Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 59. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin. Ich begrüße Sie, unsere Zuschauerinnen und Zuschauer vor den Bildschirmen, Zuhörerinnen und Zuhörer sowie die Medienvertreterinnen und Medienvertreter sehr herzlich.
Als Geschäftliches habe ich mitzuteilen: Der Antrag der AfD-Fraktion auf Drucksache 18/2525 „Antisemitismus gezielt und konsequent bekämpfen – Al-Quds-Marsch endlich verhindern!“, vorgesehen als heutiger Tagesordnungspunkt 23 wurde von der antragstellenden Fraktion zurückgezogen.
Weichen für das neue Schuljahr stellen statt rot-rotgrüner Bildungsstreiche oder frei nach Wilhelm Busch: ,Also lautet ein Beschluss, dass der Senat noch lernen muss. Wer Eltern, Schülern, Lehrern und Erziehern böse Streiche macht, gibt nicht auf die Bildung acht.‘ “
[Vereinzelter Beifall bei der CDU – Paul Fresdorf (FDP): Armer Wilhelm Busch! – Zuruf von Steffen Zillich (LINKE)]
Die Fraktionen haben sich auf das Thema der Fraktion der FDP „Finanzieller Sinkflug der FBB – fliegt in Berlin bald nur noch der Pleitegeier?“ verständigt. Somit werde ich gleich dieses Thema für die Aktuelle Stunde unter dem Tagesordnungspunkt 1 aufrufen. Die anderen Anträge auf Durchführung einer Aktuellen Stunde haben damit ihre Erledigung gefunden.
Sodann verweise ich auf die Ihnen zur Verfügung gestellte Dringlichkeitsliste. Die Fraktionen haben sich darauf verständigt, die dort verzeichneten Vorgänge unter den
Der Dringlichkeit des in der Dringlichkeitsliste aufgeführten Tagesordnungspunkt 4 A – Dringliche Beschlussempfehlung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Wohnen, Drucksache 18/2692 zur Vorlage – zur Beschlussfassung – Drucksache 18/2630 „Fünftes Gesetz zur Änderung der Bauordnung für Berlin“ wurde heute durch die Fraktion der FDP und die AfD-Fraktion widersprochen. Gemäß § 59 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung kann vor der Beschlussfassung über die Aufnahme auf die Tagesordnung einmal für und einmal gegen die Dringlichkeit gesprochen werden. – Wird die Erteilung des Worts gewünscht?
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich spreche gegen die Dringlichkeit des vorliegenden Gesetzentwurfs zur Novelle der Bauordnung. Auch wenn es vermeintlich nur ein einziger Punkt ist, der geändert wird, so gibt es doch drei Gründe, die aus meiner Sicht, aus Sicht meiner Fraktion, dagegensprechen.
Erstens: Die Verabschiedung von Gesetzen in einem Parlament ist neben dem Haushaltsrecht ein Königsrecht des Parlamentes. Demzufolge ist es bei uns im Hohen Hause üblich, dass Gesetzesvorhaben auch besprochen werden, damit die Bürgerinnen und Bürger, die uns zuschauen, nachvollziehen können: Wie sind Gesetze zustande gekommen? Welche Argumente gibt es, und welche Auswirkungen haben Gesetze? – Hier geht es zwar nur um eine vermeintliche Änderung, aber eine Verlängerung von Genehmigungszeiten bei Baugenehmigungen ist keine Lappalie, sondern sie hat Auswirkungen auf viele Menschen, auf die Bauherren privat und öffentlich, aber auch auf die Bauindustrie. Insofern sollten wir bei dem alten Verfahren bleiben, dass Gesetzentwürfe hier zu begründen und zu besprechen sind. Das haben wir in dieser Legislaturperiode immer so gemacht. Ich verstehe nicht, warum heute davon abgewichen werden soll.
[Daniel Buchholz (SPD): Das war gestern ausführlich im Stadtentwicklungsausschuss! – Zuruf von Heiko Melzer (CDU)]
Zweitens, inhaltlich: Die Befassung im Stadtentwicklungsausschuss gestern hat eben nicht zu einer Klärung der offenen inhaltlichen Fragen geführt. Auch seitens der CDU-Fraktion wurden einige Fragen aufgeworfen, die nicht beantwortet worden sind. So konnte uns die Senatsverwaltung nicht erklären, wer denn eigentlich die Notwendigkeit dieser Gesetzesnovelle veranlasst hat. Es wurde auf Bezirke verwiesen, die dies gewünscht hätten. Uns wurden zwei genannt, zwei von zwölf. Zehn haben offenbar kein Problem. Die Frage einer Abwägung bei
einem Gesetzesvorhaben, ob es notwendig ist, wenn zwei von zwölf ein Problem haben, auch die Frage mal zu untersetzen: Wie viele Bezirke betrifft es, wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort, die angeblich in den Bauämtern nicht arbeiten können? – Auch diese präzisen inhaltlichen Erläuterungen ist man uns schuldig geblieben.
Herr Kollege! Ich darf Sie darauf aufmerksam machen, dass Sie ausschließlich zur Begründung der Dringlichkeit zu reden haben und nicht inhaltlich zum Vorgang.
Genau, sehr gut. – Drittens, der letzte Punkt, der gegen die Dringlichkeit spricht: Auch die inhaltlichen Punkte, die wir gestern andiskutiert haben, sind nicht abschließend beantwortet worden. Wir haben von der IHK, der Handwerkskammer bis zur Bauindustrie und Unternehmerverbänden erhebliche Kritikpunkte gehabt, die nicht geklärt worden sind. Wir sollten die verbleibenden drei Wochen nutzen, diese Punkte seriös zu klären und hier nichts über das Knie zu brechen. Das spricht gegen die Dringlichkeit. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Geschätzter Kollege Förster! Ich finde es ein bisschen unglücklich, dass ich in der zweiten Plenarsitzung hintereinander darauf hinweisen muss, dass Dringlichkeit und Wichtigkeit keine identischen Begriffe im Plenarwesen sind, sondern bei Dringlichkeit geht es um Eilbedürftigkeit und nicht etwa um die Frage, ob etwas ein gutes Ergebnis ist, nicht um die Frage, ob etwas besonders wichtig ist.
Erstens: Sie haben angeführt, dass es hier im Plenum nicht beraten worden ist. Es hat offensichtlich eine ausführliche Ausschussberatung stattgefunden.
Ob eine Fraktion einen Gegenstand hier zur Beratung anmeldet, hängt davon ab, wie die Fraktionen sich entscheiden. Wenn es ihnen besonders wichtig ist, nicht abschließend zu beraten oder einer Rede wert, hätte es
Ihrer Fraktion absolut freigestanden, es hier zur Beratung anzumelden. Aber auch das hat mit der Dringlichkeit überhaupt nichts zu tun.
Zweitens: Wenn Sie der Auffassung sind, die Ausschussberatung hätte Fragen offen gelassen und man könne noch nicht in die zweite Lesung im Plenum eintreten, hätten Sie eine Rücküberweisung in den Ausschuss beantragen und nicht etwa gegen die Dringlichkeit reden müssen.
Das hätte Ihnen freigestanden, das haben Sie nicht getan. Die Frage der Eilbedürftigkeit hat mit der Frage einer abgeschlossenen Ausschussberatung reineweg gar nichts zu tun.
Hier geht es – und jetzt begründe ich die Dringlichkeit – darum, dass bestimmte Fristen in der Bauordnung aufgrund der coronabedingten Situation in den Ämtern in den Bezirken nicht einzuhalten sind, und ein Umgang damit soll in dieser Bauordnung gefunden werden. Weil die Situation anhält und fortdauert, ist es dringlich, dass wir darauf reagieren. Deswegen spreche ich hier für die Dringlichkeit. Sie haben jedenfalls inhaltlich nicht gegen die Dringlichkeit gesprochen.
Ich eröffne die Abstimmung und frage: Wer der Behandlung der dringlichen Beschlussempfehlung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Wohnen, Drucksache 18/2692, zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen. Gegenstimmen? – Das sind die Oppositionsfraktionen und zwei fraktionslose Abgeordnete.
Ersteres war die Mehrheit. Darf ich fragen, ob es Enthaltungen gibt? – Das ist nicht der Fall. Damit ist die Dringlichkeit zugebilligt, und der Antrag wird als Tagesordnungspunkt 4 A auf die Tagesordnung gesetzt.
Dann komme ich zurück zur Dringlichkeitsliste und gehe davon aus, dass den dort im Übrigen aufgeführten Vorgängen die dringliche Behandlung zugebilligt wird. – Widerspruch höre ich nicht dazu, damit ist die dringliche Behandlung dieser Vorgänge beschlossen.
Einvernehmen wurde außerdem erzielt zur Aufnahme des Tagesordnungspunkts 19 A, Vorlage – zur Kenntnisnahme – gemäß Artikel 64 Abs. 3 der Verfassung von Berlin, Drucksache 18/2685: Zusammenstellung der vom Senat vorgelegten Rechtsverordnung mit drei weiteren
Keine Verständigung erzielt wurde zur Dringlichkeit des Ihnen zur Verfügung gestellten Antrages der KoalitionsFraktionen auf Drucksache 18/2691 „Chancengerechtigkeit an Schulen in Zeiten von Corona“. Gemäß § 59 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung kann vor der Beschlussfassung über die Aufnahme auf die Tagesordnung einmal für und einmal gegen die Dringlichkeit gesprochen werden. Wird die Erteilung des Worts gewünscht? – Das ist nicht der Fall.