Protokoll der Sitzung vom 16.02.2017

Wir erwarten vom Senat ein klares Konzept, wie es mit dem erheblichen Sanierungsrückstau einerseits und mit der Qualität der Schulbildung andererseits tatsächlich besser werden soll. Die aktuelle desaströse Situation der Berliner Schulen haben wir letztlich der SPD zu verdanken, die das Ressort seit 1996, also seit mehr als 20 Jahren, innehat.

Ein klares Konzept erwarten wir auch für die 100 Millionen Euro, die in die Wohnungsbaugesellschaften fließen sollen. Auch das ist uns alles viel zu vage.

Richtig teuer wird es im Nachtragshaushalt beim Themenkomplex Flüchtlingskosten. Angefangen von deutlich überhöhten Personalkosten für das LAF bis hin zu Kosten für die Errichtung sogenannter modularer Unterkünfte sind die Grundlagen für diese Kostenstellen überhaupt nicht nachvollziehbar. Welche Migrantenzahlen werden eigentlich zugrunde gelegt? Wie verhält es sich mit der Zahl der Abschiebungen, oder plant Berlin tatsächlich,

einen Abschiebestopp gegen den Beschluss von Bund und Ländern durchzuziehen? Auch hier haben wir entsprechende Berichtsaufträge erteilt und sind auf die Antworten gespannt.

[Beifall bei der AfD]

Der sehr hohe Überschuss des Jahres 2016 sollte aus unserer Sicht zu einem deutlich höheren Anteil in die Schuldentilgung oder den Nachhaltigkeitsfonds fließen. Die von Senator Kollatz-Ahnen genannten 100 Millionen Euro Tilgung, die wir mal wieder zuerst der Presse entnommen haben, reichen aus unserer Sicht bei Weitem nicht aus. Richtiger wäre es, einen Teil von mindestens 50 Prozent des Überschusses für Tilgung oder den Nachhaltigkeitsfonds einzusetzen, um die Niedrigzinspolitik der EZB richtig zu nutzen. Aktuell verfrühstückt der Senat den Zinsvorteil von rund 350 Millionen Euro für reine Klientelpolitik und nicht zum Wohle aller Berliner.

[Beifall bei der AfD – Frank-Christian Hansel (AfD): Hört, hört!]

Frau Abgeordnete! Kommen Sie bitte zum Ende!

Ja! – Der Senat verlässt sich aus unserer Sicht zu sehr auf die Niedrigzinspolitik der EZB und unterschätzt die Gefahren der Eurokrise. Das Motto scheint zu sein: Augen zu und durch! Bund und EZB werden es schon richten. – Das aber nicht mit uns. Wir werden uns dagegen wehren. – Vielen Dank!

[Beifall bei der AfD – Torsten Schneider (SPD): Wir sind auf Ihre Vorschläge gespannt!]

Die werden kommen, warten Sie mal ab!

Vielen Dank! – Für die Linksfraktion hat jetzt der Abgeordnete Herr Zillich das Wort. – Bitte schön!

Darüber stimmen wir doch nicht namentlich ab. –

[Torsten Schneider (SPD): Schade!]

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich fange jetzt nicht mit Korrekturen an den Redebeiträgen, insbesondere dem meiner Vorrednerin, an, sondern sage etwas zum Nachtragshaushalt.

In der Tat ist es so – das haben Vorredner schon angemerkt –, dass man diesen Nachtragshaushalt nicht allein betrachten sollte, sondern man muss ihn zusammen mit finanzpolitischen Entscheidungen betrachten, die in die

ser Wahlperiode schon gefallen sind, nämlich erstens mit der Frage: Wie werden die Überschüsse aus dem vergangenen Jahr verwandt? –, und zweitens der Umwandlung von SIWA in SIWANA zu einem flexiblen Finanzierungsinstrument. Wenn man diese Dinge zusammen betrachtet, dann ergibt sich in der Tat, dass wir die Grundlagen dafür legen, dass wir die dringende Investitionsoffensive in das Wohnen und in die soziale Infrastruktur in der Stadt voranbringen und die finanziellen Grundlagen dafür legen. Das ist der Grund für diesen Nachtragshaushalt.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Ich weiß nicht, was Sie alles für Klientelprojekte halten. 270 Millionen Euro für Schulen, 100 Millionen Euro für Mieten- und Wohnungspolitik und auch für die Energiewende 100 Millionen Euro, 50 Millionen Euro für Radwege, 70 Millionen Euro, wenn ich es richtig im Kopf habe, für Kitaausbau – wenn Sie das alles für Klientelpolitik halten, dann machen wir Klientelpolitik und bekennen uns dazu. Ich glaube aber, das ist eine Politik für die ganze Stadt.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Natürlich haben wir immer die Debatte, ob man investieren soll oder ob man tilgen soll. Ich sage den Satz noch mal: Tilgen und Investieren, das ist beides eine gute Sache. Für beides braucht man Geld, und man muss sich entscheiden, wofür man es ausgibt. Wir haben hier eine strategische Entscheidung getroffen, nämlich das zur Verfügung stehende Geld vorrangig in die dringend notwendigen Investitionen zu stecken. Wenn man sich die Infrastruktur in der Stadt anguckt, wenn man sich den Bedarf beim Thema „Schaffung von Wohnraum“ und bei viele anderen Dingen anguckt, haben die Berlinerinnen und Berliner einen Anspruch, dass wieder etwas in Ordnung gebracht wird. Deswegen setzen wir den Schwerpunkt ganz bewusst auf Investitionen.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Das ist auch finanzpolitisch sinnvoll, denn das Fortfahren mit einer Politik, die die Dinge in der Stadt auf Verschleiß fährt, ist auch finanzpolitisch nicht sinnvoll. Das wäre in der Tat eine Form von Verschuldung, die besonders teuer wäre.

Es ist nun nicht so, was hier an die Wand gemalt wird, dass wir damit den Hort der finanzpolitischen Vernunft verlassen würden und eine risikohafte Politik machen. Nein, wir reden über Überschüsse, die wir verwenden. Wir reden davon, dass wir den Haushalt so fahren, dass er solide finanziert ist, wie auch dieser Nachtragshaushalt finanziert ist. Dann geht es um die Frage, wie wir Überschüsse nutzbar machen und wie wir natürlich Haushaltsspielräume nutzbar machen, die wir jetzt auch aufgrund der Zinsentwicklung haben. Die einfach liegenzulassen,

(Dr. Kristin Brinker)

ist nicht sinnvoll, sondern auch die in investive Projekte zu stecken, ist die Politik, die wir hier betreiben, und dazu bekennen wir uns auch.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Natürlich haben Sie recht, dass es die große Herausforderung sein wird, wie man diesen riesenhaften Investitionsbedarf tatsächlich auch umsetzen kann. Dazu braucht man ein paar strategische und strukturelle Entscheidungen, wie wir sie im Bereich Schulbau und Schulsanierung vorbereiten. Dazu braucht man aber auch insgesamt eine Stärkung der Handlungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes. Auch hier setzen wir einen Punkt mit diesem Nachtragshaushalt, indem wir die Beamtenbesoldung schneller angleichen, als es die alte Koalition vorgehabt hat, und den öffentlichen Dienst wieder attraktiv machen. Auch das ist Bestandteil dieses Nachtragshaushalts. Auch hier setzen wir einen Punkt, indem wir genau die bezirklichen Strukturen, die bezirklichen Ämter, die für die Umsetzung verantwortlich sind, mit mehr Stellen und mit mehr Ressourcen ausstatten, damit wir – und das ist eine große Herausforderung – nicht nur Geld für Investitionen bereitstellen, sondern damit tatsächlich Investitionen im Sinne der Berlinerinnen und Berliner stattfinden können.

Uns ist natürlich auch wichtig, dass wir im Bereich der sozialen Infrastruktur und der Lebensbedingungen ein klares Zeichen setzen, indem wir endlich eine Tarifanpassung bei Zuwendungsempfängern in diesem Nachtragshaushalt verankern. Indem wir die versprochene Preissenkung beim Sozialticket umsetzen und finanzieren, setzen wir ein klares Zeichen für Mobilität auch für Benachteiligte und für den sozialen Zusammenhalt in dieser Stadt.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Dass man aus diesem Nachtragshaushalt und aus diesen beiden anderen genannten Instrumenten die Schwerpunktsetzung der rot-rot-grünen Koalition erkennt, empfinde ich nicht als Vorwurf.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Heiterkeit bei der LINKEN]

Wir haben mit der Beratung dieses Haushalts im Fachausschuss ja schon begonnen. Ich denke, wir werden hier den ersten Schritt gehen und die Beratung dann auch abschließen – ein paar Fragen sind auch noch zu klären –, und dann werden wir die erste Grundlage in der Politik für eine Investitionsoffensive gelegt haben, die über die gesamte Wahlperiode anhält. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Das war jetzt eine Punktlandung. – Vielen Dank! – Für die Fraktion der FDP hat jetzt Frau Meister das Wort. – Bitte schön, Frau Abgeordnete!

Sehr geehrte Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Zillich! Sie haben ja mit vielen Dingen nicht ganz unrecht.

[Steffen Zillich (LINKE): Auch die Blumen nehme ich!]

Natürlich macht es Sinn, endlich nach Jahren des Verfalls in dieser Stadt Geld zu investieren,

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Geld zu investieren in neue Schulbauten, in Kitaplätze, in die Sanierung der Infrastruktur und in das große Thema Wohnen und Bauen.

Das Problem daran ist: Es ist noch nichts investiert, nur weil wir es im Haushalt stehen haben.

[Steffen Zillich (LINKE): Das stimmt!]

Wir müssen es schon auch umsetzen.

[Steffen Zillich (LINKE): Ja, ja!]

Sie brauchen dazu eine Bauplanung, und Sie brauchen dazu eine Umsetzung. Wenn wir dann im Hauptausschuss hören, dass der Neubau von Schulen Jahre dauert, dann frage ich mich schon, was da gebaut wird. So eine architektonische Herausforderung kann es doch nicht sein, eine Schule zu bauen.

[Anja Schillhaneck (GRÜNE): Doch, doch!]

Das heißt, es muss natürlich auch der zweite Step passieren, es muss auch umgesetzt werden, es muss auch getan werden.

[Beifall bei der FDP]

Das heißt, wir hoffen, dass wir dann mit Vorlage des Doppelhaushaltes viele Bauprojekte schon in der Planungsreife wiederfinden, sodass dort auch losgelegt werden kann.

Nichtsdestotrotz bleiben natürlich auch Risiken in dem Haushalt bestehen, und ich glaube, dass man die nicht einfach so nonchalant zur Seite winken und sagen kann: Der Haushalt ist jetzt ausgewogen, und es wird für die Zukunft schon alles gutgehen. – Nein, wir wissen alle nicht, wie sich die Zinsen entwickeln. Keiner kann in die Zukunft gucken, aber wir wissen auch, dass es ein kostspieliges Risiko ist, wenn bei der Verschuldung, die das Land Berlin aufweist, die Zinsen auch nur um eine Nuance ansteigen. Insofern hätten wir uns gewünscht, dass wir einen deutlich größeren Anteil des Überschusses für die Schuldentilgung verwendet hätten.

[Beifall bei der FDP]