Protocol of the Session on March 21, 2019

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Ja, Frau Seidel, gerne!

Herr Simon! Können Sie sich noch an die Beratungen dieses Antrags erinnern, als wir ihn damals im Ausschuss vorgelegt haben? Da haben Sie uns darauf hingewiesen, dass das mit der Zielsetzung Ende 2018 ein bisschen ambitioniert ist. Ich darf Sie beglückwünschen: Sie haben recht behalten.

[Heiterkeit und Beifall von Melanie Kühnemann-Grunow (SPD)]

Der Prozess war doch etwas komplizierter als gedacht. Jetzt ist es aber eine runde Sache. – Danke!

Wo war denn jetzt die Frage?

[Paul Fresdorf (FDP): Sehen Sie das auch so?]

Ich finde, man darf auch darauf hinweisen, dass das nicht der einzige Punkt ist, an dem Anspruch und Wirklichkeit bei Rot-Rot-Grün auseinanderklaffen.

[Beifall bei der CDU – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Sie haben die Ausschussberatung angesprochen. Ich erinnere mich an eine andere Ausschussberatung, an die vom 19. April 2018. Dort bekamen wir ein Maßnahmenpaket für mehr Kitaplätze und Fachkräftegewinnung vorgelegt. Einer der darin enthaltenen Punkte – ein aus Sicht der CDU-Fraktion überaus wichtiger Punkt – betraf die modularen Kitabauten, mit deren Hilfe bis zu 3 000 dringend benötigte Plätze geschaffen werden sollten. Die ersten modularen Kitabauten sollten, so wurde uns im April 2018 im Ausschuss vorgetragen, im ersten Quartal 2019 stehen. Nun erfahren wir vor wenigen Tagen, dass bisher nicht ein einziger Platz über dieses Programm geschaffen worden ist. Der Senat hat nicht einmal ein Angebot auf seine Ausschreibung erhalten. Die NichtBausenatorin ist zwar nicht anwesend, aber ich finde, sie lässt ihre Kollegin Scheeres hier ganz schön im Regen stehen. Noch schlimmer ist aber: Sie lassen Tausende Berliner Familien im Regen stehen. Über 10 600 Kitagutscheine warten zurzeit, von Familien in Berlin eingelöst zu werden. Die Familien können sie aber nicht einlösen, da es zu wenige Kitaplätze gibt. Frau Nicht-Bausenatorin – ich hoffe, es wird an Sie weitergetragen– : Ändern Sie das! Blockieren Sie nicht mehr!

Nun möchte der Senat, dass die ersten modularen Kitabauten im Jahr 2020 stehen.

[Zuruf von Marianne Burkert-Eulitz (GRÜNE)]

Auch hier klaffen Anspruch und Wirklichkeit auseinander.

Wir finden, dass das eine oder andere aus dem Gesetzesvorschlag im Rahmen der Ausschussberatung noch einmal genau betrachtet werden sollte – es ist ja auch richtig, dass es erst einmal in den Ausschuss geht –, so zum Beispiel die vorgesehene Regelung in § 9, dass die Senatsverwaltung für Jugend und Familie ermächtigt wird, Jugendherbergen zu betreiben. Das erschließt sich uns nicht auf den ersten Blick. Das Deutsche Jugendherbergswerk betreibt Jugendherbergen seit vielen Jahrzehnten erfolgreich und ganz im Sinne der Jugendförderung, auch in Berlin.

[Beifall bei der CDU – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos) – Zuruf von Marianne Burkert-Eulitz (GRÜNE)]

Den Staat brauchen wir da ganz offensichtlich nicht. Seit vielen Jahrzehnten funktioniert es ohne den Staat. Wo wir den Staat nicht brauchen, kann er sich aber auch heraushalten.

Genauer betrachten sollten wir auch, weshalb der Landesjugendförderplan alle vier Jahre fortgeschrieben werden muss. Wir sind als Parlament ja in gewisser Weise politisch, meist sehr, manchmal ein bisschen weniger, aber: Der Jugendförderplan muss anschließend politisch umgesetzt werden. Weshalb knüpfen wir dann den Turnus nicht an den Turnus der Berliner Wahlperioden, also alle fünf Jahre? Auch das könnte man im Ausschuss noch einmal miteinander beraten. Positiv am Gesetzesvorschlag des Senats ist die sehr frühzeitige Einbindung der Bezirke in das Vorhaben. Die Bezirke haben diese Einbindung und das Gesetz selbst gewollt und immer wieder gedrängelt. Sie stehen dem Gesetzesvorhaben und dem Entwurf positiv gegenüber. Das ist wichtig zu wissen, da dieses Gesetz Befugnisse der Bezirke beschränkt. Wir als CDU wollen starke Bezirke; deshalb ist dieses Signal aus den Bezirken wichtig für uns.

[Beifall von Stefan Evers (CDU) und Oliver Friederici (CDU)]

In der Zeit der rot-roten Regierung – von 2001 bis 2011 – schlossen etwa 160 Jugendfreizeiteinrichtungen in Berlin. Deshalb ist es auch aus fachlicher Sicht wichtig, dass dieses Gesetz in Bezug auf die Einführung von Standards kommt. Es ist richtig und wichtig für die Berliner Jugendlichen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der CDU – Beifall von Paul Fresdorf (FDP) und Andreas Wild (fraktionslos)]

Vielen Dank, Herr Kollege! – Für die SPD-Fraktion hat die Kollegin Kühnemann-Grunow das Wort.

[Oliver Friederici (CDU): Jetzt kommt die Entschuldigung!]

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Simon! Ich habe schon ein Stück weit Verständnis für Ihre Situation. Sie mussten jetzt ganz viel über Kitas reden, ganz viel über Jugendherbergen sprechen, weil das Jugendfördergesetz einfach eine richtig gute Sache ist.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Lachen von Thorsten Weiß (AfD)]

Sie hätten uns sonst vermutlich einfach noch viel, viel mehr loben müssen. Daher kann ich das ein Stück weit verstehen. Aber ich würde jetzt gerne wieder zum Jugendfördergesetz sprechen, das wir hier und heute in erster Lesung beraten.

Wenn mich als Jugendpolitikerin in diesem Hause etwas stolz macht, dann sind es drei Dinge. Das Erste ist das KitaFöG. Damit haben wir massiv Familien in dieser Stadt entlastet.

[Roman Simon (CDU): Sie haben die Wahlfreiheit eingeschränkt!]

Der Finanzsenator ist jetzt draußen, und wir haben das hier im Haus noch nicht gebührend gefeiert, aber das Zweite ist der Tarifabschluss im öffentlichen Dienst.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Endlich haben wir es geschafft – sofern die Gewerkschaften das Ganze annehmen –, hier einen Lückenschluss vorzunehmen und die Erziehungs- und Sozialberufe genauso zu bezahlen wie die, die sich im TVöD befinden.

Wenn mich etwas besonders freut, dann ist es das, dass es uns – Sie haben es zwar angesprochen: wir haben gesagt 2018, wir wussten aber auch damals, Herr Simon, Frau Seidel hat es gerade gesagt, dass der Zeitplan sehr ambitioniert ist – in so kurzer Zeit mit der von Sandra Scheeres geführten Senatsverwaltung gelungen ist, dieses Gesetz – das Gesetz zur Förderung der Beteiligung und Demokratiebildung junger Menschen – auf den Weg zu bringen. Ich finde, das ist etwas, was man hier wirklich einmal feiern kann.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

(Roman Simon)

Frau Kollegin! Gestatten Sie Zwischenfragen der Kollegin Demirbüken-Wegner und des Kollegen Freymark?

[Oliver Friederici (CDU): Das ist aber jetzt auch mal nötig! – Lachen von Paul Fresdorf (FDP)]

Ich habe gerade erst angefangen und würde meine Gedanken gerne weiterführen.

[Oliver Friederici (CDU): Oh!]

Wie häufig haben wir in diesem Haus darüber gesprochen, dass es in Berlin wieder mehr Kinder gibt. Besonders merken wir das natürlich – es ist auch hier angeklungen – bei der Nachfrage nach Kitaplätzen. Das gilt aber eben für alle Bereiche; Berlin wächst. Schon heute leben über 720 000 Kinder und Jugendliche in unserer Stadt. Bis 2030 werden weitere 50 000 Kinder und Jugendliche hinzukommen. Da kann es nicht angehen, dass in den Bezirken, die für die Jugendarbeit zuständig sind, immer weniger Geld ausgegeben wird.

Es ist aber nicht nur der Umstand, dass wir in einer wachsenden Stadt leben, der dieses Jugendfördergesetz notwendig macht, sondern es geht auch darum, dass jeder junge Mensch nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz einen Anspruch auf die Förderung seiner Entwicklung und auf die Erziehung zu einer eigenverantwortlichen, gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit hat. Dazu gehören vor allem Angebote der offenen Jugendarbeit und der Jugendverbandsarbeit. Bildung für junge Menschen findet eben nicht nur in den Schulen statt. Ich weiß, die FDP möchte immer gerne schulreife Kinder haben,

[Paul Fresdorf (FDP): Es wirkt ja endlich!]

aber man muss auch einmal außerhalb der Schule erproben können: Jugendklubs, Abenteuerspielplätze, Ferienlager, internationaler Austausch tragen genauso wie Festivals und Beteiligungsprojekte dazu bei, dass Kinder und Jugendliche Mitverantwortung lernen und selbstbestimmt ihren Platz in unserer Gesellschaft finden.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Wenn wir diese Wünsche und Bedürfnisse junger Menschen ernst nehmen wollen, dann müssen wir das auch gesetzlich tun. Viele von uns haben erste politische Erfahrungen in einem Kinder- und Jugendverband gesammelt. Das ist der Raum, wo Demokratie gelernt wird. Dort wird diskutiert, dort wird Konsens, aber auch Dissens erlebt. Dort lernt man, auch andere politische Meinungen auszuhalten und für die eigene Sache zu werben.

Die Jugendarbeit bietet jungen Menschen Freiräume außerhalb der Familie, frei von den formalen Bildungsan

forderungen in Schule und Ausbildung. Jugendliche brauchen solche Räume in der Nähe, die sie selbstbestimmt nutzen können, damit sie ihre Persönlichkeit frei entfalten können. Es geht darum, sich selbst zu erproben, demokratische Aushandlungsprozesse miteinander zu erleben und die Welt ein Stück weit selbst zu gestalten.

Frau Kollegin! Gestatten Sie jetzt eine Zwischenfrage der Kollegin Demirbüken-Wegner?

[Zuruf: Jetzt muss es aber sein!]

Wer so freundlich bittet,

und so konsequent –

der soll dann auch zu seinem Fragerecht kommen.

Bitte schön!