Was die Bezirke betrifft: Zum einen geht es um die Leitprojekte zu Bürgerämtern, Schulneubau und Radwegen, um die Erhöhung vor allem der pauschalen Zuweisung als Steuerungsreserve, zum anderen geht es aber vor allem darum, dass wir sagen, jeder Bezirk bekommt für den Bereich Wohnungsneubauprojekte 100 000 Euro für Vorbereitung und Unterstützung, weil wir viel von den Bezirken erwarten, die der Ort sind, an dem den Bürgerinnen und Bürgern, Berlinerinnen und Berlinern die öffentliche Hand, der Staat, am direktesten in ihrem täglichen Leben entgegentreten. Wenn wir so viel von ihnen erwarten, müssen wir sie aber auch in die Lage versetzen, das in unser aller Interesse gut zu leisten, und damit fangen wir jetzt an. – Danke!
Vielen Dank, Frau Abgeordnete! – Für die CDU-Fraktion hat jetzt der Abgeordnete Goiny das Wort. – Bitte!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schön, dass Sie doch noch ein bisschen Redezeit für die anderen übrig gelassen haben, Frau Kollegin Schillhaneck.
So ein Nachtragshaushalt ist ein legitimes Instrument einer neuen Landesregierung, um finanzpolitisch Akzente zu setzen. Insofern sind einige Sachen, die Sie auf den Tisch des Hauses gelegt haben, völlig in Ordnung, wenn es um formale Dinge geht. Um formal zu bleiben: Auf der anderen Seite ist der unvollständig, denn einiges von dem, was der Regierende Bürgermeister – und der Senat – in der Regierungserklärung verkündet hat, was in diesem Jahr passieren soll, bildet sich gerade nicht ab, obwohl es haushaltswirksam ist. Wir sind im Hauptausschuss vom Finanzsenator darauf verströstet worden, dass die Dinge, die wir als fehlend deklariert haben, mit der SIWA-Liste, die offensichtlich jetzt in Arbeit ist, aufgegriffen werden. Auch ein Teil der Dinge, die jetzt Frau Kollegin Schillhaneck vorgetragen hat, bildet sich nicht entsprechend im Nachtragshaushalt ab.
Für uns ist die Überschrift des Nachtragshaushalts eine klare Botschaft. Es ist die Abkehr vom Dualismus von Schuldenabbau und Investitionen. Der Schuldenabbau wird bei Ihnen auf ein formales Mindestmaß heruntergefahren. Stattdessen sind Sie fröhlich beim Geldausgeben. Das machen Sie mit der Steuerprognose aus diesem Jahr und indem Sie den Zinstitel herunterfahren. Sie haben uns zu Beginn der Wahlperiode erklärt, es wäre jetzt das Jahrzehnt der Investitionen. Ich hatte damals schon die Befürchtung, dass Sie damit meinen, Sie bräuchten zehn Jahre, um Investitionen in dieser Stadt voranzubringen. Jedenfalls besteht der Nachtragshaushalt im Wesentlichen aus zwei großen Komponenten, nämlich mehr Personal und mehr Konsumtives. Diese Schwerpunkte setzen Sie. Das hat mit Investition nicht viel zu tun. Ich sage ausdrücklich: Das liegt vielleicht daran, dass Sie uns hier ein unvollständiges Bild Ihrer politischen Aktivitäten in diesem Jahr vorgelegt haben, weil die Investitionen, die Sie aus SIWA tätigen wollen, noch nicht auf unserem Tisch liegen.
Wir finden es richtig, dass Sie auch im Bereich der Bezirke für Schulinvestitionen, für das Schul- und Sportanlagensanierungsprogramm und für Personal mehr Geld auf den Tisch legen. Die Forderung, den Bezirken hier mehr Möglichkeiten zu geben, haben wir bereits in der letzten Wahlperiode erhoben.
Wir glauben allerdings auch, dass Sie bei einigen Ihrer Schwerpunkten in der Sache falsch liegen. Über das, was sich tatsächlich hinter Ihrer Fahrradpolitik versteckt, werden wir vielleicht in der zweiten Runde der Nachtragshaushaltsberatungen von Ihrer Verwaltung noch Näheres erfahren.
Beim Thema Wohnungsbau fällt auf, dass die privaten Bauinvestitionen nicht im Fokus Ihrer Politik stehen. Die haben aber in den letzten fünf Jahren einen ganz wesentlichen Beitrag zum Wohnungsneubau in dieser Stadt geleistet. Das ist ein Defizit.
Ich habe den Zuruf des Kollegen Zillich nicht verstanden. – Sie haben angekündigt, im Bereich der inneren Sicherheit mehr machen zu wollen. Dazu findet sich im Nachtragshaushalt nichts. Beim Thema Wohnungsbau müssen Sie darauf achten – –
Sie haben den Zusammenhang zwischen privaten Wohnungsbauinvestitionen der Haushaltspolitik hergestellt und meinen Zwischenruf dazu nicht verstanden. Ich wollte von Ihnen wissen, wie viele Haushaltsmittel in der vergangenen Wahlperiode in private Wohnungsbauinvestitionen geflossen sind.
Wir wollten mit dem Wohnungsbaufonds mit 320 Millionen Euro bewusst die Privaten einbeziehen. Es geht darum, die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen. Da wollen Sie auch etwas machen, aber ich war schon bei dem weiteren Punkt, nämlich Ihrer öffentlichen Wohnungsbauförderung. Ich hoffe, dass Ihre etwas widersprüchlichen Aktivitäten beim Hochhausbau nicht dazu führen, dass Sie zum Beispiel im Bereich Fischerinsel Wohnungsbaugesellschaften, die schon Planungs- und Vorbereitungsleistungen in Millionenhöhe in Angriff genommen haben, dann stoppen. Womöglich entstehen den Wohnungsbaugesellschaften daraus sogar Defizite. Ich glaube, Ihre Politik beinhaltet an dieser Stelle ganz praktische Risiken für die Wohnungsbaugesellschaften.
Nicht nachvollziehbar ist aus meiner Sicht auch, dass Sie parallel Dinge in die Wege leiten, die sich im Haushalt und in der Kommunikation mit dem Parlament nicht abbilden. Ich erwähne in diesem Zusammenhang nur einmal die Kündigung des Vertrags bezüglich der öffentlichen Toiletten mit der Firma Wall. Dazu liegt uns keine entsprechende Konzeption oder Neuvergabe vor. Das ist keine sonderlich stringente Haushaltspolitik.
Im Ergebnis ist aus unserer Sicht festzuhalten, dass der Nachtragshaushalt unvollständig ist, weil Sie wesentliche Punkte, die Sie für dieses Jahr als haushaltswirksam deklarieren, nicht vorlegen. Er konzentriert sich im Wesentlichen auf Veränderungen in den Bereichen Personal und konsumtive Ausgaben. Er geht, was eine Schwerpunksetzung in den notwendigen Bereichen, nämlich Investitionen und Haushaltskonsolidierung, angeht, deutlich am Ziel vorbei. Das werden wir sicher in der zweiten Lesung im Hauptausschuss mit Ihnen erörtern. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Goiny! – Für die SPD-Fraktion hat jetzt der Abgeordnete Schneider das Wort. – Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist ein bisschen schwierig, in einem so relativ kleinen Nachtragshaushalt strategische Linien abzubilden, aber jeder hier im Haus weiß, dass der Senat handelt. Es gibt hier zudem eine echte, sich perpetuierende Achsenverschiebung. Das Jahrzehnt der Investitionen als Floskel wird mit Leben erfüllt. Ich kann Sie beruhigen, Herr Kollege Goiny: Nach meiner unvollständigen Zwischenkenntnis werden wir rund 1,1 Milliarden Euro investiv gebundene Mittel über das Konzept SIWA, das wir gemeinsam entwickelt haben und das die Koalition fortschreibt, hinzufügen. Natürlich muss man das im Kontext betrachten. Es wird uns gelingen – das ist das politische Ziel –, die Investitionsquote – das meine ich mit strategischer Achsenverschiebung – frühzeitig – und zwar frühzeitiger als von der Koalition ursprünglich beabsichtigt – signifikant zu erhöhen. Wir reden über 2 Milliarden Euro investive Ausgaben im Jahr. Das führt Berlin aus dem bundesweiten Mittelfeld in eine Spitzenposition. Das ist richtig und wichtig, wie der Regierende Bürgermeister immer zu sagen pflegt. Dahinter stehen wir. Das haben wir im gesamten Haus so verabredet.
Selbstverständlich ist dieser Nachtragshaushalt mit seinen rund 309 Millionen Euro Nettoverschiebungen Ausdruck einer neuen politischen Findung. Er bildet neue Schwerpunkte ab. Dazu sind die Stichworte Radverkehr, Eigenkapitalzuführung an die Wohnungsbaugesellschaften, so
wohl für den Wohnungsneubau als auch für die Stabilisierung der Mieten im Bestand zu nennen, da sind zum Beispiel 59 Millionen Euro für energetische Sanierung vorgesehen. Wir reden nicht nur über Personal, aber es ist eine strategische Entscheidung, das Füllhorn nicht wie eine Gießkanne zu öffnen, sondern eine echte Antwort nicht nur auf die wachsende Stadt, sondern auch auf die Befundung, wo vielleicht etwas übertrieben wurde oder etwas nachzusteuern ist, zu geben. Meine Erkenntnis aus diesem Nachtragshaushalt, auch aus der Fachdebatte zur SIWA-Bestückung ist: Dieser Senat wird hier dem Hohen Haus und auch der geneigten Öffentlichkeit kraftvoll belegen können, dass er sich jetzt diesen gestellten Aufgaben aus dem Koalitionsvertrag nicht nur im Detail – das gehört bei über 4 000 Haushaltstitel auch dazu –, sondern auch strategisch stellt. Ich bin sehr zuversichtlich und habe auch allen Grund zu der Annahme, dass das die Koalition und die Stadt weiter nach vorne bringt und ein strategischer Erfolg wird.
Es sind auch wesentliche und wichtige Teilentscheidungen getroffen worden. Ich will dem Kollegen Zillich nicht vorgreifen, aber zum Beispiel haben wir – das wissen alle Finanzpolitiker – in den Jahren 2019 und 2020 ein gewisses Haushaltsrisiko. Es gab die strategische Überlegung, dieses Risiko aufzufangen, indem man aus den Landesbeteiligungen Geld heranzieht oder adressiert. Das ist während der Koalitionsgespräche verworfen worden, und wir bilden dieses Risiko durch Bildung einer Steuerungsreserve ab. Auch da reden wir jetzt schon über 290 Millionen Euro in der SIWA-Zuführung. Das ist ein großer Erfolg, denn wir haben mit unseren Landesunternehmen – die Debatte ist heute zum Beispiel beim Stadtwerk geführt worden – wesentliche Schwerpunktsetzungen vor, und damit können Sie auch als Opposition nur zufrieden sein.
Alles in allem ist das auch völlig seriös finanziert. Den Zinstitel anzupassen, das kann man nicht ernsthaft kritisieren. Er wird an die Realitäten angepasst. Ob das volkswirtschaftlich von Dauer ist, wird man bewerten müssen, aber jedenfalls jetzt nicht. Die Einnahmen aus der Wohnungsbauförderung zu adressieren – na gut, das ist hier seit Jahren ein geflügeltes Wort, egal, in welcher Farbe. Der Haushalt ist ausfinanziert, er ist solide, und er hat die richtigen strategischen Weichenstellungen. Deshalb werden wir ihn unterstützen und begrüßen, was der Senat hier vorgelegt hat.
Vielen Dank! – Für die Fraktion der AfD hat jetzt Frau Dr. Brinker das Wort. – Frau Abgeordnete, bitte!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist immer wieder erfreulich, dass die Mitglieder des Abgeordnetenhauses und insbesondere des Hauptausschusses mit gewisser Regelmäßigkeit über die aktuellen Haushaltsdaten informiert werden, und zwar nicht vom Senator, sondern durch die Presse. Das finden wir sehr schade. Es wäre hilfreich, wenn der Senator die Prioritäten richtig setzen und in Zukunft zuerst die Kollegen informieren würde.
Nein! – Stichwort Prioritäten: Der vorliegende Nachtragshaushalt zeigt deutlich, welches die Lieblingsprojekte von Rot-Rot-Grün sind, denn die sollen mit ordentlich Geld ausgestattet werden.
Ins Auge fallen besonders die aufgeführten Positionen zum Bereich Radinfrastruktur. Laut Senator KollatzAhnen sollen hierfür 50 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden. Hier sehen wir zwingend Berichtsbedarf, insbesondere zur Rolle der VELO GmbH, die sich ja über ordentliche Zuschüsse freuen darf, sollte der Haushalt wie vorliegend beschlossen werden. 50 Millionen Euro für Radinfrastruktur und Radwege und nur 45 Millionen Euro für die innere Sicherheit, für die Ausstattung der Polizei – das ist, mit Verlaub, absurd.
Nein! – Dann schein Rot-Rot-Grün ein Toilettenproblem zu haben. Waren schon die Unisextoiletten die offenbar wichtigste erste Amtshandlung des neuen Justizsenators, so findet sich im Nachtragshaushalt auch eine Position zum Thema „Leistungen für öffentliche Toilettenanlagen“. Denn diese sollen in Zukunft nicht mehr in Verantwortung der Bezirke liegen, sondern es soll ein neuer Betreiber für ganz Berlin für 15 Jahre gefunden werden.
Wer nun glaubt, dass das nicht so teuer sei, der irrt gewaltig, denn es sind immerhin Verpflichtungsermächtigungen von insgesamt 130 Millionen Euro im Haushalt. Pro Jahr sollen die „stillen Örtchen“ 8,7 Millionen Euro kosten.
Da stellt sich für uns die Frage, was sich der Senat dabei gedacht hat, damit das Geschäft mit der Notdurft nicht zur finanziellen Notlage für die Stadt wird.
Weiter geht es mit vermeintlich mehr Geld für Bildung. Das klingt immer gut, aber was ist, wenn man hinter die Kulissen schaut? Bedeutet mehr Geld auch tatsächlich bessere Bildung in Berlin? Die Statistik spricht dazu eine deutliche Sprache. Nach Thüringen und Hamburg gibt Berlin bereits jetzt pro Schüler das meiste Geld aus – nach einer Auswertung des Bildungsfinanzberichts 2015 ca. 7 500 Euro. Wie will der Senat denn jetzt eine bessere Qualität in der Bildung sicherstellen? Diese Frage stellt sich nicht nur für Grundschulen, wie im Nachtragshaushalt geschrieben, sondern auch für alle anderen Schulen der Stadt.
Wenn wir schon bei Schulen sind: Wie will der Senat sicherstellen, dass die dringend notwendigen Schulsanierungsmaßnahmen tatsächlich erfolgen? Ich erinnere an den Nachtragshaushalt 2015, über den viele der hier anwesenden Parlamentarier bereits abgestimmt hatten. Auch dort wurden mehr Investitionen versprochen. Das kann man auf der Homepage der Senatsverwaltung nachlesen. Was ist davon tatsächlich umgesetzt worden?
Wir erwarten vom Senat ein klares Konzept, wie es mit dem erheblichen Sanierungsrückstau einerseits und mit der Qualität der Schulbildung andererseits tatsächlich besser werden soll. Die aktuelle desaströse Situation der Berliner Schulen haben wir letztlich der SPD zu verdanken, die das Ressort seit 1996, also seit mehr als 20 Jahren, innehat.