Robbin Juhnke
Sitzungen
18/1
18/2
18/9
18/10
18/13
18/15
18/16
18/17
18/19
18/21
18/23
18/25
18/26
18/27
18/28
18/29
18/30
18/32
18/35
18/37
18/40
18/42
18/43
18/48
18/49
18/51
18/52
18/53
18/60
18/63
18/64
18/65
18/66
Letzte Beiträge
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Ich würde gern wissen, welche Erkenntnisse der Senat hat in Bezug auf die islamistischen Exzesse, die sich vor einigen Tagen in Neukölln abgespielt haben, wo am Hermannplatz beziehungsweise an der Sonnenallee Aktivisten ihre Sympathien für die Anschläge in Frankreich durch provozierende Aktionen geäußert haben?
Mich würde interessieren, ob es auch im Zusammenhang mit den Vorgängen in der österreichischen Hauptstadt und den Terroranschlägen dort entsprechende Beobachtungen gegeben hat, irgendwelche Aktivitäten aus diesen Kreisen, die ja offenbar ein Netzwerk bilden und die Sie ja angeblich eng beobachten.
Vielen Dank, Frau Kollegin, für die Möglichkeit, nachzufragen! Da muss ich mich doch wundern, wenn ich Ihre Worte höre, die ja praktisch eine reine Oppositionsdarstellung sind. Darf ich denn erwarten, dass Sie den Vorschlägen keine Zustimmung erteilen werden und die Coronaverordnungen ablehnen?
Vielen Dank! – Ich frage den Senat nach seiner Haltung zu der aus der jüdischen Community – artikuliert in der „Jüdischen Rundschau“ – geäußerten Aufforderung, den U-Bahnhof Karl-Marx-Straße aufgrund rassistischer und antisemitischer Äußerungen des Namensgebers umzubenennen. Ich frage nicht nach der Zuständigkeit, diese liegt, wie ich weiß, bei der BVG, ich frage nach Ihrer Haltung.
Also verstehe ich das richtig, dass Sie es durchaus bedenkenswert finden, auch eine Umbenennung ins Auge zu fassen angesichts solcher Äußerungen, die ja gefallen sind – wo Karl Marx immerhin den Gründer der SPD, Ferdinand Lassalle, als – ich zitiere – „jüdischen Nigger“ bezeichnet hat, wo er sich über andere Leute äußert, die angeblich eine „garstige jüdische Physiognomie“ hätten, und wo er sogar schreibt, dass die Judenemanzipation in ihrer jetzigen Bedeutung die Emanzipation der Menschheit vom Judentum bedeuten müsse, was ja bei einem bürgerlichen oder konservativen Zeitgenossen durchaus dazu geführt hätte, dass ihn spätere Historiker als Wegbereiter des Nationalsozialismus bezeichnet hätten. Ich mache mir das jetzt hier nicht unbedingt zu eigen, ich sage nur: Das ist die mögliche Debatte.
Also halten Sie es durchaus für denkbar, dass auch der Senat bzw. Sie in Ihrer Eigenschaft als Mitglied des Senats eine solche Umbenennungsdebatte befürworten oder durchaus anstrengen könnten?
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Berlin fasziniert als Metropole und hat einige Schätze zu bieten. Dazu gehört zwar nicht der Senat, aber in jedem Fall die Kulturszene unserer Stadt.
Diese Kulturszene ist durch die Pandemie akut bedroht. Es herrscht – um das Motto der Demonstration in der letzten Woche aufzugreifen – Alarmstufe Rot. Wenn ich meinem Vorredner so zugehört habe und die Themenformulierung der Koalition in den Blick fasse, dann entsteht das Bild: Sie fühlen sich als der Schülerlotse, der die Kulturkinder an die Hand nimmt, um sie am Zebrastreifen über den Coronadamm zur anderen Straßenseite zu führen. Nun gibt es aber ganz unterschiedliche Schützlinge. Dass die Berliner Philharmoniker oder der Friedrichstadt-Palast die Krise überstehen werden, ist dank staatlicher Zuschüsse so wahrscheinlich wie erfreulich. Doch was ist mit den anderen, die nicht so privilegiert sind? Wer überhaupt und welche Art von Kulturszene diese Krise überstehen wird, ist heute noch gar nicht genau zu sagen. Wir stehen erst mittendrin, für Entwarnung oder gar Selbstlob besteht noch gar kein Anlass. Und ich erwarte daher mehr Demut angesichts der Kulturakteure in dieser Stadt, die bangen, hoffen und ausharren.
Man gönnt sich ja sonst nichts.
Ich kenne ja Ihre Haltung dazu. Die changiert zwischen einem Ernstnehmen der Krise und einem Leugnen des ganzen Themas Corona. Sie haben dazu keine Position. Sie bemühen dazu auch keinerlei wissenschaftliche Erkenntnisse.
Von daher ist es natürlich völliger Unfug, wenn Sie in irgendeiner Weise die ganze Thematik hier unter den Tisch wischen wollen.
Ich muss sagen: Dieses Auf-die-leichte-Schulter-nehmen hilft niemandem, auch nicht den Kulturinstitutionen, den Besuchern und den Künstlern. Von daher, glaube ich, ist das unqualifizierter Unsinn, den die AfD zu diesem Thema ständig von sich gibt.
Aber bleiben wir beim Thema, und zwar beim Thema Fördermittel für Kulturakteure. Auch Berlin hat gehandelt, und es hat – zugegebenermaßen nach heftigen Anlaufschwierigkeiten – auch zügig gehandelt – keine Frage. Das Geld ist angekommen und hat fürs Erste auch vielen geholfen. Darüber können wir uns freuen. Inzwischen müssen wir aber feststellen: Das Geld ist verfrühstückt. Das war nichts Singuläres; das haben auch andere Bundesländer gemacht. Es gab ganz unterschiedliche Ansätze und Wege, und es gab auch Länder wie Bayern oder Baden-Württemberg, die die Nase ein bisschen vor Berlin hatten, z. B. beim Thema fiktiver Unternehmerlohn. Ich hätte mir das auch im Bund gewünscht – das wurde auch viel kritisiert –, aber das Bundesfinanzministerium hat hier ein Veto eingelegt.
Der Bund hat übrigens – das wurde schon erwähnt – die Kulturmittel um 50 Prozent angehoben. Das ist eine ganze schlanke Milliarde. Das war übrigens das einzige Programm bundesweit, das ausschließlich für Kulturzwecke initiiert wurde. Das ist schon eine bemerkenswerte Summe, und das ist auch gut und richtig so, denn die Kulturförderung ist und bleibt eine Gemeinschaftsleistung.
Bleiben wir beim Geld: Wie viel wird zukünftig zur Verfügung stehen? – In Berlin wird ja noch gerechnet, aber Finanzminister Scholz hat auf Bundesebene bereits eine Neuverschuldung angekündigt. Und obwohl Scholz ja
sonst für die Strategie der SPD steht, im Wahlkampf rechts zu blinken, um dann links abzubiegen, was in Berlin vermutlich von Frau Dr. – Rüge – Giffey kopiert werden soll, hat dieser besagte Scholz – vielleicht um Frau Esken zu beruhigen – aus der Mottenkiste als Wunderformel, die alles erklärt und rettet, den Keynesianismus herausgeholt. Ich will jetzt gar nicht darauf eingehen, dass das eine volkswirtschaftliche Theorie von vorgestern ist, möchte aber sagen, dass sich der Bund das leisten kann wegen voller Taschen.
Und warum hat er die Taschen voll? – Genau, wegen des von Links viel gescholtenen Kapitalismus. Es ist die Marktwirtschaft mit ihren Steuergeldern, die das alles bezahlt, was viele vergessen.
Weil aber Wirtschaft und Steuern zusammenhängen, müssen wir auch den Umstand ins Kalkül ziehen, dass sich die Steuereinnahmen in der Zukunft verringern. Ich will den Teufel nicht an die Wand malen, aber eventuelle Kürzungen werden vermutlich auch vor dem Kulturhaushalt nicht Stopp machen. Daher frage ich: Welche Ideen gibt es für diesen Zeitpunkt? Lassen Sie uns gemeinsam nachdenken, wie auch wir bei eventuell sinkenden Ausgaben mit unserer Förderpolitik die kulturelle Strahlkraft der Stadt erhalten können, damit nicht vorwiegend die in den Genuss von Zuschüssen kommen, die die ideologischen Spielwiesen des Senators am besten bedienen!
Ich bleibe kurz noch beim Thema Ideologie. Bei Linksaußen herrscht aktuell Hochkonjunktur für den Ruf nach dem dauerhaften bedingungslosen Grundeinkommen. Das bedingungslose Grundeinkommen ist weder eine Lösung, noch ist es bezahlbar, noch ist es gerecht, noch stammt es aus der realen Welt. Von besagtem John Maynard – nicht dem von Fontane, sondern John Maynard Keynes – stammt ein berühmter Spruch, den er mit Bezug auf die langfristige Wirkung seiner Theorien einmal geprägt hat: „In the long run we are all dead.“ – Das ist genau der Zeitpunkt, wann das sozialistische Utopia des bedingungslosen Grundeinkommens realisiert werden kann, nämlich „in the long run“. Das ist also der Tag, an dem der von der ganzen Berliner SPD unterstützte Michael Müller zum Bundestagsabgeordneten gewählt wird und der mit dem DFB-Pokalsieg von Hertha BSC zusammenfällt.
Wir wissen dann, dass wir „all dead“ sein werden. Bezogen auf das sozialistische Utopia ist das sogar eine erwägenswerte Option.
Aber anstatt Utopien zu pflegen, Herr Kultursenator, kümmern Sie sich doch lieber um die wahren Aufgaben im Hier und Jetzt, z. B. um die Schaffung von Atelier
räumen. Der aktuelle Bericht macht nicht allzu optimistisch im Hinblick auf die proklamierte Zielrichtung von 2 000 Arbeitsräumen im Jahr 2021. – Ich wünsche keine Zwischenfragen.
Nun zum absolut wichtigsten Thema, nämlich der Ermöglichung von Kulturveranstaltungen in Coronazeiten. Ein Wort vorweg: Ich bin wirklich niemand, der die Risiken auf die leichte Schulter nimmt. Ich habe auch die Eröffnungskonzerte bei den Philharmonikern und im Konzerthaus mit Maske erlebt – als Selbstversuch, den ich überlebt habe. Ich trage auch hier bisweilen Maske, wo es andere nicht tun. Ich rede hier wirklich nicht als Hasardeur. Aber es ist das alarmierende Ergebnis von vielen Gesprächen mit Experten und Vertretern aus der Kulturszene: Herr Lederer! Sie sind viel zu passiv bei der Frage: Wie lassen wir mehr Kultur zu, mehr an Veranstaltungen und Besuchern?
Allein schon, dass Ihre eigene Koalition Sie erst per Protokollerklärung – etwas, das wir sonst von den Brexitverträgen kennen – im Ausschuss dazu bringen musste, endlich ein Rahmenkonzept vorzulegen, ist schon ein Beispiel für diese wunderbare Welt der Schwerkraft – mit Betonung auf schwer.
Es war auch mit unterschiedlicher Deutlichkeit das Ergebnis unserer Ausschussanhörung, dass in Berlin nämlich noch mehr geht. Ich verweise dabei auf die Festspiele in Salzburg, die als erfolgreicher Testlauf auch für Berlin von Relevanz sind. Dort waren weit mehr als 25 Prozent im Saal zugelassen – weit mehr, als in Berlin bisher so ging. Woanders finden auch Konzerte statt, in wilderen Genres als der Klassik, mit klugen Maßnahmen und Ideen. Es gibt ständig neue wissenschaftliche Studien über die Verbreitungswege und die Eindämmung der Pandemie, die sehr aufschlussreich sind. Ich erinnere auch an das Papier von Prof. Willich et alii.
Nun kann man sich hier hinstellen und sagen: Dass die Betroffenen klagen, uns geht alles nicht schnell genug, ist normal, muss aber deswegen nicht richtig sein. – Wenn sich aber die Kulturveranstalter insgesamt ungerecht behandelt fühlen, weil sie den Eindruck haben, sie dürfen in Berlin nicht das, was andere außerhalb der Kultur dürfen, dann ist doch aber etwas faul. Ich glaube, dass man viel flexibler auf örtliche Gegebenheiten und den jeweiligen Charakter von Veranstaltungen eingehen muss. Allgemeine Obergrenzen und undifferenzierte Vorgaben helfen uns da nicht weiter.
Es gäbe noch viele weitere Punkte, z. B. die Suche nach Ideen für die Vernetzung der Kulturszene auch und gerade in Coronazeiten, die Ausgestaltung von Stipendien, coronaresilientere Förderkriterien, den Ausbau von
Ankaufsetats oder – wie letztens in der Anhörung vorgeschlagen – eine gemeinsame Anlaufstelle von Wirtschaft- und Kulturverwaltung. Das wäre besonders interessant für diejenigen, die sonst zwischen den Stühlen sitzen, wie es früher die Klubszene getan hat.
Mit Blick auf die Uhr fasse ich zusammen: Erstens: Jeder kehre vor seiner Tür. Fördermittel waren gut und richtig, sind aber bald erschöpft. Wir brauchen neue Wege und/oder neues Geld. Zweitens: Wir müssen uns darauf einstellen, dass perspektivisch auch die Kulturmittel real weniger werden könnten. Wir sollten uns also rechtzeitig Gedanken machen. Drittens, an den Senator: Machen Sie Ihre Hausaufgaben, z. B. beim Thema Ateliers, und hören Sie auf mit linkspopulistischen Quatsch wie bedingungsloses Grundeinkommen! Viertens: Wir brauchen mehr Flexibilität in der Frage der Ermöglichung von Kulturveranstaltungen. Berlin muss ja gar nicht überall der Vorreiter sein, aber es ist höchst unerfreulich, dass in der Kulturszene der Eindruck entstanden ist, dass man den Senator zum Jagen tragen muss. Fünftens: Wir wissen alle noch nicht, wie die Zukunft genau aussieht. Ergehen wir uns also nicht zu früh in Selbstzufriedenheit! Um das Bild des Zebrastreifens wieder aufzunehmen, über welchen R2G meint, die Kultur sicher an der Hand über die Straße zu bringen: Rechnen Sie bei der Berliner Verkehrspolitik immer damit, dass der Zebrastreifen plötzlich aufhört, obwohl der Bordstein noch in weiter Ferne ist! Es könnte ja jemand über Nacht einen Pop-up-Radweg errichtet haben.
An die Koalition: Klopfen Sie sich nicht schon heute auf die Schulter, klopfen Sie lieber auf Ihren Gehirnkasten, um Ideen zu generieren, wie wir die Vielfalt der Kultur in der Stadt erhalten können! Das können wir nämlich alle nur gemeinsam schaffen, und wir sind noch lange nicht am Ziel. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
[Beifall bei der CDU und der FDP – Beifall von Dr. Kristin Brinker (AfD) und Dr. Hugh Bronson (AfD) – Steffen Zillich (LINKE): Die Kritik wird nicht stärker, wenn sie komplett ohne Vorschläge vorgetragen wird! – Heiko Melzer (CDU): Dann haben Sie nicht zugehört! – Paul Fresdorf (FDP): Jetzt haben Sie Erwartungen geweckt, Herr Zillich!]
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Tat ist die Intention dieser Vorlage vollkommen unstrittig. Wir haben eine Regelungslücke. Die ist auch höchstrichterlich bestätigt. Wenn man möchte, dass das Landesgleichstellungsgesetz auch bei Richterbesetzungen gültig ist, dann ist hier Handlungsbedarf da. Deswegen hat Frau Jasper-Winter hier auch eine sehr verdienstvolle Initiative gestartet. Meine Kollegin Frau Vogel, die heute nicht da sein kann – für die ich stellvertretend spreche, weil das Thema auch im Rechtsausschuss war –, hat ja darauf schon in der ersten Runde hier im Plenum hingewiesen.
Allerdings: Ob die vorliegende Gesetzesänderung – und darüber müssen wir reden, und was eventuell in der Zukunft sein kann, darüber kann man jetzt spekulieren –, wir reden über das, was hier auf dem Tisch des Hauses liegt, und das was vorliegt, die vorliegende Gesetzesänderung, ob sie diesen Zweck, der ursprünglich intendiert ist, erfüllt, das ist außerordentlich fraglich. Denn diese Änderung sieht ja vor, dass die Zuständigkeitsregel für die Gesamtfrauenvertreterin immer dann gegeben ist, wenn eine Frauenvertretung nicht zuständig sein soll. Grundsätzlich dürfte jedoch bei jedem Gericht eine Frauenvertretung zuständig sein, und von daher besteht schlicht noch eine Unklarheit in Bezug auf die Rolle und die Beteiligung der Gesamtfrauenvertretung in dem vorliegenden Papier.
Dazu sagt der Deutsche Richterbund, dass das ein Angriff auf die Rechte der Richterinnen sei. Also das ist schon ein sehr erheblicher Vorwurf, und sie unterlegen das mit folgendem Argument – ich darf aus der Presseerklärung zitieren:
Seit vielen Jahren werden von den Kammergerichtspräsidenten gerade nicht die örtlichen Frauenvertretungen, sondern wird die Gesamtfrauenvertreterin für richterliche und staatsanwaltliche Einzelpersonalmaßnahmen beteiligt. Alleine sie ist sachgerecht. Denn der örtlichen Frauenvertretung ist es nicht möglich, sich einen Überblick über die Leistungen und Fähigkeiten potenzieller Mitbewerber aus anderen Gerichten zu verschaffen. Aus Gründen des Datenschutzes ist hier eine umfassende Einsichtnahme in die Personalunterlagen dieser Bewerber schon nicht möglich. Jedenfalls
fehlt der örtlichen Frauenvertretung ein Überblick über die Lage im Land Berlin und die Gesamtzusammenhänge.
So weit die Einschätzung des Richterbundes. Diese Einschätzung wird von der CDU-Fraktion geteilt. Wir halten das, was hier vorliegt, für unpraktikabel und datenschutzrechtlich durchaus bedenklich. Deswegen ist eine Klarstellung dringend notwendig. Wenn anders verfahren wird, werden die Interessen gerade der Richterinnen bei beförderungsrelevanten Entscheidungen geschwächt. Insbesondere sollte der für die Richterbesetzung zuständige Senator zusehen, dass er nicht vom Antidiskriminierungssenator damit schlimmstenfalls zum Diskriminierungssenator wird. Das heißt, wir erkennen hier Verbesserungsbedarf. Gut gemeint ist in diesem Fall aber nicht gut gemacht. Von daher können wir der Vorlage in dieser Form nicht zustimmen, sondern werden uns enthalten. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben jetzt dreimal die Debatte geführt, in der 15., in der 17. und in der 18. Wahlperiode, und wir haben in dieser Wahlperiode nun zum dritten Mal die Debatte, im Plenum, im Ausschuss und heute nochmals im Plenum final. Die Argumente sind eigentlich bekannt, und bei der politischen Linken hat man dennoch nicht zur Kenntnis genommen, dass eine Beurteilung aus heutiger Sicht kein Maßstab sein kann und dass es nicht um die Frage geht, ob man Hindenburg heute zum Ehrenbürger ernennen würde, sondern dass die Frage vielmehr lautet, ob die historischen Verfehlungen Hindenburgs schwerer zu werten sind als der Eingriff in eine historisch gewachsene Liste von Ehrenbürgern. Die Frage lautet: Gehört Hindenburg zu den Mördern und aktiven Verbrechern, die der Nationalsozialismus in Deutschland hervorgebracht hat?
Hier unterscheiden sich die Interpretationen. Die Koalition behauptet, Hindenburg sei der geistige Vordenker für die sogenannte Machtergreifung Hitlers gewesen. Sie verkennt aber dabei, dass unter dem unmittelbaren Eindruck des verheerenden Krieges und der Nazi-Barbarei 1948 in Berlin keine Streichung des Ehrenbürgers Hindenburg vorgenommen wurde. Offenbar haben die Zeitgenossen diesen hier als Begründung vorgebrachten Konnex zwischen Hitler und Hindenburg so nicht gesehen, und die Verdienste für seine Ernennung und seine damalige Popularität liegen demnach offenbar auch in früherer Zeit. Es waren militärische Erfolge, die ihn populär gemacht haben.
Er war kein Diktator oder Herrscher qua Abstammung. Er war siegreich im Ersten Weltkrieg, und war in der damaligen Diktion ein Kriegsheld.
Wenn Sie mir einmal zuhören würden, wäre das auch schon mal ein Fortschritt, Frau Kittler!
Der „Vorwärts“ lobte am selben Tag:
Sein Ruhm blieb kein kalter Feldherrenruhm, sondern wurde warm und innerlich empfunden, weil Hindenburg nicht bloß siegte, sondern weil er im Jahre 1914 einen Sieg errang, der vom ganzen deutschen Volk vor allen als der notwendige und gerechte empfunden wurde.
Dies nur als Hinweis auf den Zuspruch seiner Zeit in breitesten Schichten.
(Regina Kittler)
Heute wären das keine begründenden Maßstäbe mehr, aber diese ahistorische Sicht kann, wie ich bereits ausgeführt habe, kaum unsere Handlungsrichtlinie heute sein. Hindenburg war eine Persönlichkeit mit Brüchen. Er war Monarchist, er war kein Anhänger der parlamentarischen, republikanischen Demokratie, und dennoch wurde er zweimal in freier Wahl zum Reichspräsidenten gewählt. 1925 wurde er als Kandidat der Rechten gewählt. Die SPD hatte damals keine Chance, da die Linke sich gespalten hatte. Bekanntlich war Thälmann der Kandidat der KPD. 1932 hat Hindenburg erneut kandidiert, als sehr betagter Mann, übrigens noch einmal, um Hitler zu verhindern, und zwar auch auf dringende Bitten der SPD, die ihn vorbehaltlos unterstützt hat.
Von wem?
Ja, bitte!
Ich finde zumindest bemerkenswert, dass die Linkspartei, die ja die organisatorische, personelle und vor allem finanzielle Kontinuität der SED angetreten hat, jetzt in diesem Haus, wie es vor einigen Jahren passiert ist, nach wie vor Traditionslinien zur KPD sucht,
einer Partei, die definitiv zum Untergang der Weimarer Republik beigetragen hat.
Hindenburg hat damals in vielen Äußerungen deutlich gemacht, dass er diesen braunen Parvenü Hitler nicht akzeptieren wollte. Gleichwohl ist das Ergebnis der Reichstagswahlen vom November 1932 bekannt: Die Feinde der Republik und der Demokratie, NSDAP und KPD, hatten die Mehrheit.
Bedenken Sie die ökonomische Situation, die politische Sackgasse, die damals bestand, die Gesellschaft, die ein Pulverfass darstellte, den Bürgerkrieg, der vor der Tür stand! In dieser Situation wurde der vom Wahlvolk mit der mit Abstand stärksten Macht Ausgestattete zum Reichskanzler ernannt – sicherlich natürlich in der Hoffnung auf baldiges Scheitern und Desillusionierung der braunen Massen.
Mit dieser Ansicht ist Hindenburg leider zu unser aller Leidwesen grandios gescheitert, und nicht nur deshalb ist Hindenburg eine historisch umstrittene Figur seiner Zeit. Es ist aber Unfug, Hindenburg als Verursacher aller Gräueltaten des 20. Jahrhunderts zu inszenieren.
Die SPD, die in der Vergangenheit noch eine besonnenere Position vertreten hat, ist offenbar in ihrer Orientierungslosigkeit inzwischen weichgespült. Mangels materieller Erfolge muss nun für die Linkskoalition ein Skalp her für die ideologische Trophäenwand.
In der Tat handelt es sich hierbei nicht um ein vordringliches Problem unserer Stadt, es zeigt vielmehr Ihren festen Willen zur Umerziehung und zur Revision von Geschichte. Symbolpolitik ist Trumpf. Sie werden mit diesem Antrag eine ideologisch aufgeladene Spannung erzeugen, die nachwirken wird und die auseinanderdividierte Stadtgemeinschaft weiter spaltet.
Wie man es klüger anstellt, zeigt der Blick nach Hamburg. In der gleichen Frage ist man sogar unter der Beteiligung der Grünen zu folgender Erkenntnis gekommen: Ein nicht klar definiertes Aberkennungsverfahren sei
jeweils selbst Ausdruck des Zeitgeistes und riskiere, ein aktuelles Bedürfnis nach politisch-moralischer Richtigstellung zu bedienen. Das aber könne nicht das Ziel einer seriösen Erinnerungskultur sein. – Dieser Auffassung kann man sich nur anschließen.
Deshalb wird sich die CDU nicht an der ahistorischen Geschichtsrevision beteiligen, die Sie heute durchführen wollen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eben war sehr viel von Transparenz die Rede, und das sollte hier natürlich auch für den vorliegenden Antrag gelten, der in der Endkonsequenz das Ziel hat, den Kartenverkauf selbst zu organisieren und damit vielleicht auch die Gelegenheit schafft, diese Marge, die sich jetzt andere einstecken, für die Kultur Berlins zu verwenden. Das klingt natürlich gut. Der Teufel steckt aber im Detail, darauf möchte ich hinweisen, und das sollte man auch vorher wissen, bevor man mit Begeisterung vielleicht zustimmt. Worum es geht, ist letztendlich, dass wir einen hart umkämpften Markt haben, wo es eine hohe Spezialisierung bei den bestehenden Anbietern gibt. Die kosten auch Geld. Das ist klar. Sie ziehen auch den Gewinn ab.
(Daniel Buchholz)
Sie können aber auch etwas und haben auch funktionierende Programme. Wenn man selbst etwas erstellen will, muss man auch wissen, dass man das vermutlich nicht mit einer kleinen Bude hinbekommt und es durchaus auch einen größeren Betrag kosten wird, das gegebenenfalls umzusetzen, vielleicht auch eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen wird. Das wird eine Sache sein, die Jahre dauern kann.
Voraussetzung ist überhaupt, dass man ein vernünftiges Pflichtenheft hat, dass man weiß, welche Anforderungen gestellt sind. Die sind bei den Häusern komplett unterschiedlich. Dann müssen wir uns die Frage stellen, wer überhaupt dabei sein soll. Im Antrag steht: öffentlich geförderte Kultureinrichtungen in Berlin. Gut! Da denkt man vielleicht erst einmal an Theater oder Opern. Es sind aber auch Museen und Schlösser. Es sind total unterschiedliche Ansprüche, die diese Häuser haben,
von kleinen Tanzvorstellungen mit freier Platzwahl bis zu großen Häusern wie der Staatsoper. Daraus ergibt sich durchaus ein ganz unterschiedliches Anforderungsprofil. Auch rechtlich ist es durchaus nicht unproblematisch. Es ist die Frage, wer mitmachen soll, wer vielleicht sogar mitmachen muss. Muss der Staat etwas machen, was Private auch tun können? Es gibt viele Fragen, die durchaus geklärt werden müssen. Es muss auch rechtssicher sein. Die Schnittstelle zur Finanzbuchhaltung muss stimmen. Wenn es da Fehler gibt, ist das ein Riesenärger. Dann gibt es ein Risiko für Prozesse, Einnahmeausfälle usw. Das muss man bei der Sache durchaus bedenken. Man kann darüber nachdenken und sollte erst mal bestimmen: Wer soll da mitmachen? Wer kann sich dem entziehen? Das ist nicht für alle sinnvoll oder hilfreich.
Zum Beispiel hat die Opernstiftung diese Software vor Jahren gekauft, das heißt, sie zahlen lediglich eine Gebühr für die Wartung, und da erkenne ich jetzt nicht, wie die Einführung eines landeseigenen Ticketingsystems zu einem wahnsinnigen Einsparpotenzial führen könnte. Man muss prüfen: Wer hat welche Anforderungen? Kann und will man das abbilden? Mit welchem Aufwand geht das überhaupt? Es muss nicht, aber es kann zum Schluss auch zu einem Fiasko führen, denn wir haben mit staatlicher Software nicht immer nur tolle Erfahrungen gemacht. Mir ist es wichtig, im Vorfeld darauf hinzuweisen, dass bei diesen Sachen durchaus Risiken bestehen. Das hört sich toll an, und im Grunde könnte man einem Prüfauftrag zustimmen, aber das Vertrauen in die Koalition habe ich nicht so hundertprozentig,
dass sich aus dieser Sache nicht eine Dynamik entwickelt, die dann wider bessere Einsicht, wenn die Prüfung ergeben sollte, es ist durchaus unproblematisch, dass sich
dann sozusagen ein Druck ergibt, es trotzdem zu machen. Deswegen enthalten wir uns bei der Sache.
Ja, bitte!
Ich habe ja gerade beschrieben, warum an der Stelle nur eine Enthaltung kommt.
Ich habe mit sehr vielen Leuten darüber gesprochen, vielen Kulturmanagern; die haben durchaus Skepsis gegenüber dieser Sache. Ich möchte nicht den Eindruck erwecken, dass man das mit großer Fulminanz unterstützen muss. Man kann dem auch ein bisschen kritischer gegenüberstehen, weil diese Fragen auch geklärt werden müssen. Das sollte in der Debatte auch klar werden. Von daher bin ich da zurückhaltend.
Sie können ja schon mit anderen Dingen anfangen, die vielleicht hilfreicher wären, z. B. einen gemeinsamen Kalender oder Veranstaltungsüberblick zu machen. Das wäre schon mal eine verdienstvolle Angelegenheit. Ich weiß, das gibt es auch zum Teil, aber das ist ausbaufähig, wenn ich an die Berliner-Bühnen-Homepage oder andere Dinge denke. Da könnte man schon einiges tun, ohne sich zu verheben mit einer solchen nicht unkritischen, ich nenne es mal, Herz-OP, die dort durchgeführt werden würde. Oder Sie können darüber nachdenken, was die einzelnen Häuser mit den Anbietern vereinbart haben. Ich glaube, da ist noch ein Potenzial drin, etwas zu verbessern und die Konditionen anders auszuhandeln. Das wäre ein verdienstvoller Weg, wo Sie ganz ohne Probleme schon mal tätig werden und sich Meriten erwerben könnten.
Bei dieser Sache bleibe ich skeptisch. Auch die Leute, mit denen ich mich unterhalten habe, sind skeptisch.
Deswegen gibt es da nur eine Enthaltung, lieber Herr Buchholz!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Tat, es gibt einen Aufwuchs bei den Ausgaben im Einzelplan 06 um 8 Prozent nach meinen Informationen. Wenn man sich allerdings anguckt, wofür das ausgegeben wird, relativiert sich diese Bilanz nämlich wieder, denn die Prioritäten, die hier gesetzt werden, sind durchaus die falschen. Wir haben hohe Ausgabensteige
rungen zum Beispiel bei der Landesantidiskriminierungsstelle, um satte 34 Prozent. Das ist vornehmlich auch der Einführung des Antidiskriminierungsgesetzes geschuldet. Die Einführung dieses Gesetzes lehnen wir ab, meine Damen und Herren. Nach der Anhörung, die wir im Ausschuss hatten, ist erst recht klar: Hier handelt es sich um Klientelpolitik. Es ist rechtsdogmatisch problematisch. Wir haben auch festgestellt, dass die Strafverfolgung in dieser Stadt kontaminiert wird. Entlarvende Aussagen in dieser Anhörung waren: Wer dagegen ist, ist für Diskriminierung. Wenn man es sich so einfach macht, dann ist doch alles gesagt. Kritiker können dann einfach mundtot gemacht werden, die Meinungsfreiheit wird eingeschränkt.
Meinen Damen und Herren, dieses Geschwätz, was ich hier ständig höre, von der solidarischen Stadt, dem sprechen Sie Hohn mit diesem Gesetz – genau das Gegenteil wird der Fall sein. Es wird eine partikuläre Identitätspolitik um sich greifen, und dieser Mehltau der Intoleranz wird sich über die Stadt legen.
Weitere Ausgaben sind übrigens sehr stark im politischadministrativen Bereich für viele Stellen, für viele Projekte, sicherlich auch richtige Projekte, z. B. zur Bekämpfung des Rechtsextremismus. – Zur Bekämpfung des Linksextremismus sehe ich allerdings nichts in diesem Bereich.
Das zeigt, dass der antitotalitäre Diskurs offensichtlich für diese Koalition ein Fremdwort ist. Ich will nicht verhehlen, es gibt auch Auswüchse bei den Richterstellen. Obwohl diese zu gering sind, wenn man sich anguckt, wie viele Zuzüge wir haben in dieser Stadt, wie die steigende Zahl der Fälle sich dort gestaltet. Große Aufwüchse haben wir bei den Projekten zur Antidiskriminierung, Umsetzung von Projekten mit dem Thema Diversity usw. – also nichts, was wirklich das eigentliche Thema der Justiz berührt. Das Kerngeschäft wird völlig vernachlässigt. Wir haben übrigens eine ganze Anzahl von unbesetzten Stellen bei den Gerichten, bei den Justizvollzugsanstalten. Bei der Landesantidiskriminierungsstelle ist keine Stelle unbesetzt – das wollen wir der Vollständigkeit halber hier erwähnen.
Am Kammergericht liegt die Quote dagegen bei 14 Prozent. Da kann man auch eine Schwerpunktsetzung erkennen. Da kann es auch nicht verwundern, dass alle Vorschläge, die wir zur Stärkung der Strafjustiz oder zur
(Marcel Luthe)
Bekämpfung der organisierten Kriminalität gemacht haben, im Ausschuss nicht gefruchtet haben, wie z. B. zusätzliche Richterstellen bei den Verwaltungsgerichten zu schaffen, zur beschleunigten Erledigung von Asyl- und Aufenthaltssachen,
oder zuzügliche Stellen von Richtern und Staatsanwälten für die Bekämpfung der organisierten Kriminalität und der Cyberkriminalität. Alles wichtige Dinge. Aber auch Prämien für Leistungsträger, Sicherheitszulagen für Justizwachtmeister, Drogenspürhunde, Handyauffinder für die Justizvollzugsanstalten – alles abgelehnt, meine Damen und Herren.
Dieser Haushalt führt den Begriff Justiz nur im Namen, ideologische Spielwiesen werden aber hier reichlich gedüngt. Die Gerichte und Anwaltschaften sind und bleiben zum großen Teil unterbesetzt. Rechtsprechung, Strafverfolgung, Strafvollzug leiden – kein Wunder bei einem Senator, der Justiz nur im Nebenjob betreibt. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein komplexes, großes Thema und wenig Zeit! Ich werde mich also auf wenige Anmerkungen – fünf, um genau zu sein – beschränken. Die erste ist, dass wir in der Kulturpolitik normalerweise dieselbe Zielrichtung haben. Das heißt, ein Mehr an Geld ist auch ein Mehr an Kultur. Im Grundsatz ist das eine gute Sache. Hier gibt es aber Dinge, die wir am Haushalt kritisieren. Das ist vor allem das schon erwähnte Thema Dekolonisierung. Wir haben den Antrag abgelehnt; die Debatte haben wir auch verfolgt. Hier sind 2 Millionen Euro im Einzelplan Kultur und Europa eingestellt, die man für andere Dinge sinnvoller als für diese ideologische Symbolpolitik aufwenden könnte.
Ich denke zum Beispiel an den Bereich der Literatur, an die Ausfinanzierung der Literaturhäuser oder auch an wenig Geld, das man in die Hand nehmen könnte bzw. müsste, um etwa eine Teilzeitstelle beim Berufsverband Bildender Künstlerinnen und Künstler zu finanzieren, die der bildenden Kunst durchaus helfen würde.
Damit komme ich zum zweiten Punkt, nämlich zum wichtigen Thema Arbeitsräume, also Ateliers, aber auch Probebühnen und Ähnliches. In diesem Bereich herrscht viel Not in der Stadt. Ursprünglich hieß es, es sollen 2 000 neue Ateliers geschaffen werden. Der aktuelle Stand hinsichtlich der Ziele ist, dass man versucht, wenigstens bis zum Jahr 2021 2 000 Ateliers zu sichern. Nun haben wir kurz darüber debattiert. In der Tat, um das noch einmal aufzugreifen, braucht man keine Glaskugel, um zu erkennen, dass dieses Ziel nicht erreicht werden
wird. Wir haben – Stand Mitte des Jahres – im Moment beim Arbeitsraumprogramm 1 300 Ateliers und Arbeitsräume. Das heißt, dass noch 700 fehlen. Da könnte man sagen: Das ist ja in zwei Jahren zu schaffen. – Man muss aber wissen, dass man schon mit einem Grundbestand von 850 begonnen hat. Das heißt, es wurden in den vergangenen Jahren lediglich 450 geschaffen. Wenn man dann noch berechnet, dass im Jahr etwa 350 Ateliers verloren gehen, dann glaube ich nicht, dass das, was Sie sich in Ihren heutigen Reden wieder auf die Fahnen geschrieben haben, wirklich zu einer großen Entlastung führen wird.
Nun soll es ein Kulturraumprogramm richten; da gibt es verschiedene Modelle, wie das organisiert und angebunden werden soll. Ich warne in dem Zusammenhang ganz ausdrücklich vor zu viel Staatsnähe. Wir haben funktionierende Mechanismen; das bezieht sich auch auf die Vergangenheit. Ich denke da an das Atelierprogramm oder andere Programme, die auch durchaus aus der Künstlerszene heraus betrieben werden. Von daher, glaube ich, sollte man sich hier davor hüten, eine allzu starke staatliche Lenkung vorzusehen. Das scheint auch ein kleiner Duktus der Kulturpolitik in dieser Legislaturperiode zu werden.
Die dritte Bemerkung: Die Digitalisierung ist ein Thema, das sich zunächst nicht kulturaffin anhört. Einiges ist auch eingestellt worden in den Haushalt; das will ich gar nicht verhehlen. Ich glaube aber, dass wir hier noch längst nicht dort sind, wo wir sein müssen. Wir reden hier über ganz wichtige Fragen wie die Sicherung des Kulturguts für die Zukunft, die digitale Infrastruktur, die Erreichbarkeit neuen Publikums. Das sind ganz wesentliche Dinge, die wir dort lösen müssen. Da wird es wahrscheinlich mit dem, was der Haushaltsentwurf vorsieht, nicht getan sein.
Der Entwurf ist im Übrigen auch nicht hinreichend – das ist meine vierte Anmerkung – in einigen Fragen. Die Koalition hat in der Tat später auch eine Korrektur vorgenommen. Das ist lobenswert, und das unterstützen wir. Es entsprach auch unseren Änderungsanträgen. Ich denke da zum Beispiel an den Runden Tisch Tanz, den man dann – den großen Ankündigungen folgend – auch ausfinanziert hat, aber auch an das Konzerthausorchester, das jetzt die Wertschätzung erfährt, die seinem Stellenwert entspricht, sowie an den Umgang mit Einnahmeausfällen bei der Schaubühne – das sind richtig vernünftige Sachen. Warum nicht gleich so? – Im Entwurf war es jedenfalls nicht enthalten. Ich kann mir auch noch weitere Dinge vorstellen, aber die Zeit ist, wie gesagt, kurz. Deshalb will ich das gar nicht im Einzelnen ausführen.
Die Sache ist nur: Wie das von der Technik her gemacht wurde, das kritisiere ich. Im Haushalt haben wir eine riesengroße pauschale Minderausgabe. Nun ist diese kein Hexenwerk, sie ist auch nichts Neues. Grundsätzlich ist
(Dr. Dieter Neuendorf)
es auch legitim. Aber wenn wir von 7,5 Millionen Euro reden, dann ist das ein ungedeckter Scheck, der in den Kulturhaushalt eingestellt wird. Ich erinnere daran, dass wir im letzten Haushalt 0,25 Millionen Euro hatten. Es ist nun also schon eine deutlich höhere Summe. Ich beziehe sogar ein, dass man die mit der Steuerschätzung zusammenhängenden Änderungen, die in letzter Minute kommen, mit einberechnet hat, sodass da eine pauschale Minderausgabe vielleicht nicht vollkommen von der Hand zu weisen ist. Aber mit Blick auf diese Größenordnung finde ich, dass die Grenze der Seriosität überschritten ist.
Die letzte Bemerkung: Meine Auffassung von Kulturpolitik ist die, dass Mittel nicht nach der gesellschaftlichen Ausrichtung eines kulturellen Akteurs oder des Hauses vergeben werden sollten.
Das entspräche nicht meinem Verständnis von Kunstfreiheit, und wir haben auch vielen Anwandlungen dieser Art bisher widerstanden. Aber auch der umgekehrte Einfluss ist schädlich. Bei mir mehren sich in letzter Zeit Künstlerstimmen, die bei diesem Senat Angst haben, nicht mit Fördermitteln bedacht zu werden, wenn sie nicht bestimmte Themen bedienen, die gerade en vogue sind.
Der Senator wird diese direkte Einflussnahme natürlich zurückweisen. Das ist sicherlich auch richtig, weil da ausreichend indirekte Möglichkeiten bestehen.
Hier wird nichts angezeigt. Einen Satz noch! – Es gibt ausreichend indirekte Möglichkeiten, hier Einfluss zu nehmen. Das sind Signale und Sorgen, über die wir uns Gedanken machen sollten. Es ist schön, wenn mehr Geld da ist. Das ist ein warmes Bad, aber in dieser Form ist dieses warme Bad doch irgendwann toxisch für die Kultur und Kunst in dieser Stadt. Wir sind da, die Kulturfreiheit gemeinsam zu verteidigen. Das sollte unsere vornehmste Aufgabe sein. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Liebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nun also Paul von Hindenburg die Dritte und vermutlich auch die Letzte, denn die Mehrheitslage im Hause ist ja bekannt. Wir haben uns in der 15., in der 17. und nun auch in der 18. Wahlperiode mit diesem Thema zu beschäftigen. In der 16. Wahlperiode hatte man es entweder vergessen, oder es gab andere Gründe, jedenfalls wurde die Debatte schon zweimal geführt und ist jetzt das dritte Mal begonnen. Das hat aber bei der politischen Linken keine Wirkung hinterlassen, denn sie haben nicht zur Kenntnis genommen, dass eine Beurteilung aus heutiger Sicht nicht unbedingt Maßstab dafür sein kann, wer Ehrenbürger ist oder Ehrenbürger bleibt. Ansonsten könnten wir vermutlich die Hälfte der Ehrenbürger streichen, um das mal vorsichtig zu formulieren.
Sie haben auch nicht zur Kenntnis genommen, dass unter dem unmittelbaren Eindruck des verheerenden Krieges und der Nazibarbarei 1948 keine Streichung Hindenburgs aus der Ehrenbürgerliste vorgenommen wurde, sehr wohl aber die von Hitler und anderen Verbrechern. Das heißt, die Zeitgenossen, die hier noch viel stärker durch diese Eindrücke geprägt waren, haben offensichtlich den hier von Ihnen vorgebrachten Konnex zwischen Hitler und Hindenburg so nicht gesehen, sondern die Verdienste, die
(Regina Kittler)
für seine Ernennung eine Rolle spielten, lagen offensichtlich in früherer Zeit. Dass das heute andere Maßstäbe wären, darauf habe ich schon hingewiesen, aber ich denke, diese ahistorische Sicht kann für uns nicht unbedingt die Handlungsrichtlinie sein.
Hindenburg ist eine historisch umstrittene Figur – das ist völlig unbestritten. Umso weniger zielführend ist es, sich einzelne Meinungen herauszupicken und scheinbar eindeutige Fakten daraus zu belegen. Ich glaube auch nicht, dass hier der Platz ist, dies in Gänze über die Persönlichkeit Hindenburgs auszuführen – dafür wird im Ausschuss Zeit sein. Die holzschnittartigen Einlassungen von Frau Kittler, der Chefhistorikerin, haben gezeigt, warum. Ich denke, das sollten wir im Ausschuss in Ruhe besprechen.
Die Frage ist allerdings, ob diese Debatte noch viel Sinn hat, da die Linkskoalition sich festgelegt und es auch zu einer ihrer Prioritäten erklärt hat. Es scheint also der Koalition ein sehr wichtiges Thema zu sein. Tatsächlich komme ich zu dem Schluss, dass es sich nicht unbedingt um ein vordringliches Problem der Stadt handelt. Wenn aber die Koalition das zur Priorität erhebt, ist es schon ein beredtes Zeichen, denn, ich glaube, es geht hier wieder einmal mehr um den festen Willen zur Revision von Geschichte.
Das beginnt schon mit der Beurteilung der DDR, die Sie verändern wollen, wo infrage gestellt wird, ob es sich um ein Unrechtsregime handelt. Es geht weiter mit dem Kolonialismus, den wir aufzuarbeiten hätten usw. Auch hier steht, glaube ich, Symbolpolitik im Vordergrund. Mangels anderer materieller Erfolge muss nun ein Skalp für Ihre ideologische Trophäenwand her, und das wird offensichtlich diese Ehrenbürgerschaft Hindenburgs sein.
Vielleicht ist es auch nur ein Auftakt zu weiteren Überlegungen dieser Art. Aus gewöhnlich – zumindest historisch – schlecht unterrichteten Kreisen der Linkspartei gab es bereits Hinweise auf weitere Ehrenbürgerschaftentziehungen, die demnächst vielleicht noch eine Rolle spielen. Die SPD, die in der Vergangenheit dazu eine eher besonnene Position hatte, ist offensichtlich in ihrer Orientierungslosigkeit so weit, dass sie dem folgt. Das war in der vergangenen Legislaturperiode noch anders.
In jedem Fall ist es aus meiner Sicht ein weiterer Beleg dafür, dass Sie diese Stadt spalten, dass materielle positive Ergebnisse nach der Amtszeit wahrscheinlich nicht zu verzeichnen sein werden. Aber Sie werden ideologische Spannungen hinterlassen, eine aufgeladene Situation; die wird nachwirken, und sie wird weiter die Stadtgemeinschaft auseinanderdividieren.
Natürlich werden Sie mit diesem ideologischen Fanatismus ohne Frage in selbstreferenziellen Filterblasen gefeiert werden. Es wird sich auch die eine oder andere journalistische Hofschranze finden, die das hochjubeln wird. Keine Frage!
Nein, danke! – Aber ich bin der festen Überzeugung, das real existierende Berlin hat andere Sorgen als den Gewinn der Hoheit über die Latte-macchiato-Stammtische. Von daher glaube ich, dass wir uns an dieser Geschichtsrevision nicht beteiligen sollten. – Vielen Dank!
Frau Kittler! Da war jetzt so viel krude Vermengung drin, dass es schwer ist, darauf zu antworten, weil das miteinander eigentlich gar nicht viel zu tun hat. Ich will nur einen Punkt herausgreifen. Es geht hier nicht um die Frage, ob man Hindenburg zum Ehrenbürger ernennen sollte, sondern um die Frage, ob wir ihn in der Ehrenbürgerliste lassen.
Das ist ein großer Unterschied. Die Beantwortung der ersten Frage, daraus brauchen wir kein Geheimnis zu machen, dass das heute niemand mehr so tun würde.
Die Frage ist nur: Wollen wir so eine Geschichtsrevision in dieser Frage zulassen, die 1948 nicht vorgenommen wurde von Menschen, die unter dem unmittelbaren Ein
druck der Nazibarbarei standen? Diese Frage müssen wir uns stellen. Sie haben mit Ihrer historischen Auslassung, die Sie hier gebracht haben, schon erklärt, dass Sie eine bestimmte Sichtweise auf diese Dinge haben, die sehr einseitig ist, auf die Person Hindenburgs, und dem nicht gerecht wird.
In fünf Minuten kann man das hier vorne mit Sicherheit nicht darstellen. Das möchte ich auch noch einmal unterstreichen. Ich will den Versuch auch gar nicht beginnen. Deswegen werden Sie mich nicht dazu bringen, dass ich versuche, die Biografie oder einzelne Aspekte darzustellen. Aber dieser Mühe müssen wir uns unterziehen, und dieser Mühe sollten wir uns auch im Ausschuss unterziehen, anstatt hier vorne eine ideologisch aufgeladene Philippika loszulassen.
Das ist das Übliche, was ich von Ihnen kenne. Das hilft uns aber auch nicht weiter in der Sache, und das unterstreicht auch nicht die Ernsthaftigkeit Ihres Anliegens.
Schönen Dank, Frau Präsidentin! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der 9. November 1989 war ein Tag der Freude. Ich denke, jeder, der ihn erlebt hat, wird noch heute wissen, wie er diesen Tag des Mauerfalls verbracht hat, als sich gegen Abend die Nachricht verbreitete, die Mauer sei offen, zunächst auch von mir ungläubig zur Kenntnis genommen. Dann verdichteten sich im Radio, im Fernsehen Sonderberichte, erste Menschen aus dem Ostteil seien auf dem Weg in den Westen. Ich selbst kam damals von einer Sitzung nach Hause, und nachdem klar war, dass es tatsächlich stimmte, bin ich sofort weiter zur Grenzübergangsstelle in die Sonnenallee gefahren. Es war ein regnerischer, dunkler Novemberabend, typisch für diese Jahreszeit. An einem solchen Donnerstag wäre
(Steffen Zillich)
eigentlich nicht so viel los gewesen. Aber jener Abend war anders. Im funzligen Licht der wenigen Laternen am Grenzübergang gingen Menschenmassen ungläubig staunend, vor Freude weinend, sich spontan umarmend.
Ich bin mit einigen wildfremden Ostberlinern meiner Altersgruppe zum Wittenbergplatz gefahren. Dort war dann Schluss für die Autofahrt. Der Kudamm war nämlich bereits voll von Menschen. Nach einem kleinen Spaziergang sind wir dann in ein Lokal gegangen. Ich habe, damals armer Student, meinen letzten Fuffziger auf den Tisch gehauen, und der Wirt hat auch eine Runde dazuspendiert. So feierten wir das Ende der Mauer, das ja auch der Anfang vom Ende der sogenannten DDR darstellte. Es war jedenfalls eine kurze, aber schöne Nacht. Doch nicht nur für mich war der Mauerfall, von ganz persönlichen Ereignissen abgesehen, die vielleicht bewegendste Zeit meines Lebens. Auch weltweit waren die Zuschauer berührt und fasziniert von den Bildern der Menschen, die auf der Mauer vor dem Brandenburger Tor tanzten.
Wenn wir heute zurückblicken, dann sollten wir uns auch vor Augen führen, was die Auslöser waren für dieses geschichtliche Weltereignis. Denn es war ja nicht nur ein überforderter SED-Bezirksfürst, der dies möglich gemacht hat. Möglich gemacht hatten es die mutigen Menschen, die damals gegen das SED-Unrechtsregime in Berlin und anderswo auf die Straße gingen und ihre Stimme erhoben. Ihnen gilt deshalb heute unser großer Dank und unsere Hochachtung.
Sie haben der ganzen Welt bewiesen, dass es sich lohnt, gemeinsam gegen Unterdrückung und Unfreiheit die Stimme zu erheben. Aber wir haben es auch vielen Politikern zu verdanken, dass die Hoffnung der Menschen auf Freiheit keine leere Versprechung geblieben ist. Visionäre Staatsmänner wie die Berliner Ehrenbürger Helmut Kohl und Hans-Dietrich Genscher lehren uns, trotz mancher tagespolitischer Mühen und Rückschläge das große Ziel nie aus den Augen zu verlieren. Wo Dorfschulzen nur von Wiedersehen sprachen, hatte Helmut Kohl klar die Wiedervereinigung unseres Vaterlands im Blick.
Besonders die Stadt Berlin verdankte aber auch unseren westlichen Verbündeten und insbesondere den amerikanischen Präsidenten Ronald Reagan und George Herbert Walker Bush sehr viel und wird diese moralische und politische Unterstützung nie vergessen.
Und natürlich ermöglichte auch die Politik der gesellschaftlichen Öffnung, die durch Michail Gorbatschow im Ostblock begonnen wurde, den Mauerfall und öffnete damit das historische Fenster zur Wiedervereinigung, das
Helmut Kohl mit ganzer staatsmännischer Kunst erkannte und nutzte.
Als Ökonom muss ich darüber hinaus auch darauf hinweisen, dass eine ganz besonders wesentliche Voraussetzung für den Zusammenbruch der DDR der Sozialismus selbst war. Das ökonomische System hat versagt. Die Heilsversprechen der sozialistischen Religion sind zu keinem Zeitpunkt in der Wirklichkeit eingetroffen.
Die sozialen Wohltaten der sogenannten DDR waren nämlich auf Pump. Die Verschuldung beim westlichen Klassenfeind hatte das Land ruiniert. Wo der Marktmechanismus fehlt, gibt es keine Preisinformation, somit können die Ressourcen nicht optimal genutzt werden. Außerdem gibt es keine Anreize für Leistung und für Innovation. Die sozialistische Wirtschaftstheorie ist schlicht und ergreifend falsch und deshalb immer und überall gescheitert, und sie wird auch in der Zukunft scheitern.
Um diese Gedanken zu verbreiten, legt die CDU-Fraktion Ihnen heute einen eigenen Entschließungstext vor. Im Vorfeld und eben in der Rede meines Vorredners ist ja die Frage aufgekommen, warum wir nun einen eigenen Text formulieren, zumal die von der Koalition vorgebrachte Entschließung nichts Falsches enthält, das will ich auch ganz klar einräumen. Die Entscheidung dazu ist übrigens am Samstag gefallen, vor der Thüringen-Wahl. Warum wollen wir also diesmal nicht mit den SEDNachfolgern von der Linkspartei etwas Gemeinsames einbringen? Vor fünf Jahren sei das ja auch möglich gewesen. – Dazu darf ich mal Folgendes sagen: Vor fünf Jahren war die CDU an der Regierung beteiligt, die Linkspartei ist unserem Text beigetreten. Das ist ein kleiner, aber feiner Unterschied.
Ich nenne Ihnen auch noch weitere kleine, allerdings weniger feine Unterschiede, wenn Sie das gerne mögen. Vor fünf, aber auch vor zehn Jahren gab es noch keine Versuche, Stasispitzel als Staatssekretäre zu installieren.
Vor fünf oder zehn Jahren gab es auch noch keine Absetzung eines ideologisch missliebigen Leiters einer Gedenkstätte – ein Vorgang, der noch in einem Untersuchungsausschuss aufzuklären sein wird.
Es gab auch noch keinen linken Kultursenator, der als Bedenkenträger zweifelt, ob der 9. November tatsächlich ein Tag zum Feiern sei.
Und es gab damals auch noch keine zweifelnden Stimmen, ob die DDR wirklich ein Unrechtsstaat gewesen sei, was aus meiner Sicht völlig unstrittig ist.
Vor fünf Jahren gab es auch noch keinen Rückfall in sozialistische Atavismen wie Enteignung und Mietendeckel.
Und ich frage mich, mit welcher Selbstüberschätzung eigentlich die Neosozialisten hier im Hause glauben, dass nun ihre Generation angetreten ist, es endlich richtig zu machen, nachdem alle Vorgänger gescheitert sind. Eine solche Unbelehrbarkeit ist eigentlich kaum zu begreifen.
Der 9. November ist ein vielschichtiges Datum in der deutschen Geschichte. Er mahnt uns und ruft uns in Erinnerung, was nie wieder passieren darf. Der 9. November 1989 war in jedem Fall ein glücklicher Tag. Aber auch er hat eine Mahnung, dass nämlich Freiheit und Sozialismus nicht vereinbar sind.
Freiheit wiederum ist die Voraussetzung für Demokratie. Deshalb: nie wieder Sozialismus, nie wieder Kommunismus! – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
[Anhaltender Beifall bei der CDU und der AfD – Vereinzelter Beifall bei der FDP – Beifall von Kay Nerstheimer (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos)]
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die AfD beschreibt in ihrem Antrag die Notwendigkeit, ein solches Mahnmal zu errichten. Dem kann man überhaupt nicht widersprechen. Die CDU hat diesen Gedanken übrigens schon lange. Zum ersten Mal war es ein Bundesparteitagsbeschluss der Union von 2012, der sich dieses Anliegen zu Herzen genommen hat. Es steht auch im Wahlprogramm der Union. Daher ist es im Grundsatz aus unserer Sicht vollkommen unstrittig.
Es ist aber, auch das wurde schon gesagt, Aufgabe des gesamten deutschen Volkes. Damit ist der Bundestag die richtige Adresse für solche Vorhaben. Nun gibt es bereits seit dem September 2015 einen Beschluss der Koalition auf Bundesebene. Die Bundesregierung wurde aufgefordert, das Gedenkstättenkonzept des Bundes im Sinne des Koalitionsvertrages weiterzuentwickeln und dabei entsprechend ein Denkmal zur Mahnung und Erinnerung an die Opfer der kommunistischen Gewaltherrschaft an einem zentralen Ort in Berlin vorzubereiten und zu begleiten. Das stammt aus der 18. Legislaturperiode, die mithin 2017 zu Ende gegangen ist. Daher kann man sich fragen, warum das nicht realisiert wurde.
Da gibt es verschiedene Überlegungen. Auch ich nehme das mit gewisser Unfreude zur Kenntnis, dass sich das verzögert. Nun kann man darauf hinweisen, dass es eine Koalition ist, die nicht nur aus einer Union, sondern auch aus einer anderen Partei besteht, die dort mitspielt. Wir, das muss man sich vielleicht auch noch einmal bei der Gelegenheit auf der Zunge zergehen lassen, haben auch in dem Prozess über die Errichtung des Einheits- und Freiheitsdenkmal gewisse Lehren, die wir ziehen sollten. Wir sollten es bei einem solchen Denkmal, das sich mit dieser Sache beschäftigt, dem Gegenstand entsprechend würdig, einen Prozess aufsetzen, der in der Lage ist, auch zu einem vernünftigen Ziel zu führen.
Nun gibt es einen zweiten Anlauf des Deutschen Bundestages in dieser Legislaturperiode – davon ist immer die Rede – mit einem Positionspapier der Unionsfraktion, das überschrieben ist: „Die deutsche Einheit: Erinnern – Anerkennen – Brücken bauen“. Das ist von März dieses Jahres. Darin stehen verschiedene Punkte, die alle wichtig sind. Ich will nur mal ein paar Punkte nennen. Da ist zum Beispiel die Rede von der Entfristung des SEDUnrechtsbereinigungsgesetzes. Es geht um die weitere Sicherstellung, dass eine Überprüfung auf hauptamtliche oder inoffizielle Tätigkeit für das MfS dauerhaft ermöglicht werden kann. Es geht um die Rehabilitierung von Heimkindern. Das ist auch ein ganz wesentliches Thema. Es geht aber auch um die Frage Spezialkinderheim und Jugendwerkhöfe, etwas, was in der Vergangenheit bisher nicht ausreichend gewürdigt wurde. Ich war kürzlich in Torgau und konnte mir dort die Gedenkstätte anschauen, die im ehemaligen einzigen geschlossenen Jugendwerkhof der DDR eingerichtet wurde. Es ist wirklich erschütternd, wenn man sich dort die Schicksale anschaut, die diese jungen Menschen erlitten haben. Ich denke, daran ist auch zu erinnern. Es geht noch um vieles mehr, beispielsweise die Umwandlung des Amtes des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes in einen Bundesbeauftragten für die Opfer der SEDDiktatur. Das, was wir hier in Berlin schon im Kleinen getan haben, soll auch auf der Bundesebene geschehen bzw. geschieht, von der AfD als Abschaffung des SED- oder des Bundesbeauftragten verunglimpft, was Unfug ist. Das Gegenteil ist der Fall. Es geht darum, diese Stelle weiter für die Zukunft vernünftig auszurichten. Es geht um einen Härtefallfonds SED-Unrecht und um vieles mehr. Es sind insgesamt 21 Punkte. Es geht aber auch um ein Mahnmal für die Opfer kommunistischer Gewaltherrschaft. Das Thema ist nach wie vor virulent und hat auch Niederschlag in dem Beschluss der Koalitionsparteien im Bundestag gefunden, 30 Jahre Friedliche Revolution, wo es dann heißt: Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel auf, bis zum Ende des Jahres 2019 dem Deutschen Bundestag ein Konzept für ein Denkmal zur Erinnerung und Mahnung an die Opfer der kommunistischen Gewaltherrschaft in Deutschland vorzulegen. Sie sehen also, der Zug ist in Bewegung und das Thema auch bei der Union in den richtigen Händen.
Daher müssen wir uns die Frage stellen, was nun dieser Antrag Neues bringt, den Sie vorgelegt haben. Zum einen ist der Bedarf erkannt und auch bekannt. Daher glaube ich, dass man das nicht unbedingt wiederholen muss. Ein Wettbewerb ist auch Aufgabe des Bundes. Das ist auch unstrittig. Das hat auch Ihr Redner nicht infrage gestellt. Entsprechend muss sich auch der Bund darüber Gedanken machen, wie das gegebenenfalls ausgestaltet werden muss. Ist ein Dokumentationszentrum hilfreich und sinnvoll? Das sind Fragen, die sich der Bund stellen muss. Ich gehe auch davon aus, dass im Prozess natürlich auch die Opferverbände eine Rolle spielen werden. Die UOKG hat
dazu bereits geliefert und ist zumindest in die Beschlusslage der CDU auch eingeflossen.
Nun haben Sie in den Antrag auch die Aufforderung an den Senat hineingeschrieben, geeignete Grundstücke zu identifizieren. Ich glaube, dass dies brandgefährlich ist. Der Senat ist nicht in der Lage zu bauen und auch nicht in der Lage, tatsächlich Grundstücke zur Verfügung zu stellen. Er ist mit Bauthemen überfordert. Ich weiß nicht, ob sie sich damit einen Tort antun, wenn Sie so etwas in einen Antrag schreiben. Daher müssen wir darüber noch einmal reden und uns die Frage stellen, ob es in der Tat eines solchen Antrages hier im Haus bedarf. Das Anliegen ist völlig unstrittig, es ist aber Bundessache. Weiteres und den aktuellen Stand sollten wir dann war im Ausschuss bereden. – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Natürlich ist es legitim, darüber nachzudenken, ob man das Olympiagelände in den Status des UNESCO-Weltkulturerbes erhebt.
Es gibt in dem Zusammenhang aber folgende Fragen zu beachten: Das Olympiagelände ist ein Baudenkmal, das eine lange Geschichte hat und städtebaulich von hohem Interesse ist. Zurzeit gibt es aber bei der UNESCO kein Interesse daran, Stätten, die sich in Europa befinden, oder Stätten, die bestimmte Kriterien nicht erfüllen, in diese Tentativliste für die UNESCO-Weltkulturerbestätten aufzunehmen. Deshalb ist es nicht besonders hilfreich, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Auch in München hat man darüber nachgedacht, den Olympiapark zum Weltkulturerbe zu erheben. Auch dort hat man sich dann entschieden, es nicht zu tun, weil es keinen Sinn hätte. Es ist schlicht und ergreifend zum jetzigen Zeitpunkt kein besonders aussichtsreiches Unterfangen. Deshalb kann man darüber nachdenken. Wenn man aber weiß, dass es keinen Erfolg hat, sollte man es sein lassen. Deshalb ist es auch nicht hilfreich, es hier zu fordern, nur um einen Vorratsbeschluss zu haben. Das hilft uns nicht weiter. Bis zu dem Punkt könnte man dem Antrag zumindest mit einer Enthaltung begegnen.
Was mich aber dazu bringt, den Antrag doch abzulehnen, ist eigentlich Folgendes: Sie haben es nicht im Antrag geschrieben, Herr Scheermesser, Sie haben es im Ausschuss gesagt und hier auch noch einmal wiederholt. Eigentlich geht es Ihnen darum, den potenziellen Neubau eines Stadions von Hertha BSC dort zu verhindern. Da muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen, wenn Sie dazu die Erhebung in den Status eines UNESCO-Weltkulturerbes brauchen, ist es geradezu eine Pervertierung dieses Weltkulturerbes.
Sie müssten doch in der Lage sein, mit anderen Möglichkeiten städtebaulicher Natur diese Fragen zu verhindern, wenn Sie es denn unbedingt wollen. Wir sind doch selbst in der Lage, in einer Immobilie des Landes Prioritäten zu setzen, was dort passieren soll und was dort nicht passieren soll. Ich nehme auch gar nicht Stellung zu der Frage, ob das Stadion dort errichtet werden soll oder nicht.
Wenn wir es aber nicht schaffen, das selbst für uns zu entscheiden, sondern uns deswegen dieses Vehikels des UNESCO-Weltkulturerbes hier bedienen wollen, tun wir auch dem Status des UNESCO-Weltkulturerbes einen Bärendienst. Deswegen kann man diesen Antrag insgesamt nur ablehnen, unabhängig von den Argumenten, die hier schon genannt worden sind. Dadurch, dass es den Status eines UNESCO-Weltkulturerbes hätte, wäre es sogar noch schwieriger, dort einen laufenden Sportbetrieb und andere Veränderungen, die auch im Sinne von Hertha BSC sein könnten, beispielsweise am bestehenden Olympia-Stadion, zu verhindern. Deshalb glaube ich, dass es etwas ist, was wir uns mit Sicherheit nicht zu diesem Zeitpunkt an den Hals holen müssen. Deswegen lehnen wir den Antrag ab. – Danke!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich inhaltlich zu dem Thema Stellung nehme, wollte ich nur mal auf den pikanten Umstand hinweisen, dass wir heute einen Antrag von der AfD vorliegen haben, der inhaltlich genau das Gleiche sagt, was die Linkspartei in ihr Wahlprogramm für die Wahlen 2016 geschrieben hatte. Das ist schon mal ein origineller Umstand, und das weitere Originelle ist – heute ist ja der Tag des Grundgesetzes –, dass die für einen demokratischen Diskurs ausreichenden Parteien, also Grüne, SPD, CDU und FDP,
dem sogar zustimmen könnten. Das heißt also, es ist kein völlig abwegiges Ansinnen, obwohl es von den politischen Rändern jeweils artikuliert wurde. Ja, meine
Damen und Herren, Sie müssten sogar dem Ansinnen der AfD zustimmen, wenn es stimmen würde, was dort in diesem Antrag steht, dass nämlich die Qualität der Bibliotheken Berlins durch diese neuartige Form der Beschaffung der Bücher tatsächlich gefährdet ist. Diese Sorge hat auch uns von der CDU-Fraktion umgetrieben.
Wir haben daraufhin Nachfragen gestellt. Wir haben auch zu dem Thema eine Besprechung gemäß § 21 Abs. 3 GO Abgeordnetenhaus im Ausschuss durchgeführt, und haben verschiedene Gespräche geführt. In dieser Besprechung und den Gesprächen konnten diese Sorgen, die artikuliert wurden und die Herr Neuendorf sehr sachlich vorgetragen hat, widerlegt werden. Das heißt also, wir werden diesem Antrag nicht zustimmen können, weil wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr erkennen können, dass das, was die Linkspartei noch 2016 auch in ihrem Wahlprogramm geschrieben hat, der Realität entspricht.
Im Übrigen ist es auch eine Irreführung, wenn Sie davon schreiben, dass es sich um eine Privatisierung handelt. Schon jetzt werden die Bücher privat beschafft, bei privaten Verlagen, bei privaten Buchhändlern. Das wird sich in der Zukunft auch nicht ändern. Es ist lediglich eine andere Organisationsform, wie das in der Zukunft geschehen soll, und ich sehe aus jetziger Beobachtung nicht, dass sich dadurch in der Frage der Qualität irgendetwas verändert. Wir werden das natürlich genau beobachten müssen, und ich habe auch großes Vertrauen darin, dass die Bibliotheken die Hinweise, die von den Besuchern und dem Publikum kommen, dann auch ernst nehmen. Denn das ist letztendlich der wichtigste Qualitätsindikator und Qualitätsmessstab, den wir in dieser Frage haben, nämlich die Rückmeldung seitens der Besucher, und das werden wir uns ganz genau anschauen. Wie gesagt, ich habe auch die Erwartung und das Vertrauen in die Leitung der Bibliotheken, dass sie das dann auch ernst nehmen wird. Ansonsten habe ich ausgeführt, warum wir diesem Antrag heute keine Zustimmung geben können. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Antrag und die Rede von meinem Vorredner haben es exemplarisch gezeigt: Wir werden heute ein Beispiel erleben für die Paradedisziplin, die einzig verbliebene Paradedisziplin der Koalition, nämlich Symbolpolitik.
Wenn man zu richtiger Politik nicht mehr fähig ist, dann greift man danach. Wenn ein Urlaubstag her soll, weil das Volk Brot und Spiele braucht, dann wird der Frauentag eingeführt. Wenn man zum Wohnungsbau nicht fähig ist, dann wird über Enteignungsfantasien gesprochen, und es werden jahrelange Prozesse angestrengt, damit man sich dort auch richtig in Szene setzen kann. Und nun wird hier offenbar das Thema der sogenannten Dekolonisierung vorgebracht, und es werden angebliche gesamtstädtische Defizite in der Würdigung des Themas behauptet. Es wird ein Sammelsurium an Initiativen vorgelegt, ein bisschen Antidiskriminierung, ein bisschen Kultur-, ein bisschen Klientelpolitik, ein bisschen Außenpolitik und ganz viel moralische Wohlfühlinszenierung.
Nein, gestatte ich nicht. – Es kann einem ohnehin mulmig werden, wenn von denjenigen, die angetreten sind, die DDR-Unrechtsgeschichte neu zu schreiben, historische Aufarbeitung beauftragt wird.
Das halte ich schon für schwierig, aber ohnehin verhebt sich hier die Koalition, denn die Außenpolitik ist nicht Aufgabe des Hauses und auch nicht des Senats, und die Gesamtwürdigung der kolonialen Vergangenheit des Deutschen Reiches steht auch nicht in der Zuständigkeit des Landes Berlin.
Nein, danke! – Man maßt sich aber in dieser Koalition offenbar ohnehin eine historische Rolle an, die weit über Berlin hinausstrahlen soll, was allerdings außerhalb des Berliner S-Bahn-Rings niemand mehr ernst nimmt.
Aber das nur am Rande. Man möchte sich mit diesem Antrag offensichtlich auch bei einigen Aktivisten in der Szene andienen. Dabei ist es dann auch eingepreist, dass man diese Aktivisten mit allen Menschen mit dunkler Hautfarbe gleichsetzt. Ich würde mich jedenfalls dagegen wehren, wenn ich als dunkelhäutiger Berliner von RotRot-Grün auf eine Person mit postkolonialem Trauma reduziert werden würde.
(Daniel Wesener)
Die Lebenswelt von dunkelhäutigen Menschen ist in Berlin bestimmt vielschichtiger, pragmatischer und zukunftsgewandter, als es die rot-grüne Scheinwelt suggeriert. Aber ohnehin ist ja die eigene Weltsicht für die Menscheningenieure von links der Nabel der Unfehlbarkeit.
Zur Vollständigkeit gehört allerdings auch, dass es im Antrag einige richtige Punkte gibt, und ich nenne ausdrücklich die Provenienzforschung und die Städtepartnerschaften. Die sind aber wahrlich keine Neuigkeiten. Provenienzforschung beschäftigt die Stadt spätestens seit der voreiligen Rückgabe des Ernst-Ludwig-Kirchner-Bildes „Berliner Straßenszene“. Das war im Jahr 2006, also vor mehr als zehn Jahren, und die Provenienzforschung ist wichtig, aber genauso auch das Bewerten der Fakten. Auf meine Frage im Kulturausschuss, wie viele Rückgabeforderungen aktuell bei Museen in Berliner Verantwortung vorliegen in Bezug auf Kunstgegenstände, die in irgendeiner Weise im kolonialen Kontext erworben wurden, war die Antwort des Senators: Es gibt keine. – So viel auch zur Einordnung der aktuellen Dringlichkeit!
Hier sei mir auch ein kleiner Verweis auf die von der Kultusministerkonferenz verabschiedete Gemeinsame
Erklärung erlaubt. Darin wird festgestellt:
Kulturgüter aus kolonialen Kontexten zu identifizieren, deren Aneignung in rechtlich und/oder ethisch heute nicht mehr vertretbarer Weise erfolgte, und deren Rückführung zu ermöglichen, entspricht einer ethisch-moralischen Verpflichtung und ist eine wichtige politische Aufgabe unserer Zeit.
Ja, so weit, so gut und auch völlig ausreichend erklärt! Warum dann einige Bundesländer, die zurzeit an einer linken Landesregierung leiden, eine Protokollerklärung verfassen mussten, wird deren Geheimnis bleiben, es sei denn, man möchte dieses eben dargelegte Prinzip aushöhlen und eine Art vorauseilende Beweislastumkehr einführen. Dazu kann ich nur sagen: Restitution ist ein sensibler Vorgang, denn es sind ja nicht nur juristische, sondern auch ethische und moralische Kriterien zu prüfen und zur Anwendung zu bringen. Aber – und das ist entscheidend und wichtig – es gilt auch, den Anspruch zu prüfen. Deshalb ist jeder Fall individuell zu betrachten und eine Würdigung der gesamten Umstände vorzunehmen.
Die Gemeinsame Erklärung der Kultusministerkonferenz ist dafür eine gute und ausreichende Grundlage. Aber auch hier will sich Rot-Rot-Grün durch diese Protokollerklärung moralisch besser präsentieren und selbst erhöhen, und ich denke, das wird wohl auch das Ergebnis des vorliegenden Antrages sein. Vor den Erkenntnissen, die im Auftrage des Senats das Licht der Welt erblicken werden, darf uns heute schon berechtigt grausen. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Wesener, dafür, dass Sie eigentlich in hervorragender Weise Ihren Antrag eben vollständig negiert haben, denn Sie haben ja dargelegt, dass offensichtlich die Fragen, die dort in dem Antrag gestellt werden und die sich der Gesellschaft stellen, hier überhaupt nicht an den richtigen Adressaten gerichtet sind. Berlin ist dafür nicht zuständig, schlicht und ergreifend.
[Regina Kittler (LINKE): Ach! – Weiter Zurufe von der LINKEN und den GRÜNEN]
Wenn Sie davon sprechen, dass es eine Dekolonialisierungs- oder eine Debatte über postkoloniale Fragen gibt, die von der Bundesregierung angestrebt wird oder von den sie tragenden Parteien, dann ist es auch dort an der richtigen Stelle. Die Bundesregierung und die Bundesrepublik Deutschland sind der Rechtsnachfolger des Deutschen Reichs. Das ist das Gebilde, das koloniale Aktivitäten entfaltet hat, zum einen.
Zum Zweiten: die Frage der Kultusministerkonferenz. Auch hier ist die Zuständigkeit korrekt adressiert, denn die Länder sind diejenigen, die im Regelfall die Träger der Museen sind,
in denen sich solche Objekte befinden, die in die Frage der Restitution kommen.
Von daher ist es dort auch an der richtigen Stelle. Deswegen ist auch Restitution ein völlig wichtiges Thema. Sie verbrämen das aber mit einem riesengroßen Wohlfühlantrag, indem Sie sich – ich wiederhole mich – moralisch überhöhen wollen. Das ist das, was Sie damit vorhaben.
Das ist die Symbolpolitik, die ich Ihnen in diesem Hause vorwerfen kann, weil Sie dafür gar nicht zuständig sind.
Mir Rassismus oder irgendwelche Ausgrenzungen – erst einmal sollten Sie sich die Rede durchlesen, wenn Sie denn im Protokoll steht –, mir so etwas vorzuwerfen, ist vollkommen unredlich. Ich habe nur davor gewarnt, die Einstellung einiger Aktivisten automatisch für stilbildend für sämtliche Menschen mit dunkler Hautfarbe in dieser Stadt zu verwechseln, denn da, glaube ich, säße man einem falschen Pferd auf. Da kann ich Sie nur warnen, damit Sie dort keine Fehler machen und sich von den Leuten, die sich von denen nicht vertreten fühlen, den Ärger zuziehen
für Ihre alberne Politik, jede kleine Äußerung gleich zu einem Thema zu erhöhen und das für bare Münze zu nehmen. Da seien Sie mal ganz vorsichtig! Solche Unterstellungen mir gegenüber verbitte ich mir höflich.
Sehr geehrter Herr Präsident!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Um die Emotionen vielleicht wieder etwas herunterzukühlen, werde ich mit etwas Verbindendem
anfangen. Ich glaube, es wird hier im Hause kein Dissens bei der Feststellung bestehen, dass eine wesentliche Aufgabe unseres Parlaments die Kontrolle der Regierung ist.
Dabei gibt es ganz unterschiedliche Möglichkeiten. Das schärfste Schwert ist bekanntlich der Untersuchungsausschuss. Dieser hat weitgehende Befugnisse, sogar das Recht zur Beweiserhebung. Da müssen dann die Behörden – und sogar die Gerichte – Rechts- und Amtshilfe leisten. Es gibt einen eigenen Artikel in der Berliner Verfassung, der die Wichtigkeit dieses Instruments unterstreicht. Das heißt, ein Untersuchungsausschuss ist nichts, womit man leichtfertig umgeht. Eine Einsetzung will wohlerwogen sein. Da bin ich bei Herrn Schneider.
Jetzt gucke ich mir den FDP-Antrag an, der die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses vorsieht, und stelle mir die Frage: Wird dieser Einsetzungsantrag der FDP diesen Anforderungen gerecht? – Ich stelle mir die Frage: Kommt die FDP mit diesem Antrag ihrer Aufgabe, Kontrolle auszuüben, ernsthaft nach?
Ich habe gesagt, ich frage mich, Herr Fresdorf! Ich kann Ihnen bestätigen: Sie sind Paul Fresdorf. – Dann schweigen Sie jetzt bitte!
Wenn ich mir diese Frage stelle, dann komme ich zu der Erkenntnis: Wenn man diesen läppischen Antragstext liest, kann man nur zu dem Schluss kommen: Nein! Dreimal nein! – Die FDP kommt damit nicht ihrem Auftrag nach, Kontrolle auszuüben.
Zuerst dachte ich: Da hat er etwas aus der schriftlichen Anfrage herauskopiert. – Da werden dann Allgemeinplätze abgefragt, die ein Praktikant auch mit einer Internetrecherche beantworten kann – zum Beispiel: Wer war von 2006 bis 2016 Stiftungsratsvorsitzender der Gedenkstätte Hohenschönhausen? – Wir sind dann bei einem Gesellschaftsratespiel: Wer bekommt die meisten Punkte? – Oder Ähnliches. Das ist aber nicht der Sinn eines Untersuchungsausschusses. Wenn man diese textlichen Ballaststoffe herausrechnet, dann bleibt inhaltlich wirklich nicht viel übrig. Aber was übrigbleibt, sind erhebliche rechtliche Bedenken, ob der Restposten dann überhaupt einen Untersuchungsauftrag erfüllt. Das Fazit ist: An diesem FDP-Antrag bestehen nicht unwesentliche inhaltliche und verfassungsrechtliche Zweifel. Daher kann die CDU-Fraktion diesem Antrag auch nicht zustimmen.
(Torsten Schneider)
Aber auch die Rolle der Koalitionsfraktionen ist in diesem Zusammenhang mehr als merkwürdig. Es ist eine seltsame Strategie, erst die Verhinderung einer Abstimmung durch ein Gutachten des Wissenschaftlichen Parlamentsdienstes erzeugen zu wollen und dann später gar nicht schnell gut abstimmen zu können. Das sind doch alles durchsichtige taktische Manöver!
Was ich auch bei den Koalitionsfraktionen beobachten muss, ist ein Umgang mit diesem Instrument, den ich nicht als seriös bezeichnen kann.
Das Instrument des Untersuchungsausschusses halte ich für ungeeignet für politisches Taktieren. Mein Erstaunen stellt sich ein,
wenn ich frage: Warum stellt die FDP einen unzureichenden Antrag, obwohl auch dort – und das auch nicht in geringer Zahl – Juristen sitzen? Warum wollte die Koalition erst gar nicht, dann plötzlich ganz schnell abstimmen? Warum will ausgerechnet die FDP einen Untersuchungsausschuss, obwohl sie nicht gerade im Verdacht steht, in den bestehenden Untersuchungsausschüssen die Speerspitze der Investigation darzustellen?
Warum das alles? Fragen über Fragen! Die Antwort könnte, wenn man die Zeitung liest, lauten: Die CDU hätte Probleme mit der Aufarbeitung der Causa Knabe. – Nun fordere ich Sie aber auf: Gucken Sie sich einmal die Realität an! Wer hat denn in den vergangenen Monaten nach Antworten verlangt hier in diesem Haus? – Es war die CDU, die immer wieder nachgebohrt hat.
Von 44 Nachfragen zu dem Thema kamen 41 aus den Reihen der Union.
Das plötzlich erwachte Interesse der FDP an dem Thema erscheint daher umso fadenscheiniger. – Haben Sie denn Gespräche mit Herrn Knabe geführt?
Wir haben das getan. Haben Sie sich dafür eingesetzt, dass die wichtige Stimme von Hubertus Knabe bei der Aufarbeitung des SED-Unrechts nicht verstummt, dass er auch in der Zukunft eine Rolle spielt? – Wir haben das getan. Wer hat denn Herrn Knabe nach seiner Entlassung gebeten, sich auf einer öffentlichen Veranstaltung zu Fachthemen zu äußern? Wer hat ihm nach seiner Kündigung eine Plattform gegeben? – Es war unser Fraktionsvorsitzender Burkard Dregger.
Bei der CDU hat es nie Berührungsängste mit dem Wissenschaftler Hubertus Knabe gegeben. Ich bleibe dabei: Er hat wissenschaftlich eine hervorragende Arbeit an der Gedenkstätte Hohenschönhausen geleistet.
Wie kaum ein anderer war er publizistisch tätig, um den Tendenzen zur Verharmlosung des DDR-Unrechts entgegenzuwirken.
Die Frage nach Führung wurde gestellt. Ich halte fest: Die CDU hat die Führung hier im Abgeordnetenhaus bei der Aufklärung der Umstände von Knabes Entlassung. Wir haben uns am meisten mit diesem Thema beschäftigt. Die CDU hat es sich nicht leicht gemacht mit der Bestimmung des weiteren Weges. Über die Bedeutung eines Untersuchungsausschusses habe ich anfangs ausgeführt.
Wenn wir als CDU-Fraktion uns nun, nach einem ausführlichen Diskussionsprozess, für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses aussprechen, dann hat das mehrere Gründe. Der erste setzt da an, weshalb Burkard Dregger Hubertus Knabe ins Abgeordnetenhaus eingeladen hat:
Das war anlässlich einer unsäglichen Veranstaltung, in der die Linkspartei ihre Traditionslinien zur KPD ausgelotet hat.
Die Linkspartei, die sich selbst zum demokratischen Parteienspektrum zählt, lotet ihre Verbindungen zum Totalitarismus aus. Das finde ich ebenso abstoßend wie bezeichnend.
Was wir dort beobachten, ist nicht mehr und nicht weniger als der Versuch, die Geschichte der DDR und der SED umzuschreiben. Ich verweise auf die LinksparteiGliederung Kommunistische Plattform. Sie meint genau das, wenn man dort lesen kann – ich zitiere:
… für einen differenzierten Blick auf unsere Geschichte – wider den Zeitgeist.
Ich höre das Stöhnen auf der linken Seite. Dieses ist so zu interpretieren: Verschonen Sie uns doch mit diesem kleinen Sektiererhaufen, der angeblich keinen Einfluss hat! – Nein, liebe Linkspartei! Das ist Fleisch von Ihrem Fleische.