Protocol of the Session on September 12, 2019

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Wenn die AfD meint, mit ihren Anträgen einen Keil in die rot-rot-grüne Koalition treiben zu können – da werden Sie scheitern.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Das klappt schon noch!]

Nein, daran werden Sie scheitern! Das wird Ihnen nicht gelingen! – Wir bauen die Straßenbahn aus und vergessen die U-Bahn nicht.

[Zuruf von Frank-Christian Hansel (AfD]

Ich habe eingangs ja gesagt, was wir bei der U-Bahn jetzt vorhaben, und damit werden wir den ÖPNV stärken und einen Beitrag zur Verkehrswende leisten, aber nicht mit Ihren Anträgen. – Danke schön!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Zu diesem Tagesordnungspunkt hat der fraktionslose Abgeordnete Wild gemäß § 64, Absatz 3 der Geschäftsordnung einen Redebeitrag angemeldet. Die Redezeit beträgt bis zu drei Minuten. – Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Gleich zu Beginn: Es ist tatsächlich an der Zeit, dass in Berlin wieder zusätzliche U-Bahnkilometer gebaut werden. – Frau Günther, ich weiß, dass Ihnen solche Gedanken fernliegen, aber dennoch sind sie richtig.

(Henner Schmidt)

Nur 42 der Berliner U-Bahnhöfe liegen im Osten unserer Stadt. Das sind nur 24,8 Prozent aller 172 Berliner U-Bahnhöfe sowie dem einzigen U-Bahnhof in Brandenburg, dem Bahnhof Hönow. Die Verlängerung der U 2 bringt dem ehemaligen Ost-Berlin ein kleines Stück U-Bahn mehr. Das wäre doppelt gut. Man ist ja bescheiden geworden in der heutigen Zeit. – All dies kann aber nur ein erster Schritt sein, denn der Ortsteil Niederschönhausen wartet schon seit den Zwanzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts auf den Anschluss an ein modernes öffentliches Verkehrsmittel.

Genauso dringlich ist die Verlängerung der U-Bahnlinie 8 in das Märkische Viertel. Wenn man es ernst meint mit der Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs in Berlin, ist ein großzügiger Ausbau von U- und S-Bahn unabdingbar. Was hat der Senat in den letzten drei Jahren in Sachen Ausbau von U- und S-Bahn Neues in Angriff genommen? – Nichts, gar nichts! Wenn man nach der größten verkehrspolitischen Fehlleistung der amtierenden, von den Grünen gestellten Verkehrssenatorin suchen möchte, wird man hier fündig.

Straßenbahnen ausbauen, das machen Metropolen wie Pjöngjang und Havanna – und Berlin. Wenn Sie den Aufgaben einer Verkehrssenatorin im Land Berlin nicht gewachsen sind, dann weiß ich einen Rat, Frau Günther: Gehen Sie! Gehen Sie mit Gott, aber gehen Sie! Beim WWF ist man bestimmt froh, eine solch qualifizierte Mitarbeiterin wie Sie zurückzubekommen. – Danke schön!

[Ines Schmidt (LINKE): Was erzählst du denn da, du Kasper? Wie gehst du denn mit der Senatorin um? Das ist doch der Hammer!]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung der beiden Anträge an den Ausschuss für Umwelt, Verkehr, Klimaschutz sowie an den Hauptausschuss empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 4.6:

Priorität der Fraktion der FDP

Tagesordnungspunkt 31

Meister dem Master gleichstellen: Abschlüsse müssen kostenfrei sein

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 18/2106

Frau Dr. Jasper-Winter von der FDP – Sie haben das Wort und beginnen in der Rederunde!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

[Unruhe]

Einen kleinen Moment! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es werden zu viele Gespräche am Rande des Plenums geführt. Ich bitte: Wer unbedingt etwas besprechen muss, draußen – und ansonsten ein bisschen mehr Ruhe und Konzentration für die Rednerin! – Bitte schön, Frau Kollegin!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Immer wieder hören wir, welche Bedeutung die duale Berufsausbildung für Deutschland und für Berlin hat, dass die Ausbildung gestärkt werden muss und dass wir im Ausland um diese Ausbildung beneidet werden. Viele Reden wurden zu diesem Thema gehalten – passiert ist bisher wenig.

Dabei drängt die Situation dazu, endlich zu handeln: Fachkräftemangel, immer weniger Auszubildende und dadurch auch weniger Meister. Das ist ein Teufelskreis, denn die Meister sind gerade diejenigen, die wieder für die Ausbildung junger Menschen verantwortlich sind. Schauen wir uns die Situation noch etwas genauer an! Wir haben Fachkräftemangel in Berlin, in Deutschland; laut einer Prognos-Studie fehlen uns bis zum Jahr 2030 sage und schreibe mehr als drei Millionen speziell ausgebildeter Menschen.

Wir wissen alle seit Langem um den Trend zur Akademisierung: 2008 haben noch mehr junge Leute eine Ausbildung gemacht. 10 Jahre später ist es so, dass wir heute doppelt so viele Studenten wie Auszubildende haben. Wir haben immer weniger Meister. Seit 2010 ist die Zahl um 25 Prozent ebenso gesunken wie der Anteil der Frauen an der Gesamtzahl, und zwar von 31 Prozent auf nur 19 Prozent. In Berlin – das hat eine Anfrage unseres Fraktionsvorsitzenden ergeben – wurden im Jahr 2010 noch ungefähr 500 Meisterprüfungen erfolgreich absolviert, während es im Jahr 2018 nicht einmal mehr 370 waren.

Politik, finde ich, muss sich an ihren Taten für die duale Ausbildung und auch für die Meisterausbildung messen lassen, nicht nur an Sonntagsreden. Deshalb schlagen wir Ihnen mit diesem Antrag eine Tat vor.

[Beifall bei der FDP]

Gebührenfreiheit für die Meisterausbildung – warum? – Durch die Meisterausbildung schaffen Menschen einen sozialen Aufstieg. Sie erlangen mehr Selbstständigkeit, schaffen selbst Arbeitsplätze und sorgen, was ganz wichtig ist, für die Ausbildung von Nachwuchskräften in ihren

(Andreas Wild)

Betrieben. Und sie sind auch diejenigen, die die aussterbenden Familienunternehmen übernehmen können. Ich war Anfang des Jahres bei der Meisterfeier in Berlin. Da wurden wenige Meisterinnen und noch mehr Meister geehrt und ausgezeichnet. Es war eine sehr bewegende Zeremonie. Viele hatten ihre Familie dabei, die sie während dieser anstrengenden Zeit unterstützt hat, in der man neben der Job auf den Meister hinarbeitet. Dabei wurde deutlich: Es ist familiär, mental und zum Teil auch körperlich eine Herausforderung.

Wir können heute dafür sorgen, dass zumindest die finanziellen Hürden aus dem Weg geräumt werden.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

In Berlin kostet allein die Meisterprüfung 740 Euro, während man beispielsweise beim Master keine Prüfungsgebühren zahlt. Hinzu kommen noch die teils hohen Gebühren für die Lehrgänge an sich. Für den Einzelnen sind die 740 Euro viel Geld. Für das Land Berlin würde das etwa 300 000 Euro an jährlichen Ausgaben bedeuten, wenn es diese Gebühren übernehmen würde. Das ist eine relativ geringe Summe angesichts der im Doppelhaushalt eingeplanten Ausgaben in Höhe von 30 Milliarden Euro. Wir können hier demnach einmal etwas Praktisches tun und müssen es sogar. Ansonsten haben wir in Berlin einen Wettbewerbsnachteil gegenüber Brandenburg, denn dieses Bundesland zahlt eine Meisterprämie von 4 000 Euro.

Wir wollen mit diesem Antrag einen ersten Schritt tun, damit wir in Berlin sagen können, wir nehmen unsere Reden, unsere eigenen Worte ernst und setzen sie bei der Meisterbildung in Taten um. Wir sind auch bereit, Geld dafür in die Hand zu nehmen, damit jemand, der eine Meisterausbildung machen will, dem gleichgestellt wird, der studiert.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Wir finden: Ein Meister soll uns genauso viel wert sein wie ein Master. Wir stellen diese beiden Qualifizierungsgänge gleich und wollen sie auch gemeinsam wertschätzen. Zu dieser Wertschätzung und zu diesem Signal der Politik laden wir sie heute ein.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Für die SPD-Fraktion hat Frau Kollegin König das Wort – bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der FDP spricht mit dem Fachkräftemangel ein wichtiges Thema an, allerdings recht allgemein. Als Lösung schlägt

die FDP eine Stärkung der Aufstiegsfortbildung vor. Der Fachkräftemangel hat aber viele Ursachen, und ihn zu bekämpfen, erfordert entsprechend viele und verschiedene Maßnahmen. Dabei ist es sinnvoll, an der Wurzel des Problems anzusetzen: Diese liegt in den fehlenden Ausbildungsplätzen. Auch dieses Jahr gab es in Berlin wieder zu wenig Ausbildungsplätze. Das ist eine der Hauptursachen für den Fachkräftemangel: Es wird zu wenig ausgebildet. Zudem entscheiden sich zu wenige Jugendliche für eine duale Ausbildung. Das sollte in diesem Zusammenhang nicht unter den Tisch fallen. Denn dem Fachkräftemangel begegnet man nicht in erster Linie mit der Förderung von Aufstiegsqualifizierung. Ein potenzieller Meister ist bereits Geselle – und damit eine Fachkraft. Wir müssen vor allen Dingen dafür sorgen, dass wir die Leute in Ausbildung bekommen, um den Fachkräftemangel zu bekämpfen.

[Beifall von Ülker Radziwill (SPD)]

Dem Anliegen der FDP, die berufliche Bildung mit der Hochschulbildung gleichzusetzen, stimme ich aber zu. Ich begrüße das generelle Ansinnen, die Meisterfortbildung finanziell zu erleichtern, allerdings nicht, weil ich das für den Königsweg gegen den Fachkräftemangel halte, sondern deshalb, weil ich es für eine staatliche Aufgabe halte, Bildung von der Kita über die Schule, die Ausbildung, das Studium und die Meisterfortbildung kostenfrei zu gestalten. Das schließt die berufliche Bildung ausdrücklich mit ein. Diese hat einen höheren Stellenwert verdient. Eine stärkere finanzielle Förderung oder Unterstützung kann die Aufstiegsqualifikation natürlich attraktiver machen. Ich denke, wir sind bereits auf einem guten Weg, dem Anspruch der kostenfreien Bildung gerecht zu werden. In der Kita und in der Universität funktioniert das schon sehr gut, und auch bei der Aufstiegsqualifikation unterstützen bereits diverse Förderinstrumente wie das Aufstiegs-BAföG oder die Meistergründungsprämie, die es in Berlin gibt, die Bildungsanstrengungen vieler, vieler Menschen in dieser Stadt. Übrigens: Die Fördersätze des Aufstiegs-BAföG wurden im Rahmen der letzten BAföG-Reform zum 1. August erhöht. Dafür hatten wir uns starkgemacht. Weitere Verbesserungen werden gerade im Hause und im Bundesministerium für Bildung und Forschung vorbereitet; diese werden im nächsten Jahr kommen. Damit setzt die Bundesregierung eine zentrale Forderung der SPD um.

[Beifall bei der SPD]

Genau hier müssen wir auch ansetzen, liebe FDP! Denn zur Wahrheit gehört – Sie haben es auch gesagt, Frau Jasper-Winter –: Die wirklich hohen Kosten in der Qualifizierung sind die Lehrgangs- und nicht die Prüfungsgebühren. So betragen die Prüfungsgebühren 740 Euro, aber gleichzeitig muss beispielsweise ein angehender Elektrotechnikmeister etwa 7 100 Euro für einen Vorbereitungskurs zahlen. Um hier zu entlasten, muss man beim Aufstiegs-BAföG ansetzen und diese Regelungen noch weiter verbessern oder vielleicht über eine Meisterprämie statt einer Meistergründungsprämie diskutieren, also die

(Dr. Maren Jasper-Winter)

vorhandenen Förderinstrumente stärken – auch, um nicht in die Gefahr der Mehrfachförderung zu geraten.

Neben den Gebühren ist die fehlende Zeit ein sehr, sehr großes Problem: die fehlende Zeit für Weiterbildungswillige. Insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen lassen ihre Leute in den konjunkturell guten Zeiten nicht unbedingt zurück an die Schulbank.

Frau Kollegin! Ich darf Sie fragen, ob Sie eine Zwischenfrage von Frau – –