Protokoll der Sitzung vom 10.12.2020

Das haben wir hier vor anderthalb Jahren erklärt, daran hat sich nichts geändert. Allerdings wird ein Klamaukausschuss daran auch nichts ändern. Das ist unsere Auffassung in der Sache. Ansonsten werden wir selbstverständlich den Untersuchungsausschuss konstruktiv begleiten, wir werden unsere parlamentarische Arbeit machen. Aber für Sie steht das Ergebnis bereits fest, und jetzt geht es um Orchestrierung. Da haben Sie uns ganz sicher nicht an Ihrer Seite. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Für die AfD-Fraktion folgt dann Frau Dr. Brinker.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben bereits häufiger in diesem Plenum über die Vorgänge rund um die DIESE eG debattiert, zuletzt zu unserem AfD-Antrag, in dem wir gefordert

hatten, die Geschäfte der DIESE eG auf den Prüfstand zu stellen und mögliche Schäden zu begrenzen.

Zwischenzeitlich haben wir bei allen beteiligten Verwaltungen Akteneinsicht genommen, bei der Senatsverwaltung für Finanzen, der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen, dem Bezirksamt FriedrichshainKreuzberg und dem Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg. Jeder, der sich diese Akten vollständig angesehen hat, weiß, welcher Druck seitens der Verantwortlichen der DIESE eG, aber auch aus dem Rathaus FriedrichshainKreuzberg und den Reihen der Grünen auf die Senatsverwaltungen ausgeübt wurde, um die Finanzierungen der Ankäufe irgendwie darzustellen. Ich sage ganz bewusst „irgendwie darzustellen“, denn die Akten strotzen nur so vor Listen mit teils abenteuerlichen Berechnungen zur angeblichen Finanzierbarkeit.

Inzwischen hat auch der Landesrechnungshof die Ausübung der Vorkaufsrechte geprüft und dem Handeln des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg ein katastrophales Zeugnis ausgestellt. Der Rechnungshof schreibt – ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten –:

Die Vorkaufsausübungen begründeten eine gesamtschuldnerische Haftung des Bezirks von mehr als 27 Mio. €, die mit einem außerordentlich hohen Eintrittsrisiko behaftet war.

Zitat Ende. – In der Tat sind bereits jetzt Kosten zulasten des Bezirks in Höhe von 270 000 Euro entstanden. Warum sind die Vorgänge rund um die DIESE eG zwingend aufklärungsbedürftig? – Ich kann mich da nur wiederholen: Wir haben es hier mit einer völlig wahnwitzigen Konstruktion zu tun, die am Ende sowohl in einem Desaster für die Mieter und Genossenschaftler enden kann als auch in einer gewaltigen Verschwendung von Steuergeldern.

Warum? – Die Liste der Punkte ist lang: zu hohe Kaufpreise, defizitäre Bewirtschaftung, hoher Instandhaltungsrückstau, kein Eigenkapital, keine gesicherte Finanzierungsbasis und keinerlei Erfahrung in der Bewirtschaftung von Miethäusern sind nur einige der Prämissen der grünen Immobilienträume. Hinzu kommen ein Genossenschaftsvorsitzender, der praktischerweise in einer Genossenschaftsbank arbeitet und dessen Bank erstrangig Hypothekenkredite ausgibt, und ein Senat, der Zuschüsse aus Steuergeldern zu diesem wackligen Immobiliendeal zu geben bereit ist und offenbar IBB-Manager in diesem Zusammenhang von der Haftung freistellen will, weil denen der Deal zu fragwürdig erschien.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Hört, hört!]

Da dieses wacklige Konstrukt zu kippen drohte, wurde kurzerhand eine weitere Genossenschaft hinzugezogen; die sprang für die quasi insolvente DIESE eG ein. Welche Genossenschaft tut so etwas und setzt sich allen genannten Risiken aus? – Aufsichtsratsvorsitzende dieser

(Torsten Schneider)

rettenden Genossenschaft ist wiederum eine ehemalige Baustadträtin der Grünen.

[Karsten Woldeit (AfD): Na, wer hätte das gedacht?]

Genau! – Ob deren Genossenschaftsmitglieder mit diesem Deal einverstanden waren, steht in den Sternen. Damit immer noch nicht genug der Story: Trotz aller in Bewegung gesetzter Hebel kann die DIESE eG die Finanzierung nicht stemmen und findet – oh Wunder! – einen Investor für die überlebenswichtige Zwischenfinanzierung. Ausgerechnet dieser Investor plant sowohl in Friedrichhain-Kreuzberg als auch in Schöneberg Großprojekte.

[Karsten Woldeit (AfD): Quelle surprise!]

Klingt nach einer – ich sage es mal vorsichtig – interessanten Konstellation. Alles in allem Stoff für einen grün verfilzten Wirtschaftskrimi, nur leider hier in der Realität.

Wenn jetzt die DIESE eG ihren Mietern noch nicht einmal die Miete nach dem Mietendeckelgesetz absenken wollte, beweist das nur eines: Die DIESE eG braucht jeden Cent, um wirtschaftlich überleben zu können. – Ja, die Vorgänge rund um die ausgeübten Vorkäufe und den Erwerb mehrerer Mietobjekte durch die DIESE eG bedürfen dringend der Aufklärung. Grüne Klientelpolitik darf nicht auf die Schultern aller Steuerzahler abgewälzt werden.

[Beifall bei der AfD]

Auch wenn die Zeit bis zum Ende der Legislaturperiode knapp bemessen ist, bedarf es der Trockenlegung dieses grünen Finanzsumpfes. Sowohl Mieter als auch Genossenschaftsmitglieder müssen vor solchen Machenschaften geschützt werden. Die Grünen sollten besser darüber nachdenken, wie man mehr und schneller Wohnungen baut, als Mieter und Genossenschaftsmitglieder mit abenteuerlichen Finanzkonstruktionen in den möglichen Ruin zu stürzen. Deshalb stimmen wir der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu. – Vielen Dank!

[Beifall bei der AfD]

Es folgt Herr Dr. Nelken für die Fraktion Die Linke.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu einem der vielgenutzten Allgemeinplätze des parlamentarischen Lebens gehört es ja zu sagen: Untersuchungsausschüsse sind das schärfste Schwert der Opposition. – Wenn man einen kurzen Rückblick in die jüngste Geschichte dieses Hauses wirft, dann hatten wir in der 15. Wahlperiode den Untersuchungsausschuss Bankgesellschaft und den Untersuchungsausschuss Tempodrom, in der 16. Wahlperiode den Untersuchungsausschuss HOWOGE und den Untersuchungsausschuss Spreedreieck, in der 17. Wahl

periode hatten wir dann den Untersuchungsausschuss Komische Oper

[Carsten Schatz (LINKE): Staatsoper!]

und den Untersuchungsausschuss BER. Das sind, finde ich, alles sehr schwergewichtige Untersuchungsausschüsse. – Jetzt in der 18. Wahlperiode haben wir an Untersuchungsausschüssen bisher eingesetzt:

[Paul Fresdorf (FDP): Jetzt gibt’s Haltungsnoten!]

Breitscheidplatz – unstrittig wichtiges Thema –, BER, dritte Staffel – darüber kann man schon streiten. Dann wird es ganz besonders, da haben wir den Untersuchungsausschuss zur Gedenkstätte Hohenschönhausen

[Frank-Christian Hansel (AfD): Ganz wichtig!]

und den Untersuchungsausschuss jetzt zur DIESE eG. – Sehr geehrte Opposition, ich habe ja den Eindruck, dass Sie etwas abwegige Vorstellungen von einem Schwert haben,

[Beifall und Heiterkeit bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

denn wenn man diese letzten beiden Untersuchungsausschüsse betrachtet, dann glaube ich, dass Sie so mit Obstmesserchen nicht durchkommen würden. Oder man kann es ja auch anders sagen: An den Untersuchungsausschüssen kann man vielleicht die Qualität der Opposition ablesen.

[Beifall und Heiterkeit bei Katrin Schmidberger (GRÜNE) – Paul Fresdorf (FDP): Umgekehrt!]

Jetzt habe ich mich sozusagen bemüht, diese sieben Fragenkomplexe und die 100 Einzelfragen zu lesen, die da in dem Antrag drin sind. Ich konnte nicht so richtig erschließen – auch nicht nach der Rede von Herrn Evers, die Sie heute gehalten haben, das war ja wirklich eine schöne populistische Wahlkampfrede –, was eigentlich wirklich das Ziel ist.

[Stefan Evers (CDU): Fragen Sie mal Herrn Schneider!]

Ich glaube, Verwaltungsversagen aufzuklären, ist ja völlig richtig und völlig gut, wenn man denn meint, dass man für die Fragen, die Sie formuliert haben, tatsächlich einen Untersuchungsausschuss braucht. Das konnte ich nun an Ihren Fragen leider nicht ablesen.

Was ist denn der zu untersuchende Tatbestand? – Es ist ja jetzt schon zweimal hier dargestellt worden. Das Land Berlin, ob gut oder richtig – das wollen Sie ja jetzt geklärt haben –, hat Mietern versucht zu helfen, die sich selbst helfen wollten. Und sie haben im Prinzip ein drohendes Unheil abgewendet, was ihnen aus dem Wechsel der Eigentümerschaft ihres Hauses drohte; dies auf dem Wege des kommunalen Vorkaufsrechts. Also eigentlich haben sie nur das getan, was die Opposition hier immer fordert, was die CDU und auch die FDP nicht müde werden, vom Senat und von der Regierungskoalition zu for

(Dr. Kristin Brinker)

dern: Sie haben Wohnungseigentumsförderung betrieben; nämlich zur Sicherung gegen steigende Mieten und Verdrängung.

Sie sagen jetzt, im Prinzip sind Sie immer dafür, nur in dem konkreten Fall sind Sie dagegen, Sie haben jetzt ausgeführt, weil es alles nicht seriös war. Warum es nicht so war, dazu gab es hier ein paar Behauptungen im Raum, die ich leider nicht nachvollziehen kann. Also Wohneigentumbildung in der Rechtsform der Genossenschaft ist geschehen. Das scheint für Sie ein Problem zu sein. Ich hatte den Eindruck, Sie reden hier unablässig, aber über Genossenschaften, dass sie sehr gut sind. Was ist jetzt falsch an dieser Genossenschaft? Sind es die falschen Mieter? – Sie haben jetzt gesagt, es ist der falsche Ablauf, da wurden zu viele Risiken eingegangen. Das wollen Sie jetzt in dem Ausschuss belegen. Für mich ist das, was Sie hier behauptet haben, überhaupt nicht erkennbar. Oder geht es Ihnen eigentlich um etwas anderes? Geht es Ihnen um die Anwendung des kommunalen Vorkaufsrechts?

Ich glaube, Sie sollten für den zu zahlenden Preis lieber den Verkäufer oder den Ursprungskäufer verantwortlich machen als den Bezirk oder die Genossenschaft. Liebe Kollegen! Es ist ja gut, es ging alles relativ hektisch zu, das ist völlig klar. Es überstürzten sich die Ereignisse. Man hat ja auch nur zwei Monate Zeit für die Ausübung des Vorkaufsrechts. Die Bundesregierung plant jetzt, diese Frist zu verlängern, leider ein bisschen zu kurz, aber es ist schon mal ein erster Schritt, dass man da mehr Zeit hat, das Vorkaufsrecht auszuüben und solche Sachen auf den Weg zu bringen.

Mein Eindruck ist, Sie schlagen die DIESE eG und meinen eigentlich das kommunale Vorkaufsrecht. Sie schlagen die DIESE eG und meinen eigentlich den grünen Baustadtrat Schmidt. Das ist ja hier sehr deutlich geworden. Sie schlagen die DIESE eG und meinen eigentlich den Finanzsenator und den Senator Scheel. Das ist hier auch deutlich geworden. Also ich glaube, das ist eine billige parteipolitische Scharade, die Sie hier ablassen, um irgendwas in diesem Wahljahr dieser Koalition noch ans Zeug zu flicken.

[Beifall von Sebastian Schlüsselburg (LINKE)]

Ich sage jetzt mal zum Schluss: Sollte ich mich irren

[Zuruf von Stefan Förster (FDP)]

also dass jetzt meine Vorwürfe gegen Sie völlig falsch sind, was den Zweck des Untersuchungsausschusses betrifft –, und setzen Sie wirklich den Untersuchungsausschuss ein, um Ergebnisse zu finden, wie man besser das kommunale Vorkaufsrecht ausüben kann als vielleicht in dem Fall, wie wir zu effektiven und vielleicht auch sehr guten Ergebnissen kommen bei der Ausübung des Vorkaufsrechts, dann werde ich an diesem Pult, wenn das das Ziel Ihres Untersuchungsausschusses ist, sicher am Ende des Jahres – des nächsten Jahres oder der Legislaturperi

ode – Abbitte leisten und sagen: Ich habe es falsch eingeschätzt. Aber so lange glaube ich, dass es einfach ein ziemlich mieser populistischer Wahlkampftrick ist. Wenn Sie mich eines Besseren belehren, werde ich mich an diesem Pult hier dafür entschuldigen. Frau Meister, Herr Evers, Sie haben es jetzt in der Hand!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN]

Für die FDP-Fraktion folgt dann Herr Abgeordneter Schlömer. – Bitte schön, Herr Kollege!

[Zuruf von Sven Kohlmeier (SPD)]