Protocol of the Session on February 21, 2019

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Diese monströse Autobahnrampe auf dem Breitenbachplatz, von der wir schon mehrfach gehört haben, zurückzubauen, das ist absolut vernünftig und ist dann tatsächlich auch mal moderne Politik, aber leider atmet der Antrag genau diesen Geist der autogerechten Stadt, den auch der Breitenbachplatz atmet, denn es geht in dem Antrag vor allen Dingen um das Auto, den motorisierten Straßenverkehr, das Recht auf freie Fahrt schwingt immer mit. Es ist aber nicht der Sinn zu untersuchen, welche Auswirkungen der Abriss der Brücke allein für den Autoverkehr hat.

[Stefan Evers (CDU): Auch für die Radfahrer auf der Brücke!]

Es ist nicht Sinn der Sache, zu untersuchen, welche Auswirkungen der Abriss der Brücke allein auf den Autoverkehr hat und wie man den Autoverkehr dann in Zukunft wieder schön und vernünftig fließen lassen kann, denn der zweite Fehler an diesem Platz, das ist die vierspurige Quasi-Autobahn, die den Platz in die andere Richtung quert. Der Antrag lässt völlig offen, was städtebaulich nach dem Abriss der Brücke zu erreichen ist. Wollen Sie den motorisierten Autoverkehr dann vielleicht flüssig fließen lassen, dann aber halt ebenerdig, und das ist das einzige Ziel?

[Zuruf von Christian Goiny (CDU)]

Ich will das Augenmerk lieber auf andere Ziele richten, denn es ist sinnvoll, dass wir hier eine lebendige Stadt bekommen, einen lebendigen Stadtplatz mit Aufenthaltsqualität. Das bedeutet für uns: Abriss der maroden und unnützen Autobahnbrücke, auch wenn sie am Ende vielleicht gar nicht so marode ist. Die Autobahnbrücke dort wegzubekommen ist aber weitaus wichtiger, als einfach nur die Neusortierung des Verkehrs, nur dann eben auf Bodenniveau. Wir verbinden das Vorhaben auf jeden Fall mit konkreten Vorstellungen für die Gestaltung und Nutzung des Ortes, für die Menschen und für mehr Natur. Mit der Bürgerinitiative haben wir starke Partner und Partnerinnen an unserer Seite. Die haben in den letzten Jahren schon viele Ideen zur Wiederbelebung des Ortes gesammelt – Wiederbelebung! Das heißt: Dieser Platz muss im Kern auf jeden Fall wieder lebendig werden. Es war schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine viel genutzte Freifläche, die durch die Autobahnbrücke einfach nur entstellt und öde wurde. Wir möchten den Breitenbachplatz als einen Begegnungs- und Aufenthaltsort wiedergewinnen, als Stadtplatz für die Menschen und für die Natur. Jetzt haben wir durch einen Rückbau die Chance, die Fehler der Vergangenheit zu korrigieren.

Was den Autoverkehr angeht: Natürlich sind Maßnahmen nötig, die den Autoverkehr reduzieren und beruhigen, die die Situation für Radfahrer und Fußgänger verbessern. Das könnte beispielsweise sein, den Verkehr auf eine Seite zu konzentrieren. Das erhöht die Aufenthaltsqualität auf dem Breitenbachplatz und eben auch die Lebensqualität in den angrenzenden Wohngebieten. Es ist nicht utopisch, es ist absolut realistisch, dass aus dem Breitenbachplatz wieder ein Ort zum Wohnen, Arbeiten, zum Leben und für die Zukunft werden kann. Das ist mit diesem Antrag, so wie er jetzt ist, leider nicht möglich. Wie schon gesagt: Da steckt noch eine ganze Menge Arbeit drin. Die werden wir im Ausschuss leisten. Wir sehen weiter, dass wir den Breitenbachplatz am Schluss wieder schön machen können. – Danke schön!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Vielen Dank! – Zu diesem Tagesordnungspunkt hat der fraktionslose Abgeordnete Wild gemäß § 64 Abs. 2 der Geschäftsordnung einen Redebeitrag angemeldet. Die Redezeit beträgt bis zu drei Minuten. – Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort!

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die als Bundesautobahn gebaute Brücke über den Breitenbachplatz ist nicht das unschöne Erbe unvollendeter Verkehrs- und Stadtplanung.

[Stefan Evers (CDU): Es ist eine Perle!]

(Thomas Seerig)

Die Planer des Stadtrings und der damit verbundenen Tangentialautobahn sind Helden der Berliner Verkehrsplanung. Hätten die linksgrünen oder zaghaften Kollegen der CDU in den Fünfziger- und Sechzigerjahren das Sagen gehabt, ginge heute in Berlin verkehrstechnisch gar nichts mehr. Wenn wir heute von Zauderern und Fantasten regiert werden, bedeutet das nicht, dass frühere Generationen unvollendet planten. Selbstverständlich ist nach wie vor eine Verbindung der Steglitzer Autobahn mit der Westtangente sinnvoll. Eventuell wird auch der Plan vollendet, in der Schildhornstraße ein zweites Gebäude wie in der Schlangenbader Straße zu errichten. Wann die städtebauliche Entschlusskraft eines künftigen Senats groß genug ist, einen Umbau der Schildhornstraße in Angriff zu nehmen, ist heute nicht abzusehen, aber der Tag könnte noch kommen. Wir werden um eine Verdichtung des innerstädtischen Raums nicht umhinkommen. Die Überbauung einer Stadtautobahn ist dafür eine naheliegende Möglichkeit.

Über die Frage, ob die Brücke über den Breitenbachplatz schön ist, lässt sich zugegebenermaßen streiten. Aber: Kraftwerke, Stromleitungen, Brücken – sie gehören zur städtischen Infrastruktur. Wir brauchen sie, egal, ob sie schön sind oder nicht. Die Bewohner der Luisenstadt im heutigen Kreuzberg sahen in der Hochbahn eine unglaubliche Verschandelung ihrer Stadt. Die Charlottenburger verlegten ihren Teil der Bahnstrecke daher in den Untergrund.

Der Rückbau der Autobahnbrücke am Breitenbachplatz wäre eine Maßnahme, die das Verkehrschaos vergrößern würde. Es passt in die Infarktstrategie der grünen Sozialisten: Bremst den individuellen Verkehr, wo es nur geht! Schon die beim Berliner kaum bewusst gewordene Entwidmung der Autobahn A 104 im Jahr 2006 war anachronistisch und verursacht dem Land Berlin heute unnötige Kosten, wenn es tatsächlich zu einer Sanierung kommen sollte. Um die Belastung der Schildhornstraße zu reduzieren, würde der Zufluss über die Autobahn durch den Schlangenbader Tunnel behindert. Seit einiger Zeit wurden drei Spuren auf zwei reduziert, die Abfahrt vom Breitenbachplatz von zwei auf eine und die Höchstgeschwindigkeit von 80 auf 60 heruntergesetzt.

[Zuruf von Oliver Friederici (CDU)]

Willkürliche Tempolimits erzeugen Schneckenzonen. Unnötige Fahrbahnverengungen machen den Gegenverkehr zum Blockadehindernis, und statt unser Straßensystem zu entwickeln, werden noch nicht einmal bestandserhaltende Maßnahmen umgesetzt.

[Oliver Friederici (CDU): Bla, bla, bla!]

Unsere Stadt wird Stück für Stück unflexibler. Der Berliner Senat verhält sich wie ein Arzt, der seinen Infarktpatienten immer mehr Stenosen implantiert. Finger weg von der Brücke am Breitenbachplatz! – Schönen Dank!

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Vorgeschlagen wird die Überweisung des Antrags federführend an den Ausschuss für Umwelt, Verkehr, Klimaschutz und mitberatend an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Wohnen. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Der Tagesordnungspunkt 31 steht auf der Konsensliste. Tagesordnungspunkt 32 war Priorität der Fraktion Die Linke unter der Nummer 3.6. Der Tagesordnungspunkt 33 war Priorität der Fraktion der FDP unter der Nummer 3.3. Die Tagesordnungspunkte 34 bis 36 stehen auf der Konsensliste.

Ich komme damit zu

lfd. Nr. 37:

a) Einführung von „Bike-Flashs“ zur Sicherung

gefährlicher Kreuzungen gegen Abbiegeunfälle

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/1603

b) Fahrradstadt Berlin – kein Kokolores, sondern

sinnvolle Pilotprojekte

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/1605

Zu diesem Tagesordnungspunkt erfolgt nach Verständigung der Fraktionen keine Beratung mehr.

Zu dem Antrag Drucksache 18/1603 wird die Überweisung and den Ausschuss für Umwelt, Verkehr, Klimaschutz sowie an den Hauptausschuss empfohlen. Zu dem Antrag Drucksache 18/1605 wird die Überweisung an den Ausschuss für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz empfohlen. – Widerspruch hierzu höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Der Tagesordnungspunkt 38 steht auf der Konsensliste. Tagesordnungspunkt 39 war die Priorität der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unter der Nummer 3.1. Die Tagesordnungspunkte 40 bis 42 stehen wiederum auf der Konsensliste.

Ich rufe nun auf

lfd. Nr. 43:

Keine weiteren Begegnungszonen – Modellprojekte ersatzlos beenden

Antrag der AfD-Fraktion Drucksache 18/1632

In der Beratung beginnt die AfD-Fraktion und hier der Abgeordnete Ubbelohde. – Bitte schön!

(Andreas Wild)

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Sehr geehrte Damen und Herren! Wie heißt es so schön in einem Jahresbericht des Bundes der Steuerzahler – Zitat –:

Es ist gut, dass es dieses Pilotprojekt gab, weil es jetzt an anderer Stelle nicht mehr gemacht wird. Das ist so großer Käse, dass daraus gelernt wurde.

[Beifall bei der AfD]

So wird der Regierende Bürgermeister aus dem April 2017 zur Maaßenstraße zitiert. Da ein sogenanntes Begegnungszonenprojekt das andere ablöst, scheinen die Verantwortlichen für diesen Unsinn ein Produkt ihres eigenen Berliner Bildungssystems zu sein, denn gelernt haben sie offensichtlich nichts.

[Beifall bei der AfD]

Oder hat sich der Regierende Bürgermeister mal wieder nicht gegenüber den im Senat sitzenden Vertretern politischer Partikularinteressen durchsetzen können? Mittlerweile sind seit seiner Aussage bereits fast zwei Jahre vergangen, und die Proteste und kritischen Stimmen insbesondere aus dem unmittelbaren Umfeld der sogenannten fußgängerorientierten Begegnungszonen nehmen eher deutlich zu, als dass sie verstummten. Sollten Sie sich an dem „sogenannten“ stören, müssen Sie der Wahrheit trotzdem ins Auge schauen, denn eine Begegnungszone war die Maaßenstraße beispielsweise schon vor dem Umbau – eine belebte und beliebte Straße im Kiez. Mit dem Winterfeldplatz in der Nähe liegt eine deutlich größere Begegnungszone bereits seit weit über hundert Jahren direkt vor der Tür. Ihnen ging es nur darum, ohne Rücksicht auf die gewachsenen Strukturen eines Kiezes, ohne Rücksicht auf die Anwohner und die Gewerbetreibenden vor Ort engstirnig und ideologisch Ihre eigenen Vorstellungen von teurem, kontrolliertem Verkehrsinfarkt durchzusetzen.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Dabei sind solche Projekte zudem nicht einmal wirklich ein Schnäppchen. Wie viele Fußgängerwege in den betroffenen Bezirken hätten dafür für viele Bürger dieser Stadt nachhaltig saniert werden können!

Aber zurück zu der treffenden Aussage des Regierenden Bürgermeisters aus dem April 2017. Wir als AfD-Fraktion dürfen vermuten, dass er als ehemals zuständiger Senator für die Stadtentwicklung bereits die gleichen Punkte gesehen hat, die seitdem kritisch diskutiert werden und die ich hier noch einmal aufliste: Eine Nutzung am Tage findet praktisch kaum bis gar nicht statt. Immerhin wird die Straße dann am Abend für laute Gelage zum Ärger der Anwohner genutzt, und das hat sie mit anderen Projekten gemein. Das Ganze geht einher mit zunehmender Vermüllung, auch das ist woanders ebenso der Fall. Die Sitzgelegenheiten gelten als hässlich, das begründet immerhin, warum die Nutzung überwiegend in den

Abend- und Nachtstunden erfolgt. Radfahrer, Fußgänger und Autofahrer teilen sich den gleichen schmaler gewordenen Straßenbereich; typisch für solche sogenannten Begegnungszonen, was nicht wirklich zu einer Befriedung der Straße beträgt. Nicht selten weichen die Radfahrer dann auf die Gehwege aus. Die Anwohner müssen mehr Lärm ertragen, und die anliegenden Gewerbetreibenden sind seitdem nachhaltig eingeschränkt. So ist ein vernünftiger Lieferverkehr wegen der kurzen Ladezeiten beispielsweise nicht mehr möglich. Laut Medienberichten klagen 92 Prozent der betroffenen Gewerbetreibenden über zum Teil erhebliche Umsatzeinbußen. Das ist das Paradebeispiel des Sankt-Florian-Prinzips.

Apropos Sicherheit: Mit der Verlagerung des Lieferverkehrs und der einfach ersatzlos weggefallenen Parkplätze und der damit verbundenen Suche in den anliegenden Straßen ist es dort nicht ruhiger geworden, aber vor allem ist es auch nicht sicherer geworden.

Nun könnte man ja hoffen, dass es das war. Schwamm drüber, Augen zu und durch. Aber nein, obwohl die Maaßenstraße „großer Käse“ ist, wird mittlerweile Gleiches in der Bergmannstraße erprobt, und das, obwohl nun nicht einmal mehr der Regierende Bürgermeister das alles für großen Käse hält, sondern auch fast alle Friedrichshain-Kreuzberger Fraktionen mit Ausnahme natürlich der Grünen.

[Beifall bei der AfD]