Protokoll der Sitzung vom 26.09.2019

[Frank-Christian Hansel (AfD): Bis zum nächsten Blackout!]

Und wir haben schon ein Austauschprogramm für Ölheizungen gehabt, als die Bundesregierung noch gedacht hat, der Klimaschutz geht vorbei, das ist nur so ein temporäres Phänomen.

Aber all das reicht nicht. Deshalb ist auch der verschleppte CO2-Preis so fatal. Es braucht neben all dem Fördern auch ein Fordern. Das merken wir insbesondere bei der Wärmewende. Der Gebäudesektor ist unsere klimapolitische Achillesferse. Hier wird am meisten CO2 in die Luft gepustet, und es passiert kaum was. Damit sich das ändert, brauchen wir ein Berliner Erneuerbare-WärmeGesetz.

[Zuruf von Heiko Melzer (CDU)]

Damit das bezahlbar bleibt, müssen wir den Missbrauch von Modernisierung beseitigen und attraktive Förderprogramme anbieten, denn Klimaschutz muss sozial sein.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Zurufe von Heiko Melzer (CDU) und Holger Krestel (FDP)]

Wir müssen uns auch immer fragen: Müssen wir nicht noch eine Schippe obendrauf legen bei all den Maßnahmen, die wir für ein klimagerechtes Berlin in Gang bringen? Reicht das, was wir machen? – Die Wissenschaft sagt: Wir müssen 2035 klimaneutral sein und die Erderhitzung auf unter 2 Grad begrenzen. – Damit müssen wir uns auseinandersetzen. Deshalb haben wir als RotRot-Grün gemeinsam Geld für eine Studie in den Haushalt eingestellt, die berechnen soll, welche Maßnahmen Berlin zusätzlich ergreifen müsste, um noch schneller CO2 zu sparen. Und dann müssen wir über dieses Ergebnis hier und mit der Stadt reden. Das werden keine einfachen Diskussionen. Wir müssen uns alle miteinander die Frage stellen: Wie wollen wir heute und künftig leben? Wollen wir uns die Umstände der Klimakrise diktieren lassen, oder wollen wir selbstbestimmt die Herausforderungen anpacken?

[Zuruf von Burkard Dregger (CDU)]

Ich werbe, dass Klimaschutz schon heute Standard wird, dass auf jedem Dach eine Solaranlage und ein Gründach sind, dass neue Stadtquartiere klimaneutral sind, dass Bus, Bahn und Elektroantrieb den fossilen Verbrennungsmotor ablösen. Berlin muss aus jeder Pore atmen. Wir sind mutig. Wir sind vernünftig. Wir sind alle Klimaretter.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Zuruf von Heiko Melzer (CDU)]

Für die CDU-Fraktion hat jetzt der Kollege Freymark das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer hätte vor einem Jahr geglaubt, als wir hier über viele andere wichtige Themen, auch über dieses vielleicht mal partiell diskutiert haben, dass wir zu so einer Energieleistung kommen, dass die Grünen diesen Punkt wiederholt anmelden, dass Sie darüber sprechen wollen, dass wir die Gelegenheit haben, eine Woche nach dem Klimapaket der Bundesregierung hier so ins Gespräch zu kommen? Da sage ich: Chapeau! Das ist ein Verdienst der jungen Generation, der jungen Leute, die auf die Straße gegangen sind, die sich haben mobilisieren und gewinnen lassen für ein Thema, für das man ja nur begeistert sein kann,

[Zuruf von Christian Buchholz (AfD)]

(Silke Gebel)

nämlich hier die Bewahrung der Schöpfung und den Erhalt des Lebensraums, das ist eine Menschheitsaufgabe,

[Georg Pazderski (AfD): Jetzt fängt der genauso an!]

eine Aufgabe von uns allen und eine Aufgabe, die wir als CDU-Fraktion als solche auch bei uns sehen.

[Beifall bei der CDU – Zurufe von der AfD]

Ich erinnere mich gut daran, als ich in der dritten, vierten Klasse war, gab es die Diskussion um die Frage: Wie gehen wir mit dem Ozonloch um?

[Zuruf von Gunnar Lindemann (AfD)]

Und dann durfte man noch zur Garnierung des Problems Treibhauseffekte malen oder sauren Regen erklären. Hätte mir damals jemand gesagt, wir gehen freitags demonstrieren, um das zu verhindern, dass unser Lebensraum so beeinträchtigt wird, hätte ich gesagt, ich mache mit. Möglicherweise hätte ich gefragt, ob man das nicht sogar ausweiten kann. Das heißt, behalten und bewahren Sie doch die Empathie, um nachzuvollziehen, warum junge Menschen in Sorgen und Ängsten unterwegs sind, und lassen Sie uns schauen, wie wir damit verantwortungsvoll umgehen! Sie fordern von uns, was relativ simpel ist, nämlich dass wir unseren Job machen. Sie fordern von uns, dass wir in der Lage sind, politische Lösungen zu formulieren. Da sage ich: Das ist der Bundesregierung mit CDU und SPD gelungen. Sie haben ein Klimaschutzpaket hingelegt, von dem Berlin auch profitieren wird.

[Beifall bei der CDU]

Frau Gebel! Ich schätze Ihr Engagement sehr, und ich schätze zudem das Engagement im Umwelt- und Verkehrsausschuss in der Dynamik auch der Diskussionen. Dankenswerterweise waren Sie bereit, uns bei der Umweltbildung, die uns als CDU-Fraktion besonders wichtig ist, entgegenzukommen und sogar unseren Änderungsantrag anzunehmen. Das passiert ja nicht so oft, wie wir wissen. Deswegen danke dafür!

Denn das Engagement der jungen Leute, das sollten wir weiter nutzen. Wir haben uns ja hier im Haus gewünscht – zumindest die Oppositionsfraktionen –, dass wir mehr in die Diskussion mit jungen Menschen kommen, mehr Teilhabe ermöglichen. Das würden wir auch gerne weiter ermöglichen, und dafür ist die Umweltbildung, glaube ich, ganz essenziell und wichtig, demnach auch für uns sehr wichtig und zu unterstützen bitte.

[Beifall bei der CDU]

Aber ich will auch ganz konkret sagen: Der Koalitionsvertrag, den Sie 2016 verabschiedet haben, war ja im Umwelt- und Verkehrsbereich gar nicht so schlecht.

[Lachen bei der AfD]

Der ist jetzt nur überholt worden von dem Klimaprogramm der Bundesregierung.

[Lachen bei der LINKEN und den Grünen]

Sie liegen mit Ihren Ideen weit dahinter! Ich bin mir sicher, dass Sie, die jetzt am lautesten gelacht haben, am wenigsten Zeit investiert haben, um das zu lesen.

[Beifall bei der CDU]

Denn wenn Sie es gelesen hätten, meine Damen und Herren, dann wüssten Sie, was da drinsteht. Und ich sage es Ihnen sehr gerne. Auch hier in dem Haus wurde diskutiert über den ÖPNV und über die Kostenstrukturen. Wir geben ja schon 1 Milliarde Euro in Berlin zusätzlich aus dem Steuertopf aus, um einen klugen, vernetzten ÖPNV zu ermöglichen. Dass Sie da einige Mängel haben und nicht so schnell sind, wie es eigentlich sein sollte, sei mal dahingestellt. Dass die Bundesregierung jetzt reagiert und natürlich, was auch logisch ist, finde ich, den Schienenverkehr stärker unterstützt als den Flugverkehr und die Tickets preiswerter macht, das ist gut. Und da erzählen Sie uns hier, Frau Gebel, in einer ganz grandiosen Rede, was gemacht werden muss, und erhöhen über Nacht die Tickets für den ÖPNV in Berlin um fast 2 Prozent. Das ist ja eine Geschichte, die kann man gar nicht glauben; dass Sie die konkrete Möglichkeit hätten, in Berlin den ÖPNV zu gestalten, das unterlassen Sie schon, ihn preiswerter zu machen – Sie machen ihn teurer und sagen, die Bundesregierung ist schuld. So funktioniert Politik nicht.

[Beifall bei der CDU]

Wir lassen uns nicht verschaukeln von Ihnen.

Und wir haben die konkreten Projekte. Bauen Sie die U 8 ins Märkische Viertel aus, da hat keiner etwas dagegen. Die Menschen warten darauf. Tun Sie es doch bitte endlich!

[Beifall bei der CDU – Beifall von Tino Schopf (SPD)]

Ich hatte in meinem Wahlkreis die Situation, dass mich Leute angesimst und gesagt haben: Unser Schienenersatzverkehr ist nicht mehr da. Er wurde abgezogen. – Man saniert die Bahn, man schafft keinen Schienenersatzverkehr und sagt den Leuten: Aber verreisen Sie bitte ökologisch! – Meine Damen, meine Herren! Bitte machen Sie Ihre Hausaufgaben. Die CDU-Fraktion unterstützt Sie. Wir wollen mehr Geld dafür ausgeben. Wir wollen den ÖPNV verbessern. Wir wollen, dass es sicher ist, dass es verlässlich ist, dass es komfortabel und schnell ist. Mit uns kriegen wir das vielleicht sogar hin. Aber bitte nehmen Sie auch mal einen unserer Anträge an. Wir helfen Ihnen doch gerne. Bitte, bitte, bitte!

[Georg Pazderski (AfD): Mimimi!]

Und ein weiteres Thema, das wichtig ist: Gebäudesanierung wurde angesprochen. Ich weiß ja nicht, wie oft Sie den Koalitionsvertrag lesen. Wenn man in die Ausschüsse reinhört, dann sieht man, dass es mittlerweile viel Klein-Klein gibt. Bei uns bei Umwelt und Verkehr sagt

ein Kollege der SPD: Wir müssen was für die U-Bahn machen. Da melden sich zwei Kollegen der Grünen und Linken und sagen: Nein, nicht für die U-Bahn; irgendwas anderes.

Ich versuche, Ihnen ja wirklich dabei zu helfen, dass Sie irgendwie geschlossen Themen voranbringen, die der Stadt dienlich sind. Bei der Gebäudesanierung haben Sie im Koalitionsvertrag drinstehen, dass Sie Polizei, Feuerwehr und Schulen stärken wollen, dass Sie dort energetisch sanieren wollen. Praktisch hat dann Herr Geisel hier letztens erklärt: Wir machen jetzt nur noch die Schulen energetisch. Feuerwehr und Polizei werden außen vor gelassen. – Und wenn ich dann sehe, was die BIM ausgibt pro Jahr, roundabout 25 Millionen Euro in einer Stadt mit fast 4 Millionen Menschen, ist das so wenig, so kleckerhaft, dass wir niemals vorankommen werden. Und das unterstreichen Sie jetzt noch mit der neuen Solarcity.

Man glaubt es ja gar nicht, Berlin hat gegenwärtig erneuerbare Energien – weiß es jemand? – anteilig roundabout 5 Prozent. Damit liegt man knappe 30 Prozent hinter dem Bund zurück. Gut, kann passieren. Im Bereich Solarenergie sind wir bei 0,7 Prozent. Ich höre immer Solarverpflichtung und die Solardächer ausbauen. Ja, machen Sie es doch! Und dann haben Sie hier eine Solarcity vereinbart und sagen: Bis 2050 – also wir sind richtig ambitioniert als Rot-Rot-Grün – sind wir in der Lage, 25 Prozent der Stromerzeugung über Solar hinzubekommen. Also dann erzählen Sie doch nichts über 2035, wenn Sie selber nicht Ziele einhalten können, was notwendig wäre.

[Beifall bei der CDU]

Ich habe schon einmal Frau Scheeres nach Hohenschönhausen eingeladen, um mit mir eine Schule anzuschauen, wo nicht mal mehr der Feuerlöscher hängt. Über Solar brauchen wir gar nicht zu reden. Sie ist nicht gekommen. Jetzt lade ich noch mal den Regierenden Bürgermeister ein und auch Herrn Geisel: Gucken Sie sich dort die Freiwilligen Feuerwehren und die Berufsfeuerwehren an, gucken Sie sich die Polizeireviere in Hohenschönhausen an! Das ist so inakzeptabel, dass man es hier auch noch mal sagen muss. Und wer den Dreiklang von Nachhaltigkeit verstanden hat, der weiß, dass es um Ökologie, um Ökonomie und um soziale Politik geht. Und wenn Sie da nicht mitmachen, wenn Sie die Leute auf dieser Reise nicht mitnehmen, um hier diese Stadt klimapolitisch neu aufzustellen, dann werden wir sie verlieren. Und das machen Sie gerade. Und deswegen handeln Sie, nehmen Sie mehr Geld in die Hand, um diese Polizei, Feuerwehr und Schulen zu sanieren!

[Beifall bei der CDU]

Angesprochen wurde übrigens auch das Thema Mischwaldprogramm. Wir – jeder hier, die Regierungen der Vorzeit – haben die Berliner Forsten nicht so unterstützt, wie es notwendig gewesen wäre. Dort wurden junge Menschen ausgebildet und nach der Ausbildung nach Hause geschickt. Beim letzten Gespräch zum Haushalt

haben wir festgestellt, dass zwei Drittel der Mitarbeiter der Berliner Forsten in zehn Jahren nicht mehr da sind. Wir haben nicht den Nachwuchs. Wir haben keinen deutlichen finanziellen Aufwuchs. Da werden jedes Jahr 200 000 bis 300 000 Bäume, Setzlinge, gepflanzt. Die Hälfte geht wieder ein, weil sie nicht richtig gepflegt wird, weil das Personal fehlt. Das ist doch was so Konkretes, dass Sie aufstehen und sagen müssen: Herr Freymark, wir handeln; heute werden wir beginnen.

[Zurufe von Silke Gebel (GRÜNE) und Antje Kapek (GRÜNE)]

Gestern war Frau Günther im Mischwald, das habe ich gesehen, weil sie gemerkt hat, das wird ein Thema, da hat sie Pech, und die Opposition wird es auf die Tagesordnung bringen. – Bitte machen Sie dort mehr!

[Antje Kapek (GRÜNE): Das machen wir!]

18 Prozent Wald in Berlin anteilig. Den wollen wir gern erhalten, auch mit Ihrer Politik. Bitte helfen Sie uns!