphäre der SED-Geschichtsrevision ist es für uns ein notwendiges Zeichen, einem Vorgang wie dem um Hubertus Knabe mit einem Untersuchungsausschuss auf den Grund zu gehen. Da es Verdächtigungen gibt, Knabe sei aus politischen Gründen entlassen worden, muss diesen auch nachgegangen werden. Das sollte übrigens im Interesse aller Beteiligten sein, ich wiederhole es.

Ich möchte Ihnen aber auch einen weiteren Grund für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses nennen. Denn es gibt ja auch immer andere Möglichkeiten, zum Beispiel die Möglichkeit der Schriftlichen Anfrage. Gucken wir uns aber mal näher an, wie die Qualität der Antworten dieses Senats immer häufiger ausfällt: Zu 1.: Entfällt. Zu 2.: Nein. 3. bis 9.: Siehe 1.

[Zuruf von der CDU: Genau! – Zuruf von der FDP: Ja!]

Erwiesenermaßen werden auch Zuarbeiten von Dritten nicht weitergeleitet. Das heißt also, Dritte investieren Schweiß und Mühe in die Antwort, und der Senat entscheidet dann selbstherrlich: Das lassen wir unter den Tisch fallen. – So kann es nicht laufen! Mit diesen Antworten ohne Erkenntnisgewinn: Ja, nein, vielleicht.

[Beifall bei der CDU]

Es handelt sich ja nicht um irgendwelche Kassiber mit geheimen Liebesbotschaften, die unter der Schulbank durchgereicht werden, sondern es handelt sich um das verfassungsrechtlich verbriefte Recht der Abgeordneten auf Aufklärung. Und wenn Volksvertreter Fragen stellen, dann liegt dem im Regelfall ein echtes Anliegen zugrunde. Dann haben vielleicht Bürger Fragen oder Probleme zur Sprache gebracht. Abgeordnete nehmen sich dieser Themen an, das ist ihre Aufgabe.

[Beifall bei der CDU]

Mögen die im Anliegen unterstellten Zusammenhänge vielleicht auch noch so wenig zutreffend sein oder rechtlich auf wackeligen Füßen stehen, eine vernünftige Sachantwort hat jeder verdient. Und wenn wir nun einen Untersuchungsausschuss fordern, dann hat das auch mit dem aufgestauten Ärger über die teilweise liederlichen Antworten des Senats zu tun.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der AfD]