Protokoll der Sitzung vom 26.09.2019

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 47. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin. Ich begrüße Sie, unsere Gäste, Zuhörerinnen und Zuhörer sowie die Medienvertreterinnen und Medienvertreter recht herzlich. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich möchte Sie bitten, sich von den Plätzen zu erheben.

[Die Anwesenden erheben sich von ihren Plätzen.]

Sigmund Jähn ist tot. Der erste Deutsche im All und Berliner Ehrenbürger war schon zu Lebzeiten eine Legende. Als Weltraumpionier wird er uns immer im Gedächtnis bleiben. Sigmund Jähn starb im Alter von 82 Jahren am vergangenen Sonnabend in Strausberg.

Im sächsischen Vogtland wurde er am 13. Februar 1937 geboren. Dort wuchs er auf. Bevor er zur NVA ging, absolvierte er eine Lehre als Buchdrucker. Bei der NVA durchlief er eine Ausbildung zum Jagdflieger. Danach folgte ein Studium an der Militärakademie der sowjetischen Luftstreitkräfte. Damals lernte er auch das Sternenstädtchen kennen.

Über einen Flug ins Weltall dachte Jähn damals vielleicht nur im Stillen nach. Doch im Jahr 1976 traf die Sowjetunion die Entscheidung, Kandidaten aus anderen sozialistischen Ländern zu Kosmonauten auszubilden. Sigmund Jähn gehörte dazu. Er setzte sich gegen 29 andere Kandidaten durch und war damit für einen Weltraumflug ausgewählt. Nach intensiver zweijähriger Ausbildung, die unter strikter Geheimhaltung erfolgte, brach Sigmund Jähn dann am 26. August 1978 gemeinsam mit dem sowjetischen Kosmonauten Waleri Bykowski zur sowjetischen Orbitalstation Saljut 6 auf. Acht Tage lang führte er wissenschaftliche Experimente mit einer Spezialkamera durch.

Sigmund Jähn machte sich später in den Neunzigerjahren im Sternenstädtchen intensiv um die internationale Zusammenarbeit in der Raumfahrt verdient, zuerst für das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt – DLR –, später für die Europäische Weltraumorganisation ESA. Sein Weltraumflug brachte Sigmund Jähn eine ungeheure Popularität ein. Eine Welle der Sympathie, nicht nur in Ostdeutschland, sondern auch in Westdeutschland, schlug ihm entgegen. Es war damals ein Jahrhundertereignis für viele Menschen auf beiden Seiten der Mauer.

Immer wieder besuchte uns der Ehrenbürger Sigmund Jähn hier im Abgeordnetenhaus. Diese Besuche spiegelten auch seine Verbundenheit mit Berlin wider. Seine freundliche, eher stille Art ließ dabei erahnen, wieso er so populär war in Deutschland. Vor allem junge Menschen konnte er mit seiner Persönlichkeit faszinieren. Er trug so

zu einer generationenübergreifenden Technikbegeisterung in Deutschland bei.

Nun ist Sigmund Jähn von uns gegangen. Wir werden ihn nicht vergessen. Unsere Anteilnahme gilt in diesen Stunden seiner Witwe und seinen beiden Töchtern.

[Gedenkminute]

Ich danke Ihnen, dass Sie sich zu Ehren des Verstorbenen von den Plätzen erhoben haben.

Die Fraktion der FDP hat am Dienstag Vorstandwahlen durchgeführt. Dabei wurde der bisherige Vorstand im Amt bestätigt. Stellvertretend für den gesamten Vorstand darf ich Herrn Fraktionsvorsitzenden Czaja zur Wiederwahl gratulieren.

[Allgemeiner Beifall]

Herr Abgeordneter Fresdorf wurde ebenfalls erneut zum Parlamentarischen Geschäftsführer gewählt. – Auch Ihnen herzlichen Glückwunsch!

[Allgemeiner Beifall]

Als Geschäftliches habe ich mitzuteilen. Am Montag sind folgende sechs Anträge auf Durchführung einer Aktuellen Stunde eingegangen:

− Antrag der Fraktion der SPD zum Thema: „Hundert

tausende beim Klimastreik: Berlin setzt ein deutliches Zeichen für mehr Klimaschutz“

− Antrag der Fraktion der CDU zum Thema: „Neue

Krise in Bürgerämtern ärgert die Berliner und lässt den Regierenden Bürgermeister alt aussehen“

− Antrag der Fraktion Die Linke zum Thema: „Hundert

tausende beim Klimastreik: Berlin setzt ein deutliches Zeichen für mehr Klimaschutz“

− Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum

Thema: „Hunderttausende beim Klimastreik: Berlin setzt ein deutliches Zeichen für mehr Klimaschutz“

− Antrag der AfD-Fraktion zum Thema: „30 Jahre

Mauerfall – kommt in Berlin unter R2G die DDR zurück?“

− Antrag der Fraktion der FDP zum Thema: „Recht und

Gesetz in Friedrichshain-Kreuzberg“

Die Fraktionen haben sich auf das Thema der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen verständigt.

[Kurt Wansner (CDU): Gute Leute!]

Somit werde ich gleich dieses Thema für die Aktuelle Stunde unter dem Tagesordnungspunkt 1 aufrufen. Die anderen Anträge auf Durchführung einer Aktuellen Stunde haben damit ihre Erledigung gefunden.

Sodann verweise ich auf die Ihnen vorliegende Dringlichkeitsliste. Die Fraktionen haben sich darauf verständigt, die dort verzeichneten Vorgänge als Tagessordnungspunkte 5 bis 6 B, 8 A, 31 bis 32 B sowie 42 in der heutigen Sitzung zu behandeln. Ich gehe davon aus, dass

den zuvor genannten Vorgängen die dringliche Behandlung zugebilligt wird. – Widerspruch zur Dringlichkeitsliste höre ich nicht. Dann ist die Tagesordnung einvernehmlich so beschlossen.

Ich darf Sie auf die Ihnen vorliegende Konsensliste hinweisen und stelle fest, dass auch dazu kein Widerspruch erfolgt. Die Konsensliste ist damit so angenommen.

Dann darf ich Ihnen noch die Entschuldigungen von Senatsmitgliedern mitteilen: Herr Senator Dr. Lederer ist ganztägig verhindert. Er nimmt an der Europaministerkonferenz in Trier teil. Herr Senator Dr. Behrendt muss die Sitzung nach der Fragestunde verlassen, da er an der Agrarministerkonferenz in Mainz teilnimmt.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 1:

Aktuelle Stunde

Hunderttausende beim Klimastreik: Berlin setzt ein deutliches Zeichen für mehr Klimaschutz

(auf Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen)

gemäß § 52 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin

Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu zehn Minuten zur Verfügung. In der Runde der Fraktionen beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, und Grau Gebel, Sie haben das Wort. – Bitte schön, Frau Kollegin!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es gibt diese historischen Momente, wo die Leute massenhaft auf die Straße gehen, um die Regierungen wachzurütteln.

[Zurufe von der FDP]

Das war in den frühen Achtzigern bei den Friedensdemos so. Das war 1989 bei der Demo am Alexanderplatz im Vorfeld des Mauerfalls so, das war für meine Generation 2003 bei den großen Irak-Demos so, und das wird auch bei der Klima-Demo am vergangenen Freitag so sein.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Ich bin mir sicher, noch in vielen Jahren werden wir zurückblicken auf den September 2019, und wir werden sagen: Das waren historische Proteste,

[Zuruf von Georg Pazderski (AfD)]

als weltweit Millionen Menschen zum Klimastreik auf die Straße gingen und gesagt haben: Bitte, liebe Regierungen, rettet diesen, rettet unseren Planeten! – Und die entscheidende Frage wird dann sein: Haben wir als letzte

Politikergeneration, die die Klimakatastrophe noch stoppen könnte, den Mut aufgebracht, zu handeln?

[Lachen bei Ronald Gläser (AfD)]